Titel: Glasur für gemeine rothe Töpfer-Waare. Von J. Meigh, Esqu. zu Shelton, Staffordshire.
Fundstelle: Band 10, Jahrgang 1823, Nr. LVII., S. 335
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LVII. Glasur für gemeine rothe Töpfer-Waare. Von J. Meigh, Esqu. zu Shelton, Staffordshire. Aus den Transactions of the Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce. Im Repertory of Arts, Manufactures and Agriculture. N. 250. Maͤrz 1823. S. 235. Herr Meigh erhielt fuͤr diese Mittheilung die große goldene Medaille. Meigh's Glasur für Töpfer-Waare. Die gemeine rohe rothe Toͤpfer-Waare wird aus Ziegelthon verfertigt, ist folglich sehr poroͤs. Sie wird auch bei der moͤglich geringsten Hize gebrannt, theils um Brenn-Material zu sparen, theils weil sie, insofern sie aus gemeinem Thone besteht, dessen Schmelzbarkeit sehr verschieden ist, nicht immer einen hoͤheren Grad von Hize ertraͤgt, ohne ihre Form zu verlieren, so daß man sie dann nicht mehr an Mann bringen kann. Aus diesen so eben angegebenen Gruͤnden wird es noͤthig, eine Glasur anzuwenden, die leicht schmilzt, wohlfeil ist, und alle Poren der Maare leicht ausfuͤllen kann, so daß diese da, durch in den Stand gesezt wird, Fluͤssigkeiten zum gewoͤhnlichen Gebrauche in sich zu halten. Glaͤtte, und die gewoͤhnliche Bleiglasur der Toͤpfer, wird hiezu gewoͤhnlich gebraucht; erstere zur durchsichtigen, leztere zur schwarzen undurchsichtigen Glasur. Die Nachtheile einer, ganz oder zum Theile, aus Blei bestehenden Glasur sind, 1tens daß sie Risse bekommt und springt, sobald sie schnell bis zur Temperatur des siedenden Wassers erhizt wird, indem das Bleiglas und der Thon sich in verschiedenem Verhaͤltnisse in der Hize ausdehnen, und folglich die Fluͤssigkeit in die Waare eindringt. 2tens ist Bleiglaͤtte, sowohl fuͤr sich, als auch wenn sie, nur in kleiner Menge, anderen erdigen Stoffen beigemischt wird, sehr leicht in Essig aufloͤsbar, in jedem sauren Safte der gewoͤhnlichen Fruͤchte, und selbst in thierischem Fette, wenn dieses darin gekocht wird. Wenn daher solche Dinge in der gewoͤhnlichen rothen Toͤpfer-Waare gekocht werden, bildet sich eine Menge Bleiglanz, welches, den Nahrungs-Mitteln beigemengt, heftige Koliken, und alle die traurigen und oft toͤdlichen Zufalle erzeugt, welche auf genossene Bleisalze erfolgen. Die Entdekung einer besseren und gesuͤnderen, und zugleich so wohlfeilen, Glasur, daß man dieselbe auf rothe Toͤpfer-Waare anwenden kann, schien der Gesellschaft ein hoͤchst wichtiges Desideratum, und, ihrer Meinung nach, ist eine solche Glasur an der hier folgenden nun wirklich entdekt. Die Gebirgsart, die man in England rothen Mergel (red marl) nennt, kommt gewoͤhnlich in Lagern vor, ist weich, grob, schieferig, und roth. Sie bildet den Hauptbestandtheil des gewoͤhnlichen Bodens auf vielen weiten Streken dieser Insel, nord- und suͤdwaͤrts von jener Linie, die schief von Durham nach Excter laͤuft. Dieser Mergel laͤßt sich in Wasser sehr leicht zu einem kaum fuͤhlbaren Pulver zermahlen, welches eine bedeutende Zeit uͤber in dem Wasser schwebend erhalten wird. Man bereitet eine solche Mischung, und taucht die, vorher gut ausgetroknete, noch ungebrannte, Waare in dieselbe. Hiedurch werden die an der Oberflaͤche des Thones liegenden Poren mit den feinen Theilen dieses Mergels gefuͤllt, und auf diese Weise, eine Oberflaͤche erhalten, auf welcher die Glasur haͤngen bleibt. Nachdem die eingetauchte Waare zum zweitenmal sorgfaͤltig