Titel: Verfahren bei der Appretur der weißgegärbten Schaf- und Ziegenfelle, von M. J. Main, Weißgärber zu Niort.
Fundstelle: Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXVIII., S. 369
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LXVIII. Verfahren bei der Appretur der weißgegaͤrbten Schaf- und Ziegenfelle, von M. J. Main, Weißgaͤrber zu Niort. Aus der Description des Brevets d'invention. T. VIII. im Bulletin de la Société d'Encouragement. N. 253. S. 222. Main's Verfahren bei der Appretur der weißgegaͤrbten Schaf- und Ziegenfelle. Die meisten Schaf- und Ziegenfelle in Frankreich werden weißgegaͤrbt, und die ganze Bearbeitung derselben beschraͤnkt sich darauf, daß man sie in Kalk legt, abhaart, und im Flußwasser und mit dem Schabeisen behandelt, ausstreicht, ausspannt und geschmeidig macht, indem man so sorgfaͤltig als moͤglich die Narbenseite schont. Man weicht sie in einer Mischung aus Wasser, Salz, Alaun, Eiern, Mehl, und nachdem sie von derselben gehoͤrig durchdrungen wurden, breitet man sie aus, um sie zu troknen. Hierauf werden sie gewalkt, und endlich auf dem Streichrahmen geoͤffnet, oder gestrichen. Dieß ist die ganze Arbeit des Weißgaͤrbers, der dem Handschuhmacher die auf diese Weise zubereiteten Haͤute uͤberliefert. Hr. Main verfaͤhrt aber auf folgende Weise, und erzeugt dadurch viel bessere und viel feinere Haͤute. Er nimmt unter den bereits weißgegaͤrbten Haͤuten die dichtesten und festesten, welche die weitere Bearbeitung am Besten zu ertragen vermoͤgen, weicht sie in reinem Wasser, und nachdem sie dasselbe gehoͤrig eingesogen haben, bringt er sie auf einen vollkommen glatten Abstoßbaum, dessen die Weißgaͤrber sich gewoͤhnlich bedienen. Als Unterlage der zu bearbeitenden Haut dient eine starke Kalbs-, Boks-, Schaf- oder Dammhirschhaut, die nicht zugerichtet, jedoch im Wasser rein gewaschen ist, und uͤber den Abstoßbaum gehoͤrig ausgebreitet wird. Nun nimmt der Gaͤrber sein Abstoßeisen mit zwei Griffen, sezt es auf der Narbenseite der Schaf- oder Ziegenhaut auf, und schabt damit so stark, als wenn er eine Dammhirschhaut oder eine saͤmisch gegaͤrbte Schafhaut, die eben aus dem Oele kam, zu schaben haͤtte, bis die erste und zweite Oberhaut, die erste und zweite Narbe (la fleur et l'arriere fleur) weggepuzt ist. Nachdem der Arbeiter sein Abstoßeisen uͤber die ganze Flaͤche der Haut gefuͤhrt, und beide Narben abgestoßen hat, troknet er die Haut unter Dach, indem er sie mit den Hinterfuͤßen an zwei Hakennaͤgeln, oder, in Ermangelung derselben auf eigenen Schnuͤren aufhaͤngt. Wenn sie endlich troken geworden ist, walkt er sie, und oͤffnet sie auf dem Streichrahmen, wie der Weißgaͤrber gewoͤhnlich zu thun pflegt. Wenn die Haut zu schnell getroknet ist, und dadurch zu sehr zusammengezogen wurde, so befeuchtet er sie etwas, und wenn die Feuchtigkeit sich gleichfoͤrmig in der Haut verbreitet hat, oͤffnet leztere sich dann leichter in dem Streichrahmen. Die geoͤffnete und getroknete Haut wird dann dem Bimser (ponceur) uͤbergeben, der sie auf eine Art von Bereitbok, wie ihn die Lederbereiter zu haben pflegen, bringt, und mit einem Bimssteine die Narbenseite uͤberfaͤhrt, an welcher der Gaͤrber die Narbe weggenommen hat. Wenn sie weiß bleiben, und gefaͤrbt werden soll, bedient sich der Bimser bloß des Meersandes, der gewoͤhnlich sehr fein ist, und reibt die Haut schnell und scharf mit demselben, und dem Bimssteine, den er in der rechten Hand haͤlt, und mit welchem er rasch auf und abfaͤhrt, waͤhrend er mit der linken Hand das Ende der Haut festhaͤlt. Wenn die Haut blaßgelb werden soll (die gewoͤhnlich die beliebteste Farbe ist), so bedient man sich eines Steines, der aus 6 Theilen Meudon-Weiß (Blanc de Meudon Wir vermuthen, daß dieß eine Art Kreide ist, woran es in Frankreich nirgendwo fehlt.A. d. Ueb.), und zwei Theilen gelbem Ocher, die man puͤlvert, gehoͤrig mengt, dann befeuchtet, abknetet, und troknet. Mit diesem Steine uͤberfaͤhrt man die ganze Oberflaͤche der Haut auf jener Seite, auf welcher ehevor die Narbe saß. Der Bimser druͤkt fest auf, und treibt den Bimsstein mit aller Schnelligkeit umher, indem er etwas feinen Sand zersezt, und die Haut eben so reibt, als wenn sie weiß bleiben oder gefaͤrbt werden sollte. Dieses Bimsen, wenn es gehoͤrig geschieht, vollendet die Feinheit, die man der Haut durch obige Bearbeitung und durch die Abnahme der Narbe gegeben hat. Man spannt nun die Haut, plaͤttet sie mit einem Plaͤtteisen (Biegeleisen), wodurch sie noch feiner wird, und noch mehr Glaͤtte erhaͤlt, und gibt sie dann dem Handschuhmacher, der hieraus die schoͤnsten Handschuhe verfertigen wird.