Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XXVII., S. 78
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XXVII. Miszellen. Miszellen. Philanthrophische Gesellschaft zu Bogota in Columbien. Der Zwek dieser Gesellschaft ist Foͤrderung des Akerbaues, der Kuͤnste und Gewerbe, und des oͤffentlichen Unterrichtes, der bei uns so sehr vernachlaͤßigt, und immer nur denjenigen anvertraut wird, die nichts sehnlicher wuͤnschen, als daß die ganze Welt in der rohesten Unwissenheit und unheilbaren Narrheit erhalten werde. (Annales mensuelles. Mai. 1827. S. 202.) Gartenbau-Gesellschaft zu New-York. Auch in America lernte man die nicht zu berechnenden Vortheile einer Gartenbau-Gesellschaft, wie sie England und Schottland bereits seit mehreren Jahren besizt, kennen, und errichtete nun eine aͤhnliche zu New-York, die mit einem botanischen Garten, einer botanischen Bibliothek und einem botanischen Cabinette ausgestattet wird. In Deutschland ist Preußen bisher das einzige Land, das eine aͤhnliche Anstalt besizt. Frankreich, Italien, und uͤberhaupt alle katholischen Laͤnder vernachlaͤßigen Garten-Cultur zu sehr, um die Vortheile einer solchen Anstalt zu fuͤhlen. Man kennt dort wohl Rosenkraͤnze, aber keine Rosen. Botanischer Garten zu Dezima in Japan. Es befindet sich gegenwaͤrtig bei der k. niederlaͤndischen Factorey zu Dezima in Japan ein sehr thaͤtiger und talentvoller Mann, Hr. Dr. v. Siebold, ein geborner Bayer. Derselbe hat, unterstuͤzt von seiner seit Jahrhunderten die Naturwissenschaften so kraͤftig foͤrdernden Regierung, einen botanischen Garten daselbst angelegt, der bereits uͤber 1200 der seltensten Gewaͤchse enthaͤlt. Hr. v. Siebold wird die k. niederlaͤndische Gesandschaft nach Yedso begleiten, und Naturgeschichte und Technologie darf bei dem regen Eifer und den ausgebreiteten Kenntnissen dieses Naturforschers auf reiche Ausbeute von dieser Reise zaͤhlen. Schon im ersten Jahre hatte der Hr. Doctor, ungeachtet aller Schwierigkeiten, mit welchen man in diesem Lande zu kaͤmpfen hat, 250 Pflanzen gesammelt und beschrieben, die Kaͤmpfer'n und Themberg'n entgingen. (Aus einem Schreiben aus Dezima vom November 1825 an einen Leser dieses Journales.) National-Institut in Chili. Man eroͤffnete in Chili ein Anlehen von 6000 Pesos (30,000 Franken) zur Errichtung eines National-Institutes, in welchem Physik, Chemie und Mineralogie vorzuͤglich betrieben werden soll. (Annal. mens. A. a. O. Einfuhr-Verbothe. Den Staatswirthschaͤftlern, die da glauben, daß es nicht Pflicht eines jeden Staates ist, die Einfuhr jener Maaren zu verbiethen, die in demselben erzeugt werden koͤnnen; die blind genug sind, die wohlthaͤtigen Folgen hievon fuͤr den Staat und die Nachtheile fuͤr das Ausland einzusehen, empfehlen wir einen Aufsaz im Mechan. Mag., N. 197, 2. Jun. 349, wo ein sehr erfahrner Fabrikant und Handelsmann seinen lieben Landsleuten geradezu erklaͤrt, daß sie bei allen ihren Patenten und Maschinen zu Grunde gehen muͤssen, wenn das Ausland so klug wird, die Einfuhr ihrer Fabrikate zu verbiethen; daß ihnen kein anderes Mittel uͤbrig bleibt, als