Titel: Ueber chemische Artillerie, übersezt von E. Lenz, k. b. Sappeurlieutenant des Ingenieur-Corps.
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. LXI., S. 311
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LXI. Ueber chemische Artillerie, uͤbersezt von E. Lenz, k. b. Sappeurlieutenant des Ingenieur-Corps. Aus dem Journal des sciences militaires Tome II. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Ueber chemische Artillerie. Congreve's Raketen. Das polytechnische Journal Bd. VI. Heft 1. enthaͤlt sehr interessante Daten uͤber die vom Generale Congreve erfundenen, oder vielmehr zuerst auf eine hoͤhere Stufe von Vollkommenheit gebrachten, und seit dieser Zeit bei mehreren Armeen eingefuͤhrten Raketen. Das Journal des sciences militaires Tome II. behandelt diesen Gegenstand in zwei ausfuͤhrlichen Memoires, die, von dem Fregattenkapitaͤn Montgery mit Einsicht und Fleiß bearbeitet, wichtige Aufschluͤsse uͤber diese in neuester Zeit vielfach besprochene Waffe geben. Die im ersten Memoire aufgestellten oder gepruͤften Theorieen uͤber die Bewegung der Raketen wollen wir seiner Zeit liefern, wenn wir dieselben einer mehrseitigen Vergleichung unterzogen haben. Wir fuͤhren hier nur an, daß der pag. 8 des VI. Bd. des polyt. Journals angefuͤhrte Raketensaz von dem im II. Memoire angegebenem, darin abweicht, daß in lezterem 53,70 unreiner Salpeter, 20,93 Kohlen, 11,37 Schwefel, 14,00 Wasser, als die Bestandtheile des von Arcet und fruͤher von Vauquelin untersuchten Raketensazes angegeben sind. Die Zuͤndmasse, auf welche es hier indessen hauptsaͤchlich ankoͤmmt, ist aber hier und dort gleichmaͤßig angegeben. Das III. von Montgery bearbeitete Memoire aber enthaͤlt die in neuester Zeit an den Raketen vorgenommenen Vervollkommnungen und verbesserten Anwendungen derselben, welche fuͤr jeden Militaͤr von groͤßtem Interesse sind. Es heißt in demselben: Waͤhrend unsere Journalisten und Menschenfreunde sehr unvollkommener Versuche und Erfahrungen wegen eine wahrhaft kindische Furcht an den Tag legten, und dagegen der groͤßte Theil der Militaͤrs, verblendet durch das Herkommen, behauptete, diese Versuche koͤnnten lediglich zu unbedeutenden Resultaten fuͤhren, – beschaͤftigte sich der geschikte und einsichtsvolle General Congreve mit einer edlen Beharrlichkeit damit, seinem Vaterlande eine neue Streitkraft zu verschaffen, und sich die Lobspruͤche seiner waͤrmsten Gegner zu verdienen. Mit ihm zu gleicher Zeit bemuͤhten sich noch Mehrere, die Raketen zu vervollkommnen, und ihre Anwendbarkeit weiter auszudehnen. Sei es aber, daß diese Alle weniger Talent, oder mehrere Schwierigkeiten zu uͤberwinden hatten, die sich gerade an Ort und Stelle ihnen entgegensezten, – ihre gesammten Anstrengungen haben, zusammengenommen, weniger hervorgebracht, als die Studien des eigentlichen Schoͤpfers dieses neuen Systems der Artillerie. Wenigstens geht dieß aus dem hier Gesammelten hervor. Indessen muß man dabei nicht aus dem Auge verlieren, daß jeder Erfinder im Einverstaͤndnisse mit seiner Regierung beinahe jederzeit seine Arbeiten oder sein Verfahren geheim zu halten suchte, so daß wir daruͤber vielleicht gewisser Aufschluͤße ermangeln moͤgen, die sonst die hier aufgestellte Behauptung unter einen anderen Gesichtspunkt bringen duͤrften. Wir wollen uns demnach ausschließend mit den Arbeiten des Generals Congreve beschaͤftigen, und dieselbe in mehrere Epochen theilen. Die erste, in welche seine ersten Versuche fallen, ist bereits bekannt; die zweite umfaßt das, was er von 1810 bis 1814 fuͤr die Verbesserung der Raketen leistete; die dritte erstrekt sich von 1814 bis 1819, und die vierte reicht von da bis auf den gegenwaͤrtigen Augenblik. Unsere Bemerkungen uͤber die Arbeiten in der zweiten Epoche gruͤnden sich auf die Schriften Congreve's selbst, dann auf jene, welche Ch. Dames, A. Rees, R. Simmons, W. Burney u.a.m. daruͤber Herausgaben., Der Erfinder aͤnderte um das Jahr 1813 die Form seiner ersten Raketen, indem er sie in abgekuͤrzter Kegelform verfertigte, auf deren Basis eine Kappe aufsizt. (Tab. VII. Fig. 1.) Hieraus folgte natuͤrlich eine Veraͤnderung ihres Calibers oder Durchmessers. So bekam die 32 Pf. Rakete statt einem durchaus 6 1/2'' starken Diameter, einen groͤßeren von 6 1/2 und einen kleineren von 4 1/2''. Jede Rakete von derselben Benennung, wie vorher, aͤnderte ihr urspruͤngliches Gewicht, und die Kappe enthaͤlt nach diesem Systeme mehr oder minder betraͤchtliche Ladungen, so daß eine Rakete von dem fruͤheren Caliber der 32 Pfuͤnder, 8, 12 oder 18 Pfder. Brandsaz oder sonstiges Kunstfeuer in eben so verschiedenen Quantitaͤten erhielt. Wir vermuthen indessen nichts destoweniger, daß die Huͤlse ihre urspruͤngliche Groͤße behielt, so daß hieraus, wie aus nachfolgender Tabelle ersichtlich ist, eine sehr merkliche Verringerung des Portées entstand. Anstatt in allen Faͤllen Brandsaz in die Kappe zu fuͤllen, was vorzuͤglich nur fuͤr Belagerungen zwekmaͤßig erscheint, ersezte Congreve diese Fuͤllung durch eine Granate, oder durch eine Mischung von Pulver und Kartaͤtschen, was bereits Collado, Hanzelet und Furtenbach angegeben haben. Allein die Methode, eine Mischung von Pulver und Kartaͤtschen in hohle Wurfkoͤrper zu fuͤllen, die urspruͤnglich von den ebenerwaͤhnten Autoren vorgeschlagen wurde, hat Obrist Shrapnell fuͤr Granaten oder Bomben verbessert, und General Congreve zuerst auf Raketen angewendet. Die Vervollkommnung selbst besteht darin, daß die Projektile in der Luft plazt, ehe sie an ihr Ziel kommt. Hierauf bildet sich dann eine Art von Streuungs-Kegel, wie bei den mit Sternen oder Schlangen versezten Raketen, die ebenfalls diese Versezung in dem Augenblike vor sich auswerfen, wo sie plazen. Da es sich hier nicht sehr um die genaue Erreichung eines Punktes handelt, auf dem die Explosion geschieht, und die Raketen selbst unter einem sehr großen Elevationswinkel abgeschossen werden, so kann man leicht mit gewoͤhnlichen auf obige Art versezten Raketen ein derlei Resultat erhalten. Anders aber verhaͤlt es sich mit Wuͤrfen, die auf Truppen, z.B. 250 bis 300 Toisen weit geschehen. Denn hat die Raketenbombe eine bestimmte Laͤnge und Dauer, die auf groͤßere Wurfweiten, als die eben vorkommenden bestimmt sind, so muͤßte man dem Wurfe mehr Hoͤhe geben, wenn man ein naͤher liegendes Ziel erreichen wollte, was nicht ohne Unbequemlichkeiten oder Nachtheil geschehen koͤnnte. Ueberdieß muß die Raketenbombe auch genau die von ihr gefoderte Dauer haben, indem man sich sonst in den uͤbrigen Combinationen taͤuscht. Es ist allerdings richtig, daß man durch Einfuͤhrung von Raketenbomben verschiedener Laͤnge (die auf zwei oder drei Haupt-Distanzen berechnet waͤren) der Notwendigkeit mehr ausweichen koͤnnte, den Wurfwinkel verhaͤltnißmaͤßig zu vergroͤßern, und daß man sodann das Gestell nur wenig auf die Zwischenabstaͤnde