Titel: Ueber den Gebrauch der Lerchen-Rinde beim Leder-Gärben. Von Joh. Yule, M. D. F. R. S. Edin. u. M. W. S.
Fundstelle: Band 4, Jahrgang 1821, Nr. VIII., S. 78
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VIII. Ueber den Gebrauch der Lerchen-Rinde beim Leder-GärbenMan vergleiche hiemit die kurze Abhandlung „Etwas uͤber die Kultur und Nuͤzlichkeit des Lerchenbaumes“ im 2 Bd. S. 251 in diesem Journal. D.. Von Joh. Yule, M. D. F. R. S. Edin. u. M. W. S. Aus dem Edinburgh Philosophical Journal. (Uebersezt aus dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. N. CCXXIII. Decemb. 1820.) Joh. Yule über den Gebrauch der Lerchen-Rinde zum Leder-Gärben. Es gibt vier Arten der Gattung Lerche (Larix): 1. L. pendula des Salisbury, Melese d'Amèrique, foliis brevioribus, strobilis parvis subglobosis, Michaux, die unsere Baumliebhaber noch wenig kennen, obschon sie bei weitem dauerhafter ist, als unsere wohlbekannte gemeine Lerche, 2. L. pyramidalis ; 3. L. microcarpa , in Schottland ganz unbekannt, aber abgebildet von Lambert; 4. L. Cedrus , oder die Zeder, die sich durch ihre immergruͤnen Nadeln, so deutlich auszeichnet, und die im Winter die vorzuͤglichste Zierde unserer Parke bildet. Man nimmt allgemein an, daß der sibirische Lerchbaum, den Gmelin beschreibt, dieselbe Art mit unserem gemeinen Lerchbaume ist, den der selige Herzog von Athol in das Land brachte, welchem wir auch die ausgebreitete Kultur desselben verdanken, nachdem derselbe mehrere junge Baͤume aus der Schweiz erhielt, die in dem Park von Dunkeld zuerst gepflanzt wurden: hier zeigten zuerst sich die nicht zu berechnenden Vortheile der Anpflanzung dieses Baumes. In einem Zeitraume von 54 Jahren hatten einige dieser Baͤume die Hoͤhe von beinahe hundert Fuß erreicht, und, fuͤnf Fuß hoch von der Erde, hielten sie acht Fuß im Umfange. Man fand, daß diese bewundernswerthe Schnelligkeit des Wachsthumes der Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit des Holzes auf leine Weise nachtheilig war, denn man fand bereits dieses Holz zum Schiffsbaue eben so brauchbar als zum Baue der Haͤuser. Wenn wir auch zugeben, daß in Hinsicht des Schiffbaues die Lerche der Eiche nachsteht, so ist doch dadurch der Einwurf nicht begruͤndet, daß durch sie dem Staate nicht ein bedeutender Vortheil zuwachse, indem sie in der Haͤlfte der Zeit, in welcher die Eiche ihren vollen Werth erreicht, zur Vollendung gelangt. Es scheint indessen, daß wir mit Recht vermuthen, daß der Lerchbaum neuerlich bei uns zu fruͤhe gehauen wurde. Bisher wurde bei uns die Eichenrinde beinahe ausschließlich zum Garben des Leders gebraucht; da sie aber taͤglich weniger wurde, und daher nothwendig im Preise stieg, was auch vorzuͤglich von der haͤufigeren Nachfrage nach derselben waͤhrend des lezten franzoͤsischen Krieges herruͤhrte, so wurden wir natuͤrlich auf den Gebrauch anderer Rinden geleitet, die wir derselben substituirten. Gewoͤhnlich wurden diese Rinden mit Eichenrinde gemischt; allein auf diese Weise konnte man nie zu einem genaueren Resultate gelangen. Es wurde daher nothwendig, zwischen der Lerchen- und Eichenrinde einzelne vergleichende Versuche anzustellen, und diese wurden, um jeden Zweifel, der bei Proben im kleinen noch uͤbrig bleiben koͤnnte, zu vermeiden, von einem ausgezeichneten Gaͤrber, Hrn. P. Martin zu Haddington, unternommen. 