Titel: Literatur.
Fundstelle: Band 3, Jahrgang 1820, Nr. LXVIII., S. 476
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LXVIII. Literatur. Meinecke und Keferstein mineralogisches Taschenbuch für Deutschland. Mineralogisches Taschenbuch fuͤr Deutschland, zum Behuf mineralogischer Exkursionen und Reisen herausgegeben von Meinecke und Keferstein. Halle bei Hemmerde u. Schwentschke, 1820, gr. 12., 432 Seiten enthaltend. Preis 1 Rthlr. 12 ggr. Eine erfreuliche Erscheinung im Fache der topographischen Mineralogie gewaͤhrt dieses Werk; zwar beschraͤnkt es sich nur auf die einfachen Fossilien, indessen wird es auch jenem, der Leonhards treffliche topographische Mineralogie besizt, nicht uͤberfluͤssig seyn, da es manche Fundorte (obwohl in der Regel nicht das Vorkommen) genauer bezeichnet, und alle bis zum laufenden Jahre neuentdeckten Fossilien, wovon einige selbst im lezten Wernerschen Systeme noch fehlen, enthaͤlt, auch vor dem Leonhardischen Werke den wesentlichen Vorzug hat, daß jedem Fossil dessen ausfuͤhrliche Kennzeichen-Beschreibung beigefuͤgt ist, daher es bei mineralogischen Reisen und Exkursionen in Deutschland im weitesten Sinne (naͤmlich mit Einschluß der Schweiz, Schlesien, Boͤhmen etc.) vorzuͤglich empfehlenswerth ist, und dem von den Verfassern beabsichteten Zwecke, den sie in folgender Stelle der Vorrede ausgedruͤckt haben, vollkommen entspricht. »Dieses Taschenbuch, sagen sie naͤmlich, ist dazu bestimmt, Mineralogen auf ihren Wanderungen und Reisen in Deutschland, wie eine Flora den Botaniker zu begleiten: es mußte also leicht tragbar und bei aller Vollstaͤndigkeit kurz und buͤndig seyn. Es sind hier daher die mineralogischen Beschreibungen nur so weit ausgefuͤhrt, daß die Fossilien sich deutlich erkennen und von einander unterscheiden lassen, und die Litteratur und mehrere andere Notizen, die ohnehin auf Wanderungen nicht benuͤzt werden koͤnnen, sind zuruͤckgehalten, um desto mehr Raum fuͤr die Anzeigen des Vorkommens und der Fundorte der Fossilien zu gewinnen.« Wuͤnschenswerth waͤre es allerdings, daß alle Fundorte so detaillirt beschrieben waren, wie jene im saͤchsischen Erzgebirge, im Fassa-Thale u.s.w.: freilich wuͤrde dadurch das Volumen des Werkes ungemein vergroͤßert werden, das Ganze aber an Interesse auch außerordentlich gewinnen. Hinsichtlich der Vollstaͤndigkeit der Angabe der Fundorte hat man alle Ursache, im Allgemeinen sehr zufrieden zu seyn, denn wenn auch vermißt wird, daß z.B. gemeiner Asbest bei Pfitsch und Sterzing im Tyrol, faseriger Glimmer bei Wolfsthal in Oesterreich, strahliger Arragonit vorzuͤglich ausgezeichnet und in bedeutenden Massen bei Neumark in der Oberpfalz, Mergelnieren von besondern Bildungen in den Hohlwegen von Regensburg nach Ober- und Unterisling, blaͤttrige braune Blende bei Sterzing im Tyrol, bunt angelaufenes Kupferkies von vorzuͤglicher Schoͤnheit am wilden Schlagbache im Schwarzwalde, dichtes Magnetkies am Fichtelgebirge, oktaedrisch kristallisirter Magneteisenstein in Chlorith bei Pfitsch im Tyrol, erdiges Eisenblau in Muschel-Kalkstein auf Letten bei Flooͤrn im Wuͤrtembergischen, Weißbleierz mit Gallmei, Bleiglanz und Bleierde, und Gelb-Bleierz auf Eisenocher im Feigenstein und in der Silberleiten bei Nassereuth im Tyrol, Gruͤn-Bleierz auf Sandstein zu Vilseck in der Oberpfalz, Kupferglimmer im Kupferbergwerke bei Schwaz im Tyrol, u.s.w. gefunden werden; so mag doch dieses auf die Brauchbarkeit und Vollstaͤndigkeit des