zu eleviren braucht, allein man geriethe dadurch in den Nachtheil, die Gattungen der Wurfkoͤrper vermehren, oder in den noch groͤßeren seine Raketenbomben nur auf die gerade vorkommende Wurfweite einrichten zu muͤssenExperimente, die in Frankreich uͤber die Wirkung von Granaten gemacht wurden, welche gleichzeitig mit Pulver und Kartaͤtschen gefuͤllt waren, sind dieser Methode sehr entgegen gewesen, da man indessen in England viele zahlreiche Versuche daruͤber gemacht, und in Folge derselben das Verfahren des Obristen Shrapnell angenommen hat, so koͤnnen sie nichts entscheiden.. General Congreve laͤßt auch Raketen verfertigen, deren Kappen ausschließend mit Kanonenpulver gefuͤllt sind, und die daher die Wirkung einer gewoͤhnlichen Granate hervorbringen. Diese scheinen indessen vor den Raketen, in welchen eine Bombe oder Granate eingebunden ist, nicht den Vorzug zu verdienen. Wir fuͤgen nur noch bei, daß in diesem Falle den Waͤnden der Kappe die hinreichende Staͤrke zu geben, und dieselbe mit einer verhaͤltnismaͤßigen Quantitaͤt Pulver zu fuͤllen sei. Jede Raketengattung theilte Congreve in drei Klassen, je nach der Groͤße ihrer Dimensionen. Die oberste begreift alle uͤber 42, die mittlere die von 42 bis 24, die unterste jene auf 18 und 12 kalibrirten. Die groͤßten bis jezt von General Congreve verfertigten Raketen scheinen nicht uͤber 8'' Durchmesser und 300 Livres Gewicht gehabt zu haben; es gibt aber deren auch, die zwischen dieser Art und denen auf 42 kalibrirten liegen. Die Kappe dieser Gattung enthaͤlt zwischen 25 bis 50 Livres Kanonenpulver, oder eine gleiche Masse Brandsaz. Die Wurfweite derselben, die man sich eben nicht sehr zu vergroͤßern bemuͤhte, ist zwischen 2000 und 2500 Yards. Der Erfinder nahm sich indessen vor, deren von 500 bis 2000 Livres zu verfertigen, die einen Ueberzug von starkem Gußeisen erhalten hatten. Er meinte, daß dieselben bei Belagerungen auf 30 bis 40 Toisen Entfernung angewendet, in die solidesten Verkleidungen der Mauern eindringen, und sowohl durch ihren Stoß als durch die darauf folgende Explosion nach wenigen Schuͤßen und ohne Kanonen zu gebrauchen, eine gangbare Breche erzeugen wuͤrden. Wir zweifeln daran, daß mit dieser Gattung von Raketen ein Versuch gemacht worden ist. Die groͤßten Raketen, welche General Congreve im Kriege anwendete, waren auf 42 kalibrirt, und dienten abwechselnd mit denen auf 32 zu Bombardements. Die lezteren wurden zwar auch im offenen Felde, aber seltener als die auf 24, 18 und 12 gebraucht. Nachfolgende Tabelle gibt die Beschaffenheit, so wie das Portée der zu den vorkommenden gewoͤhnlichen Diensten bei verschiedenen Gelegenheiten verwendeten Raketen an: Textabbildung Bd. 24, S. 315 Raketen-Gattung; Versehen mit; Groͤßte Wurf-Weite; Wurf-Winkel; einer Kappe, in welcher; Pf. Brandsaz; einer Bombe; oval, und von demselben Inhalte, wie eine runde Bombe von; oval, wie eine von; P. Bransaz; oder ebensoviel als in einer 13zoͤlligen runden Carcasse; oder ebensoviel als in einer 10zoͤlligen runden Carcasse; einer Kappe, in welcher Pulver und; Karabinerkugel; einer runde 9zoͤlligen Bombe; einer eisernen Kappe, die wie eine Granate zerplazte, und die mit 5 bis 12 Pf. Pulver gefuͤllt war; einer Kappe, in der Pulver und; auf eine Bombe und Kartaͤtsche Wir glauben, daß in dieser Tabelle hinsichtlich der Wurfweite der 42 Pf. Raketen ein Fehler vorkommt, denn es ist unwahrscheinlich, daß jene mit schwereren Kappen weiter tragen sollten, als die mit geringeren. Wenigstens findet man, daß dieß bei den uͤbrigen Kalibern auf 32 und 12 nicht statt findet. In jedem Falle aber war es nicht unmoͤglich, durch eine betraͤchtliche Verlaͤngerung der Huͤlsen, wie wir bereits einmahl erwaͤhnten, gleiche Portées zu erreichen. Allein nach dieser Voraussezung waͤren einige auf 42 kalibrirte Raketen sehr schwer geworden, indem sie im genauesten Verhaͤltnisse mit den 32 Pfdr. Raketen betrachtet, deren Dimensionen uns bekannt sind, den Stok mit eingerechnet 60 Livres gewogen hatten. Was nun das Gewicht dieser 32 Pfdr. Raketen betrifft, so haben wir 45 Pf. fuͤr dasselbe gefunden, indem 8 Pf. fuͤr den Brandsaz, 21 Pf. fuͤr den Raketensaz, 7 Pf. fuͤr die Huͤlse und 9 Pf. fuͤr den Stok gerechnet wuͤrden. Diese Rakete wuͤrde also nach gaͤnzlicher Verbrennung des Sazes, auf dem Boden angekommen, 24 Pf. gewogen haben, welche Schwere auch die englischen Schriftsteller von ihr angeben. Die Raketen wuͤrden also in Folge dieser Betrachtungen wenn man sie vollkommen ausgeruͤstet annimmt, vergleichungsweise jedenfalls schwerer als Kugeln von demselben Kaliber seyn. Wollte man aber jenen Schriftstellern glauben, so wiegt die auf 12 Pf. kalibrirte Rakete nur 8 Pf. Wir koͤnnen diesen Widerspruch nicht genauer und um so weniger eroͤrtern, da verschiedene 1819 verfertigte Raketen Dimensionen erhalten haben, vermoͤge welcher wir sie fuͤr leichter als Kugeln von gleichem Durchmesser mit ihnen annehmen muͤssen. Ehe wir aber von diesen lezten Gattungen sprechen, wollen wir noch einige Erfindungen und Einrichtungen beschreiben, die vor dem Jahre 1814 gemacht wurden. Leuchtraketen mit FallschirmDer obenerwaͤhnte Aufsaz des polytechnischen Journals enthaͤlt den Wink, Weißfeuer mit den Raketen zur Erleuchtung groͤßerer Terrainstreken zwekmaͤßig zu verbinden. Der Leser sieht, daß diese Aufgabe von Congreve bereits geloͤst ist. (fusées d'éclairage à parachute). Wenn der verdrennbare Saz sich verzehrt, und die Rakete den hoͤchsten Punkt ihrer Bahn erreicht hat, so wirft sie mittelst einer kleinen Explosion einen Feuerballen aus, der durch eine Kette mit einem kleinen Fallschirm verbunden ist. Dieser Feuerballen verbreitet waͤhrend eines Zeitraumes von ungefaͤhr fuͤnf Minuten ein lebhaftes Licht, so daß man dadurch im Stande ist, jene Bewegungen oder Arbeiten, die der Feind Nachts vornimmt, zu entdeken, was natuͤrlich schwerer zu erreichen waͤre, wenn die brennende Kugel schneller fiele, oder ihr Licht in einer tiefern Lage verbreitete. Diese Vorrichtung ist besonders auf der See mit Nuzen anwendbar, weil dort derlei Feuerballen gewoͤhnlich in demselben Augenblike erloͤschen, wo sie in's Wasser kommen. Die englischen Schriftsteller empfehlen die Anwendung dieser Raketen insbesondere am Bord der Schiffe waͤhrend einer Jagd, und zum Signalisiren. Der Plantagenet, welcher im Juli 1814 bei Chesapeake vor Anker lag, erkannte mit Huͤlfe solcher Leuchtraketen mehrere Nachte hindurch die Stellung seines Bootes. Brandraketen mit Fallschirmen. Ihre Verfertigung ist beinahe der so eben beschriebenen gleich, nur daß die geworfene Brandmasse von groͤßerem Umfange ist, und sich erst 5 oder 6 Minuten nach ihrer Trennung von der Rakete entzuͤndet. Wir glauben, daß man von dieser lezten Erfindung niemals Gebrauch gemacht hat; damit sie durch Beihuͤlfe des Fallschirmes auch auf große Wurfweiten anwendbar