Titel: Wichtige Bemerkungen über den Gang unserer Wassermühlen, um das Getreide in kürzerer Zeit zu mahlen, und zugleich ein besseres Mehl zu erzeugen.
Autor: Prof. Dr. Johann Baptist Herrmann [GND]
Fundstelle: Band 4, Jahrgang 1821, Nr. XVII., S. 136
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XVII. Wichtige Bemerkungen über den Gang unserer Wassermühlen, um das Getreide in kürzerer Zeit zu mahlen, und zugleich ein besseres Mehl zu erzeugen. Vom Prof. Dr. Herrmann in München. Mit Abbildungen auf Tab. II. Herrmann's Bemerkungen über Mühlen um schneller und besseres Mehl zu erzeugen. Der Muͤhlenbau ist ein aͤußerst wichtiger Theil der Mechanik, und er verdient die Aufmerksamkeit des Technikers um so mehr, da eine Mahlmuͤhle unter die gemeinnuͤtzigsten und unentbehrlichsten Maschinen gehoͤrt. An den meisten Muͤhlen fand ich Gebrechen, welche hauptsaͤchlich daher ruͤhren, weil wenige Muͤhlenbaumeister wissenschaftlich gebildet sind. Meine Beobachtungen haben mich uͤberzeugt, daß man mit der vorhandenen Wasserkraft nicht die moͤglich-groͤßte Wirkung hervorbringe. Der Inhalt dieser Abhandlung beschraͤnkt sich daher auf folgende Punkte: I.Von der Geschwindigkeit, mit welcher das Wasserrad umlaufen muß, um die groͤßte Wirkung hervorzubringen. II.Von den Mitteln, dem Wasserrade die gehoͤrige Geschwindigkeit zu verschaffen. III.Erklaͤrung, wie durch den Umlauf des oberen Muͤhlsteins oder des Laufers das Getreide gemahlen wird. IV.Von der Auswahl der Steinart zu Muͤhlsteinen. V.Von der Form, welche die gegeneinander gewendeten Flaͤchen der Muͤhlsteine haben sollen. VI.Von der Groͤße, dem Gewichte und der Geschwindigkeit des Laufers. I. Von der Geschwindigkeit, mit welcher das Wasserrad umlaufen muß, um die groͤßte Wirkung hervorzubringen. Bei den unterschlaͤgigen Muͤhlen treibt das Wasser mit einer durch den Fall erlangten Geschwindigkeit das Rad durch einen Stoß an die offenen Schaufeln desselben um: bei den oberschlaͤgigen aber wird diese Wirkung groͤßtentheils durch das Gewicht des Wassers hervorgebracht, indem es nicht unterhalb, wie bei ersteren, an die freien, sondern oberhalb in die durch Seitenwaͤnde geschlossenen Schaufeln einfaͤllt. Wenn einem unterschlaͤgigen Rade ein so großer Widerstand entgegen gesezt waͤre, daß er der Kraft des auffallenden Wassers das Gleichgewicht hielte, so wuͤrde dieses Rad unbewegt bleiben, das ist, den ganzen Stoß aushalten, und keine Wirkung machen. Haͤtte im Gegentheile das Rad gar keinen Widerstand zu uͤberwinden, so wuͤrde es mit derselben Geschwindigkeit, als das Wasser auffallt, umlaufen, aber eben deshalb auch ein unnuͤzes Spiel seyn, und gar keine Wirkung thun. – Es ist daher entschieden, daß die Geschwindigkeit, mit welcher das Rad umlauft, kleiner seyn muͤsse, als jene, mit welcher das Wasser an dasselbe druͤckt. Folglich ist zu bestimmen, in welchem Verhaͤltnisse die Geschwindigkeit des Rads zur Geschwindigkeit des auffallenden Wassers stehen muͤsse, damit dieses die groͤste Wirkung auf jenes, und dadurch mittelst des mit dem Wasserrade verbundenen Kammrades aus den umlaufenden Muͤhlstein mache, und demnach den groͤßten Widerstand uͤberwinde, welchen das zwischen demselben und dem Bodensteine eingedrungene Getreide ein Zermalmen entgegensezt. Nach den Gesezen der Mechanik ist dieses Verhaͤltniß wie 1 zu 3, das ist, jede Schaufel an dem Rade geht drei mal langsamer um, als das Wasser auffaͤllt. Nehmen wir an, das Wasser habe durch den Fall auf das Rad eine Geschwindigkeit erhalten, mit welcher es bei gleichfoͤrmiger Bewegung in einer Sekunde 10 Schuhe, folglich in einer Minute 600 Schuhe durchlaͤuft; der Durchmesser des Rades habe 16 Schuhe, mithin sein Umkreiß 50. Weil nun der dritte Theil von der Geschwindigkeit des Wassers 200 Schuhe betraͤgt, so soll das Rad in einer Minute viermal umlaufen. Geht es schneller, so findet es zu wenig, laͤuft es langsamer, so findet es zu vielen Widerstand, und macht in beiden Fallen geringere Wirkung. Bei unsern Muͤhlen hat gewoͤhnlich das Rad einen zu schnellen Umlauf, und die Muͤller glauben, daß dann ihr Werk die beste Wirkung hervorbringe. Wirkung und Widerstand, Kraft und Gegenkraft sind immer einander gleich. Bei weniger Widerstand ist auch die Wirkung schwaͤcher, und der Laufer vermahlt weniger Getreid, oder mahlet es weniger fein. Eben dieses waͤre aber auch der Fall, wenn die Geschwindigkeit des Rades zu klein waͤre, was einen zu großen Widerstand anzeigen wuͤrde. Bei einer oberschlaͤgigen Muͤhle verhaͤlt es sich in Ansehung der Geschwindigkeit des Rades anders. Diese muß immer so groß seyn, als die Geschwindigkeit des auffallenden Wassers. Waͤre sie kleiner, so wuͤrde das in so ein geschlossenes Kastenrad fallende Wasser auf allen Seiten uͤberlaufen; waͤre sie groͤßer, so wuͤrde sich das Rad zum Theil dem Wasser entziehen; es wuͤrden seine Behaͤlter nicht angefuͤllet, und die abnehmende Schwere wuͤrde die Wirkung und den Umlauf des Rades wieder vermindern. Der Fall des Wassers auf ein solches Rad ist nie bedeutend hoch, und braucht es auch nicht zu seyn; man gibt dafuͤr dem Rade einen groͤßern Durchmesser, und macht es dadurch wirksamer. Wenn es bei einem Durchmesser von 16 Schuhen in einer Minute 6 bis 7 mal umlauft, so hat es schon einen schnellen Gang. Solche sogenannte Pletschmuͤhlen mahlen zwar bei ihrem ruhigern Gang etwas langsamer, aber mit