Titel: Ueber Oehlgas.
Fundstelle: Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXXXVII., S. 463
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LXXXVII. Ueber Oehlgas. Ueber Oehlgas. 1. Das Philosophical Magazine liefert im September Hefte S. 243. einen Auszug aus einem Aufsaze des Hrn. Just. Preuß im Messager of the Sciences and the Arts (einer Zeitschrift die zu Ghent von der dortigen k. Gesellschaft der Kuͤnste und des Akerbaues herausgegeben wird), welcher eine gedraͤngte Geschichte der Oehlgas-Beleuchtung enthaͤlt, die sich nach und nach aus den Haͤusern der Reichen, wo man sie wegen des geringern Nachtheiles an Vergoldungen und Silber, und wegen des schoͤnen Lichtes zuerst einfuͤhrte, in die Fabriken und endlich sogar in Straßen verbreitete, ungeachtet sich die Kohlgas-Anstalten alle dagegen verschworen hattenVergl. II.. Er versichert, daß Ein Kubikfuß Oehlgas von mittlerer Guͤte (0,4069 S. G.) eben so viel Licht gibt, als 3 1/2 Kubikfuß Kohlengas von mittlerer Guͤte (0,9395). Dadurch wird das Volumen der Gasometer, das so laͤstig ist, um mehr als zwei Drittel kleiner; die Roͤhren werden um zwei Drittel enger; Retorten, Oefen, Reinigungs- und Verdichtungs-Apparate werden auf Ein Sechstel reducirt: die Kosten und Unterhaltungs-Kosten auf Ein Drittel, und der Arbeitslohn auf weniger als Ein Achtel. Man wird sagen, daß Steinkohlen wohlfeiler zu stehen kommen, als Oehl, was in einigen Staͤdten auch wirklich der Fall ist; dagegen bemerkt aber Hr. Preuß, daß die Ausgaben bei einem Gas-Etablissement von zweierlei Art sind: bleibende und wandelbare, je nachdem naͤmlich der Absaz des Gases vermindert oder vermehrt wird. Die ersteren bestehen in den Interessen des noͤthigen Capitales, Kosten des Gebaͤudes, Lohn der Arbeiter, die im Sommer nicht entlassen werden koͤnnen: diese Ausgaben sind ohne Vergleich geringer bei einem Oehlgaswerke, als bei einem Kohlengas-Werke. Die zweite Classe der Ausgaben begreift das rohe Material, dessen Verbrauch im Verhaͤltnisse zu dem Absaze des Gases steht: hier ist bei beiden dasselbe von der Jahreszeit abhaͤngige Verhaͤltniß. Der Unterschied zwischen Kohlgas-Anstalten und Oehlgas-Anstalten ist demnach, wie Hr. Ricardo schon fruͤher richtig bemerkte, dieser, daß bei den erstem die große Ausgabe dieselbe bleibt, und die geringere vermindert wird, waͤhrend bei den leztern die kleinere Ausgabe die feststehende ist, und die groͤßere mit dem geringeren Absaze abnimmt. Kohlengas gibt, wo viel davon verbrannt wird, eine laͤstige Hize, waͤhrend Oehlgas nicht mehr Waͤrme verbreitet, als eine Argand'sche Lampe. Oehlgas allein laͤßt sich in kleineren Raum zusammenpressen, indem es viel Licht unter einem kleinen Umfange einschließt. Bei Erzeugung des Oehlgases fallen die laͤstigen Ruͤkstaͤnde weg, deren Absaz jedoch sogar noch willkommen seyn muß. Das Steigen und Fallen der Oehlpreise ist von geringem Belange fuͤr den Oehlgas-Fabrikanten, der auch aus dem schlechtesten Oehle, zu 47 Francs das Hektoliter, gutes Oehlgas zu erzeugen vermag, waͤhrend derjenige, der Argand'sche Lampen brennt, feines Oehl, vielleicht von 57 Franken, noͤthig hat. Ueberdieß haͤngt das Licht einer Oehl-Lampe nothwendig von einer Menge mehr oder minder guͤnstiger Umstaͤnde ab, wie von der Laͤnge und gleichfoͤrmigen Hoͤhe des Dochtes; von der Feinheit der Baumwollenfasern, aus welchen der Docht besteht; indem dadurch die Haarroͤhrchen-Anziehung geschieht; von der Trokenheit des Dochtes, der, wenn er feucht ist, weniger Oehl einzieht; von der mehr oder minder