sei, gehoͤrt dazu, daß der Wind stark, und seine Richtung genau gegen das zu treffende Ziel sei. Raketenbatterien. Diese bestehen lediglich aus einer Erdboͤschung, deren Schraͤge sich nach der Entfernung des zu bewerfenden Zieles richtet. Man kann leicht 100 Raketen auf einer 200' langen Boͤschung anbringen. Durch Lauffeuer oder lange mit den Enden neben einander liegende Stoppinen kann man sodann alle Raketen nach einander anzuͤnden, wenn man an dem einen Ende Feuer gegeben hat. Diese Anordnung wird fuͤr den Fall vorgeschlagen, daß man einen Posten vertheidigen oder den Feind in einem Defilee bewerfen, oder endlich wenn man einen Plaz bombardiren will. Raketenschiffe. General Congreve hat ferner vorgeschlagen, aͤhnliche Reihen von Raketen auf jeder Seite eines Schiffes, vorzuͤglich aber an den Stoops anzubringen, welches kleine Fahrzeuge von geringem Werthe, und nur mir einem Maste und leichtem Takelwerke versehen sind. Einige Einschnitte in den Bordhoͤlzern reichen hin, die Raketen durchzusteken, und ihnen die geeignete Elevation zu geben. In diesem Falle wird es auch eine sehr nuͤzliche Vorsichts-Maasregel seyn, die Einschnitte mit Metallfoͤhren zu fuͤttern, und alle Stellen mit Eisenblech zu besezen, die bei dem Spitzen des Brandsazes von diesem getroffen werden koͤnnen. Der Abstand der Raketen untereinander wurde auf 18'' bestimmt, und sie koͤnnen entweder eine nach der andern, wie die Feuergewehre, oder alle gleichzeitig durch ein Lauffeuer abgebrannt werden. Anwendung der Raketen auf Brandern. Wenn gewoͤhnliche Brander gegen eine Eskader abgeschikt werden, wo man nur einigermaßen Ordnung haͤlt, so werden sie von der Mannschaft, die sich in Boͤthen einschifft, gewendet, und thun selbst im Augenblike der Explosion wenig Schaden. Man koͤnnte sie schaͤdlicher machen, wenn man ihre ganze Oberflaͤche mit Brandraketen bespikte, die sich dann in einem weiten Umkreise verbreiten wuͤrden. Diese verschiedenen Methoden, nach welchen eine große Anzahl von Raketen auf einmahl angewendet wird, konnten bis jezt (die Belagerung von Coppenhagen etwa ausgenommen, wo man 40,000 Brandraketen in 24 Stunden verbraucht haben soll) nicht angewendet werden, da die Land- und Seetruppen niemals mit einer fuͤr solche Faͤlle hinreichenden Anzahl versehen waren. Auch ist es natuͤrlich, daß man Anstand nimmt, so viele Munition zu verschwenden, ohne im Voraus vollkommen eines bestimmt zu erreichenden Resultates gewiß zu seyn. 4te Periode. Wir sind nunmehr an jener Periode, in welcher die lezten Arbeiten Congreve's, so viel deren bekannt sind, fallen. Das Geheimniß, in welches dieselben gehuͤllt sind, ist um so schwerer zu durchdringen, als es noch neu ist. Baron von Makau, einer der geschiktesten franzoͤsischen Seekapitaͤns, welcher den lezten Sommer in England zubrachte, meldete uns als eine Thatsache, daß der Erfinder sehr große Vervollkommnungen an seinen Raketen gemacht habe, daß er sie aber um so sparsamer mittheile, weil er die Absicht hege, die Feinde seines Vaterlandes, die dasselbe etwa zu bekaͤmpfen haben moͤchte, damit zu uͤberraschen und zu uͤberwaͤltigenMan las in den oͤffentlichen Blaͤttern, daß Raketenkompagnien nach Portugall eingeschifft wurden, hoͤrte aber bis jezt noch nichts uͤber ihre Verwendung. Gegen die Ashantes haben sie aber hinreichende Dienste geleistet.. Außer seiner großen Werkstaͤtte in Woolwich, in welche nur wenige verpflichtete Leute kommen, besteht, wie man sagt, ein selbst den Offizieren der englischen Artillerie unbekanntes Etablissement. Ein einsichtsvoller Reisender, berichten die Herausgeber einer vortrefflichen periodischen Schrift; (Biblioteque universelle des sciences etc. Tome XIX. p. 70 à 73, Janvier 1822) wohnte folgenden am 12. Juni 1821 zu Woolwich vorgenommenen Experimenten bei. Man warf Signal-Raketen, die zugleich zur Rekognoszirung irgend einer feindlichen Stellung dienen koͤnnen. Nachdem sich diese zu einer betraͤchtlichen Hoͤhe erhoben hatten, zerplazten sie ganz leicht, warfen einen Fallschirm aus, und unter diesem entzuͤndete sich ein bengalisches Feuer, welches fuͤnf Minuten lang ein blendendes Licht verbreitete. Ein Both lag in der Themse, ungefaͤhr auf 1600 Yards vom Ufer vor Anker. Aus diesem warf man eine Rakete. An der Rakete befand sich eine Kette, und an deren Ende ein Kloben, in welchem ein doppeltes Tau lief, dessen Enden im Boche zuruͤkblieben. Mehrere Mann zogen an dem Taue, und versuchten vergebens die Ankerrakete, welche sich in den Boden fest eingegraben hatte, herauszureißen. Zwei Matrosen sprangen in ein Both, und kamen mit Huͤlfe dieses Taues schnell aus Land. Man bediente sich einer Art von Feldlaffete, auf welcher sich mehrere eiserne Roͤhren von etwa 12' Laͤnge befanden; von derselben aus wurde auf eine 1200 Yards (564 Toisen) entfernte Scheibe mit 6 und 8 Pfder. Raketen geschossen. Die konische Spize dieser leztern enthielt eine kleine Granate, und ihr Stok war konzentrisch angebracht. Die beinahe horizontale Richtung des Schußes behielt eine merkwuͤrdige Genauigkeit bei. Hierauf legte man eine Anzahl dieser Raketen in paralleler Richtung neben einander, und zwar so, als ob man voraussezte, ein Korps feindlicher Kavallerie ruͤke gegen dieselben an. Die Raketen selbst lagen nahe nebeneinander, und bildeten gewissermaßen eine erste Verteidigungslinie, indem hinter ihnen in angemessener Entfernung eine zweite und sodann noch weiter ruͤkwaͤrts eine dritte Reihe von Raketen lag. Die Raketen einer jeden Linie waren durch eine gemeinschaftliche Stopine in Verbindung untereinander. So wie man sich die Kavallerie auf eine Entfernung von ungefaͤhr 500 Toisen angekommen dachte, gab ein Soldat an der Stopine der ersten Linie Feuer. Die Raketen gingen eine nach der andern mit ausserordentlicher Heftigkeit los, und bildeten feurige Linien, die große Flammen und plazende Granaten auswarfen. Hierauf zuͤndete der Soldat die zweite, und sodann die dritte Raketenreihe an. Die Wirkung dieser Reihenfolge von Dechargen war so furchtbar, daß alle Zuseher sich von der Unmoͤglichkeit uͤberzeugten, daß irgend eine Kavallerie-Abtheilung sich unter einem solchen Feuer in Ordnung halten, oder vorruͤken koͤnne. Zulezt warf man große Raketen unter 45° Elevation bis auf 3000 Yards. (1410 Toisen.) Diese, obschon abgekuͤrzte, aber im Wesentlichen unveraͤnderte Erzaͤhlung beweist durch die Bemerkungen, welche sie enthaͤlt, daß der Beobachter, welcher sie lieferte, mit der Artillerie und dem Seewesen nicht vertraut ist. So hat derselbe Umstaͤnde zu erwaͤhnen vergessen, welche fuͤr Leute vom Fache sehr wichtig sind, z.B. den Zustand der Atmosphaͤre, das Verhaͤltniß der das Ziel treffenden zu den fehlenden Raketen; die Wirkung derselben beim Zerplazen in Holz oder Erde; die Art ihrer Spruͤnge, wenn sie unter einem sehr spizen Winkel den Boden beruͤhrten; die Zeit, in der sie verschiedene