Titel: Ueber die Fortpflanzung der Abarten der Wallnüsse durch Oculieren. Von Th. Andr. Knight, Esqu.
Fundstelle: Band 9, Jahrgang 1822, Nr. XXXII., S. 252
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XXXII. Ueber die Fortpflanzung der Abarten der Wallnüsse durch Oculieren. Von Th. Andr. Knight, Esqu. Aus den Transactions of the Horticultural Society of London. Im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXXXVIII. Maͤrz 1822. S. 238. Knight über die Fortpflanzung der Abarten der Wallnüsse. Der schlechte Erfolg so vieler Versuche, die Abarten der Wallnuͤsse durch Oculieren fortzupflanzen, verleitete mich, in einer fruͤheren Abhandlung, dieses Verfahren gaͤnzlich zu verwerfen, und mich bloß auf das Copulieren und auf die Anzucht aus Samen zu beschranken. Ich fuhr indessen jedes Jahr mit meinen Versuchen fort, in der Hoffnung, doch noch eine Methode zu finden, nach welcher man sowohl die Abarten dieser Frucht, als anderer eben so schwer zu vermehrender Obstsorten durch Oculation fortpflanzen koͤnnte, und endlich habe auch ich den gewoͤhnlichen Lohn geduldiger Beharrlichkeit gefunden. Die Vortheile, welche man durch Vermehrung der Abarten der Wallnuͤsse mittelst des Oculierens erhaͤlt, wenn man anders die Augen von jungen, oder von gesunden Baͤumen mittleren Alters nimmt, sind nicht unbedeutend: denn, abgesehen davon, daß man auf diese Weise Fruͤchte von sehr jungen Baͤumen erhalten kann, wird der Gartenfreund in den Stand gesezt, nicht bloß solche Abarten zu waͤhlen, welche die beßten Fruͤchte liefern, sondern auch solche, welche als Nuzholz, die Abwechslungen der Temperatur in unserem Klima am beßten ertragen. In dieser Hinsicht findet man an jedem aus Samen gezogenen Baume einigen Unterschied und dieser Unterschied pflanzt sich auch unwandelbar durch das Okulieren fort. Die Wallnuß gibt zwar, als Frucht, nur wenig Nahrung, und ist hoͤchstens nur ein ungesunder Lekerbissen: sie gibt aber ein Nuzholz, welches, verglichen mit seiner sehr geringen specifischen Schwere, mehr, Starke und Elasticitaͤt, als jedes andere britische (und auch deutsche) Holz besizt, und folglich zu manchem Zweke taugt, zu welchem man bisher kein anderes Holz verwenden konnte: z.B. zu Flintenschaͤften des Soldaten sowohl als des Jaͤgers. Die Knospen oder Augen beinahe aller Baͤume schlagen sicher an, wenn man sie in Triebe von demselben Jahre impft; nur die Wallnuß scheint hier eine Ausnahme machen zu wollen; vielleicht, weil ihre Augen im Fruͤhjahre alle jene Blaͤtter in sich schließen, welche der Baum im folgenden Sommer treibt, weßwegen auch die Jahrestriebe gaͤnzlich aufhoͤren, sich zu verlaͤngern, so bald die Knospen sich entfaltet haben. Alle Knospen desselben Jahres sind also hier beinahe von demselben Alter, und die Jahrestriebe haben bereits viel fruͤher aufgehoͤrt zu wachsen, oder neue Blaͤtter zu erzeugen, als eine dieser Knospen die zu ihrer Verpflanzung noͤthige Reife erlangt hat. Um den hieraus entstehenden Nachtheilen zu begegnen, nahm ich zu Mitteln meine Zuflucht, durch welche die Vegetations-Periode des Stammes in Hinsicht auf den tragenden Baum verspaͤtet wurde, und diese Mittel gelangen. An dem unteren Ende der Jahrestriebe der Wallnuß und anderer Baͤume, wo diese auf dem vorjaͤhrigen Holze aufsizen, befinden sich viele sehr kleine Knospen, welche beinahe in der Rinde verborgen liegen, und seiten oder nie ausschlagen, außer wenn die großen hervorragenden Knospen zerstoͤrt werden, die sich in der Mitte an der Spize des jaͤhrigen Triebes befinden. Als ich in jeden Stamm eine dieser kleinen Knospen okulierte, und eine der groͤßeren und hervorragenden, hatte ich das Vergnuͤgen zu sehen, daß die Kleinen alle freudig anschlugen, die Großen aber, ohne alle Ausnahme, mißriethen. Dieser Versuch wurde im Sommer 1815 an zwei im Topfe gezogenen Jaͤhrlingen wiederholt, welche im Fruͤhjahre und waͤhrend der