Titel: Ueber Verfertigung feiner Haarpinsel. Von Hrn. Edmund Turrell, Kupferstecher.
Fundstelle: Band 10, Jahrgang 1823, Nr. XII., S. 68
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XII. Ueber Verfertigung feiner Haarpinsel. Von Hrn. Edmund Turrell, Kupferstecher. Aus einem Schreiben an Hr. Wilhelm Gill, in dessen technical Repository. November 1822. S. 328. Mit Abbildungen auf Tab. I. Turrell, über Verfertigung feiner Haarspinsel. „Ehe man dem Leser zeigen kann, wie Pinsel verbessert werden koͤnnen, muß man ihm eine Idee von der Verfertigungsweise derselben geben. Die Pinsel, welche man Kameelhaarpinsel nennt, werden aus den Haaren der Eichhornfelle und Schweife, die aus Rußland und anderen Laͤndern, wo diese niedlichen Thierichen haͤufig sind, zu uns gebracht werden, verfertigt; und von diesen Pinseln werde ich vor der Hand hier allein sprechen.“ „Wenn man einen Buͤschel Haare aus dem Felle der Eichhoͤrnchen oder aus ihren Schwaͤnzen schneidet, und daraus einen Pinsel verfertigen will, so wird man finden, daß ein Haar laͤnger, das andere kuͤrzer ist, daß die laͤngern Haare, wenn man einen solchen Pinsel brauchen will, das Papier zuerst beruͤhren, und, wenn man damit andruͤckt, den Pinsel spalten und unbrauchbar machen.“ „Um diese Nachtheile zu beseitigen, bedient man sich folgender Methode. Man bereitet sich eine gehoͤrige Menge Streifen von Carton- oder Kartenpapier, deren jeder ohngefaͤhr drei Viertel Zoll breit und zwei bis drei Zoll lang ist. Jeder dieser Streifen wird, wie eine Schnekenfeder aufgerollt, so daß er auch ausgedehnt diese Form behaͤlt, oder sich selbst uͤberlassen, in derselben ruht. Der Buͤschel Haare, den man zu einem Pinsel bestimmte, wird in einem dieser Kartenstreifen eingeschlossen, und von demselben lose gehalten, so daß die Haare darin uͤbereinander gleiten koͤnnen, was geschehen muß, wenn man die Karte, die die Haare enthaͤlt, auf ein glattes ebenes Brett so aufschlaͤgt, daß die Haare mit ihrer Spize abwaͤrts sehen: dadurch werden die laͤngsten Haare nach Aufwaͤrts getrieben, und die Spizen des ganzen Buͤschels endlich auf gleiche Hoͤhe gebracht. Hierauf wird der Haarbuͤschel sorgfaͤltig aus der Karte genommen, mit einem haͤnfernen Faden gebunden, und so in den Federkiel gestekt, nachdem vorlaͤufig die feinen flaumartigen HaarwurzelnDie Haarwurzeln sind nicht flaumartig, sondern zwiebelartig. Der Herr Verfasser verwechselt hier offenbar das unterste Flaumenhaar, das im Pelze der Thiere zunaͤchst der Haut liegt, mit den Haarwurzeln. A. d. Ueb. mit der Scheere weggeschnitten werden.“ „Allein, wenn man sich auch noch so viele Muͤhe gegeben hat, alle Spizen auf das Brett hinabzubringen, so daß sie dasselbe beruͤhren, so wird man doch bei genauer Untersuchung finden, daß der Pinsel in dieser hoͤchst wichtigen Hinsicht, noch gar Vieles zu wuͤnschen uͤbrig laͤßt. Daher nimmt der Pinselmacher zu folgendem Mittel seine Zuflucht. Er nimmt ein cylinderisches Stuͤk Buchsbaumholz, ungefaͤhr 9 Zoll lang und 1 1/2 Zoll im Durchmesser, mit den Enden desselben zwischen seine Kniee, und bildet hiedurch einen feststehenden horizontalen Balken. Nun befeuchtet er jeden Pinsel zwischen seinen Lippen, um alle Haarspizen desselben nahe aneinander zu bringen. Das Ende oder die Spize des auf diese Weise gebildeten Kegels, legt er nun auf den buchsbaumenen Cylinder, und buͤrstet ihn mit einer Schuhbuͤrste, mit welcher man die Schuhe glaͤnzend macht. Dadurch werden die hervorstehenden Haare bei Seite geschafft; und die Spize wird zugleich vollkommner ausgebildet.