Distanzen zuruͤklegten; die Anzahl der zur Bedienung noͤthigen Mannschaft bei jeder Raketengattung, die Zeit, welche jeder zu seiner Dienstverrichtung brauchte u. m. a. Der Graf von Loͤwenhielm sah im September 1825 in Woolwich aͤhnliche Versuche, wie sie eben beschrieben wurden, wiederholen, nur daß man keine Reihen von Raketen abfeuerte. Besonders uͤberraschte ihn die Genauigkeit des Schußes und die Geschwindigkeit der Bedienung bei den Feldraketen, die aus Roͤhren abgeschossen wurden. Auch lenkte er seine Aufmerksamkeit auf die Raketen mit Fallschirmen, deren Licht ihm 10 Minuten lang zu dauern schien. Da gerade die Nacht einbrach, so war die uͤber einen gewissen Raum verbreitete Helle nicht geringer, als wenn der Mond eben hell geschienen haͤtte. Ein ausgezeichneter Offizier endlich von unserer Artillerie, der sich kuͤrzlich in Großbrittanien zu dem Zweke befand, Aufschluͤße uͤber alles dasjenige zu sammeln, was seine Waffe betrifft, fand Alles, was die Fabrikation der Raketen betrifft, mit sehr vielen Geheimnissen eingehuͤllt. Er ist der Meinung des Baron Dupin in Betreff des oxydirt salzsauren Kalis, allein er vermuthet, daß man dessen in geringerer Quantitaͤt beimische, als die vorne angefuͤhrten Tabellen enthalten. Er war lediglich im Stande eine Skizze des Zugehoͤrs, und von einigen Modellen zu nehmen, die er in mehreren Magazinen und dem Museum der Artillerie fand. Die Bombardier-Boͤke gleichen, wie schon oͤfter erwaͤhnt ist, der doppelten Leiter der Maler und Gaͤrtner, nur daß die vordem Fuͤße kuͤrzer als die hintern sind. Sie haben indessen keine Roͤhren, sondern nur einige Eisenstuͤke, damit man zu gleicher Zeit zwei Raketen auflegen kann. Die Laffeten fuͤr die Feldraketen bestehen im eigentlichsten Sinne aus einer gewoͤhnlichen Laffete und einem Vordergestelle, auf welchem zwei kleine Kasten aufliegen. (Fig. 7. und 8.) Auf dem Verschlage, A, B, der die Raketenstoͤke enthaͤlt, liegen 8 kupferne Roͤhren, E, H, in Gewinden, die man durch die Stuͤze, C, neigen oder erhoͤhen kann, wie man will, oder wie es der Schuß fordert. Die Hintere Oeffnung dieser Roͤhren wird gewoͤhnlich durch eine Platte, E, E, die mit Eisenblech beschlagen ist, geschlossen. Man gibt ihnen beim Laden eine horizontale Lage. Eine Rinne, die in der Staͤrke der Roͤhren eingeschnitten ist, dient zur Einrichtung eines Lauffeuers fuͤr den Fall, daß man alle acht Raketen auf einmahl abschießen wollte. Am Ende dieser Rinne ist ein Feuerschloß, wodurch das Lauffeuer oder die Stopine angezuͤndet werden kann. Unter der Laffete werden Reserveroͤhren angebracht, die auch zur Verlaͤngerung der gewoͤhnlichen, im Falle man die Seite und Genauigkeit des Schußes vermehren wollte, dienen koͤnnen. An den Seiten der Buͤchse fuͤr die Raketenstoͤke sind zwei kleine Kaͤstchen, F, F, angebracht, in denen man Werkzeuge oder sonstige Beduͤrfnisse mit sich fuͤhren kann. Die Laffete haͤngt mit ihrem Vordergestelle durch einen Proznagel und eine mit Schienen beschlagene kurze Langwiede, P, Q, zusammen. Jeder Kasten, R, S, ist in senkrechte Faͤcher getheilt, in denen jedesmahl eine Rakete befindlich ist. Das Ganze ist mit einem Dekel geschlossen, der einen Siz fuͤr einen Mann der Bedienung hat. Die Vorrathskaͤsten gleichen denen bei der englischen Artillerie uͤberhaupt eingefuͤhrten. Vom 1. Jaͤnner 1814 angefangen haben die Englaͤnder dem koͤniglichen Artillerie-Corps eine besondere Raketen-Compagnie beigegeben, welche außer den Raketen, die hiedurch erst definitiv bei der Armee eingefuͤhrt wurden, noch einige fehl leichte Kanonen zu bedienen hat. Dritte Periode von Congreve's Arbeiten. Diese Periode umfaßt zwar wenige, allein merkwuͤrdige, Abaͤnderungen im Systeme der Raketen. Wir verdanken die Kenntniß derselben vorzuͤglich den Schriften, und den muͤndlichen Mittheilungen des Barons Carl Dupin. Folgende Tabellen beziehen sich auf die im Jahre 1818 nach Ceylon geschikten Raketen, die man fuͤr die vollkommensten bis jezt verfertigten hielt. Brandraketen. Textabbildung Bd. 24, S. 322 Außere Dimensionen; Diameter ganze Laͤnge; Saz der Huͤlse; Chlorinsaures Kali; Salpeter; Schwefel; Kohlen Raketen mit einer Kugel. Textabbildung Bd. 24, S. 322 Kaliber der Kugeln in Pfunden ausgedruͤkt; Aeußere Dimensionen der Raketen; Diam. in Zollen; Laͤnge in Zollen; Saz der Huͤlse; Chlorinsaures Kali; Salpeter; Schwefel; Kohlen Man sieht, daß der Saz dieser Raketen von dem sehr verschieden ist, welchen Arcet nach seiner Analyse bestimmte. Congreve, scheint es, wollte durch den uͤbermaͤßigen Zusaz von Salpeter und chlorinsaurem Kali denselben Effekt erreichen, den ein uͤbermaͤßiger Beisaz von Schwefel und Kohlen gewoͤhnlich hervorzubringen pflegt. Baron Ch. Dupin fuͤhrt am Ende noch an, daß vielleicht große Fehler in den Angaben steken, allein es ist schon sehr wichtig zu wissen, daß Congreve chlorinsaures Kali, gleichviel, in welcher Quantitaͤt seinem Saze beimischt. Die Erfahrung wird ihn schon gelehrt haben, wie er bei einem gegebenen Raͤume eine groͤßere Quantitaͤt Gas, und durch diese auch rascheres Flammen der Materie, sohin auch groͤßere Geschwindigkeiten und Wurfweiten erzeugen kann. Ein kuͤrzlich aus England zuruͤkgekehrter Offizier der Artillerie, Capitaͤn Robert, (ehemaliger Eleve der polytechnischen Schule) meldet uns, daß die Bereitung der Raketen nicht immer ohne Unfaͤlle abgeht. Man hat in dem Museum der Artillerie zu Woolwich einen 9zoͤlligen Balken deponirt, durch den eine Rakete mit eingebundener Kugel voͤllig gedrungen ist, die sich waͤhrend der Fabrikation entzuͤndete. Die beiden obenangefuͤhrten Tabellen veranlassen uns zu einigen anderen wesentlichen Bemerkungen: Die Laͤnge der Raketen wurde nach und nach im Verhaͤltnisse zu ihrem Kaliber veraͤndert. Arcet's Rakete hatte 12, Bumey's (Fig. 1.) 8, und die lezten Brandraketen (Fig. 5.) hatten nur 3 Diameter zur Laͤnge. Die Kugelraketen (Fig. 4.) haben sogar noch etwas weniger Laͤnge. Nach Dupin's Zeichnung hatten dagegen die Brandraketen gegen 6 Diameter im Ganzen zur Laͤnge. Alle diese Widerspruͤche ruͤhren zum Theile ohne Zweifel von den vielfachen Abaͤnderungen her, die CongreveDer, wie mir Hr. Oberstbergrath v. Baader in Folge seiner persoͤnlichen Bekanntschaft mit ihm, erzaͤhlte, ein aͤußerst lebhafter, stets mit neuen Ideen und Verbesserungen beschaͤftigter Mann ist. an seinen Raketen vornahm. Die Verkuͤrzung der leztern hat große Vortheile, indem die Oberflaͤche derselben hiedurch vermindert, der Ladstok verkuͤrzt und erleichtert, der Transport weniger umstaͤndlich, und die Seele, welche bei den alten Raketen nothwendig war, nunmehr uͤberfluͤßig wird, indem die auf einanderfolgenden Schichten des Sazes nunmehr eine groͤssere Oberflaͤche der Flamme entgegensezen, folglich in jedem Momente eine uͤberfluͤßige Menge von Gas entwikeln. Die Verbindung der Raketen mit vollen Kugeln scheint