Titel: Nachricht über einen Weiser an Dampf-Maschinen.
Fundstelle: Band 8, Jahrgang 1822, Nr. XXXVIII., S. 294
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XXXVIII. Nachricht über einen Weiser an Dampf-Maschinen. Aus dem Quarterly Journal of Science, Literature et the Arts im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. Nr. 241. Junius 1822. S. 14. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Fig. 4748 und 49. Ueber einen Weiser an Dampf-Maschinen. Dieses den Mechanikern laͤngst bekannte, wie ich aber glaube, noch nirgendwo beschriebene Instrument ist eine Erfindung unsers beruͤhmten Landsmannes, des sel. Herrn Watt. Dasjenige, dessen wir uns bei unsern Werken bedienen, ward nach einer Beschreibung verfertigt, welche Herr Field zu London uns mittheilte, und von uns in der Absicht angewendet, um an unserer Dampfmaschine jenen Theil zu entdeken, welcher bereits seit mehreren Monaten durch eine ganz außerordentliche Reibung den gewoͤhnlichen schnellen Gang derselben hinderte. Bei den ersten Versuchen fanden wir, daß, wenn das ganze Werk mit der gewoͤhnlichen Schnelligkeit im Umtriebe stand, der Druk auf jeden Quadratzoll des Stempels ungefaͤhr 11, 7 Pfund oder ungefaͤhr ein Drittel mehr betrug, als er haͤtte betragen sollen, und daß unsere zu Soho verfertigte Maschine, die auf die Kraft von 40 Pferden berechnet war, ihre Reibung mit eingerechnet, eine Kraft von mehr als 70 Pferden aͤußern mußte. Nachdem wir bei wiederholten Versuchen an einzelnen Theilen unseres Werkes fanden, daß derselbe Aufwand an Kraft durchaus an allen diesen einzelnen Theilen statt hatte, uͤberzeugten wir uns nur zu bald, daß irgend eine allgemein einwirkende Ursache diesen Nachtheil hervorbringen mußte, und lenkten unsere Aufmerksamkeit natuͤrlich auf das Oel, welches wir bei unserem Werke uͤberall anwendeten. Wir bedienten uns fruͤher des Klauenfettes (neat-foot oil); da dieß aber schwerer zu haben, und Ruͤbsen oder Rebsoͤl (rape-oil) sehr wohlfeil ist, fingen wir seit ungefaͤhr zwei Jahren an, etwas weniges von diesem leztern dem erstern beizumischen. Da die Arbeitsleute keinen scheinbaren Unterschied in der Thaͤtigkeit der Maschinen hierauf wahrnahmen, wurde von lezterem allmaͤhlich mehr zugesezt, bis endlich, da aller Vorrath von Klauenfett verbraucht war, Ruͤbsenoͤl als der alleinige Reibungs-Tilger angewendet wurde. Dieser Wechsel in der Art des Oels geschah so allmaͤhlig, daß alle Arbeiter bis zum Mindesten herab, behaupteten, es habe keine ungewoͤhnliche Reibung Statt, und den Mangel an Schnelligkeit in den Bewegungen der Maschine lediglich irgend einem Fehler in derselben zuschreiben, da diese taͤglich deutlichere Zeichen ihrer Ueberladung von sich gab. Man hoͤrte endlich mit dem Ruͤbsenoͤle auf, und nahm Wallrath, in den naͤchsten 24 Stunden war der mittlere Druk auf 9, 5 Pfund zuruͤkgebracht, und in der folgenden Woche fiel er auf 9, 1 Pfund. Man gab jezt den Arbeitern ein Gemenge von einem drittel Wallrath und zwei Drittel Ruͤbsenoͤl, und die Reibung nahm, alsogleich nach dem ersten Tage, allmaͤhlich wieder zu, bis endlich nach 14 Tagen der Druk im Durchschnitte wieder bis auf 11, 1 Pfund stieg. So wie man zu reinem Wallrathe zuruͤkkehrte, ward der Druk wieder auf 9, 5 zuruͤkgebracht; spaͤtere Beobachtungen gaben zwischen 8, 7 und 9, 6 eine Abweichung, die die unstaͤte Bewegung der Maschinen einer Baumwollen-Spinnmuͤhle jedesmal hervorbringen muß. Bei uns war es schon sehr Maxime, und wir glauben, es wird dieß so ziemlich allgemein bei allen Vorstaͤnden großer Manufakturen Maxime seyn, die Bemerkungen der Arbeitsleute uͤber jene Gegenstaͤnde zu hoͤren und nicht zu verschmaͤhen, von welchen wir annehmen duͤrfen, daß sie durch ihre verschiedenen Beschaͤftigungen Gelegenheit bekamen, sich deutliche Vorstellungen zu machen. Der