betraͤchtlich minderer Verstaͤubung, und sie erhizen nicht so sehr den Schrot und das Mehl. Ein Muͤller kann sich bei solchen Muͤhlen in vorkommenden Faͤllen leicht helfen. Findet er, daß bei uͤberlaufendem Aufschlagwasser sein Rad zu langsam gehe, und kann er demselben nicht mehr Wasser geben, so lasse er weniger Getreid zwischen die Steine; erreicht er aber damit seinen Zweck nicht, so ist es ein Zeichen, daß der Laufer, wenn die Muͤhle in den uͤbrigen Theilen gut gebaut ist, zu schwer sey. Dieser Fall ist jedoch selten; und noch seltener ist bei solchen Muͤhlen die zu große Geschwindigkeit des Rades, welcher durch weniger Aufschlagwasser, oder durch Einlassung mehreren Getreides zwischen die Steine, oder durch einen schwerern Laufer leicht abgeholfen werden kann, wie hernach bei den unterschlaͤgigen Raͤdern gezeigt werden soll. Wenn eine Muͤhle gebauet, oder auch nur ein neues Wasserrad verfertiget wird, so ist man gewoͤhnlich darauf bedacht, daß man viel Wasser bekomme, und wo kein Ueberfluß an Wasser vorhanden ist, nichts von demselben verliere; daß man den Schaufeln des Rades die gehoͤrige Groͤße und Anzahl gebe, das Wasser mit senkrechtem Falle auf dieselben wirken lasse, und das Rad selbst moͤglichst groß mache. Und dock kann die best gebaute Muͤhle nur von mittelmaͤßiger Wirkung seyn, weil man nicht auch darauf bedacht war, dem Rade einen Widerstand entgegen zu sezen, den es mit seiner gehoͤrigen Geschwindigkeit uͤberwinden kann; dieser haͤngt aber allein von dem Gewichte des Laufers, sammt von dem Muͤhleisen ab, welches den Laufer traͤgt. Es ist ein aus Rechnungen hergeleiteter, und durch die Erfahrung bestaͤttigter SazMan sehe Bellidor, Architect. Hydraul., daß der Widerstand, welchen das Getreide dem Laufer macht, und der also vom Wasserrad uͤberwunden werden muß, sehr nahe der 35te Theil von dem Gewichte des Laufers und des Muͤhleisens sey. Haben diese zusammen 12 Zentner, so macht der 35te Theil hievon auch beinahe 35 Pfund aus, die aber gegen das Rad, wie wir spaͤter sehen werden, eine groͤßere Wirkung hervorbringen: sie ist jene von den gewoͤhnlichen kleinen Laufern von 3 bis 3 1/2 Schuhe im Durchmesser, wenn sie auch einen Schuh dick sind. – Fuͤr Muͤhlen, welche nicht zu wenig Wasser, und ein Gefalle von 1 1/2 biß 2 Schuh bei mittlerer Wasserhoͤhe haben, sind solche Steine durchaus zu klein, und gestatten dem Wasserrade einen zu schnellen Umlauf: dabei bewirket das Verhaͤltniß der Zahl der Zahne an dem Kammrade zur Zahl der Triebstabe an dem Getriebe, oder Trilling bei dem Laufes eine zu große Geschwindigkeit, wovon wir das Nachtheilige erklaͤren werden, wenn von diesem Muͤhlsteine die Rede seyn wird. Insgemein lauft solcher in einer Sekunde dreimal, also in einer Minute 180 mal um. – Hiezu kommt noch ein allgemeiner, bedeutender Fehler; es ist dieser, daß der Laufer, wenn er auch aus hartem Gesteine besteht, in einem Jahre wenigstens 1 bis 1 1/2 Zoll in der Dicke verliert. Jeder Zoll betraͤgt im Geringsten 80 Pfund. Es wird daher das Gewicht des Laufers in einem Jahre beinahe um einen Zentner geringer; hiedurch vermindert sich der Widerstand, und faͤllt von 35 beinahe auf 32. – Nicht selten laͤßt man den Laufer so lange am Gewichte abnehmen, ohne den Abgang desselben durch einen Aufsaz zu ersezen, bis er nur noch eine Dicke von 4 bis 5 Zoll hat. Sein Gewicht ist zulezt mehr nicht als 3 1/2 bis 4 1/5 Zentner, und wenn auch, was jedoch bei so kleinen Steinen nicht wohl statt findet, das Muͤhleisen 1 1/2 bis 2 Zentner wiegt, so ist nun der Widerstand von 35 bis auf 15 oder 18, beinahe also um den halben Theil, vermindert. II. Von den Mitteln, dem Wasserrade die gehoͤrige Geschwindigkeit zu verschaffen. Es wird hiezu vorzuͤglich erfodert, daß der Muͤller wisse, mit welcher Geschwindigkeit das Wasser auf sein Rad falle. Den meisten Muͤllern wird ohnehin die Hoͤhe des Falles des Wassers auf das Rad, wenn jenes den hoͤchsten, Mittlern, und niedrigsten Stand erhalten hat, bei welchem man noch mahlen kann, bekannt seyn. Sie duͤrfen nur mit einem Zollstabe die Hoͤhe, von der Wasserflaͤche bei dem Schuzbrete oder der Falle an bis zur Schaufel des Rades, auf welche das Wasser unmittelbar anschlaͤgt, messen. Kennen sie diese Hoͤhe, so wird sich leicht Jemand finden, der ihnen sagen kann, wie viel diese Hoͤhe nach verschiedenem Schuhmaße betrage. Nun koͤnnen sie sich aus der hier stehenden Tabelle belehren, was fuͤr eine Geschwindigkeit das Wasser durch einen Fall von dieser Hoͤhe erhalten habe, oder wie viel Schuhe und Zolle es mit dieser Geschwindigkeit in einer Sekunde und im einer Minute durchlaufen wuͤrde. Es ist diese Tabelle fuͤr eine Fallhoͤhe von 1 bis 3 Schuhe berechnet; eine kleinere oder groͤßere wird sehr selten vorkommen. Laͤnge des Weges, welchen das Wasser in einer Sekunde, und in einer Minute, mit gleichfoͤrmiger Bewegung und mit jener Geschwindigkeit durchlauft, die es durch einen Fall von 1 bis 3 Schuhen nach dem Pariser, Wiener, und NuͤrnbergerIch waͤhlte hier neben dem Pariser- und Wienerfuß um deswillen den Nuͤrnberger vor dem baierischen Schuh, weil das dermalige Koͤnigreich Baiern groͤßtentheils aus neu acquirirten Provinzen besteht, wo man sich, soviel mir bekannt ist, z.B. in dem großen Franken, des Nuͤrnberger Maßes, sowie in fruͤhern Zeiten, noch jezt zu haͤußlichem und Privatgebrauche bedienet, und weil in dem