Titel: Ueber die Form, welche die Gläser an einem Treibhause haben müßen, wenn sie die größte Menge von Sonnen-Strahlen aufnehmen sollen. Von Sir G. S. Makenzie, Baronet, F. R. S. L. und E. etc.
Fundstelle: Band 8, Jahrgang 1822, Nr. XVII., S. 127
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XVII. Ueber die Form, welche die Gläser an einem Treibhause haben müßen, wenn sie die größte Menge von Sonnen-Strahlen aufnehmen sollen. Von Sir G. S. Makenzie, Baronet, F. R. S. L. und E. etc. Aus den Transactions of the London Horticultural Society im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCLX. Mai 1822. S. 349. Im Auszuge uͤbersezt. Mit Abbildungen auf Tab. III. Makenzie über die Form der Gläser an Treibhäusern. „Man gebe Pflanzen Waͤrme und Nahrung“ sagt einer der ersten Pflanzenkenner Englands, Hr. Knight, „und sie werden wachsen.“ Nach diesem Grundsaze lieferte Hr. Baronet Makenzie im 2ten Band der Memoirs of the Caledonian Horticultural Society (Repertory 30 Bd. S. 233.) die Beschreibung eines oͤkonomischen Treibhauses, welches in dem kleinsten Raͤume die groͤßte Menge von Fruͤchten gewaͤhren sollte. Er glaubt gegenwaͤrtig, indem jenes Haus nicht die moͤglich groͤßte Menge von Lichtstrahlen aufzunehmen vermag, noch ein besseres Triebhaus gebaut zu haben. Die einfache Aufgabe: welche Figur ein Glas- oder Treibhaus haben muͤsse, um zu jeder Jahreszeit, wie zu jeder Stunde des Tages, die groͤßte Menge von Lichtstrahlen zu erhalten, kann wohl jeder leicht loͤsen; nur die praktische Ausfuͤhrung der Loͤsung derselben unterlag Schwierigkeiten, die man fuͤr unbesiegbar hielt, die gegenwaͤrtig aber, wo man das Gußeisen benuͤzen gelernt hat, es nicht mehr sind. „Bekanntlich“ sagt Baronet Makenzie „stehen die Fenster in einem gewoͤhnlichen Glas- oder Treibhause in einem mehr oder minder rechten Winkel gegen den Meridian, und sind mehr oder minder gegen den Horizont geneigt. Es ist daher offenbar daß die Sonnenstrahlen, wenn die Stellung der Fenster nicht fuͤr die beiden Sonnenwenden berechnet ist, nur an zwei Tagen des Jahres, und dieß nur waͤhrend einer sehr kurzen Zeit an diesen beiden Tagen, senkrecht auf die schiefe Flaͤche der Fenster fallen koͤnnen. In jeder anderen Stunde des Jahres fallen die Strahlen schief auf, und koͤnnen nimmermehr senkrecht auf die Fenster wirken. Hr. Knight und der hochw. Hr. Wilkinson sind in Hinsicht der Neigung, welche die Fenster haben muͤssen, damit, außer jenen zwei Tagen, die Lichtstrahlen in einer der senkrechten so nahe als moͤglich kommenden Richtung vorzuͤglich zu jener Zeit auf die Glaͤser fallen, wo Sonne in den Haͤusern mehr als jemals noͤthig ist, in ihrer Meinung sehr getheilt. Zum Gluͤke habe ich mit diesem Streite mich nicht zu befassen, und nur zu zeigen, welche Form der Fenster die beßte, und welche die schlechteste ist: ich uͤberlaße es uͤbrigens den Gartenfreunden, jenen Mittelgrad von Vollkommenheit zu waͤhlen, der ihnen am beßten duͤnkt. Wenn es eine Form von Fenstern gibt, in welcher, das ganze Jahr uͤber, und nicht bloß zweimal im Jahre, die Lichtstrahlen taͤglich wenigstens auf einen Theil derselben senkrecht fallen muͤssen, so wird man diese Form als das ne plus ultra betrachten muͤssen.