keine sehr gluͤkliche Idee zu seyn, denn man kann ja den Raketen-Kappen eine so starke Spize geben, daß diese in Holz- und Mauerwerk eindringt, und sie mit Pulver laden, welches bei seiner Explosion gewiß eine groͤßere Wirkung macht, als die Kugel. Congreve hat sich wahrscheinlicherweise durch die Idee verfuͤhren lassen, mittelst seiner Raketen alles, moͤglich Geschoß zu schleudern, und die bisher uͤblichen Feuerwaffen darin an Genauigkeit zu uͤbertreffen. Bis indessen nicht genaue Untersuchungen uͤber die Wahrscheinlichkeit des Treffens mit gewoͤhnlicher Artillerie im Verhaͤltnisse zu der mit Raketen versehenen angestellt sind, laͤßt sich uͤber den Vortheil der zulezt angefuͤhrten Einrichtung nicht urtheilenDie englischen Versuche scheinen fuͤr die Raketen zu seyn. S. Bem's Bemerkungen u.s.w. Weimar 1820; uͤbersezt von M. Schuh.. Der Beisaz von chlorinsaurem Kali zum Raketensaze scheint die Verfertigung der Raketen zu vertheuern, und obschon die Dimensionen dieser leztern vermindert wurden, bleiben sie noch immer zwei oder dreimal groͤßer, als die Patronen-Saͤke womit dieselben Koͤrper ebenso schnell oder noch schneller aus Kanonen, Haubizen oder Moͤrser geworfen und geschossen wer den. Der Raketenstok ist heut zu Tage nach Fig. 5. in de Richtung der Achse der Rakete befestigt, und zwar in einem schraubenfoͤrmig ausgearbeiteten Stiefel, B, der in einem Support, A, von geschmiedetem Eisen und mit dem Spiegel zusamengeschweißt eingelassen, und zur Seite mit Loͤchern, aa, versehen ist, durch die das Gas ausstroͤmen kann. (Fig. 4.) Die in den Raketen eingebundenen Kugeln haben eine langlichte Form; das kleinere eyfoͤrmig abgerundete Ende B, liegt nach vorwaͤrts, das groͤßere cylindrisch geformte aber ruͤkwaͤrts, wo es mit starkem Eisendrathe, der durch das Ganze geht, in der Huͤlse befestigt wird. Das Hintertheil der Huͤlse schließt ein halber Kugelabschnitt, A, in dessen Mittelpunkte der Raketenstok eingeschraubt wird. Die Flamme stroͤmt durch die beiden Oeffnungen, a, a, welche in den Kreisabschnitten zur Seite des Abschnittes, A, frei gelassen werden. Wir wollen nunmehr zu den Versuchen uͤbergehen, welche von andern Personen und in andern Laͤndern mit Raketen zum Kriegsgebrauche gemacht worden sind. Garnerin's Raketen. Der Luftschiffer Garnerin legte 1813 das Modell einer Rakete vor, welcher ein mit einer Leine daran befestigtes Gewicht eine parabolische Flugbahn, und mit ihr die ungeheure Wurfweite von 4500 Toisen verschaffen sollte. (S. Fig. 2.) Man machte keinen Versuch damit, und die Theorie beweist vielmehr, daß das angehaͤngte Gewicht stets die Tendenz aͤußern wuͤrde, den Kopf der Rakete abwaͤrts zu druͤken, welcher Umstand wohl zur Verminderung, aber nicht zur Vergroͤßerung der Wurfweite beigetragen haben wuͤrde. Die von Garnerin vorgelegte Laufrakete, welche auf dem Boden bleiben, und mit Huͤlfe zweier Fuͤße, a, a, uͤber Terrainhindernisse, wie z.B. kleine Steine, Aufwuͤrfe u.s.w. wegrutschen sollte, und wodurch Menschen und Pferde mehr gegen die Mitte des Koͤrpers zu getroffen wuͤrden. (Fig. 3.) Wir sind indessen der Meinung, daß diese Rakete anstatt laͤngere Zeit fortzurutschen, umkehren, und manchesmahl gegen diejenigen wieder zuruͤkkommen wuͤrde, welche sie abgefeuert haben, wie dieß 1811 zu Vincennes geschah, wo eine Rakete, nachdem sie den Boden beruͤhrt hatte, umkehrte, und sich in die Seitenwand einer Laffete einbohrte, so daß man einen Augenblik sogar fuͤr den uͤbrigen Theil des Parks zu fuͤrchten anfieng. Das Lobenswerthe an Garnerin's Raketen ist, daß sie kuͤrzer und diker, als alle bis dahin bekannten Raketen waren. Die Englaͤnder selbst haben sich von dem Vortheile einer solchen Veraͤnderung der Form uͤberzeugt, und sie nach vielfaͤltigen daruͤber angestellten Versuchen eingefuͤhrt. Daͤnische Raketen. Nachdem Copenhagen durch Raketen zum Theile vernichtet worden war, sahen die Daͤnen die Wichtigkeit dieser Geschuͤzgattung ein, und uͤbertrugen das seit dem Jahre 1811 zur Fabrikation der Raketen eingerichtete Geschaͤfte dem Capitaine und Aide de Camp Sr. Majestaͤt des Koͤnigs Namens Schumacher. Dieser seit zwei Jahren verstorbene Offizier genoß der hohen Achtung seines Souverains und seiner Mitbuͤrger. Er vereinigte bei vielseitigen und tiefen Einsichten, die Kenntnisse eines Feuerwerkers mit jenen eines Land- und See-Ingenieurs. Seine Landsleute verdanken ihm außer den zahlreichen Arbeiten uͤber Raketen, ein sehr bequemes System von Signalen zur See, und große Verbesserungen in der Construktion der groͤßern Seeschiffe sowohl, als auch in der Form der Kanonnierschaluppen und dem Takelwerke, und Ausruͤstung der Lugger. Es wurde eine eigene Fabrik in Daͤnemark zum Zweke der Verfertigung von Raketen eingerichtet, und theils Straͤflinge, die stets in Gewahrsam blieben, theils auch einige Arbeiter auf freiem Fuße dabei verwendet. Kapitaͤn Schumacher theilte seine Erfindungen keinem Arbeiter in ihrem ganzen Umfange mit, sondern vertheilte die Funktionen dergestalt, daß jeden Arbeiter nur ein Theil der Verfertigung traf, waͤhrend er in eigener Person die Mischungen besorgte. Zu diesem Zweke und was den Durchmesser und die Laͤnge der verschiedenen Raketengattungen betrifft, hatte er sehr einfache Regeln seinem Gedaͤchtnisse eingepraͤgt, um ja nichts schreiben zu duͤrfen, was in die Haͤnde Anderer haͤtte gerathen koͤnnen. Die oͤffentlichen Blaͤtter oder Schriften erwaͤhnen gleichfalls nur auf eine sehr unbestimmte Weise seiner Arbeiten. Wir verdanken alle uͤber diesen Gegenstand erhaltenen Aufschluͤsse dem Hrn. Eskadronschef Brulard der reitenden koͤniglichen Artillerie, einem ehemaligen Zoͤglinge der polytechnischen Schule, der sich im Jahre 1813 als Capitaͤn des Generalstaabes der Artillerie, bei unserer Observationsarmee an der Elbe befand. Dieser Offizier wurde in Folge einer von unserm Chargé d'affaires zu Copenhagen geschlossenen Uebereinkunft zu dem Capitaͤn Schumacher geschikt, der ihm sein Verfahren hinsichtlich der Verbesserung und der Anwendung der Raketen mittheilen sollte. Capitaͤn Schumacher kommandirte damals eine Flotille, mit welcher er, eine Convoy erwartend, den Belt und die Kuͤste von Seeland beobachtete. Hr. v. Brulard kam an Bord seines Schiffes, wo er mehrere Tage blieb, und wo man ihm mit Offenheit alle nur moͤglichen Aufklaͤrungen gab. Das Ministerium ertheilte indeß keine Genehmigung dazu, daß er auch die Fabrik selbst besah. Er erreichte lediglich, daß man ihm die Modelle mittheilte, nach welchen gearbeitet wurde, und daß man einige Versuche vor ihm machte. Hierzu verwendete man nicht mehr als vier Mann, die mit einigen 3 1/2 zoͤlligen Raketen, und einem Land-Gestelle um sie zu werfen, aus einem Schiffe detachirt wurden. Fuͤr die Brandraketen war der Wurfwinkel 54°, fuͤr die Haubizraketen 22°, fuͤr die mit Granatensaͤken 24°, und fuͤr die Raketen mit