eigentlichen Altbaiern die Gewerbsklassen noch wenig an Buͤcherlesen gewoͤhnt sind. Maße erhalten hat. Textabbildung Bd. 4, S. 142 Fallhöhe; Paris; Wien; Nürnberg Den Durchmesser des Wasserrads wird der Muͤller wohl auch schon kennen: nur muß er solchen nicht von dem aͤußersten Rande zweier entgegengesezten Schaufeln, sondern von der Mitte derselben nehmen, oder was eben so viel ist, er ziehe vom ganzen Durchmesser die Breite einer Schaufel ab. Diese Laͤnge laͤßt er sich nun auch nach dem Pariser, Wiener, oder Nuͤrnberger Schuh angeben. Gesezt, daß dieselbe nach dem lezteren 10 1/2 Schuhe, oder 126 Zolle betrage, so wird nun fuͤr diesen Durchmesser der Umkreis berechnet, indem man die Zahl von jenem mit 22 multiplizirt, und mit 7 dividirt. Die Rechnung gibt 33 Schuhe. Hierauf untersucht der Muͤller, wie oft sein Rad in einer Minute umlaufe. Dieses zu erfahren, laͤßt er so viel Wasser aus das Rad, als er gewoͤhnlich fuͤr gut gefunden hat, steht mit der Uhr in der Hand vor dasselbe, oder das Kammrat hin, merkt sich eine Schaufel, oder einen Zahn, und zaͤhlet, der Zuverlaͤßigkeit wegen, 2 oder 3 Minuten hindurch die Umginge desselben. Es sey das Rad in einer Minute 9 mal umgelaufen; so ist der Weg, den jede Schaufel in dieser Zeit durchlaufen hat, 9 mal 33, naͤmlich 297 Schuhe. Nun mißt er die Wasserhoͤhe, und findet 1 Schuh 9 Zoll, gleichfalls nach dem Nuͤrnberger Maße, wo bei ihm die Tabelle die Geschwindigkeit des Wassers von 637 Schuh, 6 1/2 Zoll in einer Minute angibt. Der dritte Theil hievon (auf Kleinigkeiten und Bruͤche ist hier nicht zu sehen) macht 212 1/2 Schuhe. Dieß sollte also die Geschwindigkeit seines Rades seyn. Er fand sie aber von 297 Schuhen, folglich um 84 1/2 Schuhe zu groß, welche tritthalb Umgaͤnge seines Rades ausmachen. Um die beste Wirkung zu aͤußern, darf es in einer Minute nicht 9, sondern nur 6 1/2 mal umlaufen. Will dieses der Muͤller bewirken, so laͤßt er entweder weniger Wasser auf das Rad fallen, oder er vermehrt das Gewicht seines Laufers. – Im ersten Falle duͤrfte kaum so viel Wasser auf das Rad gelassen werden, als er bei dem niedrigsten Wasserstande hat. Er ergreift also das zweite Mittel, und beschwert seinen Laufer mit einem alten Stein. Sein Rad wird aber noch etwa einen halben Umgang zu viel machen; um nun auch diesen Fehler zu verbessern, laͤßt er etwas weniger Wasser auf das Rad. Da es sehr vortheilhaft ist, das Gewicht des zu sehr abgenuzten Laufers zu ersezen, so muß man dabei nur auch darauf sehen, daß der Laufer bei der Gewichts-Aufsezung leine ungleichfoͤrmige Schwere erhalte, d.i. daß der Mittelpunkt der Schwere nicht aus dem Centrum des Laufers komme. Der Bodenstein muß auf das vollkommenste nach der Sezwage gerichtet, und befestigt seyn. Sizt der Laufer auf dem Muͤhleisen auf, so darf er sich auf keiner Seite gegen den Bodenstein neigen. Diese Herstellung des Gleichgewichts auf allen Seiten kann durch Behauen des Aufsazes geschehen. Den Aufsaz mit dem Laufer so genau zu vereinigen, als ob es nur Ein Stein waͤre, gibt es verschiedene Behandlungsarten; am leichtesten geschieht dieß vielleicht, wenn oberhalb in den Laufer 3 Loͤcher, ungefaͤhr 1 Zoll tief, in beinahe gleicher Entfernung eingehauen werden, in welche drei Zapfen des Aufsazes passen. Damit der Reif an der aͤußern Flache des Umkreises nicht vorstehe, wird er gleich anfangs etwas breiter gemacht, und der Aufsaz in denselben eingesezt. Zu solchen Aufsaͤzen, besonders bei den noch so haͤufigen kleinen Laufern, koͤnnten alte, untaugliche, 3 bis 4 Zoll hohe Laufer dienen: es waͤre aber auch fuͤr den Muͤller keine gar große Ausgabe, wenn er ein Paar bleierne Scheiben gießen ließe, deren eine das einfache, die andere das doppelte Gewicht des einen oder anderthalb Zoll hohen Steins haͤtte. Da das Blei 4 bis 5 mal schwerer als der Stein ist, so wuͤrde eine solche Platte nicht uͤber 1/3 bis 2/3 Zoll dick seyn. Wo in der Naͤhe eine Eisenschmelze ist, koͤnnten solche Scheiben mit noch geringeren Kosten und zur ewigen Dauer von Eisen gegossen werden. III. Erklaͤrung, wie durch den Laufer das Getreide gemahlen werde. Der Bodenstein hat eine ruhige, feste Unterlage. Durch ein rundes Loch in seiner Mitte, welches wohl gefuͤttert, und gegen allen Durchgang des Mehls oder Getreids gesichert ist, senkt sich das Muͤhleisen. Auf dem obern stumpfen Ende dieses Eisens sizt der Laufer mittelst eines eingesenkten starken, flachen Eisens auf, welches uͤber sein rundes, 6 bis 7 Zoll im Durchmesser haltendes koch gehet, aber zu beiden Seiten noch eine hinlaͤngliche Oeffnung zum Einfallen des Getreides zwischen die Steine uͤbrig laͤßt. Das Getreide kommt aus dem sogenannten Schuh, dessen Oeffnung man nach Beduͤrfniß groͤßer oder kleiner machen kann, und der mittelst eines gespannten Steckens bestaͤndig geruͤttelt wird. – Unterhalb dem Bodensteine ist der Trieb oder Trilling an das Muͤhleisen genau nach der Mitte angesteckt, das Muͤhleisen laͤuft in eine kegelfoͤrmige Spize, die in einer starken eisernen Pfanne aufsizt. Diese ist in der Mitte eines Querbalkens, oder des sogenannten Steeges befestiget, welcher eine Laͤnge von 8 bis 9 Schuhe, und beinahe 6 Zolle in der Vierung hat. Er ist nach seiner ganzen Laͤnge frei, und liegt nur an beiden Enden auf, und zwar an einem Ende unveraͤnderlich, an dem andern aber kann er vermittelst eines kuͤrzern Querbalkens, auf dessen