Titel: Verfahrungsweise bei der Analyse des Schießpulvers.
Fundstelle: Band 6, Jahrgang 1821, Nr. IV., S. 43
Download: XML
IV. Verfahrungsweise bei der Analyse des Schießpulvers. Aus den Archiven des Berathungs-Ausschusses der Pulver- und Salpeter-Direktion (Comitè consultatif de la Direction des Poudres et Salpêtres) in den Annales de Chimie et de Physique. April 1821. S. 434. Verfahrungsweise bei der Analyse des Schießpulvers. Die gewoͤhnliche Verfahrungsweise bei der Analyse des Schießpulvers besteht darin, daß man das Pulver mit Wasser auslaugt, um den Salpeter daraus zu erhalten, und den Ruͤkstand mit Kali behandelt, welches den Schwefel aufloͤst, und die Kohle zuruͤklaͤßt. Obschon dieses Verfahren leicht scheint, so biethen sich doch bei demselben Schwierigkeiten dar, die man erst dann zu wuͤrdigen weiß, wann man darnach arbeitet; man kann es indessen doch nicht ganz verwerfen, und wird nothwendig seine Zuflucht zu demselben nehmen muͤssen, wenn man die Menge der in dem Pulver enthaltenen Kohle auf directe Weise erhalten will. In dem Falle, wo man dieses Verfahren anwenden wollte, waͤre es gut, das zu untersuchende Pulver in zwei Theile zu theilen, wovon der eine Theil auf Salpeter ausgelaugt und der Ruͤkstand desselben getroknet werden muͤßte, um das Gewicht zu erhalten, der andere Theil aber unmittelbar mit einer gleichen Menge Kali, und etwas Wasser gemengt und dann gekocht wird: der Schwefel wird sich hier sehr schnell aufloͤsen, und der Ruͤkstand muͤßte mit Wasser solang gewaschen werden, bis dieses keinen Schwefel-Geschmak mehr aͤußert, oder vielmehr, bis es das essigsaure Bley nicht mehr schwarz niederschlaͤgt. Die Kohle muß jezt getroknet und gewogen werden. Die Menge des vorhandenen Schwefels laͤßt sich nun finden, wenn man von dem Gewichte des zur Untersuchung genommenen und vollkommen trokenen Pulvers das Gewicht des erhaltenen Salpeters und der gefundenen Kohle abzieht. Die Resultate dieser Analyse koͤnnen dadurch controlirt werden, daß man das Gewicht des Schwefels und der Kohle, welches der erste Theil des Schießpulvers (nach Auslaugung des Salpeters) zuruͤk ließ, mit jenem vergleicht, welches man an dem zweiten Theile des Schießpulvers gefunden hat. Bei dieser Verfahrungsweise laͤßt die Bestimmung der Kohle einige Ungewißheit, und diese wiederholt sich in der Folge bei dem Schwefel, so daß folglich, wenn man das Gewicht des Schwefels auf directe Weise bestimmen koͤnnte, die Analyse des Schießpulvers um vieles genauer seyn wuͤrde. Um diesen Zwek zu erreichen, wollen wir hier folgendes Verfahren beschreiben, dessen Genauigkeit sich bereits durch eine Menge von Versuchen erprobt hat. Man faͤngt damit an, daß man eine gewisse Menge Schießpulvers abtroknet um den Grad von Feuchtigkeit zu bestimmen, den es haͤlt, und desto sicherer die Menge Kohle angeben zu koͤnnen, die man bei diesem Verfahren nur durch Abzug erhalten kann. Den Salpeter bestimmt man durch Auslaugen des Schießpulvers, durch Abdampfen des Auslauge-Wassers, und durch Schmelzen des erhaltenen salinischen Ruͤkstandes. Um den Schwefel zu erhalten, mischt man 5 Gramme Schießpulvers mit ebensoviel basischer reiner kohlensaurer Pottasche (sous-carbonate de potasse) oder wenigstens solcher, die keine Schwefelsaͤure enthaͤlt. Man pulvert diese Mischung genau in einem Moͤrser, und sezt in der Folge 5 Gramme Salpeter und 20 salzsaures Natron bei. Nachdem alles dieses auf das Innigste gemengt wurde, bringt man die Mischung in einem Platina-Tiegel auf gluͤhende Kohlen: der Schwefel verbrennt langsam, und die Masse wird sehr bald weiß. Sobald dieß geschehen ist, ist die Operation geendet; man nimmt den Tiegel aus dem Feuer, und wann er erkaltet ist, loͤst man die Salzmasse im Wasser auf, saͤttigt die Aufloͤsung mit Salpetersaͤure oder Salzsaͤure, und schlaͤgt die Schwefelsaͤure, die sie enthaͤlt, mit salzsaurem Baryt