Kartaͤtschen, Buͤchsen 28°. Bei diesen leztern, welche man gegen eine junge Fichte abfeuerte, war die Wirkung sehr leicht ersichtlich. Die Genauigkeit des Wurfes aller dieser Raketen sezte Hrn. v. Brulard um so mehr in Erstaunen, als derselbe bisher ungeachtet seiner hohen Achtung vor dem Erfinder wenig an die Groͤße und Genauigkeit der Wirkung solcher Waffen geglaubt hatte. Auf jedem Lugger der zur Eskader des Capitaͤn Schumacher gehoͤrte, befand sich ein Offizier mit einigen, lediglich fuͤr den Dienst bei den Raketen bestimmten Leuten. Sie waren alle in der großen Fabrik in der Bedienung, aber nicht in der Fabrikation der Raketen unterrichtet worden. Das Gestell, dessen man sich am Borde der Fahrzeuge bediente, bestand aus einem 25' langen, außerhalb des Bords, parallel mit dem Kiele des Schiffes angebrachten Balken. Dieser war an den Enden mit zwei Stuͤken Eisenblech beschlagen, in welche die Granate, oder sonst eine Projektile, die vor der Muͤndung der Huͤlse angebracht werden sollte, gelegt werden konnte. Die Raketen-Stoͤke lagen auf einer doppelten Walze, die an der hintern Kante des Balkens festgemacht war. Diese Art von Laffette wird schwerfaͤllig und unbequem scheinen, allein es geht ihr hierin wie allen neueren Erfindungen und Maschinen. Waͤhrend sich Capitaͤn Brulard am Borde der daͤnischen Mille befand, vernahm er die Nachricht von der ungluͤklichen Schlacht bei Leipzig; er beeilte sich daher abzureisen, und nahm außer einigen Skizzen und Noten auch noch fuͤnf Raketen von verschiedenen Sorten mit sich. Nach seiner Ruͤkkunft nach Hamburg bekam er den Befehl, drei Raketen nach einem der mitgebrachten Modelle auszufuͤhren, um sich durch das Abschießen derselben sowohl von der Wirkung dieser neuen Waffen als auch von der Moͤglichkeit zu uͤberzeugen, sich deren wieder verschaffen zu koͤnnen. Mit diesen Raketen wurden am 10. Jaͤnner 1814 in Gegenwart des Marschalls Davoust und seines ganzen Generalstaabes Versuche angestellt. Die erste Rakete bekam, ungeachtet wiederholter Gegenbemerkungen des Capitans Brulard, auf Veranlassung anwesender hoͤherer Offiziere zu wenig Elevation. Sie tauchte sich in einen Arm der Elbe, streifte zwischen den Waͤssern durch, erhob sich dann erst in der Nahe des entgegengesezten Ufers, und machte dort einige besondere Spruͤnge. Die andern vier Stuͤke hatten eine hinreichend genaue Direction, und man erreichte damit eine Wurfweite von 980 Toisen. Marschall Davoust, der die Wichtigkeit dieser neuen Waffe einsah, befahl, daß alles dazu eingerichtet werde, so schnell als moͤglich derlei Raketen zu verfertigen. Hrn. v. Brulard ward natuͤrlicherweise die Ausfuͤhrung der Arbeiten anvertraut. – Tabelle uͤber die Dimensionen, das Gewicht, und die Beschaffenheit der von Hrn. v. Brulard nach den Modellen des Capitaͤn Schumacher verfertigten Raketen. Fig. 1, 2, 3, 4 u. 5. Textabbildung Bd. 24, S. 328 Huͤlse; Eingebundene Projektilen; Laͤnge des Stokes; Diamet.; Laͤnge; Gewicht; Gattung; hohle Kugel von 16 Pfund Cal. Granatensak; Kugel von Gußeisen mit Bodensaz; hohle Kugel von 12 Pfund Cal. oder Granaten; Buͤchse von cylindrisch geformten Eisenblech voll Flintenkugeln Bei der Fabrikation der Huͤlsen vermied man alles Loͤthen. Die beiden Enden des Eisenbleches (Fig. 9.) wurden mit zwei Reihen von Nietnageln, o, o, die schachbrettfoͤrmig angebracht waren, verbunden. Der Spiegel (Fig. 9 u. 10.) ist von geschmiedeten: Eisen, und mittelst anderer Naͤgel, an kleine Zungen, a, a, festgemacht, die auswendig wieder eingebogen werden, wenn der Spiegel einmahl zwischen sie hineingebracht ist. Die Huͤlse enthaͤlt drei große Schichten, AB , BC , CD, brennbare Materie, deren Mischung folgendermassen geschehen ist: Schichte N. 1. 48 Salpeter. 5 Schwefel. 12 1/2 Kohlen. –   2. 48    – 5    – 13 1/3    – –   3. 48    – 5    – 14 1/5    – Der lebhafteste Saz ist zunaͤchst am Spiegel, der todteste am entgegengesezten Ende der Huͤlse. Auf den Saz koͤmmt ein rund geschnittenes Stuͤk Pappendekel, bd, und eine Lage festgeschlagener Thon, de. Durch diese Verdammung wird mittelst eines Bohrers ein Loch, ef, gefuͤhrt, wodurch sich das Feuer aus der Huͤlse dem geworfenen Koͤrper aus dem, oder aus denen (Fig. 11.) die Fuͤllung der Brandhaube besteht, mittheilt. In demselben Augenblike, wo diese Fuͤllung sich von der Huͤlse trennt, fliegt sie an derselben vermoͤg ihrer groͤßten Dichtigkeit, und des neuen Stoßes, den sie erhaͤlt, voraus. Um diese Wirkung noch zu vermehren, und die Kartaͤtschen noch moͤrderischer zu machen, gab man zwischen die Tonschichte und die Kugelbuͤchse eine kleine Pulverladung. v. Brulard gab diese Pulverladung auch den mit Granaten oder Granatensaͤken versehenen Raketen. Er hielt es auch fuͤr bequemer die Granate mit der Huͤlse zu verbinden, (was er auch bei andern Wurfkoͤrpern befolgte), statt wie Capitaͤn Schumacher erst die Granate aufzulegen, wenn die Huͤlse und ihr Ladstok schon auf die Laffete gebracht waren. Zu diesem Zweke verband v. Brulard seine Granaten nur durch kreuzweise angebrachte, einfache Drahte mit der Rakete, die dann mittelst 4 Loͤchern an dem innern Ende der Wand der Huͤlse festgemacht waren. In allen uͤbrigen Verbindungen folgte er ganz dem Systeme des Capitaͤn Schumacher. Ueber die runden Brandkugeln (Fig. 12.) wurde starke Leinwand gezogen, deren Ende mit in Tischlerleim getraͤnkten Schnuͤren an der Huͤlse festgebunden wurden. Die zum Zuͤnden eingerichtete Carcasse von Gußeisen, und einer halb cylindrischen, halb konischen Form (Fig. 13.) hatte einen groͤßeren Durchmesser, als die Huͤlse, und die beiden ebengenannten Theile griffen uͤbereinander. Der Hintere Theil der Kugelraketenbuͤchse Fig. 14.) war einigemahl mit der Scheere ausgezakt, und schloß sich wie eine Art von Feder uͤber dem Kopfe der Huͤlse, uͤberdieß verstaͤrkte man diese Verbindung noch durch einen aͤhnlichen Bund, wie oben bei den Brandkugeln Fig. 12. erwaͤhnt wurde. Dasselbe that man bei den Granatensaͤken. (Fig. 15.) Die Brandkugeln waren nicht darauf eingerichtet worden, sich in der Luft von ihren Huͤlsen zu trennen. Bei den uͤbrigen Wurfkoͤrpern aber suchte man diese Trennung zu erzielen. Deßhalb verlaͤngerte man auch mit einem Bohrer die Laͤnge der Seele, wenn auf kurze Entfernungen geworfen werden sollte. Hiedurch verminderte sich die Masse des Sazes, das Feuer ergriff die Stopinen, und die eingebundenen Hohlkugeln schneller, so wie auch die Trennung dieser leztern von der Huͤlse schneller vor sich ging. Von da an vollendeten die geworfenen Koͤrper ihre Bahn nach denselben Grundsaͤzen, als ob sie aus Feuerwaffen geworfen worden waͤren, und rikochettirten sogar einigemahle, wenn sie unter einem flachen Winkel geworfen wurden, oder der Einfallswinkel flach war. Die Granatensaͤke bildeten nach dem von Capit. Schumacher angenommenen Systeme eine Art Traube, und die Luft sezte daher ihrer Form