Titel: Wie man den nach Christian's Methode auf dessen Maschine bereiteten, Flachse und Hanfe die gehörige Weichheit geben kann. Von Hrn. Deliste.
Fundstelle: Band 16, Jahrgang 1825, Nr. XIII., S. 41
Download: XML
XIII. Wie man den nach Christian's Methode auf dessen MaschineDiese Hanf- und Flachsbrechmaschine, auf welcher sowohl geroͤsteter und ungeroͤsteter Hanf und Flachs gebrochen, von Achen befreit, und die zusammenhangende Fasern zertheilt werden, ist in Dingler's Magazin fuͤr die Druk-, Farbe- und Bleichkunde Bd. II. beschrieben und abgebildet. Keine Erfindung hatte sich bisher einer so großen Aufmerksamkeit von Seiten der Oeconomen zu erfreuen, als diese Flachsbrechmaschine, aber leider ist auch noch keine erbaͤrmlicher mißhandelt worden, als eben diese gemeinnuͤzige, der Verbesserung allerdings noch faͤhige Maschine. D. bereiteten, Flachse und Hanfe die gehörige Weichheit geben kann. Von Hrn. Deliste. Aus dem Recueil des Travaux de la Société des Sciences, Agriculture et Arts de Like. In Gill's technical Repository. October 1824. S. 278. Christian's Methode, wie man dem Flachse und Hanfe die gehörige Weichheit geben kann. Man klagt allgemein, daß der auf Hrn. Christian's Maschine ohne Roͤstung zubereitete Hanf und Flachs nicht hinlaͤnglich weich und mild zu gewissen Arbeiten ist: dieß ist aber gewiß das groͤßte Lob, welches man dieser sinnreichen und nuͤzlichen Maschine ertheilen kann. Wenn die Faser auf dieser Maschine eben so weich und mild, als fein wuͤrde, so wuͤrde man noch mehr Ursache zu klagen haben; denn dann wuͤrden die Faden zu schwach werden, und man wuͤrde sie nur zur Verfertigung der feinsten Leinwand-Sorten benuͤzen koͤnnen, oder zum Kloͤppeln der Spizen. Da aber nur der bei weiten mindeste Theil des Leinen-Garnes zu diesem Zweke verwendet wird, so ist es offenbar, daß das, was man anfangs als einen Nachtheil betrachtete, in der That ein wahrer Vortheil ist. Ohne uns in zu kleinliche Berechnung des Unterschiedes zwischen der Menge des Flachses, die zu feiner Leinwand und zu Luxus-Artikeln, und derjenigen, die zu gemeiner Leinwand verwendet wird, einzulassen, glauben wir das Verhaͤltniß derselben wie 1 : 4, und bei dem Hanfe wie 1 : 9 annehmen zu koͤnnen. Wenn man also auch annaͤhme, daß man aus keine andere Weise, außer durch Roͤstung, feinen Flachs erhalten koͤnnte, so ist es doch offenbar, daß man diese in so vieler Hinsicht gefaͤhrliche Operation, auf ein Fuͤnftel derjenigen Faͤlle reduciren kann, in welchen man sie gegenwaͤrtig am Flachse anwendet, und auf ein Zehntel bei dem Hanfe. Die nachtheiligen Folgen dieser Roͤstungen wuͤrden demnach alle in demselben Verhaͤltnisse vermindert werden. Auf der anderen Seite wuͤrden die acht Zehntel Flachs, und die neun Zehntel Hanf, welche jezt geroͤstet werden, jene Staͤrke und die von dieser abhaͤngenden Eigenschaften behalten, welche sie jezt durch das Roͤsten verlieren; denn da die Fasern nicht von der faulen Gaͤhrung angegriffen werden, so bleibt die gummiharzige Materie in denselben: dieß ist die Ursache, warum nicht geroͤsteter Flachs und Hanf so lang der abwechselnden Wirkung von Naͤsse und Trokenheit zu widerstehen vermag. Dieser leztere Umstand ist von so hoher Wichtigkeit, daß er wesentlich zur Festigkeit und Dauerhaftigkeit der Seile und Segel etc. beitraͤgt. Wenn man Flachs oder Hanf der Roͤstung unterwirft, so geraͤth derselbe immer in saure Gaͤhrung, indem das Roͤstungs-Wasser das Gummi aufloͤst; allein diese Saͤure, die an sich sehr schwach ist, kann nicht aus die gummiharzigen Stoffe wirken, welche die Rinde so stark mit den Fasern vereinigt; nur wenn die faule Zersezung anfaͤngt, und dadurch die gummiharzigen Stoffe, oder vielmehr die Fasern allein, angegriffen werden, wird die Absonderung der Rinde von den Fasern moͤglich. Die Nothwendigkeit der faulen Gaͤhrung bei Vollendung der Roͤstung scheint auf eine beinahe gaͤnzliche Abwesenheit des Zukerstoffes an dem Flachse und Hanfe