Werkes um so weniger ein uͤbles Licht werfen, als auch bei der moͤglichsten Sorgfalt wegen der großen Menge der vorkommenden Gegenstaͤnde allerdings Manches uͤbersehen werden kann, und die Verfasser selbst auf erschoͤpfende Vollstaͤndigkeit keinen Anspruch machen. Als geographische Unrichtigkeiten glaubt Recensent jedoch anfuͤhren zu muͤßen, daß S. 30 die Seiferalpe statt nach Tyrol ins Wuͤrtembergische versezt, S. 92. das Landgericht Telfs noch zum baierischen Innkreise statt zu Tyrol gezaͤhlt, S. 370 Vilseck dem Salzburgischen statt der Oberpfalz zugetheilt, und S. 176 im Wuͤrtembergischen Pappenheim und Sohlenhofen, und in Baiern Eichstaͤdt voneinander ganz gesoͤndert angefuͤhrt werden, waͤhrend beide im nunmehrigen Baiern, ehemaligen Franken, und zwar Eichstaͤdt am suͤdoͤstlichen und Sohlenhpfen und Pappenheim am nordwestlichen Fuße des naͤmlichen Floͤtzgebirges liegen, welches sich durch das merkwuͤrdige Vorkommen des schiefrigen Kalksteines so sehr auszeichnet. Ein auffallender Druckfehler hat sich S. 385 eingeschlichen, wo es heißt, daß Kobaltvitriol zu Biber auf einem alten Manne (statt im alten Manne) gefunden wird. Die Beschreibungen der Fossilien sind in den Hauptkennzeichen groͤßtentheils erschoͤpfend, so wie die Vorausschickung der jeder Art zukommenden gemeinschaftlichen Kennzeichen unter einer allgemeinen Rubrik, und die alleinige Bemerkung der die Unterarten von einander scheidenden Merkmale bei Beschreibung derselben als sehr passend erscheint. – Wenn uͤbrigens die Verfasser in der Vorrede sagen, daß sie wegen der in der Schrift befolgten Aufstellungsreihe der Fossilien nicht rechten wollen, indem ein eigentliches System nicht beabsichtigt werden konnte, und die Fossilien nur nach ihrer Verwandschaft im Allgemeinen so geordnet seyen, wie man sie leicht auffinden und vergleichen kann, so haben dieselbe ganz gut gethan, denn sonst moͤchten sich so manche Stimmen gegen die befolgte Aufstellungsreihe erheben, welche sich, so viel Recensenten bekannt ist, – wenigstens im Detail, – an kein bisher angenommenes System anschließt, und waͤhrend die chemischen Bestandtheile der Mineralien zum (allerdings einzig richtigen) Eintheilungsgrunde angenommen sind, sich dadurch in einen Widerspruch verwickelt, daß z.B. der Kieselreihe Arten untergeordnet werden, welche keine Spur von Kieselerde enthalten, wie dieses S. 3. 4. 5. 14. 15. 18. 19. 29. 158 etc. der Fall ist, und die Verwandschaften, vorzuͤglich auch in der Kieselreihe, eben nicht in der strengsten Ordnung allenthalben sich aneinander anschließen. Da inzwischen hier, wie gesagt, die Verfasser nicht die Aufstellung eines eigentlichen Systems beabsichtigten, und es sich in dieser Schrift vorzuͤglich um das lokale Auffinden der Fossilien handelt, auch dieselben zu diesem Zwecke eben so leicht in alphabetischer, wie in systematischer Ordnung haͤtten aufgefuͤhrt werden koͤnnen, so enthaͤlt sich Recensent, dießfalls ins Detail einzugehen, sondern glaubt vielmehr, daß eine solche Aufstellung bei dem ohnehin beigefuͤgten alphabetischen Register immerhin angenehmer als eine blos alphabetische seyn mußte, indem sie Gelegenheit giebt, sich zu uͤberzeugen, wie reich beinahe an allen unorganischen Naturprodukten unser deutsches Vaterland sey. Mit Vergnuͤgen wird jeder Mineralog dem Erscheinen des zugesicherten geognostischen Theils entgegen sehen. Papier und Druck des Werkes sind gut, und es zaͤhlt aͤußerst wenige Druckfehler. Dr. v. A.