vielen Widerstand entgegen. Hr. v. Brulard bedekte sie (Fig. 11.) mit einer Kappe von Eisenblech, und obschon er keine Gelegenheit fand, sie anzuwenden, so warf doch diese Art von Petarde ihre dreizehn Granaten bei einem Versuche auf 25 bis 30 Schritte auseinander, wo sie, eine nach der andern, was sich bei der ungleichen Laͤnge ihm Zuͤndungen erwarten ließ, zerplazten, so daß die Truͤmmer wieder auf 40, 50 und 55 Schritte vom Mittelpunkte jeder theilweisen Explosion im Umkreise herum geworfen wurden. Im Ganzen zahlte man auf einen Umkreis von 140 Schritten, 101 Truͤmmer. Neun Mann bedienten zwei Laffeten, die nebst den zugehoͤrigen Raketen wegen der um Hamburg befindlichen Moraͤste und Daͤmme, groͤßten Theils durch Menschenhaͤnde transportirt wurden. Den Stok befestigte man an Ort und Stelle durch zwei Stuͤkchen Eisenblech, und einen kleinen Nagel an die Huͤlse. Zur bessern erhaͤltung hatte man' diese leztern auswendig mit weißer Oehlfarbe angestrichen, und mit Nummern versehen, die ihre Gattung und die Zeit, in welcher sie verfertigt wurden, angaben. Schumachers Laffete bestund (Fig. 16.) aus einem langen Balken, AB, den zwei Saͤulen, CD, die uͤber Kreuz verbunden wurden, trugen. Am Ende des Balkens lag ein Sohlstuͤck, das zwischen Waͤnden, GH, von Eisenblech, zwei Raketen zugleich trug. Eine Gabel bei L, diente zum Auflegen der Stoͤke. Die Elevation geschah durch Huͤlfe des Quadranten, J, und einer zum Schieben eingerichteten Zunge, KM, die durch einen Buͤgel, N, eingeschlossen war. v. Brulard hat diese Laffete eingerichtet, daß sie von drei Mann gestellt und transportirt werden kann, wie man will. Der Hauptbalken, AB, Fig. 17. ist verkuͤrzt, und liegt einerseits auf einem eisernen unten umgebogenen, und mit einem Loche versehenen Fuße, AC, anderseits auf einem eisernen Knie auf, dessen Grundriß in Fig. 18. durch a, c u. b, ausgedruͤkt ist, und wodurch derselbe mit den beiden Stuͤzen, E und F, die im Grundrisse, gleichfalls angegeben sind verbunden wird. Die Laͤnge, ef, in Fig. 18. bestimmt die Entfernung dieser Stuͤzen von einander. Die Stange, ef, geht durch einen Suͤpport, c, so wie ein Reibnagel, i, diesen leztern mit dem Hauptbalken, AB, verbindet, der also in jeder beliebigen Richtung, sowohl in seiner Vertikalebene, als auch in den Horizontalen bewegt und gestellt werden kann. Am Ende des Balkens bei B, (Fig. 16.) ist das Sohlstuͤk, dessen Verlaͤngerung bis H, reicht, auf zwei Stuͤk Raketen angebracht. Friktionsrollen, o, in Form zweier mit der Spize gegeneinander gekehrter Kegel befoͤrdern das schnelle Abfliegen der Raketen. Die Gabel, HN, fuͤr das Auflager des Ladstokes hat deren gleichfalls. Das gekerbte Eisen, MH, dient zum Eleviren und Stellen des Sohlstuͤkes. Der merkwuͤrdigste, mit diesen Raketen nach der Uebergabe von Hamburg auf der Insel Wilhelmsburg gemachte Versuch war, daß man sehr kurze Raketenstoͤke an denselben befestigte; die Raketen huͤpften dann in den verschiedenartigsten Richtungen fort, und man kam dadurch auf die Idee, daß sie zur Grabenvertheidigung im Festungskriege besonders anwendbar seyen. Herr v. Brulard hoffte in Frankreich noch mit weiteren Versuchen uͤber Raketen beauftragt zu werden, allein dieser eben so bescheidene als thaͤtige Offizier suchte sich nicht hervorzudringen, und seine mitgebrachten Raketen wurden in Folge der Ereignisse von 1815 nach Rochelle, dann von hier nach Toulouse gebracht, wo man sie in unbedeutenden Experimenten verbrauchte, ohne sich weiter um die Art ihrer Fabrikation oder Anwendung zu bekuͤmmern. Dieß waren also die Resultate der in Hamburg auf Befehl eines unserer unterrichtetsten und geschiktesten Generale vorgenommenen Versuche, der schon damahls die Wichtigkeit einer Waffe einsah, welche nunmehr in den vorzuͤglichsten Artillerien von Europa, die franzoͤsische ausgenommen, eingefuͤhrt ist. Capitaͤn Schumacher beschaͤftigte sich, unterstuͤzt von seiner Regierung, bis zu seinem Tode mit der Verbesserung seiner Raketen. Im Jahre 1819 signalisirte er auf 30 Lieues Distanz, naͤmlich von der Insel Hielm bis Copenhagen, wo sein Bruder, Professor der Astronomie und Mathematik, der sich auch schon fruͤher mit der Herstellung von Wurf- und Schuß-Tabellen fuͤr Raketen, wiewohl vergeblich, beschaͤftigt hatte, – mit einem Teleskope seine Signale beobachten konnte. Oesterreichische Raketen. Seit dem Jaͤhre 1815 sind die Raketen auch in Oesterreich eingefuͤhrt, und die Armee hat eine Batterie bei der Belagerung von Huͤnningen mit sich in Felde, ohne jedoch Gebrauch davon zu machen. Glaublich hatten ihnen diese die Englaͤnder geliefert, allein kurz darauf erhielt Obrist Augustin den Befehl zur Errichtung einer Raketenfabrike. Die Daͤnen behaupten, daß alle Arbeiten diese leztern lediglich eine Nachahmung des von Capitaͤn Schumacher waͤhrend seiner Anwesenheit bei dem Wiener-Congresse ihm mitgetheilten Verfahrens sey. Die Oesterreicher halten aber ihren Oberst Augustin fuͤr den eigentlichen Erfinder der Rakete. Die Nachricht aber in Betreff des Capitaͤns Schumacher ruͤhrt von einem daͤnischen Staabsoffiziere her, der den Capitaͤn sehr genau kannte. Wir koͤnnen nicht umhin zu bemerken, daß vor Congreve Schumacher und Augustin, die Raketen bereits in Europa und besonders in Asien gebraucht, dagegen von allen diesen Herren nur in so ferne Verbesserungen angebracht worden sind, als sie von den zulezt bekannt gewordenen Ansichten ihrer Vorgaͤnger aus, weiter fortgeschritten sind. Deutsche Journale kuͤndigten an, daß der Oberst Augustin zu Raketendorf bei Wien, in Gegenwart des Wiener-Hofes mit besonders vervollkommneten Raketen geschossen, und daß derselbe Signalfeuer erfunden habe, welche auf die ungeheure Weite von 40 Lieues gesehen wurden. In dem Feldzuge von 1815 fuͤhrte die oͤsterreichische Armee 18 Raketenlaffeten mit, deren sie sich mit Erfolg bei Antrodocco, Monte-Casino und San-Germano bedienten, d.h., sie schlugen in diesen drei Affairen einen Feind schnell in die Flucht, dem dasselbe auch anderswo geschah, wo sie seiner ansichtig wurden, so daß schwer zu entscheiden ist, ob wirklich die Raketen seinen Schreken zu vermehren im Stande waren. Die oͤsterreichische Regierung laͤßt die Fabrikation der Raketen mit besonderer Vorliebe betreiben. Eine der leztern Vervollkommnungen bestund darin, daß man hinten am Ende der Rakete eine Pulverladung anbringt, die in einer cylinderfoͤrmigen bleiernen Buͤchse eingeschlossen ist. So wie man diese anzuͤndet, erhaͤlt die Rakete einen starken Stoß der bald mit der Wirkung des Sazes sich verbindet, so daß beim Abfliegen der Rakete kein Aufenthalt mehr entsteht. Die Wurfbahn hat weniger Kruͤmmung, man wirft unter kleineren Winkeln, und der Schuß wird genauer. Allein alle diese Sachen sind anders auch bekannt. Wir wissen nicht, ob die Oesterreicher sich auch der Roͤhren zum Raketenwerfen bedienen, allein nach den eingezogenen Nachrichten des Artillerie-Capitaͤns Duchemain, ehemaligen Zoͤglings der polytechnischen Schule, muͤßten sie wenigstens gleich den englischen ruͤkwaͤrts offen seyn. Die ersten bleiernen Buͤchsen der Oesterreicher waren zu duͤnn, so daß die Stuͤke davon beim Zerplazen zur Rechten und Linken unter die Zuschauer flogen. Nunmehr aber sind die cylindrischen Waͤnde staͤrker, so daß lediglich der duͤnner Boden beim Abfeuern hinausgeschlagen wird. Der Saz der oͤsterreichischen Raketen befindet sich in der Zeitschrift fuͤr Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges 1. Heft, Seite 101. Jahrg. 