Titel: Neues Verfahren mittelst Dampfes Knochenleim zu bereiten, worauf Hrn. Karl Yardley zu Camberwell in Surrey im Mai 1822 ein Patent erhielt.
Fundstelle: Band 10, Jahrgang 1823, Nr. VII., S. 49
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VII. Neues Verfahren mittelst Dampfes Knochenleim zu bereiten, worauf Hrn. Karl Yardley zu Camberwell in Surrey im Mai 1822 ein Patent erhielt. Aus dem London Journal of Arts and Sciences. November 1822. S. 236. Mit Abbildungen auf Tab. II. Yardley's Verfahren mittelst Dampfes Knochenleim zu bereiten. Dieses neue Verfahren besteht in Anwendung des Dampfes mit hohem Druke innerhalb eines geschlossenen kugelfoͤrmigen Gefaͤßes, in welchem eine gewiße Menge von Knochen enthalten ist, aus denen der Leim mittelst des Dampfes ausgezogen, dann geklaͤrt, abgeraucht, und, wie gewoͤhnlich, auf Nezen zu Kaufmannsgut getroknet wird. a in Fig. 22 ist der Durchschnitt des kugelfoͤrmigen Gefaͤßes, oder des Extractors, aus Gußeisen oder aus geschlagenem Eisen oder aus Kupfer, jedoch immer von hinlaͤnglicher Dike und Staͤrke. Dieses Gefaͤß ruht an zwei gegenuͤberstehenden Puncten auf Stangen, b, c, um welches es sich dreht. Eine dieser Stangen, b, ist hohl, und durch diese tritt, mittelst einer Roͤhre, der Dampf aus dem Kessel in das kugelfoͤrmige Gefaͤß. d ist der Hahn, durch welchen der Dampf zugelassen oder abgesperrt werden kann. Die Roͤhre, durch welche der Dampf zugefuͤhrt wird, ist gehoͤrig mit Stell- und Sicherheits-Klappen versehen. ee, ist eine gebogene Roͤhre, welche den Dampf aus der Roͤhre b auf einen Rost oder durchloͤcherten Boden hinabfuͤhrt, f, f, der an dem unteren Theile des kugelfoͤrmigen Gefaͤßes angebracht ist. g ist eine Verschließungs-Buͤchse, durch welche die sich umdrehende Stange b mit der feststehenden Dampfroͤhre verbunden ist. Die in hinlaͤnglicher Menge gesammelten Knochen werden in eine Grube, wie die Lohegruben bei den Gaͤrbern, geschuͤttet, mit frischem Wasser uͤbergossen und zwoͤlf Stunden lang unter Wasser gehalten. Das Wasser wird hierauf abgezogen, und die Grube neuerdings mit frischem Wasser gefuͤllt, und dieß wird so oft wiederholt, bis die Knochen von allem Schmuze gereinigt sindDas Reinigen der Knochen wird schneller und besser erreicht, wenn sie in Koͤrben in fließendes Wasser gehaͤngt werden. D.. Hierauf bereitet man eine Leimaufloͤsung aus einem Bushel Leim auf 500 Gallons Wasser, welche in die Grube geschuͤttet, und in welcher die Knochen ungefaͤhr drei Tage lang belassen werdenEin Bier-Gallon ist 3,264 Wiener Maaß. Ein Bushel 0,5734 Wiener Mezen. Diese Leimloͤsung soll die Erweichung des Leims der Knochen bezweken. D.. Nun wird das Leimwasser abgezogen, die Knochen werden mit reinem Wasser gehoͤrig abgewaschen, und sind nun zum Gebrauche fertig. Sie werden durch das elliptische Hauptloch, h, in das kugelfoͤrmige Gefaͤß (in den Auszieher) geschuͤttet, und wenn dieses Gefaͤß damit gefuͤllt ist, der Dekel uͤber das Loch eingeschoben, und mittelst eines Schrauben-Nietes befestigt, so daß er luftdicht gegen die innere Oberflaͤche des Gefaͤßes aufgezogen wird. Die Kanten werden vollkommen luftdicht verkittet. Nachdem der Dampf in dem Kessel stark genug geworden ist, so daß er naͤmlich auf 1 Quadratzoll wie 15 Pfund druͤkt, wird er durch den Hahn d in das kugelfoͤrmige Gefaͤß eingelassen: ehe er aber eingelassen wird, muß jedoch der Lufthahn i geoͤffnet werden, damit der Dampf durchblasen kann; dieser Hahn muß aber alsogleich geschlossen werden, so bald alle Luft aus dem Gefaͤße ausgetrieben ist. Der Dampf, der durch die Roͤhre e geht, wird an den unteren Theil des Gefaͤßes hingeleitet, steigt von da durch den Rost oder dusch den durchloͤcherten Boden f auf, und drangt sich zwischen die Knochen in dem obern Theile des Gefaͤßes a ein. Nachdem der Dampf ungefaͤhr eine Stunde auf die Knochen wirkte, wird sich an dem Boden des Gefaͤßes eine Menge verdichteter Fluͤßigkeit gesammelt haben, welche, nachdem der Dampfhahn geschlossen und der Lufthahn geoͤffnet wurde, mittelst des Hahnes k in eine Roͤhre oder in einen anderen schiklichen Behaͤlter abgezogen werden kann. Nachdem diese Fluͤßigkeit entleeret wurde, wird der Dampf neuerdings, wie ehevor, in das Gefaͤß gelassen, und nachdem er wieder eine Stunde lang auf die Knochen wirkte, die waͤhrend dieser Zeit angehaͤufte verdikte Fluͤßigkeit neuerdings, wie vorher, abgelassen. Nachdem