Mitte er aufliegt, sanft und ganz genau, in sehr kleinem Maße in die Hoͤhe geschraubet, oder herabgelassen werden, um dem Laufer eine beliebige Entfernung von dem Bodensteine zu geben. Es traͤgt also der Steeg das ganze Gewicht des Laufers sammt dem Muͤhleisen, eine Schwere, welche mehrere Zentner nach der Groͤße und Verschiedenheit der Steinart des Laufers betragen kann. Das Muͤhleisen wiegt einen, hoͤchstens 2 Zentner. Durch diesen Druck ist der nur an beiden Enden aufliegende Steeg bestaͤndig gesenkt, und gespannt. Sobald der Laufer durch das dazwischen eingedrungene Getreide in seinem freien Umlaufe gehemmt, geluͤftet, und dadurch an dem senkrechten Drucke gehindert wird, erhebt sich der Steeg ein wenig, und mit ihm der Laufer. Wird aber dieser wieder etwas freier, so senkt oder spannt er auch den Steeg wieder. Bei der so abwechselnden Hemmung des Laufers schwingt der Steeg immer auf und ab, wie eine gespannte Saite. Es laͤßt sich nun hiedurch erklaͤren, wie das Getreide durch den Laufer uͤber dem Bodensteine gemahlen werde. Die zirkelfoͤrmige Bewegung des Laufers gibt dem unter ihm liegenden Getreide oder Schrot eine schneckenfoͤrmige Flug- oder Centrifugalkraft, durch welche es von der Mitte durch eine Spirallinie fortgetrieben, und am Rande ausgeschleudert wird: dabei wird es wegen geringer Entfernung der Steine von einander zerrieben, kleiner gemacht, geschroten. Doch durch diese Bewegung allein wuͤrde man nie ein feines Mehl, oder dasselbe hoͤchstens nur in geringer Menge gewinnen. Das Getreide oder der Schrot wuͤrde zwar zerrissen, und so in kleinere Theile zertheilt, die durch gegenseitige Reibung und Anstoß noch etwas verkleinert wuͤrden; der meiste Theil aber wuͤrde noch die Groͤße behalten, die der Entfernung der Steine von einander gemaͤß ist; vielmehr waͤre nicht zu erwarten, weil die Steine unmoͤglich so nahe zusammen zu bringen sind, daß feine Mehlstaͤubchen gebildet werden koͤnnten. Das Wesentliche zum Eindringen, und vorzuͤglich zum feinern Zerreiben des Getreides leistet die bestaͤndige, schnell aufeinander folgende Schwingung des Laufers. Waͤhrend derselbe umlaͤuft, schwingt er sich immer fort auf und ab; das seinem Umlaufe widerstehende Getreide luͤftet ihn, und macht dem nachkommenden Getreide Raum; bei dem zum Theil uͤberwundenen Widerstande senkt er sich, zerdruͤckt, quetschet, zerreibet, und zertheilet das so verdruͤckte, und nicht mehr mit einander verbundene Getreide durch seinen Umlauf, und bringt es so zwischen die Zarge der Steine. Hier hat die Luft schon vorher durch die Reibung an dem Laufer eine zirkelfoͤrmige Bewegung erhalten; diese vermehrt nun noch der schraͤge, anstoßende Schrot, und wird so bei der Oeffnung der Zarge in den Beutelkasten getrieben. Wenn man die Schwingung des Steegs durch eine Unterstuͤzung unter der Pfanne aufhebt, so erhaͤlt man nur Schrot, und kein feines Mehl. Wir wollen nun einige Folgerungen aus dem bisher Gesagten zusammenstellen. I. Ein schwerer Laufer macht bessere Wirkung beim Mahlen, als ein leichterer. Er beschleuniget die Schwingung des Steegs, und befoͤrdert die Zerdruͤckung des Getreides. II. Wenn durch Abreibung des Laufers das Gewicht abnimmt, und nicht mehr ersezt wird, so nimmt auch die Wirkung der Muͤhle ab. III. Der Steeg soll weder zu lang noch zu kurz seyn; die Schwingungen uͤberhaupt haͤngen vom Gewicht des Steines, und von der Lage des Steeges ab. Ein aufmerksamer Muͤller wird das rechte Maß treffen. IV. Das Holz zum Steeg soll lange Fibern haben; denn es muß elastisch seyn. V. Bei gleichem Gewichte sind Steine von einem groͤßern Durchmesser vortheilhafter, als von einem kleinern, nicht nur weil sie mehr Schrot zwischen sich fassen, sondern weil sie ihn durch einen laͤngern Weg fuͤhren. VI. Gar zu schneller Umlauf ist nachtheilig, die Verweilung des Getreides unter dem Steine wahrt zu kurze Zeit, und die Zahl der Schwingungen des Laufers ist zu gering. IV. Von der Auswahl der Steinart zu Muͤhlsteinen. Man hat selten freie Wahl der Muͤhlsteine, und oft muß man sie sogar von weit entfernten Orten kommen lassen. Da alle Muͤhlsteine nach und nach zu feinem Steinmehl zerrieben werden, das sich mit dem Getreidmehle vermengt; so sind diejenigen Steine fuͤr Muͤhlen die besten, deren Bestandtheile der Gesundheit am wenigsten nachtheilig sind, und die weiße Farbe des Mehls nicht verdunkeln, und die auch sich weniger abreiben, folglich laͤnger dauern, und dem Muͤller mit Picken oder Rauhmachen ihrer Oberflaͤche weniger Muͤhe verursachen. In einigen Orten gebraucht man dazu den Basalt und die Wacke. Das muͤhsamere Picken dieser Steine, woran ihre Haͤrte Schuld ist, wird durch eben diese Harte wieder verguͤtet, welche jene Arbeit nicht so oft nothwendig macht. Gemengte Steinarten, die nebst hinlaͤnglicher Harte ein etwas loͤcherichtes Gewebe, also an sich schon eine etwas rauhe, nicht st leicht abzureibende oder zu polirende Oberflaͤche haben, verdienen den Vorzug. Dahin gehoͤren Sandsteine mit einem harten Bindungsmittel; es moͤge dieses kalk- oder thonartig, oder gemischt seyn. So sind die Wendelsteiner Sandsteine bei Nuͤrnberg, welche fuͤr viele Gegenden fast allein zu Muͤhlsteinen dienen, mit etwas feinem Glimmer gemengt, und haben ein fast ganz kalkartiges Bindungsmittel. Wegen ihres feinen Korns besizen sie eine etwas große eigenthuͤmliche Schwere von 2,604 im Mittel. Der