“ „Diese Form der Fenster gibt die Kugel, und die Figur eines Ausschnittes einer Kugel schlage ich daher als jene Form fuͤr die Fenster vor, welche dem Hause die moͤglich groͤßte Menge von Licht gewaͤhrt. Ein Viertel einer Kugel oder eine Halbkuppel (seni dome) scheint mir hinreichend: obschon, um die Sonne waͤhrend des Sommers zu jeder Zeit aufzufangen, der gewaͤhlte Kugelausschnitt mit dem groͤßten Ausschnitte des Kreises, welchen die Sonne scheinbar beschreibt, korrespondiren sollte.“ „Diejenige Form, welche von jener einer Kugel am meisten abweicht, ist offenbar die allerschlechteste: und als diese koͤnnen wir die auf dem Horizonte senkrecht stehenden Fenster betrachtenUngeachtet des widersinnig Fehlerhaften der senkrechten Fenster fanden doch auch diese, so wie jede Sottise, ihre Vertheidiger. Die Fenster der Haͤuser des botanischen Gartens zu Muͤnchen sind alle senkrecht. Der beruͤhmte Hr. Garten-Inspektor Otto zu Berlin hat in dem dortigen botanischen Garten bereits im vorigen Herbste einen ungeheueren Glaskegel gebaut, um seinen Palmen so viel als moͤglich Licht, Waͤrme, und auch Luft zu geben, worauf es allerdings eben so sehr ankommt, als auf Licht. A. d. Ueb.. Die gewoͤhnliche Form, eine gegen den Horizont geneigte schiefe Flaͤche, ist beßer; dann kommt das Vielek; und je mehr dieses der Kugel sich naͤhert, d.h., je mehr Flaͤchen dasselbe besizt, desto beßer. Da es mit großen und vergeblichen Auslagen verbunden seyn muͤßte, jeder Glastafel die Form eines kleinen Kugel-Ausschnittes zu geben, so ist es offenbar, daß wir uns mit einem Vieleke begnuͤgen muͤssen. Die Abweichung von einer krummen Linie ist bei der Groͤße, welche ich empfehlen werde, so unbedeutend, daß sie kaum bemerkt werden kann. Alles dieß laͤßt sich leicht erweisen; der Gegenstand ist aber an sich so einfach, daß jeder, der die von der Sonne (scheinbar) beschriebene Bahn betrachtet, sich von der Wahrheit desselben uͤberzeugen muß. Ich gehe daher zu dem mechanischen Theile der Loͤsung dieses Problemes uͤber, und werde die Art und Weise zeigen, wie eine solche Halbkuppel gebaut werden kann: hiebei werden sich dann auch die damit verbundenen Schwierigkeiten von selbst deutlich ergeben.“ „Es ist einleuchtend, daß die Groͤße eines Hauses von dieser Kugelform eine bestimmte Graͤnze haben muͤsse, innerhalb welcher sie sowohl durch die Brauchbarkeit, als durch Schiklichkeit und Bequemlichkeit beschraͤnkt wird. Ein Halbesser von fuͤnfzehn Fuß Laͤnge scheint mir der zwekmaͤßigste fuͤr ein Haus von dieser Form: kleiner wird es zu beengt, und groͤßer wird es nochwendig unschiklich hoch. Sollte das Haus jedoch mehr dann dreißig Fuß Laͤnge haben muͤssen, so kann man mit Vortheil zu irgend einer sphaͤroidalen Form seine Zuflucht nehmen. Da aber diese Form weit mehr Genauigkeit bei dem Baue fodert, so bleibt ein kleinerer Kugelausschnitt immer besser.