Titel: Bemerkungen über Dampfwagen.
Fundstelle: Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LXIII., S. 292
Download: XML
LXIII. Bemerkungen über Dampfwagen. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. April. 1826. S. 111. Bemerkungen über Dampfwagen. Seit einiger Zeit beschaͤftigt man sich an verschiedenen Orten Frankreichs mit Errichtung von Eisenbahnen, und mit Ausmittelung von Wagen, welche auf denselben laufen sollen; diese Wagen werden gewoͤhnlich von einer ambulirenden Dampfmaschine gezogen. Im Bulletin von 1815, p. 80, machten wir jene Maschine bekannt, welche zu Leeds in SchottlandIst mit Erlaubniß des Herzogs von Yorks, in Yorkshire in England, nicht in Schottland. A. d. Ueb. zum Trausporte der Steinkohlen benuͤzt wird; diese Maschine war eine einfache, ohne Verdichtung, ging eine franz. Meile (3 Miles), in Einer Stunde, und zog 30 Wagen, wovon jeder beilaͤufig mit 17 Zentner Steinkohlen beladen war. Anfangs des verstoßenen Jahres machte man in dem Steinkohlenbergwerke zu Killingsworth bei Newcastle einen Versuch mit einer fahrenden Dampfmaschine voll der Kraft von 55 Pferden: sie wog sammt ihrem Wagen mit dem Wasser- und Steinkohlen-Vorrathe, 110 Zentner. Man errichtete dieselbe auf einem, 1 1/2 Meile langen, Theile der Eisenbahn, dessen Fall 1/793, betrug, und hing an dieselbe 12 Wagen, wovon jeder mit 54 Zentner Steinkohlen beladen war, was zusammen 648 Zentner ausmacht. Die 12 Wagen wurden in 40 Minuten 1 1/4 (engl.) Meile in beiden Richtungen, d.h. in Allem 2 1/2 Meile weit gezogen, was also 3 1/4 Meile (etwas mehr als Eine franzoͤsische Meile) auf die Stunde betraͤgt. Die Maschine verbrauchte waͤhrend dieses Versuches 5 Pecks (45–50 Kilogramme) Steinkohlen. Bei einem zweiten Versuche ließ man von derselben Maschine denselben Weg mit 8 Wagen machen; sie brauchte 36 Minuten (4 Meilen auf die Stunde), und verbrauchte 4 1/2 Pecks (40–45 Kilogramme) Steinkohlen. Bei einem dritten Versuche liefen 6 Wagen denselben Weg in 32 Minuten (4 1/2 Meile auf die Stunde), und verbrauchten 4 Pecks (36–40 Kilogramme) Steinkohlen. Der Kessel dieser Maschine wurde mit siedendem Wasser genaͤhrt, und verbrauchte davon 200 Gallons (757 Liter) auf einem Wege von 14 Meilen, oder beilaͤufig 22 1/2 Kilometer (erster Versuch); was 200 Liter auf die Stunde, und 33 1/2 Liter auf Ein Kilometer betraͤgt. Obschon die angefuͤhrten Details sehr unvollkommen sind, indem daraus nichts uͤber die Groͤße und Zurichtungen der Maschine, uͤber den Druk und den Verlust von Dampf, und uͤber das Gewicht der leeren Wagen hervorgeht, so veranlaßten sie doch mehrere Bemerkungen, welche Hr. Bailert der Société philomatique vorlegte, und welche wir hier mittheilen zu muͤssen glauben. 1) sieht man, daß die Menge der Steinkohlen, welche bei den drei Versuchen verbraucht wurde, mit der Dauer derselben im Verhaͤltnisse stand, so daß sie als feststehend zu betrachten ist, wie groß auch die Schnelligkeit und die Beladung der Maschine seyn mag. 2) betrug dieser Verbrauch bis an 67 1/2 Steinkohlen, und 200 Gallons Wasser auf die Stunde; woraus erhellt, daß bei dieser Maschine, angeblich von der Kraft von 8 Pferden, 8–9 Kilogramme Steinkohlen in Einer Stunde bloß die Kraft von Einem Pferde hervorbrachten, und daß bei derselben 1 Kilogramm Steinkohlen hoͤchstens 2 2/3–3 Kilogramme Wasser in Dampf verwandelt: Resultate, welche weit unter jenen stehen, die man bei den stabilen Dampfmaschinen mit hohem oder niederem Druke erhaͤlt, und bei denen, wie sich leicht begreifen laͤßt, der Verlust an Waͤrme viel geringer seyn muß. 4) zog beim ersten Versuche, der in Bezug auf Wohlfeilheit des Transportes offenbar der wohlfeilste ist, die Dampf-Maschine von der Kraft von 8 Pferden mit einer Schnelligkeit von 3 3/4 Meilen auf die Stunde eine Last von 648 Zentner ohne das Gewicht der Maschine selbst; was bloß 81 Zentner auf Eine Pferdekraft gibt, und bloß 3/5 von jener Last gleichkommt, welche Ein Pferd, (welches 21 Meilen des Tages, oder 2 1/2 Meile die Stunde durchlaͤuft), auf den Eisenbahnen von Newcastle wirklich zieht, wenn der Weg eben ist, oder bloß wenig steigt oder faͤllt, wie der von Killingsworth. 