1825. Der Eintritt in Raketendorf ist streng untersagt, sogar der Exercierplaz der 4 Raketen-Compagnien ist geschlossenDem in Oesterreich reisenden fremden Offiziere gewahrt es viel Vergnuͤgen, die. Ansichten der weniger von dem Gegenstande unterrichteten Infanterie-, Cavallerie-, und zum Theil selbst der technischen Offiziere mit Ausnahme des Bombardier-Corps uͤber die Raketen des Obersten Augustin zu hoͤren. Die Erzaͤhlungen verlieren sich meistens in's Fabelhafte. Dagegen verwerfen die Bombardeurs, wie sich von selbst versteht, alle Verbesserungen des Obersten Augustin, der ihren wohl hergebrachten Rechten so nahe tritt. Ein sehr einsichtsvoller Staabsoffizier des General-Staabes, dessen Name mir entfallen ist, versicherte mich, daß die Wuͤrfe weniger genau, als mit Granaten (auf gleiche Distanz) geschehen.. Die Oesterreicher scheinen eine sehr große Wichtigkeit auf die Raketen zu legen, und glauben in dieser Waffe alle andern zu uͤbertreffenDasselbe gilt von ihrer Artillerie, die uͤbrigens auch so gut fehlen kann, als eine andere.. Wir haben indessen gesehen, daß auch in Daͤnemark und England in dieser Hinsicht dieselbe Zuruͤckhaltung, und dieselbe Meinung herrscht. Wir werden ferner sehen, daß man dasselbe in Ostindien, Sachsen, Rußland und Pohlen trifft, so daß man daraus schließen darf, es werden solche Erscheinungen uͤberall vorkommen, wo man Raketen fabricirt. Es waͤre indessen besser statt einer solchen blinden Zuversicht auf sich selbst, seine eigenen Kraͤfte mit jenen des Feindes vorurtheilsfrei vergleichen, und durch unausgeseztes Studium die lezteren wirklich uͤbertreffen zu lernen, anstatt Vorurtheile in Bezug auf seine Waffen zu naͤhren, und nur unvollkommen oder gar nicht zu wissen, was in dieser Hinsicht in andern Armeen vorgeht. – Saͤchsische Raketen. Die Sachsen, welche bei Leipzig und anderswo an mehreren Orten Gelegenheit genug hatten, die furchtbare Wirkung der Raketen kennen zu lernen, fabriciren deren seit 1816. Wenigstens dirigirt ein saͤchsischer Offizier die Versuche, welche man in Preußen damit macht. Man scheint aber von dem hohen Werthe seiner Arbeiten eingenommen zu seyn, weil man dieselben so geheim haͤlt. Preußische Raketen. Man hat bisher vergeblich gesucht, die Geheimnisse der, wie hier eben erwaͤhnt wurde, von einem saͤchsischen Offiziere dirigirten Werkstaͤtte in Spandau zu durchdringen. Schwedische Raketen. Die Verfertigung und Vervollkommnung dieser Waffen wurden dem Oberst Schroderstierna uͤbertragen, der noch nicht am Ziele seiner Wuͤnsche, denselben mehr Genauigkeit im Treffen zu verschaffen, seyn soll. Der Herr Graf v. Loͤwenhielm will die Gewogenheit haben, uns Notizen uͤber die schwedischen Versuche von Stokholm aus zu verschaffen. Man wird wahrscheinlich diese lobenswerthe Liberalitaͤt in der Mittheilung in jenen Laͤndern, wo man dem Herkommen folgt, und nicht vom Fleken koͤmmt, fuͤr unklug halten. In einem Staate aber, wo man sich ohne Aufhoͤren mit Verbesserungen befaßt, wird kein Nachtheil daraus entstehen, indem alle einmahl zur oͤffentlichen Kenntniß gekommenen Thatsachen schon im naͤchsten Augenblike hinter dem bisherigen Wissen zuruͤk sind. Dieses Benehmen hat aber auf der anderen Seite den gewissen Vortheil, daß man in der Aufklaͤrung Anderer zugleich den Weg zu seiner eigenen findet, und daß selbst die mittheilsamsten Menschen wissen, wann sie eigentlich zu schweigen haben. Rußische und polnische Raketen. S. Notes sur les fusées incendiaires p. J. Bem etc. uͤbersezt von M. Schuh 1820. Englisch westindische Raketen. (Rifle-Rockets.) Major Parbly, der sich lange Zeit damit beschaͤftigte, die Brandraketen zu verbessern, hat es dahin gebracht, denselben durch eine eigene innere Construktion eine Bewegung um ihre eigene Achse, aͤhnlich der einer aus einem spiralfoͤrmig gezogenen Laufe abgeschossenen Flintenkugel zu geben, und hat damit bei den im Dezember 1823 vor dem Kommandanten der Artillerie der ostindischen Kompagnie angestellten Versuchen auf 282, 376, 470 und 827 Toisen eine große Genauigkeit erreicht. Er warf oder schoß sie auch aus einer Roͤhre gegen eine auf tausend Toisen entfernte Scheibe. Diese wurde einmahl auf eine so große Entfernung getroffen, und zwei Raketen gingen so unmerklich hoch daruͤber weg, daß sie nach einem beinahe parallelen Fluge, die eine auf 1080, die andere auf 1130 Toisen in dem Boden steken blieben. In demselben Monate Dezember publizirte Major Parlby folgende Daten hieruͤber: Die Laͤnge der Roͤhre, 16'. Elevationswinkel, 18°; Portée, 692 T.; Eindringen im Boden 5', Caliber der Rakete: gleich dem einer 1 1/2 pfundigen Bleikugel; Gewicht der Rakete, d.h. des Sazes, der Kappe und des Stokes: 5 Pfund 8 Unzen. Amerikanische Raketen. (Rockets) Die Nord-Amerikaner lernten im Kriege der vereinigten Staaten mit England die Raketen kennen, und obschon sie ihnen nicht vielen Schaden thaten, lassen sie deren dennoch seit 1815 verfertigen. Dabei halten sie sich aber nicht sklavisch an die von ihren Feinden befolgten Systeme, sondern sie suchten ihre Raketen zu vervollkommnen, und vorzuͤglich den Stok entbehrlich zu machen, dessen Anwendung mit so vielen Unbequemlichkeiten verbunden ist. Auch hat man in dem Boden der Rakete anstatt der gewoͤhnlichen Oeffnung schraubenfoͤrmig laufende Loͤcher angebracht; die indem sie den Saz zwingen schraͤg auszustroͤmen, der Rakete eine drehende Bewegung um ihre eigene Achse verschaffen, und die Ursachen der Abweichungen des Schußes aufheben, wenn man sich der Roͤhren bedient. Josua Blair aus Neu-Orleans hat einer vom Gouvernement zusammengesezten Commission einige Vorschlags zur Verfertigung von american torpedoes vorgelegt, die nach dem Gutachten des Committees von so furchtbarer Wirkung seyn sollen, daß ein einziges damit ausgeruͤstetes Schiff einer ganzen Flotte trozen koͤnnte. –––––––– Der Uebersezer dieses Aufsazes ist so eben mit einer systematischen Zusammenstellung alles dessen beschaͤftigt, was bisher in England, Frankreich und Deutschland uͤber Brandraketen geschrieben wurde. Er wird unter seiner Addresse nach Muͤnchen eingesendete Veitrage mit Dank empfangen, und deren Verfasser in seiner Abhandlung anfuͤhren.

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