“ „Ich zweifle nicht, daß, wenn man einen Blik auf den Aufriß eines solchen Hauses wirft, wie Fig. 4. Tab. III. ihn darstellt, die Nettigkeit, ich moͤchte sagen die Eleganz, deren eine solche Bauart faͤhig ist, auffallen muß. Ich meines Theiles glaube, daß mehrere Haͤuser von dieser Groͤße und Form in einem Garten zerstreut angebracht einen weit besseren Effekt hervorbringen muͤssen, als eine noch so lange Reihe unserer gewoͤhnlichen Haͤuser, und es scheint mir, daß, man mag was immer fuͤr eine Bauart bei seinen Glas- und Treibhaͤusern waͤhlen, es in vieler Hinsicht besser ist, mehrere mittelmaͤßig große Haͤuser, als ein sehr langes Treib- oder Glashaus zu besizen. Es ist also kein Nachtheil, daß ein Haus von kugelfoͤrmiger Form nicht laͤnger als 30 Fuß sein soll. Das Innere eines solchen Hauses, wenn es (als Traubenhaus) mit reifen Trauben uͤber und uͤber uͤberhangen ist, ist, wie mich duͤnkt, wunderschoͤn, und der Effekt uͤbertrifft bei Weitem jene fade Einfoͤrmigkeit, die man in Glashaͤusern von gewoͤhnlicher Bauart trifft. Am Plane in Fig. 5. sieht man, daß der Eingang nicht vorne bei den Glaͤsern angebracht ist, welche unbeweglich stehen. Von K bis L ist die Mauer, welche die Glaͤser traͤgt, gewoͤlbt; fuͤnf Fuß hinter dieser Mauer ist eine andere Mauer, in welcher Fenster oder Oeffnungen von irgend einer schiklichen Form angebracht sind, um das Haus gehoͤrig zu luͤften. Fuͤr die gewoͤhnliche Luͤftung sind Oeffnungen in der niedern Vorder-Mauer angebracht, und andere Oeffnungen sind an der Hintermauer, wie bei B, im Durchschnitte Fig. 6. Durch diese Oeffnungen kann ein gehoͤriger Luftzug innenwendig in dem Hause hervorgebracht werden. Es ist uͤberdieß, wo es noͤthig scheinen sollte, durchaus nicht unmoͤglich, einige Glasscheiben beweglich zu machen, und der Hintertheil des Hauses kann, ohne alle Ruͤksicht auf das glaͤserne Vordertheil desselben, nach Belieben abgeaͤndert werden.“ „Ich kann jene Form von Feuer-Kanal, welche ich in den Memoirs of the Calendonian Horticultural Society beschrieb, und den Verbrennungs-Feuer-Kanal (embrasure-flue) nannte, nicht dringend genug empfehlen. Ich habe seine Wirkungen mit jenen eines gewoͤhnlichen Feuer-Kanals sorgfaͤltig verglichen, und gefunden, daß die Hize sich durch denselben leichter, als in einem gewoͤhnlichen Feuer-Kanale, halten laͤßt, und mehr als ein Viertel an Feuerungs-Materiale dadurch erspart werden kann. Ein Blik auf Fig. 7. wird zeigen, daß dadurch eine groͤßere geheizte Oberflaͤche erhalten werden kann, und daß die erwaͤrmte Luft weit langsamer durch denselben durchziehen muß (obschon noch Zug genug uͤbrig bleibt), als bei jeder anderen Form eines solchen Kanales.“ „Das Gerippe der Halbkuppel, welches die Ringe fuͤr die Glaͤser bildet, kann leicht aus Gußeisen verfertigt werden. An der Basis koͤnnen sie fuͤnfzehn (engl., kleine) Zoll weit von einander abstehen, und wenn sie in ihrem Verlaufe nach Oben um die Haͤlfte dieser Weite einander naͤher ruͤken, kann, wie Fig. 5. zeigt, jede aͤnderte Ribbe abgesezt werden.“ „Da es zuweilen nothwendig wird, die Gewaͤchse, wo die Hize zu sehr steigt, gegen die Sonne zu schuͤzen, so sind von Außen zwei bewegliche Ribben angebracht, welche sich oben um einen Zapfen drehen, und an diese kann ein Schattentuch befestigt werden, welches, wenn es durch das Auseinanderschieben der Ribben abgerollt wird, die eine Haͤlfte der Kuppel bedeken kann; auch koͤnnte man mehrere kleinere Schattentuͤcher zu eben diesem Zweke anwenden.