ersten Sommer-Zeit an der Nordseite einer Wand in einer schattigen Lage gehalten, und spaͤt im Juli in ein Treibhaus gebracht wurden, welches ich bloß zu Versuchen bestimmte, und dort alsogleich oculiert. Ich hielt sie im ganzen folgenden Sommer in diesem Hause, und sie trieben aus den kleinen Knospen beinahe 3 Fuß lange Schoͤßlinge, welche sich in große und vollkommen ausgebildete weibliche Blumen endeten, die nothwendig unfruchtbar bleiben mußten, weil, so fruͤhzeitig, wie sie erschienen, noch keine maͤnnliche Blume zu finden seyn konnte: indessen zeigt die fruͤhe Bildung solcher Blumen hinlaͤnglich, daß man die Lebensart eines Tragzweiges des Wallnuß-Baumes einem jungen Baͤumchen durch Oculieren eben so wohl als durch Copulieren mittheilen kann. Die beßte Stelle zur Einpflanzung der Augen oder Knospen dieses Baumes (und wahrscheinlich auch anderer Baͤume aͤhnlicher Natur) ist in der Naͤhe des oberen Endes des vorjaͤhrigen Holzes, also nahe an der Basis des Jahres-Triebes, und wenn man diese kleinen Knospen, von welchen ich oben sprach, in solche Stellen schnellwuͤchsiger Triebe oculiert, so schlagen sie beinahe eben so sicher an, wie bei anderen Obstbaͤumen, wenn anders diese Knospen etwas reifer sind, als jene der Staͤmme, in welche man sie oculiert. Die Vortheile, welche man auch bei der Fortpflanzung anderer Arten von Baͤumen dadurch erhalten kann, daß man zum Oculieren Knospen oder Augen waͤhlt, welche aͤlter sind, als jene an dem zu okulierenden Stoke, sind wichtig genug, um Aufmerksamkeit zu verdienen, und sind, wie ich glaube, noch nicht allen Gaͤrtnern und Baumschulen-Besizern bekannt. Die reifere Knospen greift unter uͤbrigens gleichen aͤußeren Umstaͤnden mit groͤßerer Sicherheit unmittelbar ein; sie ist weit weniger der Gefahr ausgesezt, waͤhrend des Winters zu Grunde zu gehen, und besizt die schaͤzenswerthe Eigenschaft, seiten oder nie zu fruͤhe im Sommer zu treiben, selbst dann, wenn man sie vor der gewoͤhnlichen Zeit, wenn der zu okulierende Stamm im vollsten Safte steht, einsezt. Ich habe in verschiedenen Jahren einige Hundert Pfirsich-Augen aus dem Treibhause genommen, und auf sehr uͤppige Schoͤßlinge, die ich an der Wand im Freien zog, oculiert, und nie ist mir der Fall vorgekommen, daß eines dieser Augen waͤhrend des Sommers oder Herbstes aufgebrochen waͤre und vegetirt haͤtte; wenn ich aber den Versuch umkehrte, und unreife Augen von den Pfirsichen an der Wand auf Aeste der Pfirsich-Baͤume im Treibhause oculierte, brachen viele derselben, und zu gewissen Zeiten alle, bald nach dem Oculieren auf, obschon zu der Zeit wo sie oculiert wurden, die Baͤume im Treibhause beinahe alle aufgehoͤrt hatten zu wachsen. Diese beiden Resultate waren, ich muß es gestehen, gegen meine Erwartung; allem sie mußten nothwendig so ausfallen, in dem die reife Knospe schon vor ihrer Verpflanzung bereits in einen Zustand von Ruhe versunken war, der ihrem langen Winterschlafe natuͤrlich vorhergeht, und die Knospe der Baͤume an der Wand sich noch in einem reizbareren Zustande ihrer Lebenskraft befand. Wenn die reifen Augen von einem Pfirsich-Baume im Treibhause genommen werden, und Bluͤthen enthalten, koͤnnen sie sehr weit verschikt werden, und werden doch im naͤchsten Fruͤhjahre nach Fruͤchte bringen. Ich erhielt auf diese Weise Fruͤchte aus Bluͤthen-Knospen, die man mir aus der Naͤhe von London sandte, und zweifle nicht, daß ich sie auch aus Bluͤthen-Knospen von Paris und aus dem suͤdlichen Frankreich erhalten wuͤrde, wenn sie gut gepakt versendet werden. In diesem Falle ist es aber noͤthig, das Holz der Bluͤthen-Knospe recht duͤnn zuzuschneiden, statt daß man dasselbe ganz herauszieht, und eben dieser Handgriff wird auch dort sehr vortheilhaft seyn, wenn man Augen aus einem Treibhause nimmt, wo die Frucht zur fruͤheren Reife getrieben wurde, und dieselben auf Baͤume, die im Freien stehen, oculieren will.