Titel: Ueber Feuersteine und ihre Bereitung. Von Herrn d'Auvergne.
Fundstelle: Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XX., S. 57
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XX. Ueber Feuersteine und ihre Bereitung. Von Herrn d'Auvergne. Aus den Annales de la Société linn. de Paris. Novbr. 1826. S. 554. Im Bulletin d. Sciences technologiques. Mai. S. 295. (Im Auszuge.) d'Auvergne, uͤber Feuersteine und ihre Bereitung. Der sel. Hacquet war der Erste, der uͤber den Feuerstein in mineralogischer und technischer Hinsicht schrieb. Es war der Muͤhe werth, nach bald 40 Jahren diesen Gegenstand wieder in Anregung zu bringen, und die franzoͤsischen Feuersteine und ihre Verarbeitung eben so genau kennen zu lernen, als Hacquet uns die galicischen Feuersteine kennen lehrte. Wir uͤbergehen die mineralogische Beschreibung der franzoͤsischen Feuersteine, und bemerken nur, daß ihre specifische Schwere im Durchschnitte 2,5, ihr Gehalt an Kieselerde 0,97 betraͤgt. In Frankreich brechen sie vorzuͤglich im Departement du Nord, Seine und Oise, Yonne, Ardeche, Indre, und vorzuͤglich im Departement de Loir und Cher, wo zwischen St. Aignan und de Selles in zwei Doͤrfern und 24 Weilern 200 Steinhauer-Meister (chefs caillouteurs) wohnen. Die Feuersteine brechen in Frankreich von der Groͤße eines Apfels bis zu jener eines Décaliters. Sie muͤssen 5, oͤfters 26 Meter tief aus der Erde herausgegraben werden. Die Schaͤchte sind rechtwinkelig und mit Leitern versehen, ohne alles Mauerwerk und ohne alle Zimmerung. Die Stollen sind 1 1/2 bis 2 Meter hoch, und 1 1/2 Meter breit. Man fuͤhrt leztere 15 bis 16 Meter weit vom Schachte, wo dann die Grubenlichter noch brennen koͤnnen. Der Haͤuer arbeitet kniend, und fuͤhrt Haue und Schuͤppe. Seine Schicht waͤhrt 4 Stunden. Die Foͤrderung geschieht auf Kosten der Eigenthuͤmer, oder es stehen 3 bis 6 Steinhauer-Meister zusammen. Nach jeder Schicht werden die Steine getheilt, und an der Sonne oder am Feuer getroknet und dann zugehauen. Dieses Zuhauen der Feuersteine geschieht auf folgende Weise. Der Arbeiter (Caillouteur) nimmt den zu behauenden Feuerstein auf einen Schenkel, klopft ihn anfangs mit einigen leichten Schlaͤgen mit dem Mordeisen (assomoir) einem schweren Stuͤke geschlagenen Eisens, und gibt ihm dann mit demselben einen derben Schlag, daß er in Stuͤke zerspringt. Diese Stuͤke nimmt er hierauf einzeln wieder vor, und schlaͤgt mit einem zweispizigen nicht gehaͤrteten staͤhlernen Hammer die Blaͤtter desselben zu Spaͤnen (sépare les lames en copeaux – derselbe Ausdruk, dessen die Feuerstein-Hauer sich bei uns bedienen, die die Feuersteine spaͤneln).“ Ein geschikter Arbeiter weiß bei jedem Schlage dem Feuerstein-Spane die gehoͤrige Dike zu geben, und spaͤnelt seinen Stein zu, ohne etwas davon zu verlieren.Man sollte manchen Professor der Mineralogie vorerst auf eine Feuersteinhauer-Huͤtte, statt auf eine Universitaͤt, schiken, damit er wenigstens die Stuͤke, die er an dem ihm anvertrauten Cabinette in usum Delphini behauen will, geschikt behauen lernt. A. d. Ueb. Weiber und Kinder geben dann den zugehauenen Stuͤken ihre Form, oder, wie die Feuerstein-Hauer sagen, sie walzen dieselben zu, (roulent la pierre) – „wieder derselbe Ausdruk, wie bei uns“) was mittelst der Walze (roulette), einem runden Stuͤke ungehaͤrteten Stahles geschieht. Diese Arbeit fordert nur geringe Muͤhe, um dem Steine die