“ „Ein Nachtheil (wenn es wirklich einer ist), der bei dieser Bauart eines Treibhauses statt hat, ist der, daß die Pflanzen in demselben nicht der freien Einwirkung der Sonnenstrahlen, ohne Dazwischenkunft des Glases, ausgesezt werden koͤnnen. Hr. Knight hat naͤmlich gefunden, daß, waͤhrend des Reifens der Pfirsiche, es denselben hoͤchst zutraͤglich ist, wenn sie den Sonnenstrahlen ohne dazwischenkommendes Glas ausgesezt werden. Es scheint mir indessen noch ungewiß, ob dieser Vortheil von irgend einer groͤßeren Menge neu hinzukommenden Lichtes abhaͤngt; ich bin vielmehr geneigt zu glauben, daß, wenn die Frucht der Luft ausgesetzt wird, das schnelle Fortschreiten des Reifungs-Prozesses, welches unter dem Glase statt hat, dadurch gehindert, und eben dadurch desto mehr vervollkommnet wird. Ich schreibe diese Wirkung mehr der Luft als dem Lichte zu. Diese Frage laͤßt sich indessen leicht durch Versuche loͤsen, und ich hoffe, daß Hr. Knight die Loͤsung derselben diesem Pruͤfsteine unterziehen wird. Meine Erfahrung gestattet mir nicht zu sagen, ob ein aͤhnliches Aussezen der Trauben denselben eben so zutraͤglich ist, obschon ich glaube, daß alle Arten von Fruͤchten waͤhrend des Reifens so viel frische Luft, als nur immer moͤglich, haben solltenDieser Meinung ist auch der Uebersezer, so sehr er Verehrer Knight's ist. A. d. Ueb..“ P. S. „Seit ich dieses schrieb, sah ich, bei Gelegenheit, als die alte Sternwarte hier abgetragen wurde, daß, wenn man die glaͤserne Kuppel aus zwei Theilen machen laͤßt, und dieselben, so wie es bei den Kuppeln auf den Sternwarten gewoͤhnlich ist, auf Rollen sezt, die ganze Halbkuppel sich mit aller Leichtigkeit und Sicherheit drehen oder schieben laͤßt, so daß alle Pflanzen innerhalb derselben der unmittelbaren Einwirkung der Lichtstrahlen“ (und der Luft, Uebers.) „im Falle dieses noͤthig erachtet wuͤrde, ausgesezt werden koͤnnen. Und so waͤre dann auch die einzige Schwierigkeit, die bei einem kugelfoͤrmigen Hause statt hat, beseitigt. Wenn aber durch Versuche erwiesen werden koͤnnte, daß der Luftzug bei dem Reifen der Fruͤchte von weit groͤßerer Wichtigkeit ist, als der Verlust einer geringen Menge von Sonnenstrahlen, so kann die Ausgabe fuͤr diese Vorrichtung, so wie manche andere bedeutende Ausgabe bei dem gewoͤhnlichen Baue der Triebhaͤuser, ganz vermieden werden.“ Erklaͤrung der Figuren. A Schieber in der nieder Vorder-Mauer um Luft einzulassen. B Schieber oben an der Hinterwand, die im Zapfen laufen, und mittelst einer Schnur geoͤffnet und geschlossen werden koͤnnen. Groͤßere Oeffnungen lassen sich an der Hinterwand als Fenster anbringen. C Grundriß der Haͤlfte der Glasdeke aus Ringen von Gußeisen, 2 1/2 Zoll von der Vorderseite nach Innen, und 1/2 Z. dik. Das Glas ist an ihnen, wie in Fig. 8. befestigt. D Grundriß der Haͤlfte des Feuer-Kanals F, der bis nach E hinlaͤuft, und oben bei der Vase endet. G Gelaͤnder fuͤr Reben mit einer Oeffnung in der Mitte, im Verhaͤltnisse von 6: 2 1/2 oder 3, damit eine Person durchgehen kann. H Ringe von Gußeisen fuͤr die Glaͤser. Die Deken am Eingange und am Ofen stehen ungefaͤhr 8 Fuß uͤber dem Grunde.“

Tafeln

Tafel Tab. III
Tab. III