mit ihren Fabriken in diese Laͤnder, wo Einfuhr-Verboth besteht, auszuwandern, daselbst sich anzusiedeln, und dort, nicht in England, sich Patente ertheilen zu lassen. Wenn unseren Staatswirthschaͤftlern durch diese Aeußerung nicht die Augen geoͤffnet werden, so ist ihnen und den Laͤndern, die sie be- oder vielmehr ver- wirthschafteln, nicht mehr zu helfen. Sie koͤnnten Tausende von Menschen in ihre menschenarmen Laͤnder ziehen, durch die groͤßere Zahl der Consumenten den Preis ihres Getreides auf die zwekmaͤßigste Weise erhoͤhen, und sie werfen Millionen von Thalern uͤber ihre Graͤnze, damit ja kein Fabrikant in ihr Land kommen kann. Das ist die Weise, die liberale, hochherzige Regierungs-Weise in manchem heutigen Staate auf dem festen Lande. Aufmunterung inlaͤndischen Kunstfleißes. Sr. Maj. der Koͤnig der Niederlande hat aus seinem Privat-Schaze 20,000 fl. fuͤr diejenigen niederlaͤndischen Mahler jaͤhrlich bestimmt, die die besten Gemaͤhlde liefern werden. Dagegen bemerkt das Journal de Malines, daß er nichts zur Wiederherstellung der Pauls-Kirche in Rom beisteuerte. (London Journ. of Arts. Mai, S. 180.) Ueber das Gelbfaͤrben und Druken der Seide mit Salpeter-Saͤure. Hr. Houton Labillardière in Rouen hat Hrn. Thenard fuͤr seinen Traitè de Chimie eine Notiz uͤber das noch wenig bekannte Verfahren gegeben, welches man befolgt, um die Seide mit Salpetersaͤure gelb zu faͤrben,Das Verfahren, die Seide mit Salpetersaͤure gelb zu faͤrben, ist laͤngst bekannt; weniger aber das Druken mit dieser Saͤure nach der hier angegebenen Art. A. d. R. und gelbe Desseins auf der blau oder roth gefaͤrbten Seide anzubringen. Hr. Houton Labillardiere hat diesen Zwek auf folgende Art erreicht. Reine Salpetersaͤure von 24° (wahrscheinlich nach Beaumé) wird mit geroͤsteter Staͤrke verdikt; und diese Verdikte Salpetersaͤure auf die Seide gedrukt; ehe der Aufdruk troken ist, sezt man die Seide einer Temperatur von 30° R. aus, indem man sie auf eine mit Dampfe erhizte Kupferplatte legt: der bedrukte Theil der Seide nimmt darauf sogleich eine citronengelbe Farbe an; worauf man sie sogleich in fließendes Wasser haͤngt, darauf auswaͤscht, und sie sodann durch eine schwache kaustische Lauge zieht: die citronengelbe Farbe geht in dem schwachen Kalibade in's Orange uͤber. (Thènard's Traitè de Chimie. Paris 1824. Bd. 5. S. 307.) Ueber den Faͤrbestoff in den ungefaͤrbten Weinen. Hr. Chevallier ließ sich Trauben aus verschiedenen Weinbergen Frankreichs kommen, und bereitete daraus den Wein selbst, um ihn vollkommen rein zu erhalten. Er untersuchte dann den Faͤrbestoff derselben, und seine Resultate weichen von jenen der HHrn. Cadet de Gassicourt, Vogel und Rees v. Esenbeck ab. Er sagt, daß man 1) Kali als Reagens zum Erkennen des Faͤrbestoffes der unverfaͤlschten Weine brauchen kann, die dadurch aus dem Rothen in's Bouteillen- oder Braungruͤne ziehen. 