nieder. Dieser Niederschlag kann auf zweierley Weise geschehen: die erste und gebraͤuchlichste besteht darin, daß man in die Aufloͤsung etwas mehr salzsauren Baryt schuͤttet, und den erzeugten schwefelsauren Baryt sammelt. Dieses Verfahren fordert zahlreiche Absuͤßungen, die man nur in langen Zwischenraͤumen wiederholen kann, weil der schwefelsaure Baryt sich nur langsam niederschlaͤgt, vorzuͤglich am Ende der Operation, wo dieses Salz oͤfters in der Aufloͤsung schwebend haͤngen bleibt, und selbst durch die dichtesten Filtrierpapiere durchlaͤuft. Wenn man den schwefelsauren Baryt auf einem Filtrum aussuͤßt, so entsteht eine neue Unbequemlichkeit; man muß sie entweder von dem Filtrum abnehmen, oder beide zugleich wiegen: in beiden Faͤllen kann man leicht einen Irrthum begehen, zumal wenn man nicht sehrgeuͤbt ist. Die andere Weise, Schwefelsaͤure niederzuschlagen, welche man hier zur Nachahmung empfiehlt, besteht darin, daß man eine sogenannte salzsaure Baryt-Aufloͤsung, d.h. eine Aufloͤsung, von der man das Verhaͤltniß des salzsauren Baryt zum Wasser dein Gewichte nach genau kennt, in jene Aufloͤsung, welche die Schwefelsaͤure enthaͤlt, so lang gießt, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Wann der Niederschlag seinem Ende nahe ist, darf man salzsauren Baryt nur mehr tropfenweise nachschuͤtten; man wartet bis die Fluͤssigkeit sich geklaͤrt hat, ehe man neues zusezt; oder, wenn man die Operation beschleunigen will, filtriert man einen Theil der Fluͤssigkeit in ein kleines Probierglaͤschen, und laͤßt einen Tropfen salzsauren Baryt in die filtrierte Fluͤssigkeit fallen. Dasselbe Filtrum kann waͤhrend der ganzen Operation dienen. Hier darf man nicht fuͤrchten, daß der schwefelsaure Baryt durch das Filtrum durchgehe; dieß geschieht nur, wenn die Aufloͤsung keine, oder beinahe keine salzigen Theile mehr aufgeloͤst enthaͤlt; denn die Salze schließen uͤberhaupt einander in einer und derselben Aufloͤsung aus, und so wird auch die schwefelsaure Schwererde aus der Fluͤssigkeit ausgeschieden und niedergeschlagen, wann diese noch eine gewisse Menge salziger Substanzen in sich haͤlt. Die meisten Salze koͤnnen in dieser Hinsicht dienen; wenn man aber die schwefelsaure Schwererde waͤgen muß, muß man ein fluͤchtiges Salz waͤhlen, das man durch Hize verjagen kann, wie salpetersaures oder salzsaures Ammonium. Die Menge Schwefelsaͤure, und folglich die Menge Schwefels, wird durch das Gewicht des angewendeten salzsauren Baryt bestimmt; denn, da die Zahl des Aequivalentes, oder das Gewicht des Schwefel-Atomes, 20, 116, und die des krystallisirten salzsauren Baryt 152, 44 ist; so reicht folgendes Verhaͤltniß hin: 152, 44: 20, 116:: das Gewicht des angewendeten salzsauren Baryt zum vierten Gliede, welches das gesuchte Gewicht des Schwefels ist. Dieses Verfahren, welches man allgemein anwenden kann, und dessen Brauchbarkeit sich fuͤr den Fall, wo die schwefelsaure Schwererde oder jeder andere Niederschlag irgend eine fremde Materie mit sich reißt, sich leicht beurkunden wird, kann ein Resultat geben, das bis auf ein Fuͤnfhundertel genau ist, und selbst bis auf den tausendsten Theil; da man aber die salzsaure Baryt-Aufloͤsung nur tropfenweise zugießen darf, und dieß aus einem Flaͤschchen nur mit vieler Schwierigkeit geschehen kann, um so mehr als die Raͤnder desselben immer von der Aufloͤsung benezt bleiben wuͤrden, so ist es noͤthig sich einer kleinen Pipe zu bedienen, welche aus einer kleinen Kugel mit zwei gegenuͤberstehenden geraden Roͤhren besteht, wovon die eine spizig zulaͤuft, damit man den Ausfluß der Fluͤssigkeit desto leichter in seiner Gewalt hat, indem man den Zeigefinger auf die Oeffnung der anderen Roͤhre druͤkt. Die zugespizte Roͤhre laͤuft durch einen Korkpfropf, der das kleine Flaschchen, welches die Aufloͤsung enthaͤlt, schließt, um jede Ausduͤnstung zu verhindern; man fuͤllt