die gallertartige Masse sich zu Boden gesezt hat und abgekuͤhlt ist, wird das Fett, welches waͤhrend dieser Zeit sich uͤber derselben an der Oberflaͤche sammelte, sorgfaͤltig abgeschoͤpft, und die beiden erhaltenen Mengen verdichteter Fluͤßigkeit mittelst eines Trichters bei dem Luftloche i in das Gefaͤß geschuͤttet. Nun wird neuerdings Dampf in dasselbe gelassen, und nachdem dieser eine Stunde lang auf die Knochen gewirkt hat (waͤhrend welcher Zeit das Gefaͤß Mittelst der Kurbel, des Triebstokes und Zahnrades an der Stange e vier bis fuͤnfmal mit der Hand umgedreht wird) die waͤhrend dieser Zeit verdichtete Fluͤßigkeit neuerdings abgezogen, und in Abdampf-Gefaͤße geleitet, wo die Gallerte mittelst Dampfroͤhren so lang erhizt wird, bis sie die zur Bereitung des Leimes noͤthige Consistenz erhalten hat. Diese mit Alaun gelaͤuterte Gallerte kommt, nun aus den Abdampf-Gefaͤßen in Zuber- oder Kuͤhlgefaͤße, wo sie abkocht und stokt, dann in vierekige Kuchen geschnitten, und, wie gewoͤhnlich, auf Nezen getroknet wird. Der Dampfkessel muß, da er ungefaͤhr wie 100 wirkt, auf 150 probirt werden, und das kugelfoͤrmige Gefaͤß auf 50 Pfund fuͤr den Quadratzoll, da es einen Druk wie 15 Pfund zu erleiden hat. Die Drukpumpe und alles Uebrige am Kessel ist, wie gewoͤhnlich. Am 29. September l. J. ereignete sich mit diesem Apparate ein großes Ungluͤk zu Camberwell; der Kessel sprang naͤmlich, zwei Personen wurden getoͤdtet, mehrere verwundet, und das Fabrikgebaͤude zur Ruine zerstoͤrt. Die Ursache hievon war die schlechte Form und die liederliche Bearbeitung des Kessels, der wagenfoͤrmig, d.h., mit nach Innen gewoͤlbtem Boden, verfertigt war. Diese so haͤufig vorkommenden Kessel sind durchaus widersinnig, indem der Dampf, der nach allen Seiten hin gleichfoͤrmig druͤkt, das Gefaͤß immer in eine Kugelform oder in die Form eines Cylinders mit kugelfoͤrmigen Enden zu druͤken strebt. Wenn nun der Boden des Kessels ein Gewoͤlbe uͤber das Feuer bildet, und nach Innen sich woͤlbt, so strebt der Dampf mit aller Gewalt, denselben in der entgegengesezten Richtung hinauszudruͤken, daher der Boden an seinen Kanten den staͤrksten Druk erleidet. Der Boden dieses ungluͤkseligen Kessels war allerdings an seinen Kanten mit einer Reihe von Nieten beschlagen; allein die Loͤcher derselben stunden so nahe aneinander, daß mehr als die Haͤlfte des Metalles wegen dieser Nietenloͤcher fehlte, und der obere Theil des Kessels mit dem Boden nur mehr durch die uͤbrigen kaum 1/2 Zoll breiten Zwischenstuͤke des Metalles zusammengehalten wurde. Der Bruch entstand daher an dieser Nietenreihe, und die Gewalt des Dampfes zerriß den Kessel an dieser Stelle von einem Ende bis an das andere, und schlaͤuderte den oberen Theil des Kessels durch die Wand des Gebaͤudes in schiefer Richtung 40–50 Fuß weit. Auch die Probe, die man an diesem Kessel vornahm, war sehr nachlaͤßig angestellt. Man trieb naͤmlich kaltes Wasser so lang in denselben, bis ein Druk von ungefaͤhr 75 Pfund auf den Quadratzoll entstand. Die Klappe, die diesen Druk anzeigen sollte, war ein Stuͤk eines umgekehrten Kegels, und man nahm an, daß die kleinere Flaͤche desselben, gegen welche die Wassersaͤule druͤkte, (1/2 Quadratzoll) die Flaͤche darstellte, auf welche der Druk zu geschehen hatte; das Wasser drang aber zwischen diese Klappe, und muß, auf diese Weise, nur den Druk auf die groͤßere Flaͤche (1 Quadratzoll), so daß der Kessel folglich nur auf den vierten Theil des Drukes, den er auszuhallen hatte, probirt war. Ueberdieß erlaubt eine Probe mit kaltem Wasser nie einen sicheren Schluß; denn die Metalltheilchen werden durch die Kaͤlte zusammengezogen, waͤhrend sie bei der Hize des Dampfes durch die Ausdehnung des Metalles von einander entfernt werden, das Metall also durch die Hize schwaͤcher wird, oder wenigstens nicht so stark ist, als in der KaͤlteDiese Vorrichtung um den Leim oder die Gallerte, durch den Druk der Wasserdaͤmpfe, aus den Knochen zu ziehen, ist allerdings sehr interessant, wenn man sie sich von gehoͤriger Staͤrke und Sicherheit verschaffen kann. Sicherer und eben so leicht erreicht man diesen Zwek durch das in der Schrift: „Beschreibung und Abbildung mehrerer Dampf-Apparate etc.“ von Dr. Dingler 1818. S. 38 angegebene Verfahren. D..

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Tafel Tab. II
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