hinzudeuten; denn, waͤre Zukerstoff in hinlaͤnglicher Menge in diesen Pflanzen vorhanden, so wuͤrde eine geistige Gaͤhrung eintreten, und diese wuͤrde die Aufloͤsung der gummiharzigen Stoffe bewirken, ohne die Fasern anzugreifen. Diesem Grundsaze zu Folge, und nach der Idee, jedoch nicht nach dem Vorurtheile, daß die Maschine und die Verfahrungs-Weise des Hrn. Christian nicht hinreicht, dem Flachse die gehoͤrige Weichheit und Milde zu geben, wurden folgende Versuche angestellt. Man raspelte rohe Erdaͤpfel, und verduͤnnte den dadurch entstandenen Teig mit siedend heißem Wasser, dem man etwas Bierhefen zusezte: man ruͤhrte diese Mischung gehoͤrig um, und ließ sie in einer geschlossenen Kufe bei einer Temperatur von 15 bis 20 Graden gaͤhren. Die Gaͤhrung schritt sehr langsam fort, und nach Verlauf von ungefaͤhr 8 Tagen fingen die kleinen Blaͤschen, die sich an der Oberflaͤche der Mischung bildeten, an, zu Boden zu gehen. Diese gegohrene Fluͤssigkeit, deren Geruch weinig war, wurde uͤber verschiedene Muster von Flachs gegossen, welche auf Christian's Maschine zugerichtet worden waren: man bedekte das Gefaͤß, in welchem sich dieselben in dieser Fluͤßigkeit befanden, und sezte es derselben Temperatur von 15 bis 20 Graden aus. Wir erstaunten, als wir eine neue Gaͤhrung eintreten, und beinahe solang, als die vorige, anhalten sahen, ohne daß die Fluͤßigkeit merklich saurer geworden waͤre, und als man nach achttaͤgigen Einweichen den Flachs herausnahm, gut auswusch und troknete, fand man ihn durch dieses Verfahren um Vieles weicher. Wir muͤssen offen gestehen, daß dieser Versuch nur mit einer geringen Menge Flachs angestellt wurde, und daher nicht als entscheidend angesehen werden kann, und es ist nicht gewiß, ob das dabei angewendete Verfahren auch wirklich das beste war. Es koͤnnte z.B. vielleicht besser gewesen seyn, den Flachs und die geraspelten Erdaͤpfel in abwechselnden Lagen in die Kufe zu bringen, hierauf siedendes Wasser mit etwas Hefen zuzugießen, und hierdurch die Mischung nur einer einzigen Gaͤhrung zu unterziehen; oder vielleicht waͤre es noch besser gewesen, gesottene Erdaͤpfel zu nehmen, welche schneller gaͤhren, und die sich auch leichter in einen Brei verwandeln lassen. Ueberdieß scheint auch noch jede andere Pflanze, welche Zukerstoff enthaͤlt, oder aus welcher sich leicht Zukerstoff entwikelt, als geistiges Gaͤhrungsmittel tauglich zu seynWozu sich geschrotene Gerste oder Kleien gut eignen. Man maischt sie mit heißem Wasser ein, und stellt die Fluͤßigkeit mit kaltem Wasser auf 18 – 20 Grade Réaum. Dieser sezt man, um die weinige Gaͤhrung schnell herbei zu fuͤhren, etwas Hefe, oder im Wasser zerruͤhrten Sauerteig zu. Bei gehoͤriger Beobachtung wird man aber leicht finden, daß hier die weinige Gaͤhrung nicht ausreicht, und daß man diese in die saure Gaͤhrung uͤbergehen lassen muß, durch die den Pflanzen-Fasern anklebende Stoffe in ihrer Grundmischung vollkommen aufgehoben und davon befreit werden. Nach diesem Vorgange lassen sich dann die Fasern sehr leicht und ganz vollkommen entfaͤrben (bleichen) und man wird daraus Gespinnste und Gewebe erhalten, die die auf dem bisherigen Roͤstungs-Prozesse gewonnenen, sowohl in der Feinheit als auch in der Dauer der Structur wesentlich uͤbertreffen. D.. Es ist sehr wahrscheinlich, daß man im Großen noch vortheilhaftere Resultate erhalten kann, wenn man den Flachs oder Hanf der Einwirkung geistiger Fluͤssigkeit von einer durch die Erfahrung zu bestimmenden Staͤrke aussezt. Nur insofern als dieses Mittel nicht von allen Landleuten angewendet werden kann, ließe sich vielleicht gegen diese Methode einige Einwendung erheben. Die Pflanzenstoffe, welche man zur Zubereitung des Flachses und Hanfes mittelst Gaͤhrung verwendet hat, koͤnnen spaͤter noch als Viehfutter oder selbst zur Destillation verwendet werden; der Alkohol, den man dadurch erhaͤlt, kann doch wenigstens zu technischem Gebrauche in mancher Hinsicht verwendet werden.