die kleine Pipe, indem man daran saugt, legt alsogleich den Finger auf ihr oberes Ende, und zieht sie mit Vorsicht zuruͤk, damit sie niemals den Hals der Flasche beruͤhrt und dort etwas von ihrer Fluͤssigkeit absezt. Die Flasche, welche die Fluͤssigkeit enthaͤlt, muß leicht seyn, und darf nicht mehr als hoͤchstens noch ein mal soviel Aufloͤsung fassen als noͤthig ist den Niederschlag zu vollenden, damit die Wage, welche ihr Gewicht angeben muß, nicht zu sehr beladen werde, und man folglich mit aller moͤglichen Genauigkeit arbeiten koͤnne. Man wiegt die Flasche mit ihrer Pipe und dem Pfropfe vor dem Niederschlage, und wiegt sie noch ein mal nach demselben. Den lezten Tropfen darf man nicht mehr zahlen, und selbst von dem vorlezten, der den Niederschlag vollendete, darf man nur die Haͤlfte nehmen. Um diese Correktion machen zu koͤnnen, laͤßt man z.B. aus der kleinen Pipe fuͤnfzig Tropfen fallen, wiegt sie, und theilt das Gewicht durch fuͤnfzig, wodurch man die Schwere Eines Tropfens erhaͤltMan scheint also in Frankreich die Tropfen-Glaͤser unserer Apotheken nicht zu kennen. Anm. d. Uebers.. Wenn nun sowohl der Salpeter als der Schwefel mit Genauigkeit bestimmt wurde, so erhaͤlt man die Kohle, indem man das Gewicht beider von dem Gewichte des zur Analyst genommenen Pulvers abzieht. Man hat kohlensaures Kali anzuwenden empfohlen, weil es sich leichter puͤlvern, und besser mit dem Schießpulver mengen laͤßt: man kann sich aber auch kaustisches Kali bedienen. In diesem Falle ist es noͤthig etwas Wasser zuzusezen, um es aufzuloͤsen, und es sachte solang zu hizen, bis alles Wasser verduͤnstet ist, um auf diese Weise das Sprizen zu vermeiden, wodurch leicht etwas von der Materie verloren gehen koͤnnte. Man kann auch statt des Platina-Tiegels einen glaͤsernen oder eine Retorte oder selbst eine glaͤserne Roͤhre nehmen: das Glas springt zwar meistens bei dem Erkalten, allein es geht dabei doch nichts verloren. Dieses Verfahren befolgt man seit langer Zeit in dem Laboratorium der Pulver-Direktion. Hr. Hermbstaͤdt raͤth in Schweigger's Journal (Jaͤnner 1821),In unserm Journal Bd. 4. S. 382. D. das Pulver durch Verpuffung mit Ueberschusse von Salpeter zu analysiren. Er nimmt einen Theil Schießpulver und mengt denselben mit genau so viel (dem Gewichte nach) reinem Salpeter, und tragt diese Mischung in kleinen Portioͤnchen zu zwei Theilen in einem Platina-Tiegel geschmolzenen Salpeters ein. Er saͤttigt hierauf die Aufloͤsung der salzigen Masse mit Salpetersaͤure, und wiegt die schwefelsaure Schwererde, welche er durch Faͤllung derselben mittelst salpetersaurer Schwererde erhaͤlt. Hr. Hermbstaͤdt versichert, daß diese Methode sehr genau ist. Wenn man aber nach seinem Verfahren mit einiger Aufmerksamkeit arbeitet, so wird man bald wahrnehmen, daß bei jedem Eintragen des Pulvers auf den geschmolzenen Salpeter ein Theil des Schwefels auf der Oberflaͤche des Salpeters brennen und Schwefelgeruch ausstossen wird; daß auch ein Theil der Mischung aus dem Tiegel geworfen wird, und sich in Gestalt sehr dichter weißer Daͤmpfe verliert. Es ist unerlaͤßlich nothwendig kohlensaures, Kali zuzusezen, um das Entweichen und Verfluͤchtigen des Schwefels zu hindern; das Kochsalz dient um das Verbrennen weniger tumultuarisch zu machenDem Uebersezer scheint es, daß, wenn auch die Analyse eines gegebenen Schießpulvers die Bestandtheile desselben noch so genau angibt, man darum allein doch noch nicht im Stande ist, ein aͤhnliches Pulver zu verfertigen, selbst dann nicht, wann Schwefel und Salpeter von gleicher Reinheit und Guͤte, und die Bereitungsweise bei beiden Arten von Schießpulver durchaus dieselbe waͤre. Es handelt sich naͤmlich auch um die angewendete Kohle, die von verschiedenen Holzarten ganz verschieden und mehr oder minder, selbst bei der zwekmaͤßigsten Verkohlung des Holzes, zu Schießpulver tauglich ist. A. d. Ueb..