Kubikschuh davon wiegt nach dem Nuͤrnberger Maß und Gewicht 142 Pfund. – Der sogenannte rheinlaͤndische Muͤhlstein, der eigentlich ein vulkanisches Produkt ist, behauptet vor dem Wendelsteiner Sandstein den Vorzug, daß er bei hinlaͤnglicher Haͤrte ein mehr loͤcheriges Gewebe, und eine geringere spezifische Schwere hat. Man kann daher von demselben hoͤhere und groͤßere Laufer machen, ohne daß sie zu schwer sind. Der Granit wird ebenfalls, wenn er nicht zu grobkoͤrnig ist und zu vielen Glimmer hat, zu Muͤhlsteinen verwendet. Doch ist dabei zu befuͤrchten, daß sich scharfkantige Quarzsplitter unter das Mehl mengen, wenn der Quarz desselben mehr durchscheinend, und in groͤßern eckigten Koͤrnern eingemengt ist. V. Von der Form, welche die gegen einander gewendeten Flaͤchen der Muͤhlsteine haben sollen. Die gegen den Bodenstein gekehrte Seite des Laufers darf, wie von selbst einleuchtet, in keinem Falle erhaben oder gewoͤlbt seyn, sondern muß entweder eine ebene, oder von der Mitte aus vertiefte Flaͤche haben. Im erstern Fall muß auch der Bodenstein eben seyn; im leztern kann er eben, oder erhaben und gewoͤlbt, niemals aber darf er vertieft seyn. Wir wollen diese Formen genauer beschreiben, pruͤfen, gegen einander halten, und nach ihrer Anwendbarkeit erklaͤren. Laufer und Bodenstein muͤssen am Rande nach ihrem ganzen Umkreise eine gleiche Entfernung von einander haben, wie schon im II. Abschnitte gesagt wurde; sind nun die Flaͤchen von beiden zugleich ganz eben, so sind sie durchaus von einander gleich weit entfernt, gleichlaufend und parallel. Wie kommt aber dann das Getreide zwischen dieselben hinein, da sie doch allezeit naͤher beisammen seyn muͤssen, als die Dicke eines Getreidkoͤrnchens fodert, weil dieses sonst wenig oder gar nicht zerrissen wuͤrde? – Es wird meistens auf vier Seiten dem Getreide ein Weg zwischen die Steine gebahnt. Es werden Furchen oder sogenannte Roͤmische in den Laufer gehauen. In der 3ten Figur Tab. II. stellt die ganze Zirkelflaͤche MNPQ die untere Flaͤche des Laufers vor. Der kleinere Zirkel AB von 6 bis 7 Zoll Durchmesser – es mag der Laufer groͤßer, oder kleiner seyn- zeigt das Loch nach der ganzen Dike des Laufers an, durch welches von dem Schuh unter dem Rumpf das Getreid einfaͤllt, uͤber dem Mittelpunkte C ist ein starkes Eisen DEFG eingelassen, mit einer laͤnglicht vierekigten Oeffnung in der Mitte, welche das darein passende Muͤhleisen einnimmt. Dieses in den Stein gesenkte Eisen ist nicht so breit als die Oeffnung AB, und laͤßt bei A und B einen hinlaͤnglichen Raum uͤbrig, durch welchen das Getreide eindringen kann. Nach der Richtung des Eisens DF und senkrecht darauf sind die Roͤmischen eingehauen, in Gestalt einer Rinne. Der Durchschnitt ist Fig. 4 zu sehen. Die Vertiefung ab auf einer Seite hat 1/4 bis 1/3 Zoll, so viel naͤmlich als 2 volle Weizen- oder Roggenkoͤrnchen uͤber Quer ausmachen. Von da, nach einer Breite von beinahe 4 Zollen verliert sie sich gegen c in die ebene Flache des Laufers; der von c gegen a umlauft. Die Schwungkraft, welche durch den Umlauf des Laufers das bei A und B einfallende Getreid erhaͤlt, bringt es da, und auch unter dem Eisen in die Roͤmische hinein. Theils die Schwingung des Laufers, theils die abermalige Flugkraft treibt es in denselben gegen den Rand; hier wird es nach und nach mehr zerdruͤckt, und zerrieben, und kommt so bei dem Rande unter die Steine, wo es erst eigentlich gemahlen, und in einer Schneckenlinie ausgeschleudert wird, wie im III. Abschnitt erklaͤrt worden. – Dieser Erklaͤrung wollen wir nun einige Bemerkungen beifuͤgen. Ein Fehler ist es, wenn diese Roͤmische bis gegen den Rand des Laufers bei MNPQ fortgesezt werden. Das so weit vorgedrungene Getreide, welches erst in so großer Entfernung unter die Steine kommt, ist keiner bedeutenden Einwirkung mehr unterworfen. Es sollten diese Rinnen nicht uͤber 2/3 des Durchmessers von dem Laufer sich erstrecken, wie der punktirte Zirkel HIKL anzeigt. Hier verliert sich auch ihre Tiefe in die Flaͤche des Laufers selbst; und da sich diese nach und nach abreibt, so wuͤrden die Roͤmischen bald verschwinden; es muß deswegen der Muͤller, wenn er den Stein schaͤrft, auch die Vertiefungen wieder herstellen, und dafuͤr sorgen, daß sie sich allmaͤhlig, und unter keinem scharfen Ecke, in die Steinflache verlieren. Wenn die Breite der Roͤmischen 4 Zoll ausmacht, so darf man nur rechnen, daß sie zwei Streifen von der Steinflaͤche wegnehmen, deren jeder 2/3 von der Laͤnge des ganzen Durchmessers, und 3 Zoll zur Breite hat, weil gegen den 4ten Zoll das Getreide schon zerrissen wird. Wenn der Durchmesser des Laufers in Schuhen angesezt = a ist, und auf den inneren Zirkel der Oeffnung keine Ruͤcksicht genommen; dieser also nicht abgerechnet wird, dann verhaͤlt sich die Flaͤche der Roͤmischen zur Flache des ganzen Laufers sehr nahe wie 14 zu 33 a, oder auch wie 3 zu 7 a. Hat a nur 3 Schuh, so ist das Verhaͤltniß wie 3 zu 21, oder wie 1 zu 7. Es nehmen also die Roͤmischen den 7ten Theil von der Flache weg, wenn sie noch um 1/3 des Durchmessers von dem Rande entfernt sind. Wuͤrden sie ganz hinausgefuͤhrt, so waͤre das Verhaͤltniß wie 7 zu 11 a, und, wenn a = 3 ist, wie 7: 33, und die Flaͤche waͤre mehr als um den 5ten Theil vermindert. Bei einer solchen Gestalt des Laufers kann man ganz besonders folgende Ausstellung machen. Das unter die