2) Daß diese Veraͤnderung der Farbe durch dieses Reagens bei alten Weinen nicht mehr dasselbe ist; 3) daß das Kali keinen Niederschlag des Faͤrbestoffes erzeugt, indem derselbe in der alkalischen Fluͤßigkeit aufgeloͤst bleibt, 4) daß das essigsaure Blei Niederschlaͤge von verschiedener Farbe mit den reinsten Weinen gibt, also kein sicheres Reagens ist; 5) daß eben dieß. vom Kalkwasser, kochsalzsaurem Zinne mit zugeseztem Ammonium und von basisch essigsaurem Bleie gilt; 6) daß. man Ammonium anwenden kann, indem die Veraͤnderungen, die dasselbe in reinen Weinen erzeugt, nicht sehr abweichen; 7) daß eben dieß von einer Aufloͤsung von Alaun gilt. Auch Hr. Robinet und Hr. Guibourt beschaͤftigen sich mit Untersuchung des Faͤrbestoffes in den Blaͤttern der Rebe und den Baͤlgen der Weinbeeren, und fanden darin bereits eine rothe, krystallisirbare Materie, die ganz besondere Eigenschaften besizt. (Vergl. Journal de Pharmacie. Juni. S. 293.) Camwood, ein Faͤrbeholz zum Rothfaͤrben. Dieses afrikanische Faͤrbeholz, das die Englaͤnder jezt haͤufig aus Afrika einfuͤhren, hat der schwedische Naturforscher, Afzelius, zuerst beschrieben, und der beruͤhmte deutsche Gaͤrtner zu London, Hr. Loddiges, (der sich durch seinen ausgedehnten Handel mit Gewaͤchsen auf die rechtlichste und fuͤr die Menschheit wohlthaͤtigste Weise ein Vermoͤgen von vielleicht mehr als 1 1/2 Millionen erwarb) in seinem Botanical Cabinet, B. IV. Taf. 367, als Baphia nitida abgebildet. Die Farbe dieses Holzes ist schoͤner, als die von Fernambuk, und dauerhafter. Sie hat mehr Stich in's Gelbe, und gibt dadurch ein reicheres Roth. (Vergl. Journ. de Pharm. Juni 1827. S. 285, und polyt. Journal Bd. XX. S. 430.) Surrogat fuͤr chinesische Tusche. Hr. Jak. Cox empfiehlt im Mechanics' Magazine, N. 196, S. 334, nach eines gewissen Hrn. Gill Rathe, Pergament-Streife, oder Streife von altem Handschuhleder, solang in Wasser zu kochen, bis sie eine Art von Leim geben, der bei dem Erkalten eine Gallerte bildet. Mit dieser Gallerte soll man mittelst eines Pinsels den schwarzen Ruß mengen, den man an einer glasirten Schuͤssel erhaͤlt, die uͤber eine brennende Talgkerze gehalten wird, und zwar noch waͤhrend die Schuͤssel warm ist. Die auf diese Weise bereitete Farbe, die keines besonderen Abreibens bedarf, soll so gut seyn, wie chinesische Tusche. Chromographie. Die HHrn. Schriber und Jeramec fahren fort die von Hrn. Malapeau erfundene Lithographie in Oehl, die er Lithochromie nannte (Annal. de l'Industr. nation. T. VIII. p. 339.) zu vervollkommnen. Es gelang ihnen bereits ziemlich große Gemaͤhlde (von 18 Zoll Hoͤhe und 14 Zoll Breite) nach ihrer verbesserten Weise zu copieren, und die Copien so leicht zu vervielfaͤltigen, daß sie dieselben um aͤußerst maͤßige Preise liefern koͤnnen. Wenn das Gemaͤhlde etwas hoch haͤngt, oder etwas weiter vom Auge entfernt ist, so koͤnnte es fuͤr Original- und aͤchtes Oehlgemaͤhlde gehalten werden. (Annales mensuelles Mai. S. 189.) Ueber Chinine. Da dieses Arzenei-Mittel gegenwaͤrtig ein Fabrik-Artikel fuͤr Frankreich ist, und uͤber 90,000 Unzen desselben jaͤhrlich daselbst erzeugt werden – ein Werth von ungefaͤhr 7 Millionen Gulden, – so wird es unsere Leser nicht befremden, wenn die franzoͤsischen Chemiker viel uͤber dieselben schreiben. So eben ist in dem Junius-Hefte