verlangte Groͤße zu geben. Sie stellen sich hierbei vor einem, in die Mauer gegenuͤber von einem Fenster eingesenkten. Bloͤke hin, welcher mit Schroteisen aus ungehaͤrtetem Stahle versehen ist. Diese Schroteisen oder Meißel werden in einer schiefen Lage gehoͤrig an dem Bloͤke befestigt, und ragen uͤber die obere Flaͤche des Blokes um 7 bis 8 Centimeter empor, waͤhrend sie 50 Centimeter weit von einander abstehen. Jeder Arbeiter hat sein Schroteisen, auf welches er seinen Span legt, und worauf er ihn durch kleine Schlaͤge mit der Walze zuformt. So wird nun der Span zum Feuersteine von verschiedener Form und Groͤße. Ein Arbeiter haut in einer Woche 1500 bis 2000 Feuersteine. Man hat an jedem Feuersteine sechs Stuͤke wohl zu beachten: 1) die Schaͤrfe (la méche, le biseau, die Lunte oder schiefe Flaͤche), die auf den Pfannendekel schlaͤgt. 2) Die untere oder große Flaͤche (la grande face), die auf die untere Bake des Maules des Hahnes zu liegen kommt, und die so flach, als moͤglich, seyn muß. 3) Die obere Flaͤche oder den Sattel (l'assis), auf welchem die obere Bake des Maules des Hahnes ruht. 4) Die Dike. 5) Die Seitenflaͤchen (les flancs). 6) Die Ferse oder die Hintere Flaͤche (le talon). Man hat in Frankreich 22 verschiedene Sorten von Feuersteinen. 1. Den großen, mit zwei Schaͤrfen. (Grand palet à 2 méches) 2. Den kleinen dito. (Petit palet dtto.) 3. Den runden großen. (Grand palet rond ou pierre de rempart). 4. Den runden kleinen. (Petit palet rond.) 5. Den rohen. (Grolle, ou pierre brute pour le briquet.) Die Unregelmaͤßigkeit der Form, nicht der Groͤße charakterisirt diese Sorte. 6. BoucanniéreWir getrauen uns nicht, dieses Wort zu uͤbersezen. Die Leute sollen bei uns nicht wissen, und in der ganzen Welt nicht, was boucanner heißt. Das weiß bloß der heiligste Vater. A. d. U. mit zwei Schaͤrfen. (Boncanniéres à 2 méches.) 7. Runde Boucanniére. (Boucanniére ronde.) 8. Schoͤner großer feiner, mit zwei Schaͤrfen. (Belle-grande fine à 2 mèches.) Diese Sorte wird von den Spaniern sehr gesucht. 9. Schoͤner großer feiner runder auf Infanterie-Musketen. (Belle-grande fine ronde: pierre de munition.) 10. Schoͤner großer feiner ordinaͤrer. (Grande-fine ordinaire.) 11. Feiner kleiner gemeiner. (Petite-fine ordinaire.) 12. Schoͤner kleiner auf Scheibenroͤhre. (Petite-belle pour fusils de maitres.) 13. Schoͤner Lang-A. fuͤr Jagdflinten. (Belle-cul-long pour la chasse.) 14. Vierekiger fuͤr Jagdflinten. (Carrée pour la chasse.) 15. Wunder schoͤner. (Belle-belle.) 16. Schoͤner mit zwei Schaͤrfen. (Belle à deux meches.) 17. Schoͤner Pistolen-Stein. (Belle-pistolette ou à pistolet d'arçon.) 18. Zweischlaͤgiger. (Pierre à 2 coupes). Geht mehr in's Ausland, als im Inneren von Frankreich. 19. Cavallerie-Pistolen, Mousqueton- und Carabine-Feuerstein. (Pistolet de cavalerie, mousqueton et carabine.) 20. Gendarmerie-Feuerstein. (ld. de gendarmerie.) 21. Kleiner Pistolen-Feuerstein. (Petit Pistolet.) 22. Sak-Pistolen-Stein. (Guiote ou pistolet de poche.)Aller dieser 22 Sorten von Feuersteinen ungeachtet ist man in der Hauptstadt Frankreichs, zu Paris, doch in Verlegenheit, einen Feuerstein zu finden, um sich Feuer zum Anzuͤnden seines Cigarro zu verschaffen. Man findet dort bloß Grolle in den Gewoͤlbern, und man muß das ganze Departement de Loir und Eher in der Tasche tragen, wenn man nicht die Grolle in eine Petite-belle umzuwandeln weiß. A. d. U.