Vertiefung der Roͤmischen gebrachte Getreide kommt in ungleicher Entfernung von der Steinoͤffnung, oder deren Zirkel AB (Fig. 3.) bis gegen HIK und L zwischen die Steine, macht innerhalb derselben bald einen langem, bald einen kuͤrzern Weg, und wird also ungleich zermahlen. Sind auch jene Koͤrner, die gleich bei a und b herauskommen, keiner so starken Wirkung der Steine unterworfen, weil in der Naͤhe des Mittelpunktes die Geschwindigkeit des Laufers nicht so groß ist, so werden sie doch schon zermahlen, wenn bei andern diese Wirkung erst anfaͤngt. Es ist durch alle Erfahrung entschieden, daß Steine mit ebenen Flaͤchen fruͤher abgenuͤzt, und daher oͤfter gepikt (gebillt), oder scharf gemacht werden muͤssen. Bei gewoͤhnlichen kleinen Steinen von 3 bis 3 1/2 Schuh im Durchmesser muß dieß beinahe alle Tage geschehen, und erfordert wenigstens eine gute halbe Stunde. Wegen dieser schnellen Abreibung verschmieren sich auch leichter die Flaͤchen, weil sich der Schrot in die Vertiefungen des nicht mehr rauhen Steines hineinlegt. Es mag aber diese Form deswegen beliebt seyn, weil solche Steine beim Piken und Rauhmachen weniger Behutsamkeit und Zeit verlangen; die Flaͤchen bekommen doch in der Hauptsache eine gegen einander, so viel hier noͤthig ist, gleichlaufende Lage, wenn gleich einzelne Theile bald mehr, bald weniger vertieft sind. Zu große Vertiefungen waren jedoch fehlerhaft, und dem Mahlgaste nachtheilig; auch der Muͤller wuͤrde, wenn er gleich mehr Steinmehl erhielte, laͤngere Zeit zum Mahlen beduͤrfen, und wenn er alles nach dem Gewichte zuruͤckgeben muß, wenig Vortheil finden. Man kann die Roͤmischen weglassen, und den Zweck derselben durch eine andere, wie ich glaube, bessere Form des Laufers erzielen. Anstatt dem Getreide den Eingang zwischen die Steine nur auf 4 Seiten zu oͤffnen, gebe man demselben freien Zutritt um die ganze Oeffnung des Laufers. Dieses kann auf eine dreifache Art bewirkt werden. Die erste Art wird Fig. 5. im Durchschnitte vorgestellt. Die gerade Linie PQ ist der Durchschnitt des ebenen Bodensteins, und die doppelte winklichte AKP und BLQ der Durchschnitt des Laufers, welcher um seine Oeffnung AB wieder 1/4 oder 1/3 Zoll vertieft eingehauen, wie sonst die Roͤmische nach der Laͤnge: diese Vertiefung nimmt immer ab, bis auf 2/3 seines Durchmessers in K und L, wo das uͤbrige lezte Drittel LQ und KP einen ebenen, mit dem Bodensteine gleichlaufenden Zirkelring bildet. Dadurch wuͤrde eine gleichfoͤrmige Wirkung, und eine in gleicher Entfernung ganz gleiche Zermalmung des Getreides erzielet, und zwar erst in jener Entfernung, wo die Theile des Laufers schon eine groͤßere Geschwindigkeit haben. Nichts waͤre hier ausser Wirksamkeit gesezt, wie bei der vorigen Art. Auch schon beinahe in 2/3 von A und B gegen K und L fienge die eigentliche Zermahlung an. Die Breite der wirkenden Flaͤche waͤre 5/9 des ganzen Durchmessers, und die Flaͤche davon uͤber 5 mal groͤßer als jene, welche das Getreid aufnimmt, und dieser mittheilet. Wenn auch die Flaͤchen eben so oft muͤßten gepikt werden, woruͤber jedoch die Erfahrung noch nicht entschieden hat, so geschehe dieses ohne Beschwerde, und wuͤrde wohl auch weniger Zeit erfodern, weil die Ausbesserung der Roͤmische wegfaͤllt, und alles in Einem fortgehet. Diese Form laͤßt sich aber noch einfacher machen, nach dem Durchschnitte, wie ihn die Figur 6 darstellt, die sich von Fig. 3, nur darin unterscheidet, daß sie die Kruͤmmung bei K und L nicht hat, und daß sich die Vertiefung bei A und B gleichfoͤrmig bis an den aͤußersten Rand verliert. Das eigentliche Mahlen faͤngt hier zwar etwas weiter hinaus in 2/3 des Durchmessers an, es geschieht aber gleichfoͤrmiger, bei immer gleich abnehmender Entfernung von dem Bodenstein, zu welchem hier der Laufer naͤher gestellt werden darf, als bei der ersten und zweiten Form. Es wuͤrde daher auch das Getreide feiner und schneller gemahlen, als bei der folgenden, hievon nicht wesentlich unterschiedenen, franzoͤsischen Art. Den Durchschnitt zeigt die Figur 7. Die Vertiefung des Laufers bei A und B zieht sich hier nicht in einer geraden Linie gegen den Rand P und Q, sondern in einer bogenfoͤrmigen Kruͤmmung, wie ein Segment von einer großen Kugel. Deswegen darf auch der Bodenstein nicht eben seyn, weil er sonst zu weit von dem Laufer entfernt, und seine Flaͤche spaͤter zum Mahlen wirksam seyn wuͤrde; sondern er muß gleichfalls erhaben, jedoch nach einer Zirkelkruͤmmung von einem laͤngeren Durchmesser erscheinen. Wenn von der Chorde, oder der geraden Linie PQ der Laufer in der Mitte um einen Zoll abstehet, so ist der Bodenstein nur um beinahe 3/4 daruͤber erhoͤhet. Bei kleinem Steinen sind die Abstaͤnde geringer, doch aber die Entfernungen von einander gleich. Die Zermahlung geschieht gleichfoͤrmig, wie bei der vorhergehenden Art, und beginnt eigentlich auch von der Mitte aus bei 2/3 des Durchmessers. Die allmaͤhlige sanfte Erniedrigung des Bodensteins kann den Schwung des Getreides etwas befoͤrdern. Nach Belidors Zeugniß dauert ein solcher Laufer von 12 bis 13 Zoll Hoͤhe, und einem Durchmesser von 6 Schuhen, 35 bis 40 Jahre; also fast 6 mal laͤnger, als bei uns ein kleiner, von 3 bis 3 1/2 Schuhen. Er wird im Monat nur einmal gepikt, woher sich seine lange Dauer erklaͤren laͤßt. Belidor sagt aber nicht, von welcher Art diese Steine seyen; vermuthlich haben sie ein hartes