“ „Wenn man die Haare, deren man sich zur Verfertigung der Pinsel bedient, unter einem starken Vergroͤßerungsglase betrachtet, so wird man finden, daß jedes derselben in seinem vollkommenen, unzerbrochenen Zustande einen sehr spizigen Kegel bildet, und daß derjenige Theil, welcher die Spize bildet, kaum sichtbar ist, indem er vollkommen durchscheinend ist: der mittlere Theil aber wird roth oder schwarz, nach der Farbe des Thieres, erscheinen. Jedes Haar besteht naͤmlich aus Roͤhren, welche eine Fluͤssigkeit absondern und in sich aufbewahren, die dem Haare seine Farbe mittheilt: diese Roͤhren erstrecken sich aber nicht weiter, als der gefaͤrbte Theil des Haares, und folglich ist die Spize ungefaͤrbt. Dieser außerordentlich feine Theil des Haares ist es, welcher fuͤr den Miniaturmaler so wichtig wird, denn wo dieser an einem Pinsel fehlt, arbeitet derselbe nur grob und unsicher.“ „Offenbar wird die Behandlung so zarter Theile mit einer Schuhbuͤrste sehr grob scheinen muͤssen, und wirklich taugen auch feine Pinsel, wenn sie auf diese Weise behandelt worden sind, nur selten etwas, indem diese feinen Theile dadurch vollkommen zerstoͤrt werden.“ „Wenn man sehr feine Pinsel in einem Zustande von hoher Vollkommenheit wuͤnscht, so muß man sie von dem Pinselmacher noch unvollendet kaufen, d.h. so, wie sie eben aufgebunden und in den Kiel geschoben worden. In diesem Zustande taugen sie aber noch durchaus nicht zum Gebrauche, weil ihre Haare immer noch ungleich lang sind.“ „Um diesem Mangel abzuhelfen, schneidet man, nach der gewoͤhnlich gebraͤuchlichen Methode, einige Haare an der Außen-Seite mit einem scharfen Messer weg, um dadurch die Menge der Haare bedeutend zu vermindern, und uͤberlaͤßt es dem Zufalle, daß die in der Mitte stehenden Haare eine bessere Spize bilden werden. Allein es geschieht nicht selten, daß nach vielfaͤltigen Versuchen dieser Art auch nicht ein einziger Pinsel gelingt, und dieß ist ohne Zweifel, vorzuͤglich der Sorglosigkeit der Arbeiter zuzuschreiben.“ „Nach vielen schwierigen und vergebenen Versuchen fand ich, daß man diesen Maͤngeln dadurch abhelfen kann, wenn man die Haare sorgfaͤltig auswaͤhlt, und alle jene Haͤrchen beseitigt, welche fehlerhaft stehen, was auf folgende Weise geschieht.“ „Man muß unter den unvollendeten Pinseln von dem Pinselmacher solche Stuͤke zu erhalten suchen, welche den laͤngsten halbdurchsichtigen Bart an ihrer Spize haben. Diesen Bart erkennt man dann am beßten, wenn man den Pinsel naß macht, und zwischen dem Zeigefinger und dem Daumen durchzieht: man darf den Pinsel nur gegen das Licht halten um diese Verlaͤngerung an der Spize wahrzunehmen. Wenn man nun einen solchen Pinsel ausgewaͤhlt hat, befestigt man ihn mit Siegelwachs an einem kleinen Stiele, und reinigt die Haare entweder mit Lavendeloͤl, oder, wenn man den Geruch zu stark findet, mit Terpenthingeist: dadurch werden die Haare von dem fetten thierischen Oele gereinigt, welches denselben in ihrem natuͤrlichen Zustande immer anklebet. Diese Reinigung wird durch wiederholtes Durchziehen zwischen dem Zeigefinger und dem Daumen sehr beguͤnstigt. Man nimmt nun den Pinselstiel in die linke Hand, und breitet die Haare auf einem Stuͤke weißen Porzellan oder auf dem Zifferblatte einer Uhr aus, und entfernt die unvollkommenen Haare die entweder abgebrochen oder sonst fehlerhaft geformt sind, auf folgende Weise.