Titel: Beitrag zur Geschichte des Glases.
Fundstelle: Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XXI., S. 61
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XXI. Beitrag zur Geschichte des Glases. Aus White's History of Inventions im New London Mechanics' Register. N. 19. S. 440. (Im Auszuge.) Beitrag zur Geschichte des Glases. Wir uͤbergehen hier die aͤlteste Geschichte des Glases; die Stellen aus der Bibel, wo von demselben die Rede ist, und die wichtige (!) Untersuchung, ob man dasselbe schon vor der Suͤndfluth kannte, und beschraͤnken uns bloß darauf, daß unter den Classikern Theophrast, ungefaͤhr 300 Jahre vor Christus, der Erste war, der uns einige Nachricht vom Glase mittheilte, welches aus dem Sande des Flußes Belus bereitet wurde. Die aͤltesten bekannten Glashuͤtten standen an der Muͤndung dieses Flußes, wurden aber bald von der Geschiklichkeit der Glasmacher zu Alexandrien, von welchen die Roͤmer ihre Glaswaaren holten, verdunkelt. Lucretius ist der aͤlteste roͤmische Schriftsteller, der ungefaͤhr 60 Jahre vor Christus des Glases erwaͤhnt, welches erst zu Augusts Zeiten in Rom haͤufiger in Gebrauch gekommen zu seyn scheint. Wenn es wahr ist, was man von Tiberius erzaͤhlt, so hat indessen die Glasmacherkunst damals schon einen Grad von Vollkommenheit erreicht, den sie seit 18 Jahrhunderten nicht wieder erlangte. Ein Glasmacher soll naͤmlich unter Tiberius die Kunst verstanden haben, das Glas so zaͤhe zu machen, daß es sich haͤmmern ließ, wie Metall. Der Kuͤnstler stellte Versuche hieruͤber in Gegenwart des Kaisers an. Der Kaiser fragte ihn: ob außer ihm noch Jemand diese Kunst verstuͤnde? und als er verneinend antwortete, ließ ihn der Kaiser in das Wasser werfen, weil, wie er sagte, wenn diese Kunst allgemein wuͤrde, Gold und Silber seinen Werth verlieren wuͤrde. Zu den Zeiten des Plinius hatten die Roͤmer ihre Glashuͤtten an der Muͤndung des Vulturnus, und Plinius beschreibt ziemlich deutlich die Weise, wie man dasselbe damals bereitete, und es erhellt, aus seiner Beschreibung, daß man bereits zu seiner Zeit den Braunstein bei der Glasbereitung anwendete, den Albertus Magnus zuerst Magnesium nannte. Obschon man es damals schon zu Flaschen und Trinkglaͤsern benuͤzte, so zogen die Roͤmer doch immer Gold und Silber zu ihren Trinkgeschirren vor. Man fand in den Ruinen von Herculanum einige Fensterscheiben von Glas, welche deutlich beweisen, daß die Roͤmer bereits Glas, auch außer dem lapis specularis, an ihren Fenstern verwendeten. Die alten Britten verfertigen vor der Ankunft der Roͤmer auf ihrer Insel Glas: Strabo spricht von ihren glaͤsernen Amuletten und Glaskuͤgelchen, blaugruͤnen glaͤsernen Gefaͤßen. Nach ihrer Vertilgung unter Suetonius Paulinus scheint diese Kunst bei ihnen verloren gegangen zu seyn; denn nach Beda venerabilis, ließ Abt Benedict Glasmacher im Jahre 764 aus Italien kommen, um die Kirche und das Kloster zu Weremouth zu versehen. Gregor von Tours im 6ten Jahrhunderte erwaͤhnt gleichfalls der Glasfenster. Indessen waren diese auf dem festen Lande von Europa im 12ten Jahrhunderte noch eine Seltenheit. Im Westminster hatte man sie bereits im Jahre 1265, und Chaucer hatte Glasfenster in seinem Schlafzimmer. Indessen wurde in England unter Heinrich VI. Glas noch aus dem Auslande eingefuͤhrt: der □ Fuß kostete 2 Shillings, und erst im Anfange des 17ten Jahrhundertes wurden Glasfenster in England allgemein. Fruͤher hatte man Gitter aus Eisenspaͤnen oder Metalldraht, oder Scheiben von duͤnnem Hoͤrne. Im Anfange des vierzehnten Jahrhundertes hoben sich die Glashuͤtten zu Mureno bei Venedig, die beinahe bis in die Mitte des 17ten Jahrhundertes ganz Europa mit Glas versahen. Erst unter Jakob I. trank man in England aus Glas, und noch unter Karl II. wurden Glaͤser so hoch geschaͤzt, als Silbergeraͤth und chinesisches