und loͤcheriges Gewebe: dieß muͤßte man schon aus der geringen Schwere, die er von ihnen angibt, schließen; denn es soll ein Pariser Kubikschuh derselben nur 110 Pfund wiegen; da doch selbst 200 Pfund wenig waͤren. Er mag sich aber wohl etwas geirret haben; denn auch die Art, wie er dieses Gewicht bestimmt hat, ist eben nicht die zuverlaͤßigste. Gewiß ist es indessen, und durch die Erfahrung bestaͤtiget, daß diese und die vorher beschriebene Form sowohl zur bessern Zermahlung des Getreides, als zur laͤngern Dauer der Steine sehr vieles beitragen. Nach meiner Meinung eignet sich vorzuͤglich die zweite Form fuͤr kleine Steine von 3 bis 3 1/2, oder noch 4 Schuhe im Durchmesser, weil dabei ein groͤßerer Theil der ganzen Flache zur Zermahlung des Getreides verwendet wird. Die dritte und vierte Form sollte nur fuͤr groͤßere Steine von 5 bis 6 Schuhen gewaͤhlt werden. Die erste waͤre hiezu gar nicht tauglich, weil sie zu großen Widerstand machen, den Gang der Muͤhle erschweren, und die Steine zu sehr abnuͤzen wuͤrde. VI. Von der Groͤße, dem Gewichte, und der Geschwindigkeit des Laufers. Diejenige Getreidmuͤhle ist sowohl fuͤr den Muͤller, als fuͤr den Mahlgast die beste, die in derselben Zeit mehr Getreide mahlet, als eine andere, und zugleich ein feines, unverdorbenes Mehl liefert. Der Widerstand, welchen das Getreide dem Laufer entgegensetzt, haͤngt von dem Gewichte desselben ab (Absch. I.). Das Gewicht bestimmet bey der naͤmlichen Stewart der Durchmesser und die Hoͤhe. Der Umlauf des Steins bewirkt die Zermahlung des Getreides, und die groͤßere Menge von diesem ist mit dem Quadrate des Durchmessers, oder der Flaͤche des Steines im Verhaͤltnisse. Demnach ist dieser Widerstand, wenn er der hoͤchste ist, auch zugleich der beste oder wirksamste, wenn er mit dem groͤßten Gewichte, der groͤßten Flaͤche, und der vortheilhaftesten Geschwindigkeit des Laufers verbunden ist. Wir wollen sehen, ob nicht eine fuͤr jede Groͤße des Laufers passende Geschwindigkeit bestimmet werden koͤnne. Gewiß ist es, daß der kleinere Laufer keine kleinere Geschwindigkeit, als der groͤßere haben soll; er wuͤrde sonst, da er ohnehin schon unwirksamer, als dieser ist, noch weniger leisten, und ganz untauglich werden. Hieraus folgt, daß er zur naͤmlichen Zeit oͤfter umlaufen muͤsse, als jener, denn da bey gleicher Umlaufszahl die Geschwindigkeiten sich verhalten, wie die Durchmesser, so wuͤrde er einen zu langsamen Gang haben, wenn er nicht oͤfter umliefe. Gar zu große Geschwindigkeiten sind bey einem jeden Laufer dem Mahlen des Getreides nachtheilig, und zwar aus folgender Ursache: Sie vermindern die auf das Getreide wirkende Kraft; diese ist in einem aus ihrer Staͤrke und der Zeit, in welcher sie wirket, zusammengesezten Verhaͤltnisse. Ist die Zeit zu klein, folglich die Geschwindigkeit zu groß, so wird die Wirkung schwacher; das Getreide wird zu schnell ausgeschleudert, und eben daher weniger zerrieben; waͤre aber auch dieses nicht der Fall, so wuͤrden die Steine, und folglich der Schrot zu sehr erhizt, und das Mehl verdorben. Auch zu kleine Geschwindigkeiten sind dem Mahlen nachtheilig; weil dabei der Laufer nur kurze Schwingungen erhaͤlt. Daß die Geschwindigkeit, welche gewoͤhnlich in den deutschen Muͤhlen kleine Laufer von 3 bis 3 1/4 oder hoͤchstens 3 1/2 Schuhen haben, indem sie in einer Minute 180 mal, und auch noch oͤfter umlaufen, zu groß sey, beweisen mehrere Umstaͤnde. Das Wasserrad lauft, wie man leicht bemerken kann, zu schnell um, und macht eben darum schlechtere Wirkung; die Steine werden zu sehr abgenuͤzt, und muͤssen fast taͤglich geschaͤrft werden; und der Schrot wird, besonders bei den lezten Zuͤgen, zu sehr erhizt, so daß es noͤthig wird, den Lauf des Rades durch weniger Aufschlag-Wasser zu hemmen. Dieß findet bey franzoͤsischen Muͤhlen nicht statt, wo die Laufer 6 Schuhe und daruͤber im Durchmesser haben, und in einer Minute hoͤchstens 60 mal umlaufen; hier sind diese von viel laͤngerer Dauer, und sie erhitzen den Schrot nicht betraͤchtlich. Daher sagt auch Belidor, daß man, um eine solche Erhitzung zu vermeiden, keine groͤßere Geschwindigkeit hervorbringen duͤrfe. Er tadelt aber dennoch bey der Beschreibung und Berechnung einer sehr guten Muͤhle, daß der Laufer noch nicht schwer genug sey. Aus dem, was hier gesagt worden, laͤßt sich nun, ohne Ruͤcksicht auf den Durchmesser, diejenige Geschwindigkeit des Laufers als die groͤßte und beste annehmen, bey welcher noch leine betraͤchtliche Erhizung des Schrotes erfolgt; die aber erfolgen wuͤrde, wenn die Geschwindigkeit noch groͤßer waͤre. Die beste ist also die, welche der Umkreis eines Laufers von 6 Schuhen hat, wenn er in einer Sekunde einmal, oder in einer Minute 60 mal umlauft. Joh. Matth. Beyer in Leupolds theatro machinarum molinarium fordert, daß der Muͤhlstein nicht zu langsam umlaufen soll, damit die Frucht wohl zermalmet, und nicht etwa nur gequetschet werde. Dazu bestimmt er fuͤr einen Laufer von 3 1/4 Schuh eine Geschwindigkeit, mittelst welcher er in einer Sekunde 1 2/3 mal, folglich in einer Minute 100 mal umlaufe. Nach dieser Angabe wuͤrde ein Laufer von 6 Schuhen eine gleiche Geschwindigkeit haben, wenn er in der naͤmlichen Zeit 54 1/6 mal umliefe. Wir wollen aber die gerade, und zugleich auch hoͤchste Zahl 60 annehmen, und nach dieser die Umlaufszahl fuͤr jeden Laufer berechnen, damit er eine