getroknet wurde, wird sie mit folgender Glasur uͤberzogen, welche aus Einem Theile Cornischen Granite, der vorzuͤglich aus Feldspath besteht. Einem Theile Glas, Einem Theile schwarzen Braunstein, alles gehoͤrig zusammen gemahlen, und in Wasser zur Rahmdike zertrieben, zusammengesezt ist. In diese Mischung taucht man die Waare, und, wenn sie vollkommen troken geworden ist, bringt man sie in den Brennofen und brennt sie auf die gewoͤhnliche Weise. Man erhaͤlt hiedurch eine feste, hoͤchst dauerhafte, schwarze Glasur, welche durchaus nichts fuͤr die Gesundheit Schaͤdliches enthaͤlt. Wenn man eine weiße undurchsichtige Glasur verlangt, darf man nur den Braunstein weglassen. Herr Meigh hat auch den gemeinen und den rothen Mergel zu dem Thone, aus welchem die Toͤpfe verfertigt derben, selbst genommen, und zwar mit dem beßten Erfolge und ohne das Material dadurch zu vertheuern. Er nimmt vier Theile gemeinen Mergel, einen Theil rothen Mergel und Einen Theil Ziegelthon. Die Gesellschaft besizt Geschirre, die aus dieser Mischung verfertigt sind. Ihre Farbe ist roͤthlich-rahmfarben braun, und sie sind haͤrter, dichter, und weniger poroͤs, als die gewoͤhnliche rothe Toͤpferfarbe. Wuͤrden diese Geschirre allgemein eingefuͤhrt und mit obiger Glasur versehen, so wuͤrde die Gesundheit der unteren Klassen, welche sich der rothen Toͤpfer-Waare allein als Kochgeschirre bedient, nicht wenig dabei gewinnenDie Liederlichkeit unserer gewoͤhnlichen Bleiglasur und die Schaͤdlichkeit derselben fuͤr die Gesundheit ist in Deutschland nur zu wohl bekannt, und oft genug besprochen worden, vorzuͤglich von Ebell. Wir haben in Deutschland, so wie in Frankreich und England, viele Gesundheits-Geschirrfabriken, indessen bleiben die Toͤpfe an den Herden der zahlreichsten Classe in Deutschland, wie in Frankreich und England, die alten vergifteten Toͤpfe. Kein Land in Deutschland, vielleicht auf dem ganzen Lande, koͤnnte bessere und wohlfeilere Toͤpferwaare liefern, als Baiern, und doch ist in Baiern das, freilich auch in's Ausland (nach Oestreich) gehende Greninger-Geschirr bei dem herrlichen Thone, aus welchem es gebrannt ist, mit der gewoͤhnlichen Bleiglasur vergiftet, und beinahe das einzige, das noch einiger Reputation genießt. Gerade dieses, so allgemein im Lande von der unteren Klasse benuzte, Geschirr koͤnnte mit dieser Glasur des Herrn Meigh leichter als irgend ein anderes in Baiern uͤberzogen werden. Der herrliche an Feldspath so reiche Granit um Griesbach koͤnnte auf der Donau bis Straubing aufwaͤrts, der Braunstein aus der Pfalz auf der Raab und der Donau bis Straubing abwaͤrts mit den gerinsten Kosten geliefert werden, und an Glasscherben haben unsere Glashuͤtten im Boͤhmerwalde nicht Mangel. Es ist eine sehr troͤstliche Erscheinung, daß mitten in dem an die Patente und die Geseze beraubenden Privilegien *) so sehr verwoͤhnten England ein edler Mann sich findet, der, auf den Egoismus des Patent-Wesens Verzicht leistend, der Welt eine nuͤzliche Erfindung mittheilt, ohne mit derselben Wucher zu treiben. Doch solcher Edlen zaͤhlt die edle Society for Encouragement of Arts mehrere. Moͤchte auch in Deutschland eine solche Gesellschaft zum Schuze der Menschheit gegen die Patent-Kraͤmer sich bilden, denn dieser schaͤdliche Privilegien-Geist ist, wie ein eben so weiser als edler deutscher Dichter in echt swift'schem Geiste singt: „Die Noth der schweren Zeit!“ u.s.w. A. d. Ueb.*) Privilegium kommt von: privare leges.“ .