vorliegende Fall zeigt jedoch, daß selbst dort, wo sie taͤglich wenigstens 15 bis 20 pro Cent an Kraft verloren, sie diese Veraͤnderung gar nicht bemerkten, und nur dann sich von dem Daseyn derselben uͤberzeugten, wenn sie ploͤzlich von einem Extreme zum andern springt. Resultate der Erfahrung also, oder vielmehr die Meinungen, die man uͤber eine Sache hegt, wo die Beobachtungen uͤber dieselbe sich lediglich auf die Wirkungen allein beschraͤnken, duͤrfen nur mit Umsicht aufgenommen, und koͤnnen nur mit Vorsicht als Richtschnur gebraucht werden. Nur den unwandelbaren Resultaten, welche aus der wirklichen Beobachtung der leblosen Natur, insofern diese nach feststehenden und bekannten Grundsaͤzen wirkt, hervorgehen, kann man volles Zutrauen schenken; und dieses verdient der gegenwaͤrtige nach diesen Grundsaͤzen wirkende Weiser. Er stellt uns die allmaͤhligen Veraͤnderungen in dem Druke, welche in dem Zilinder einer Dampf-Maschine waͤhrend jedes Stoßes derselben statt haben, mit Treue und Sicherheit vor Augen, und da er zugleich die Dauer eines jeden einzelnen Drukes anzeigt, biethet er, in zierlicher Einfachheit, ein Mittel dar, die Kraft der Maschine annaͤhrungsweise mit Sicherheit und Genauigkeit zu berechnen. Die Resultate, welche er gewaͤhrt, sind so einleuchtend und handgreiflich, und in mehreren Faͤllen so wichtig und lehrreich fuͤr diejenigen, welche die Kraft einer Dampfmaschine zu vertheilen und anzuwenden haben, daß wir glauben, es beduͤrfe weiter nichts, als daß dieser Weiser allgemein bekannt werde, um ihn auch allgemein angewendet zu sehen. Beschreibung der Abbildung. A, (Fig. 47, 48, 49) Dekel des Zilinders der Dampfmaschine. B, Sperr-Hahn, gewoͤhnlich an der Stelle des Schmier-Hahnes. C, Zilinder des Weisers, ohngefaͤhr 1 3/4 Zoll im Durchmesser, oben offen, unten auf dem Sperr-Hahne angeschraubt. D, ein flacher Pfosten, an der Seite des Zilinders angeschraubt: er traͤgt das Gestell EE. F, der Stempel, der sich leicht auf und abwaͤrts bewegen, und der doch zugleich luftdicht passen muß. EE, das Gestell, zwoͤlf Zoll breit, im Innern sieben Zoll hoch, und an der oberen und unteren inneren Kante mit einer Furche zur Aufnahme des Schiebers K versehen. G, die Stempelstange, ungefaͤhr fuͤnf Achtel Zoll im Durchmesser und sechzehn Zoll lang. H, ein an dem Pfosten D angeschraubter Leiter, der sechs Zoll uͤber dem kleineren Zilinder zu stehen kommt, und durch welchen die Saͤmpelstange laͤuft. I, eine Spiralfeder, welche an dem Staͤmpel bei F und an der Leiter bei H angebracht ist. Sie muß, wo sie in Ruhe steht, ungefaͤhr sieben Zoll lang und stark genug seyn, um den Staͤmpel bis beinahe an den Grund des Zilinders hinabsteigen zu lassen, wenn dieser mit einer Last von 14 Pfund auf jedem Quadratzoll seiner Flaͤche beladen, ist. Sie muß sich auch ferner um anderthalb Zoll zusammendruͤken lassen. K, ein kleines Brett von ungefaͤhr sieben Zoll im Gevierte, welches sich in der Furche des obern und untern innern Randes des Gestelles EE hin und her schieben laͤßt. L, ein kleines Fuͤßchen von Messing, welches in jeder beliebigen Hoͤhe mittelst der Stellschraube M uͤber der Stempelstange befestigt werden kann. An dem dieser Schraube gegenuͤber stehenden Ende ist ein kurzer Bleistift angebracht, welchen eine schwache Feder vorwaͤrts gegen den Schieber k hin treibt. N, ein Gewicht, welches mittelst einer Schnur an dem Schieber k befestigt ist. O, irgend ein Theil der Parallel-Bewegung, welcher ein Raum von ungefaͤhr vier und einem halben Zoll waͤhrend jedes halben Stoßes der Maschine durchlaͤuft. Aus dieser Beschreibung wird nun auch der Grundsaz erhellen, nach welchem dieses Instrument spielt. Wenn man den Sperrhahn B oͤffnet, so wird dadurch eine unmittelbare Verbindung zwischen dem inneren groͤßeren und zwischen dem kleineren Zilinder