“ „Ein Stuͤk Buchsbaumholz von der Groͤße eines kleinen Gaͤnsekiels wird in eine konische Spize zugefeilt, und mit einem Glasscherben sehr glatt zugeschaben. Mit diesem Holze breitet man nun den auf das Porzellan oder auf das Zifferblatt gelegten Pinsel aus, und betrachtet mit einem guten Vergroͤßerungsglase jedes Haar genau. Jene Haare, welche gebrochen sind, oder ihr feines halb durchscheinendes Ende verloren haben, werden nun dadurch entfernt, daß man das Stuͤk Buchsbaumholz mit der rechten Hand auf das Haar druͤkt, und mit der Linken den Pinsel sachte, und allmaͤhlig wegzieht. Wenn dieß gluͤklich geschehen soll, so duͤrfen die Haare nicht hastig ausgerissen werden, weil sie sonst brechen, und ein Theil davon zuruͤk bleibt. Leider geschieht dieß auch dann, wo man mit der groͤßten Sorgfalt arbeitet, vorzuͤglich wenn man entweder zu fest gebunden hat, oder der Kiel die Haare zu fest haͤlt.“ „Zuweilen findet man unvollkommen ausgebildete Haare in dem Pinsel. Diese muͤßen weggeschafft werden; denn die Unvollkommenheit besteht in einer Aufschwellung oder in einem Knoten nahe an dem Ende, welcher, wenn man ihn zuruͤk laͤßt, den Pinsel spalten oder unschiklich angehen laͤßt. Auch diese Haare werden auf obige Weise entfernt. Wo immer ein Haar bricht, muß man suchen, dasselbe so nahe als moͤglich an dem Bande heraus zu bekommen. Wenn die hier beschriebene Methode sorgfaͤltig befolgt wird, so wird der Pinsel, wenn er genezt und zugespizt wird, einen herrlichen spizigen Kegel bilden, der durchaus keine Unregelmaͤßigkeit zeigt.“ „Bei aller Sorgfalt kann es indessen oͤfters geschehen, daß ein Haar oder ein paar Haare uͤber die andern hervorragen, und waͤre dich auch nur um ein Hundertel-Zoll, so reicht es hin, um den Pinsel sich spalten und an diesem delikaten Instrumente einen unsichern Strich befuͤrchten zu lassen. Die gewoͤhnliche Methode, diesem Uebel abzuhelfen, besteht darin, daß man den Pinsel, nachdem er benezt und zugespizt wurde, auf ein Stuͤk Elfenbein legt, und die hervorstehenden Haare abschneidet. Ich muß gestehen, daß, obschon ich eine ziemlich staͤte Hand und ein sehr scharfes Auge besize, ich die Operation nie mit einiger Sicherheit zu Stande bringen konnte; denn wenn man die Kleinigkeit bedenkt, auf welche es hier ankommt, so wird es Niemanden befremden, wenn ich behaupte, daß unter drei Pinseln zwei vielleicht daruͤber zu Grunde gehen: denn, nimmt man auch nur das geringste, zu viel weg, so hat der Pinsel das verloren, was kein Gott ihm wieder geben wird.“ „Ich will versuchen, eine mehr sichere und leichtere Weise anzugeben, diese Hervorragungen zu beseitigen. Nachdem man den Pinsel entweder mit Speichel oder mit reinem Wasser durch und durch genezt hat, untersucht man ihn mit einem Vergroͤßerungsglase, und man wird sehen, daß die Anziehungskraft der Haaroͤhrchen, welche die Haare in dem Koͤrper des Pinsels bilden, die Feuchtigkeit an jenem Theile des Pinsels, der uͤber der aͤußersten Spize gelegen ist, sammeln und festhalten, und jene Haare, welche zuweit hervorstehen, entbloͤßt und unbedekt von aller Feuchtigkeit lassen wird. Dieser hervorstehende Theil kann sehr leicht und kraͤftig dadurch entfernt werden, daß man den Pinsel in horizontaler Lage durch die Flamme einer Kerze fuͤhrt, welche die hervorstehenden und ungedekten Haare absengen, und nur kleine Kuͤgelchen an der Spize derselben lassen wird, die man durch Durchziehen derselben zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger beseitigen kann. Diese Operation muß aber mit der groͤßten Schnelligkeit, deren die Hand und der Arm faͤhig ist, verrichtet werden, und diese Schnelligkeit kann man sich so leicht erwerben, daß man, wie ich versichern darf, zwei und dreimal nach einander mit dem Pinsel durch das Licht fahren kann, ohne daß man noch irgend eine Wirkung auf die Haare hervorgebracht hat. Ich bemerke dieß bloß deßwegen, weil man die Operation fuͤr gefaͤhrlich halten koͤnnte; sie ist aber in der Ausfuͤhrung leicht, und man kann uͤber sein Mittel gebiethen.“ „Wenn die kleinen Knoten oder Zwiebel alle beseitiget worden sind, der Pinsel genezt wird, und man dann die Haare etwas, entweder auf Porzellan oder auf dem Nagel des Daumens, aufdruͤkt, wird man in dem Vergroͤßerungsglase sehen, daß die Haare an der Spize alle gleich lang sind. Der auf diese Weise an seinem Ende ausgebreitete Pinsel wird der Schneide eines Meißels gleichen, und da bei obigem Verfahren die so außerordentlich feinen Theile der Haare, die als Haarroͤhrchen wirken, vollkommen erhalten bleiben, so folgt, daß der Pinsel in dem Augenblike, wo seine Spize das Papier beruͤhrt, Farbe lassen wird.“ Fig. 32 zeigt den Miniaturpinsel in gewoͤhnlicher Groͤße.“ Fig. 33 stellt denselben vergroͤßert dar. In dieser Figur sieht man die hervorstehenden Haare an der Spize, welche auf die oben angegebene Weise entfernt werden muͤßen.“ Fig. 34 zeigt einen vollendeten Pinsel ausgebreitet, um die gleiche Laͤnge der Haare an der Spize zu zeigen, wo er dann wie ein Meißel aussieht.“ „Solche Pinsel dienen bloß bei Wasserfarben und bei der Emailmalerei. Zur Oelmalerei bedient man sich bei den feinsten Pinseln der Zobelhaare, aus welchen die Pinsel auf dieselbe Weise verfertigt werden. Da aber die Zobelhaare staͤrker und mehr elastisch sind, so koͤnnen die aus denselben bereiteten Pinsel nie so fein werden, als die Pinsel aus den Haaren der Eichhoͤrnchen. Es ist sehr zu bedauern, daß, waͤhrend die Pinsel aus Zobelhaaren so theuer verkauft werden, man ein anderes zur Oelmalerei hoͤchst taugliches Haar gaͤnzlich vernachlaͤßigt; ich meine das schoͤne weiße Haar, das die Kaͤlber in den Weichen haben, und das zu Pinseln eben so gut taugt als das beßte Zobelhaar. Ich erinnere mich, daß Herr Arnold sich vor mehreren Jahren solcher Pinsel bei seinen Landschaftsgemaͤlden bediente, und dieselben allen andern Pinseln vorzog.“Außer den hier angefuͤhrten Haaren koͤnnen auch noch folgende zu Pinseln benuzt werden: 1) Die Haare, welche den Kuͤhen innwendig in den Ohren wachsen. Diese Haare zieht man, nach Versicherung des Herrn J. J. Haͤrkins, in Nordamerika jedem andern Haare vor. 2) Haͤlt man die Haare, die dem Kalbe zu jeder Seite in zwei besondern Buͤscheln am Kopfe wachsen, fuͤr ganz vorzuͤglich tauglich zu Pinseln. 3) Sagt man, daß die Lyoner Pinsel aus Schweinshaaren verfertigt werden. 4) Endlich versichert uns der seel. Hr. W. E. Sheffield, der sich der bildenden Kunst wegen lange Zeit zu Rom aufhielt, daß die beruͤhmten roͤmischen Pinsel aus dem Haare ungeborner Ziegen verfertigt werden. Gill. In Deutschland werden sehr gute Pinsel aus dem Haare der Fischotter verfertigt. Die Muͤnchener Pinsel, mit deren Verfertigung sich eine Muͤnchnerin beschaͤftigte, waren einst sehr beruͤhmt. Die Augsburger Pinsel von Hrn. Schenkenhofer verdienten alle Empfehlung. A. d. Ueb. 22. Okt. 1822.

Tafeln

Tafel Tab. I
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