1. Soviel moͤglich gleiche Gewichte von Haͤuten wurden von denselben Theilen des Thieres genommen, und unter derselben Temperatur (jener der Atmosphaͤre im Sommer) in einzelne kalte Aufguͤsse von demselben Gewichte von Eichen- und Lerchenrinde, die vorlaͤufig auf gewoͤhnliche Weise gemahlen wurde, eingesenkt, und gleichfoͤrmig behandelt. Beide Haͤute wurden dann getrocknet, und man fand, daß gleiche Stuͤcke von Leder, welche in Lerche gegaͤrbt wurden, spezifisch schwerer waren als jene, die man in Eiche gaͤrbte: der Ueberschuß dieses Gewichtes wurde jedoch nicht genau bestimmt. 2. Die mir zugesandten Stuͤcke waren in Hinsicht der Farbe auffallend verschieden: das mit Lerchenrinde gegaͤrbte war licht gelblichbraun, waͤhrend das in Eichenrinde gegaͤrbte eine dunkelbraune Farbe hatte. 3. In Lerchenrinde gegaͤrbtes Leder verschlang, in diesen zu mir gesandten Stuͤcken, das Wasser schneller als das in Eichen-Rinde gegerbte. Es gibt indessen zufaͤllige Umstaͤnde, von welchen diese Eigenschaft abhaͤngt, z.B. groͤßerer oder geringerer Druck, welcher durch das Haͤmmern, ehe der Schuhmacher das Leder verarbeitet, angebracht wird; und eben so bekannt ist es, daß langsames Trocknen auf diese Eigenschaft des Leders in jeder Art desselben wesentlichen Einfluß hat. Das beste in Eichenrinde gegaͤrbte Leder saugt das Wasser leicht ein, wenn es noch neu ist. 4. Dauerhaftigkeit des Leders ist indessen vor allem der große Pruͤfstein der Brauchbarkeit eines jeden Stoffes, den man zum Garben braucht; und, was diesen Hauptgegenstand betrifft, so wurden beide Arten von Leder, jedes zu Sohlen auf Schuhe verwandt, gleich dauerhaft befunden. Wenn wir bloß à priori den relativen Werth der Eichen-, Lerchen- und Leicester- Weiden-Rinde nach der Menge des Garbestoffes, den dieselben bei Davy's Versuchen gaben, bestimmen wollten, so wuͤrde die Weidenrinde die beiden uͤbrigen uͤbertreffen; es ist aber wahrscheinlich, daß die mindere Tauglichkeit der Lerchenrinde bei Davy's Versuchen auch davon herruͤhrte, daß die Baͤume im Herbste niedergehauen wurden, zu einer Zeit, wo sie am Safte und an den Bestandtheilen desselben, Gaͤrbestoff und Extractivstoff, durch die eben vorausgegangene Bildung des jungen Holzes, in welchem man diese Stoffe mit leichter Muͤhe entdecken kann, groͤßten Theils erschoͤpft waren: denn bekanntlich ist das Verhaͤltniß des Extractiv- und Gaͤrbestoffes in dem saftigen und neu erhaͤrteten Holze in einigen Faͤllen beinahe drei mal so groß als in den alten aͤußeren Rindenlagen, vorzuͤglich im Herbste; und daher wird es wahrscheinlich, daß das jaͤhrliche Beschneiden der Baͤume, die an diesen Stoffen reich sind, mit Vortheile fuͤr den Gaͤrber unternommen werden kannDer Hr. Verf. scheint hier die Lerchen verwechselt zu haben. Pinus (Larix) pendula Lamb. p. 55. t. 36. ist eine fuͤr sich bestehende Art; und Pinus (Larix) microcarpa Lamb. p. 56. t. 37. ist Larix americana Mieh. amer. 2. p. 203. arbr. 3. t. 4., nach Pursh's Zeugniß, der diese Lerchen in Amerika selbst sah. Wir glauben ferner zur Ehre Deutschlands bemerken zu muͤssen, daß die Lerchbaumrinde bei uns schon seit langer Zeit (S. Bautsch u. Boͤhmers techn. Gesch. d. Pflanzen II. S. 414.) als Gaͤrbe-Material bekannt ist, und gebraucht wird, jedoch bei weiten weniger haͤufig, als es geschehen sollte. Vielleicht daß unsere Landsleute jezt in Benuͤzung der Lerchbaumrinde fleißiger werden, weil ein Englaͤnder sie ihnen empfiehlt. Was die Leicester-Weide fuͤr eine Weidenart ist, kann Uebersezer nicht sagen, da der Hr. Verf. den botanischen Nahmen derselben nicht anzugeben beliebte, und bekanntlich die Bestimmung keiner Holzart mehr Schwierigkeiten darbiethet, als die der Weiden. A. d. Uebers..