Porzellan. Die erste Glas-Fabrik zu London ist nicht aͤlter, als vom Jahre 1557. Im Jahre 1635 wandte man zum erstell Mahle Steinkohlen zur Glasbereitung an. Im Jahre 1670 ließ der Herzog von Buckingham Glasmacher aus Venedig kommen, die Spiegelglas erzeugten, das man bis dahin in England nicht verfertigen konnte: im Verlaufe eines Jahrhundertes haben die Englaͤnder ihre Lehrmeister uͤbertroffen. Nachdem der Franzose, Abraham Thevaut, die Kunst, das Glas in Platten zu gießen erfunden hatte, im Jahre 1688, wurde sie in Lancashire im Jahre 1773 von Hm. Prescott zum ersten Mahle in England angewendet. Die Alten verstanden die Kunst, das Glas zu faͤrben, trefflich; die uralten Glashuͤtten in Alexandrien verehrten dem Kaiser Hadrian gefaͤrbte Glaͤser. Man findet unter roͤmischen Antiken so schoͤn gefaͤrbte Glaͤser, daß man sie fuͤr Juwelen halten koͤnnte. Wahrscheinlich hatten sie Metall-Oxide, die Strabo Erden nennt, hierzu verwendet; „was sie hierzu brauchten, wissen, wir nicht; wahrscheinlich muͤssen es Metall-Oxide gewesen seyn.“ Man koͤnnte es sehr leicht wissen, wenn unsere Philologen und Antiquitaͤten-Jaͤger nicht gewoͤhnlich ein so eingebildetes, pedantisches Volk waͤren; eben so taub waͤren gegen jedes bessere Wissen, als ihre Buchstaben und ihre Buͤsten und Muͤnzen. Fand doch neulich ein deutscher Philolog eine Liebschaft zwischen einem Hrn. Stimmio und den Toͤchtern Job's, und wußte nicht, was ist, und was jede schoͤn seyn wollende Araberinn noch heute zu Tage taͤglich thut, wenn sie ihr Bett verlaͤßt. Die Philologen und Antiquare sollen Naturgeschichte und Chemie fleißig studieren, dann werden sie ihre Propheten, die Classiker, und vielleicht auch ihren eigenen Unsinn verstehen, den sie aber dann vielleicht noch weniger verstehen werden, wann sie zu Verstand, zur Sachkenntniß, gelangen. A. d. Ueb. Neri lehrte zuerst Glas mittelst Goldes zu faͤrben, in seinem im Jahre 1611 erschienenen Werke. Der Deutsche, Kunkel vervollkommnete Neri's Kunst, und verfertigte im Jahre 1680 fuͤr den in Gott geistlichen Churfuͤrsten von Koͤln einen sehr weltlichen Becher von nicht weniger als 24 Pfund Schwere, der durch und durch purpur- oder Cardinal-Roth war. Trinkglaͤser mit vergoldeten Raͤndern wurden zuerst in Boͤhmen und in einigen Gegenden Deutschlands verfertigt. Glas- und Email-Mahlerei, die man zur Glasmacherkunst rechnen kann, ward anfangs durch eine Art von Mosaik zu Stande gebracht. Man zeichnete die Figuren, die man darstellen wollte, mit schwarzer Wasserfarbe auf Glas, und brachte die gefraͤbten Glaͤser nach diesen Umrissen an. Um das Jahr 1500 lehrte aber ein Franzose zu Marseilles das Glas an diesen Stellen selbst faͤrben, und die Farbe darauf einschmelzen, eine Kunst, die Albrecht Duͤrer und Lucas van Leiden vervollkommnet hat. Diese Kunst der Glasmahlerei kam aber, wie man sagt, schon unter Koͤnig Johann nach England, wo eigene Glasmahler vorhanden waren. Walpole fuͤhrt Arbeiten derselben schon aus dem Zeitalter Heinrichs III. an, und fuͤhrt die Geschichte derselben bis auf die neueste Zeit durch. Schon Plinius spricht von der Kunst das Glas auf dem Rade der Steinschleifer zu schneiden, die Caspar Lehmann im Anfange des 17ten Jahrhundertes so sehr verbesserte. Unter Franz I. wurde diese Kunst in Frankreich zuerst durch Anwendung des Demantes erweitert, den spaͤter die Venezianer sehr gut hierzu zu verwenden wußten. Ehevor bediente man sich hierzu des Schmergels, scharf gespizter Instrumente von hartem Stahle, und selbst des gluͤhenden Eisens. Réaumur erfand das Porzellan-Glas um das Jahr 1740. Wie sehr das Glas durch Waͤrme und Kaͤlte sich ausdehnt, und zusammenzieht, hat Hooke schon im Jahre 1660 vor der k. Gesellschaft zu London gezeigt. Glaͤser zur Musik verfertigte man zuerst in Deutschland: sie kamen im Jahre 1760 nach England.