vollkommenen Carbonisation; von der Hoͤhe des Standes des Oehles, welcher, außer an der herrlichen Carcel'schen Lampe, immer niedriger wird: von der Guͤte des Oehles, und dem Reinigungs-Verfahren, das man bei demselben angewendet hat; von der groͤßern oder geringern Sorgfalt, mit welcher die Lampe taͤglich gereinigt wird etc., ohne der Form der Glaͤser und anderer Umstaͤnde zu erwaͤhnen. Von allen diesen Umstaͤnden aber, und zugleich von einem gehoͤrigen Verhaͤltnisse trokner umgebender Luft, die mit staͤter und regelmaͤßiger Geschwindigkeit einstroͤmt, haͤngt die Temperatur ab, unter welcher die Zersezung des Oehles und die dadurch entstehende Verbrennung des Gases bewirkt wird. Wenn diese Temperatur zu niedrig wird, so entweicht ein Theil des Oehles entweder unter der Form von Oehldaͤmpfen, oder als Rauch, ohne zu verbrennen; wenn sie aber zu hoch ist, so hat allerdings vollkommene Verbrennung ohne Rauch statt, allein das Licht wird zum Theile zerstoͤrt; und dieß ist gerade der delikateste Punkt bei den Beleuchtungs-Werkzeugen. In jedem Falle geht also eine bedeutende Menge Oehles verloren. „Argand'sche Lampen, die, bei dem Oehle, das sie verzehren. Ein Maximum von Licht geben, sind so selten, wie eine Terno aus der Lotterie, waͤhrend Gaslampen bei gehoͤriger Behandlung, immer ein Maximum von Licht geben muͤssen.“ 100 Pfd. Roh-Oehl in einem großen Apparate nach Taylor und Martineau behandelt, geben eine Menge Lichtes, die man nur mit 130, zuweilen 150 Pfd. gereinigten Oehles, in Argand'schen Lampen gebrannt, erhalten kann. Hr. Preuß hat sogar Argand's besessen, die bei 318 Pfd. Oehl nicht mehr Licht gaben, als man sonst aus 100 Pfd. an Gas erhaͤlt. II. Dasselbe Journal enthaͤlt S. 206 einen Aufsaz der Herren Prof. Christison und Turner zu Edinburgh, in welchem, nach einer Reihe von Versuchen, die Vortheile des Oehl- und Kohlen-Gases gegen einander verglichen werden. Der Hr. Redacteur des Phil. Mag., Rich. Taylor, bemerkt, daß, waͤhrend man zu Edinburgh Versuche anstellte, ein beruͤhmter Ausschuß zu Westminster, nachdem einigen Mitgliedern ihre Antheile bezahlt, andere zu Direktoren ernannt, und andern ihr Haus unentgeltlich beleuchtet wurde, der maͤchtige Kohlengas-Compagnien-Verein die Entscheidung ertheilte, daß man keine Oehlgas-Beleuchtungs-Anstalt in der Hauptstadt Englands aufkommen lassen wird. Die Resultate der Versuche der Herren Christison und Turner sind folgende: I. in oͤkonomischer Hinsicht. In kleinen Staͤdten, wo man gute Kohle (Cannel-Coal), um niedrige Preise haben kann, kann es in specifischer Schwere von 0,700 geliefert werden. In groͤßeren Staͤdten, wie Edinburgh und Glasgow, wo alle Kohlen theuer sind, uͤbersteigt die spec. Schwere nie 0,600. Zu London, wo man gar keine Cannel-Kohle bekommt, ist die spec. Schwere im Durchschnitte 0,450. Die specifische Schwere des Oehlgases ist aber uͤberall dieselbe; sie kann nicht leicht unter 0,920 fallen. Da in den Oehlgas-Retorten nach jeder Ladung Pflanzenkohle zuruͤkbleibt, so muß das Gas dadurch verbessert werden, ohne daß es an Menge verliert; denn es verwandelt das wenig leuchtende gekohlstoffte Wasserstoffgas in dash ellbrennende Oehl erzeugende Gas. Es kann aber auch eben so gut schlechtes Oehlgas durch zu hohe Temperatur erzeugt werden. Oehlgas wird, nach obiger Bemerkung, in kleinen Staͤdten zu theuer, in Edinburgh und Glasgow theurer, zu London weit wohlfeiler als Kohlengas kommen. II. In Hinsicht auf Brauchbarkeit. In dieser Hinsicht ist Oehlgas unter jeder Beziehung dem Kohlengase vorzuziehen.