des Weisers eben so groß seyn, als in dem Zilinder der Dampfmaschine uͤber dem Staͤmpel. Wenn diese Dichtheit geringer als jene unter dem Druke der Atmosphaͤre ist, wird der Staͤmpel in dem Zilinder des Weisers sinken; wenn sie groͤßer ist, wird er steigen; allein die Spiralfeder, welche, wenn sie gehoͤrig verfertiget ist, bei gleichem Druke sich um gleiche Laͤngenstuͤke streken laͤßt, haͤlt die Bewegung des Staͤmpels zuruͤk, und zeigt durch die Weite, in welcher sie dem Staͤmpel gestattet sich von seinem Ruhepunkte weg zu entfernen, den Druk an, welchen derselbe erleidet. Waͤhrend jedes Stoßes der Dampf-Maschine wird also der Staͤmpel des Weisers in demselben Augenblike, wo die obere Dampfklappe sich oͤffnet, in die Hoͤhe steigen, und, waͤhrend der Staͤmpel in der Dampf-Maschine hinabsteigt, sich in einer mir der Dichtheit des Dampfes in dem Zilinder im Verhaͤltniße stehenden Hoͤhe erhalten. Wenn die Abzugsklappe sich oͤffnet, wird der Staͤmpel sinken, und durch die Schnelligkeit, mit welcher er sinkt, und die Tiefe, in welche er hinabfaͤllt, das Verhaͤltniß des jezt gebildeten leeren Raumes andeuten. Wenn nun waͤhrend dieser abwechselnden senkrechten Bewegung des kleineren Staͤmpels der Schieber so vorgerichtet wird, daß er in gleichem Maaße sich wechselswese horizontal hin und her bewegen muß, so wird der Bleistift in dem Fuͤßchen C auf diesen Schieber oder vielmehr auf einem in demselben befestigten Blatte Papier anfangen zu zeichnen, und die Figur, die er zeichnet, wird ungefaͤhr wie PQRS aussehen, wo PQ die Linie ist, welche waͤhrend des Hinabsteigens des großen Staͤmpels in der Dampfmaschine gezeichnet wird. Bei Q faͤngt die Verdichtung an; der Druk der Atmosphaͤre wirkt auf den Staͤmpel des Weisers, und zwingt ihn so weit hinab zu steigen, bis die Spannung der Feder der Kraft des Drukes entgegen wirkt. Indessen beginnt die Dampfmaschine ihren Stoß, und wie der Schieber quer voruͤberzieht, bildet sich die Linie RS. Wenn der Staͤmpel der Dampfmaschine bis an seine oberste Hoͤhe gekommen ist, fuͤllt der eintretende Dampf den leeren Raum aus, welcher unter dem Staͤmpel des Weisers sich bildete, und gestattet der Feder, denselben so hoch zu heben, bis das Gleichgewicht hergestellt ist. Es muß folglich die Entfernung zwischen den Linien PQ und RS in dem Verhaͤltnisse groͤßer seyn, als der Unterschied zwischen dem Druke in dem Zilinder waͤhrend des Daseyns des leeren Raumes in demselben und zwischen dem Druke des Dampfes groß ist, und die krumme Linie QR muß desto spiziger ausfallen, je schneller der leere Raum sich bildet. Wenn die Entfernung dieser Linien an acht bis zehn Stellen gemessen wird, und man sodann einen mittleren Durchschnitt nimmt, so kann man durch eine einfache Proportion den Druk auf jedem Quadratzolle der Flaͤche des Staͤmpels finden. Es sey a die Flaͤche des Staͤmpels des Weisers; b irgend ein Gewicht, das man des Versuches wegen an dem Staͤmpel anbringt; d die Laͤnge, in welcher er durch dieses Gewicht hinabgetrieben wird; e der mittlere Durchschnitt der Weite einer solchen Figur, und f der mittlere Druk auf die Dampf-Maschine waͤhrend der Bildung dieser Figur in Pfunden ausgedruͤkt, so wird d zu b/a wie e zu f; oder f = be/da; und da fuͤr jeden einzelnen Weiser dieser Art a, b, d bestaͤndige Groͤßen sind, so ist b/da = x eine bestaͤndige Zahl, durch welche man nur den mittleren Durchschnitt der Weite der Figur multipliziren darf, um den mittleren Druk auf jeden Quadratzoll des Staͤmpels der Dampf-Maschine in Pfunden zu finden. Hr. Hutton, in Anderston's Gießerey, in der Naͤhe unserer Stadt, verfertigt diese Weiser in einer sehr zwekmaͤßigen Form, und da er zugleich den bestaͤndigen Multiplikator, welcher das Resultat anzeigt, beifuͤgt, so wird die Anwendung desselben hoͤchst einfach. Glasgow. H. H. Jun.