3) findet man bei Vergleichung der Lasten mit den Entfernungen, in welchen sie gezogen wurden, und mit der Menge Steinkohlen, die sie verbrauchten: a; daß sich die Lasten zu einander verhalten, wie 6, 4 u. 3. b; daß die Entfernungen, in welchen sie in derselben Zeit und mit gleichem Aufwande von Steinkohlen gezogen werden, sich verhalten wie 8, 9 und 10. c; daß der Nuzen, oder das Product dieser Entfernungen durch die Wagen durch die Zahlen 8, 6 und 5 dargestellt wird. 5) erhellt aus allen diesen Bemerkungen, daß die Dampfwagen vielmehr Brennmaterial erfordern, als die feststehenden Dampfmaschinen von gleicher Kraft; und daß der Vortheil derselben um so geringer ist, je groͤßer ihre Schnelligkeit ist. 6) laͤßt sich daraus schließen, daß, wenn der Preis der Steinkohlen, Dampfwagen statt der Pferde zum Transporte anzuwenden gestattet, man denselben keine große Schnelligkeit geben darf, und daß es jedes Mahl vorteilhafter ist, große Lasten langsam von ihnen ziehen zu lassen. Wir bemerken hierzu, daß alle bis jezt verfertigten Dampfwagen im Allgemeinen mangelhaft sind. Bei den einen ist der Kessel zu groß, so daß der Apparat schwer, und unbehuͤlflich wird; bei anderen ist er zu klein, so daß sich nicht genug Dampf erzeugen laͤßt, um der Maschine die gehoͤrige Kraft zu geben. Der Mechanismus ist so zusammengesezt, daß dadurch Reibungen entstehen, und ein großer Theil der Kraft rein verloren geht. Hr. Murray zu Leeds suchte diesen Nachtheilen durch Erfindung eines Dampfwagens abzuhelfen, der, ihm zu Folge, alle moͤglichen Vorzuͤge vereint. Er braucht zwei vierraͤderige Wagen; auf dem Hinteren befindet sich der Ofen, der Kessel und der Rauchfang; auf dem vorderen sind die Cylinder, die Schwungbalken und die uͤbrigen Theile. Der Kessel ist cylindrisch, und schließt den Ofen in sich ein, der durch einen Trichter geheizt wird, dessen Boden aus einem Schieber besteht, welcher durch den Mechanismus bewegt wird, und die Menge des Brennmaterials bestimmt, welche jedes Mahl auf den Herd fallen soll; dieser Herd ist von vorne nach hinten geneigt. Der senkrechte Schornstein, aus Eisenblech ist mit einer Klappe versehen, um die Verbrennung zu beschleunigen oder zu maͤßigen. Der zweite Wagen traͤgt zwei Cylinder aus Gußeisen, welche mit einem Ueberzuge Von Holz, oder irgend einem anderen schlechten Waͤrmeleiter umgeben sind, und in welcher die Staͤmpel arbeiten, deren Stangen einen doppeltet: Schwungbalken bewegen, an welchem Stoßstangen angebracht sind; diese Stoßstangen drehen mittelst Kurbeln ein Triebrad, welches in ein Rad eingreift, das auf der Hinteren Achse aufgezogen ist. Diese Achse, so wie die drei uͤbrigen, ruhen auf Federn, um die Stoͤße zu vermeiden. Die Raͤder aus Gußeisen haben innen eine Randleiste, welche die Eisenbahn umfaßt, und dieselben hindert zu wakeln. Wagerechte Stangen, die an einem Theile ihres Umfanges befestigt sind, verbinden dieselben, und theilen die drehende Bewegung der Hinteren Raͤder den vorderen mit. Die beiden Wagen sind durch eine Kette ohne Ende mit einander verbunden, welche uͤber zwei Rollen laͤuft, deren Kehle gezaͤhnt ist. Die Maschine hat keinen Verdichter, keine Lade, keine Luftpumpe etc.; sobald der Dampf seine Wirkung hervorgebracht hat, geht er in den Schornstein und in die Luft. Hr. Stephenson an den Steinkohlenbergwerken zu Stokton in der Grafschaft Durham Dampfwagen, welche den vorhergehenden sehr aͤhnlich sind; nur sind die Staͤmpel-Cylinder, statt