gleiche Geschwindigkeit habe. Wenn die Geschwindigkeiten zweyer Laufer gleich sind, muͤssen sich ihre Umkreise oder Durchmesser zu einander verhalten, wie die zum Umlauf erfoderten Zeiten. Ist der eine noch einmal so groß, als der andere, so muß er auch noch einmal so viel Zeit zu seinem Umlauf brauchen, als der andere. Die Umlaufs-Zeiten selbst sind im umgekehrten Verhaͤltnisse mit der Zahl der Umlaͤufe. Ein noch so kleiner Laufer muß zweimal umlaufen, da es bei einem noch so großen einmal geschieht, wenn jeder Punkt seines Umkreises eben so viel Weg machen, folglich eben so geschwind sich bewegen soll, als bei dem andern. Es muͤssen also die Durchmesser im umgekehrten Verhaͤltnisse mit den Umlaufszahlen in der naͤmlichen Zeit seyn. Hat ein Laufer 4 Schuhe im Durchmesser, und soll er eine gleiche Geschwindigkeit haben mit einem von 6 Schuhen, der in einer Minute 60 mal umlauft, so ist 4: 6 = 60: 90. Er muß also in einer Minute 90 mal umlaufen. Ich liefere hieruͤber eine Tabelle fuͤr Laufer von 3 bis 6 Schuhen, um von viertl zu viertl Schuhen, weil doch nicht leicht groͤßen oder kleinere vorkommen. Die Bruͤche sind angesezt, wie die Rechnung sie gegeben, obschon sie in der Ausuͤbung außer Acht zu lassen sind. Wenn ein jeder Laufer eine gleiche Geschwindigkeit haben soll, so muß er bei einem Durchmesser von Schuhen in einer Minute umlaufen 3 120 mal 3 1/4 110 10/13 mal 3 1/2 102 6/7 mal 3 3/4 96 mal 4 90 mal 4 1/4 84 12/17 mal 4 1/2 80 mal 4 3/4 75 15/19 mal 5 72 mal 5 1/4 68 4/7 mal 5 1/2 65 5/11 mal 5 3/4 62 14/23 mal 6 60 mal Man sieht aus dieser Tabelle, daß die kleinen Laufer von 3 bis 3 1/4 Schuh, indem sie gewoͤhnlich 180 mal, und noch oͤfter in einer Minute umlaufen, eine wenigstens um den dritten Theil zu große Geschwindigkeit haben. Die Nachtheile hievon, naͤmlich starke Abnuͤzung derselben, Erhizung des Schrotes, und langsamere Vermahlung sind schon oft genannt worden. Es spricht Theorie und Erfahrung gegen jene Laufer, und nichts erhaͤlt sie im Gebrauche, als das alte Herkommen, und der Mangel an hinlaͤnglichen Kenntnissen. Die in der Tabelle enthaltenen Zahlen geben die groͤßte zwekmaͤßige Geschwindigkeit an, die niemals uͤberschritten werden sollte. Bei schwachen Bachmuͤhlen, die Mangel an Wasser haben, muß sie kleiner seyn; noch mehr aber bei solchen Muͤhlen, die nicht durch Wasser, sondern durch Thierkraͤfte in Bewegung gesezt werden. Daß bei gleichen Geschwindigkeiten groͤßere, und nach Verhaͤltniß auch schwerere Laufer vortheilhafter seyen, ist aus dem vorhergegangenen schon erwiesen. Sie nuͤzen sich weniger ab, und mahlen in derselben Zeit mehr Getreide. So koͤnnte mancher Muͤller seine Muͤhle um den dritten Theil, ja auch um die Haͤlfte verbessern. Die Vermehrung des Gewichts blos durch uͤbermaͤßige Dike des Laufers waͤre nicht weniger fehlerhaft, als die zu große Geschwindigkeit. Es ist also auch hier ein gewisses Maaß festzusezen. Wenn ein neuer Stein angeschaft wird, sollte er, meiner Meinung nach, nicht unter einem Schuh, und nicht uͤber anderthalb Schuh dik seyn. Hat man Wasser genug, so ist es besser, den Durchmesser, als die Dike, zu vergroͤßern. Noch ist die Frage uͤbrig: wie ein Muͤller seine schon eingerichtete Muͤhle durch die gehoͤrige Geschwindigkeit und derselben angemessene Groͤße und Schwere des Laufers verbessern koͤnne? Wir wollen diese Frage ohne beschwerliche Rechnung in einem Beispiel beantworten. In einer Muͤhle habe der Laufer 3 Schuhe im Durchmesser, und sey ein Schuh hoch: er wiegt also 1000 Pfund, und mit dem Muͤhleisen 1225 Pfund. Der Widerstand ist (nach Abschnitt I.) 32 bis 35 Pf. Das Kammrad habe 72 Zaͤhne, und der Trieb oder Trilling 6 Staͤbe; folglich laͤuft der Laufer 12 mal um, wenn das Rad einmal sich umdrehet. Bei guten mittleren Gaͤngen macht das Wasser-Rad in einer Minute 15 Umgaͤnge, also der Laufer 180; er sollte aber nur 80 machen, und dennoch das Rad nur 10 mal umlaufen. Wollte der Muͤller dieses bewirken, so duͤrfte er nur wenig Wasser auf sein Rad lassen. Hat er (nach Abschnitt II.) den Fall des Wassers untersucht, und sein Rad gemessen, so findet er, daß dieses nur 9 mal umlaufen sollte; der Laufer ist also zu gering und zu klein; er sollte einen beinahe um 2/3 groͤßern Widerstand von 52 Pfund machen, und folglich sammt dem Muͤhleisen 1820 Pf. wiegen, ohne dieses aber 1695 Pf. Bei gleicher Hoͤhe sind die Gewichte der walzenfoͤrmigen Laufer, wie die Quadrate ihrer Durchmesser. Es ist also 1000 : 1695 = 9 : 15,255. Von 15,255 ist die Quadratwurzel 3, 9. folglich darf der Laufer wohl 3 3/4 oder 4 Schuhe im Durchmesser haben. Mit diesem sollte er nach der angegebenen Tabelle nur 90 mal in einer Minute umlaufen. Weil aber das Wasser-Rad in dieser Zeit 9 mal, der Laufer bei einem Umgang desselben 12 mal, also bei 9 Umgangen 108 mal umlauft, so taugt der Sechser-Trieb nicht mehr, er muß weggenommen, und ein anderer mit 7 Triebstaͤbe angebracht werden. Dieser gibt 10 2/7 fuͤr das Kammrad, und 92 4/7 Umgaͤnge fuͤr den Laufer. Es laͤßt sich jedoch der Durchmesser des Laufers noch genauer berechnen, wenn man sagt: 92 4/7 : 6 = 60 : 3 8/9. Sollte also der ganze passende Durchmesser des Laufers 3 8/9 oder 3 Schuhe 10 2/3 Zoll haben, so waͤre die Muͤhle verbessert, und man koͤnnte bedeutend mehr Getreide durch sie mahlen.

Tafeln

Tafel Tab. II
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