Titel: Ueber die Anwendung des chromsauern Blei auf Seiden, Baumwollen, Leinwand und Kattun.
Fundstelle: Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XLVI., S. 354
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XLVI. Ueber die Anwendung des chromsauern Blei auf Seiden, Baumwollen, Leinwand und Kattun. Von Herrn I. L. Lassaigne. Aus den Annales de Chemie et de Physique. Tom. XV. Septembre 1820. Mit einem Zusaze des Herausgebers. I. L. Lassaigne über die Anwendung des chromsauern Blei auf Seiden, Baumwollen etc. Alle fruͤher bei der Faͤrberei der Zeuge angewandten Faͤrbestoffe wurden aus dem organischen Reiche gezogen. Das Mineralreich allein, obschon so viele Farbenmischungen in sich enthaltend, alle von den Einwirkungen der Luft nicht affizirbar, lieferte keine Stoffe fuͤr die Faͤrber. Nur erst seit wenig Jahren begann man einige mineralische Erzeugnisse bei der Faͤrberkunst anzuwenden. Herrn Raimund von Lyon gebuͤhrt die Ehre des rohern Gebrauches dieser Stoffe. Durch eine eben so einfache als kuͤnstliche Verfahrungsart befestigte er preußisch Blau auf Seide, die Farbe war ausnehmend glaͤnzend, und von der Luft unversehrbarDie Ehre der Erfindung, mit blausaurem Eisen Wolle, Seide und Baumwolle zu faͤrben, gehoͤrt nicht dem Hrn. Raimund, sondern den Englaͤndern, welche schon im Jahre 1800 mit blausaurem Eisen gefaͤrbte Baumwollenzeuge auf den Kontinent brachten. Das Geschichtliche so wie das Verfahren die verschiedene Stoffe mit blausaurem Eisen blau zu faͤrben, findet man im zweiten Bande des Bancroftischen Faͤrbebuch (Nuͤrnberg bei I. L. Schrag 1818) S. 67–111 vollstaͤndig zusammengestellt. D.. Im vorigen Jahr lieferte Hr. Brakonnot von Nancy durch die Verwendung des Schwefel-Arseniks (Auripigmentes) auf alle Arten Zeuge, eine gelbe Farbe, nicht weniger haltbar als die vorigeDieses Verfahren, sowie die Berichtigung dieser Faͤrberei findet sich im zweiten Bande S. 343 in diesem Journal. D.. Nachdem ich nun bereits mehrere Versuche mit dem chromsauern Blei angestellt hatte, kam ich darauf; dieß Salz auf alle Gewebe zu befestigen, und zwar durch ein Verfahren ganz dem aͤhnlich, welches Hr. Raimund angewendet hatte, um seine Seidenzeuge mit blausaurem Eisen zu faͤrben. Ich ließ bei gewoͤhnlicher Temperatur einige Straͤhne ausgesottener Seide eine viertel Stunde lang in eine schwache Aufloͤsung von essigsauerm Blei (sous acetate de plomb) tauchen, sie sodann herausnehmen und im Flußwasser waschen, diese Vorbereitung bezweckte die Verbindung eines gewissen Theils des essigsauern Blei mit der Seide. Diese so zubereiteten Straͤhne wurden hierauf in eine schwache Aufloͤsung von neutralen chromsauren KaliDie Lauge von natuͤrlichen chromsauern Eisen mit salpetersaurem Kali behandelt und mit Salpetersaͤure gesaͤttigt, leistet dieselben Dienste. gelegt; unmittelbar nach dem Eintauchen, nahmen sie eine schone gelbe, immer mehr wachsende Farbe an, nach Verlauf von 10 Minuten war die Wirkung vollendet; d.h. die Seiden-Straͤhne hatten den hoͤchsten Punkt der Faͤrbung im Verhaͤltniß des ihnen beigemischten essigsauern Bleies erhalten; sie wurden nun gewaschen und getrocknet. Diese Farbe, so wie die uͤbrige aus demselben Reiche, wird nicht von der aͤußern Luft versehrt. Nachdem man verhaͤltnißmaͤßig mehr oder weniger essigsaures Blei und chromsaures Kali nimmt, kann man das lichteste Hellgelb bis zum dunkelsten Goldgelb erhalten. Ganz dasselbe Verfahren findet bei der Faͤrbung der Wolle, des Leinen und der Kattune statt; doch ist es zutraͤglicher diese verschiedenen Gewebe in die Aufloͤsung des essigsauern Bleies bei einer Temperatur von 55°–60° zu legen. Das Unangenehme bei dieser Farbe, so wie bei den vorhergehenden, daß sie sich naͤmlich in Seifenwasser etwas zersezen, hat mich auf die Meinung gebracht, daß sie nur zur Seidenfaͤrberei anzuwenden sei. Zusaz des Herausgebers. Wir haben das Verfahren des Hrn. Lassaigne mittelst chromsaurem Blei (Chromgelb) die verschiedenen Gespinnste und Gewebe Gelb zu faͤrben, wiederholt und durch die erhaltene Resultate bestaͤttigt gefunden, was Hr. L. daruͤber sagt. Fuͤr das praktische Leben hat aber diese Art zu faͤrben gar keinen Werth, weil man durch wohlfeilere Mittel und leichtere Verfahrungsarten auf allen genannten Thierischen- und Pflanzenstoffen nicht nur ebenso schoͤne, sondern auch noch weit solidere gelbe Farben darstellen kann. Wir glaubten dieses Gelb vortheilhafter mit topischem Blau (Malerblau) auf gruͤne Farben verwenden zu koͤnnen; der Erfolg entsprach aber auch dann unserer Erwartung nicht, als wir Baumwollengewebe mit verdicktem essigsauren Blei bedruckten, und nach dem Trocknen und Reinigen typisches Blau mit chromsaurem Kali verbunden darauf brachten. Die Farbe fiel zwar beim Einhaͤngen ins Wasser sehr schoͤn gruͤn an; bei dem darauf folgenden Auswaschen verlor sich aber das schoͤne Gruͤn, und es blieb auf dem Zeuge nur ein schmuziges Gruͤn zuruͤck. Die Versuche Chromgelb und blausaures Eisen durch Vorbereitung der Zeuge mittelst essigsaurem Blei und essigsauren Eisen, und nachherigem Behandeln mit blausaurem- und chromsauren Kali, um gleichzeitlich gruͤn hervorzubringen, waren ebenfalls von keinem guͤnstigen Erfolg. Wir machen die Leser mit diesen unguͤnstigen Resultaten deßhalb bekannt, damit niemand seine Zeit mit diesen Versuchen versplittere. Nur mit andern Metallfarben laͤßt sich dieses Gelb als Mischungsfarbe nuͤzlich anwenden. Auf diese Anwendungsart werden wir naͤchstens zuruͤckkommen.