sich auf einem besonderen Wagen zu befinden, in den Kessel getaucht, der 16 Fuß Lange und 4 Fuß im Durchmesser hat. Das Gewicht der Maschine betraͤgt 7 Tonnen (140 Zentner); man versichert, daß sie auf dein ebenen Theile des Weges Meilen in einer Stunde laͤuft, und dabei 100 Kilogramme Steinkohle verbraucht. Die Raͤder, welche dieselbe tragen, haben 4 Fußrath von Wasser und Kohlen befindet sich auf einem besonderen Wagen. Am ersten Tage zog sie 30 Wagen, wovon jeder mit 40 Zentner Steinkohlen beladen war; allein gewoͤhnlich zieht sie deren bloß 20. Die Form der Eisenbahnen ist etwas convex und ungezaͤhnt; die Raͤder sind gekehlt. Bei dieser Gelegenheit wollen wir die Versuche erwaͤhnen, die gemacht wurden, um Reisende auf gewoͤhnlichen Straßen mit Dampfwagen zu transportiren. Im Jahre 1822 ließ Hr. Griffith von Brompton in England in den Werkstaͤtten von Bramah zu London einen großen Wagen von 28 Fuß Laͤnge erbauen, auf welchem sich ruͤkwaͤrts eine Dampfmaschine von der Kraft von 6 Pferden befand. Dieser ziemlich zusammengesezte, und 60 bis 70 Zentner wiegende, Apparat bestand aus einem eisernen Ofen, aus einem Kessel, (aus einer großen Menge von Roͤhren gebildet), aus einem Verdichter, aus einer Einsprizungs-Pumpe etc. Ein außen und vorn befindlicher Fuͤhrer hatte das Vordergestell zu leiten; ein anderer hatte die Aufsicht uͤber die Dampfmaschine und uͤber die Heizung des Ofens. Der Kasten fuͤr die Reisenden befand sich in der Mitte. Man glaubte dieser Wagen koͤnne 3–7 Meilen in einer Stunde zuruͤklegen, ruͤkwaͤrts gehen, sich nach allen Seiten wenden, und uͤber Berge fahren. Es wurden damit zu Wien Versuche angestellt, welche gelungen zu seyn scheinen. Hr. James von Birmingham schlug im Jahre 1824 eine andere Dampf-Diligence vor. Sie scheint leichter als die vorhergehende; allein, statt den Beweger bloß an den Hinteren Raͤdern anzubringen, bringt ihn Hr. James an den 4 Raͤdern mittelst kleiner Maschinen, welche durch stark comprimirten Dampf in Bewegung gesezt werden, besonders an. Der Zwek dieser Vervollkommnung ist, den Raͤdern eine unabhaͤngige Bewegung und verschiedene Schnelligkeit mitzutheilen, was der Hr. Verfasser beim Umkehren, bei Kruͤmmungen etc. als wesentlichen betrachtet. Endlich schlugen auch noch die HHrn. Burstal und Hill zu Leith in Schottland eine Dampf-Diligence fuͤr die gewoͤhnlichen Straßen vor; sie wird durch eine Dampfmaschine mit hohem Druke von der Kraft von 10 Pferden bewegt. Diese Maschine unterscheidet sich von den uͤbrigen durch eine besondere Art den Dampf zu erzeugen, welchen man, dem Verfasser zu Folge, dadurch in groͤßerer Menge erhaͤlt. Das Wasser wird auf einen sehr flachen Kessel, geworfen, der sich uͤber einem Ofen befindet, wodurch dasselbe sogleich in Dampf verwandelt wird; dieser Dampf, der einen bedeutenden Druk erhaͤlt, geht durch eine Roͤhre, welche um den Herd herum laͤuft, ehe sie in die beiden Staͤmpel-Cylinder gelangt; die Einsprizung des Naͤhrungs-Wassers geschieht durch den Druk der Luft, welche auf die Oberflaͤche desselben in seinem Behaͤlter wirkt; diese Luft wird durch eine Pumpe, welche durch den Mechanismus der Maschine bewegt wird, stark comprimirt; die Bewegung theilt sich mittelst Stoßstangen, Stangen und Winkel-Verzahnungen den Raͤdern mit. Durch eine besondere Vorrichtung kann man diese Bewegung auf geneigten Flaͤchen maͤßigen oder aufheben. Mit diesem Wagen wurden noch keine Versuche angestellt; er scheint schwer und sehr zusammengesezt zu seyn; und hat, wie alle aͤhnlichen Apparate, den Nachtheil, daß sich die Dampfmaschine hinter dem Kasten fuͤr die Reisenden befindet, was diese manches Mahl einer unausstehlichen Hize und der Gefahr des Zerplazens des Kessels ausseztNoch mehrere hier nicht angefuͤhrte Dampfwagen findet man in unserem polyt. Journ. A. d. Ueb..