des Journal de Pharmacie S. 268 eine Abhandlung als Nachtrag zur Geschichte der Chinine, Cinchonine und der China-Saͤure von den HHrn. Henry, Sohn und Plisson, beide Pharmaceuten an der Central-Apotheke der Krankenhaͤuser in Paris erschienen. Wir beeilen uns, unsere deutschen Apotheker davon zu benachrichtigen, und werden im folgenden Hefte einen hinreichenden Auszug aus dieser Abhandlung mittheilen. Ueber Morphine aus inlaͤndischem Mohne. Hr. Tilloy bereitet Morphine aus den bloßen duͤrren Kapseln des inlaͤndischen Mohnes, die nach dem Ausschlagen der Samen aus denselben zur Oehlbereitung uͤbrig bleiben, und gewoͤhnlich weggeworfen oder verbrannt werden. Dieß ist nun reiner Gewinn, indem ein Artikel ohne Werth auf hohen Werth gebracht wird, und alle Muͤhe bei der Bereitung des Opiums aus den frischen Kapseln wegfaͤllt. Die trokenen Kapseln enthalten sogar mehr Morphine, als Narcotine, was bei frischen nicht der Fall ist. Er hat seit drei Jahren an 8 Pfund reine Morphine, oder soviel als Einen Zentner reines Opium, aus weggeworfenen Kapseln erzeugt, und in seiner Apotheke verbraucht. (Vergl. Journ. de Pharmacie. Juni 1827. S. 316.Der ehemalige Professor der Botanik zu Landshut, Dr. Schultes, hat schon vor 6 Jahren in seinen Vorlesungen uͤber medicinische Botanik die Pharmaceuten aufmerksam gemacht, daß sie sich nie mit Gewinnung des Opiums aus inlaͤndischem Mohne, wohl aber mit Bereitung der Morphine aus den trokenen Kapseln, die man wegwirft oder verbrennt, beschaͤftigen sollen; vorausgesezt, daß sie Aerzte finden, die Morphine statt des Opiums verschreiben. A. d. U. Zuker aus Lumpen. Hr. Braconnot hat aus Einem Pfunde Lumpen 36 Loth Zuker gemacht. So heißt es in den Annales mensuelles. April, S. 103. Ammonium in thonhaltigen Mineralien. Hr. Bouis fand in einem thonhaltigen Gypse zuerst, und dann in jedem Thone Ammonium, den er untersuchte. Es waͤre uͤberfluͤßig, hier die Versuche zu beschreiben, durch welche er zu diesem Resultate gelangte, da jeder Chemiker dieselben anzustellen weiß: wir koͤnnen uns mit dem Resultate begnuͤgen. (Vergl. Journ. d. Pharmac. Juni, S. 282.) Hr. Prof. Fuchs in Muͤnchen hat dieses Alkali schon oͤfters im Mineralreiche und unter anderem auch in dem Krumbacher Steine gefunden. Braunes Chromoxyd. Hr. Arnold Maus zeigt in Poggendorf's Annalen der Physik und Chemie, Jan. 1827, daß das sogenannte braune Chromoxyd nichts als eine neutrale Verbindung des gruͤnen Chromoxydes mit Chromsaͤure ist, wie dieses unter anderen schon von Doͤbereiner gemuthmaßt wurde. Man kann es direct durch Vermischung der Aufloͤsungen des chromsauren Kalis und salzsauren Chromoxyduls, oder durch Digestion der Chromsaͤure mit Chromoxydul-Hydrat erhalten. Alkali zerlegt es in Chromsaͤure und Chromoxydul. Mit Essigsaͤure und Bleizuker digerirt, gibt es essigsaures Chromoxydul und chromsaures Blei. – Durch Behandlung mit Wasser wird dieser Koͤrper zersezt, und zwar so, daß chromsaures Chromoxydul mit viel Chromsaͤure ausgezogen wird. Anthracit oder Kohlenblende, die in manchen Gegenden weit haͤufiger vorkommt, als Steinkohle, wird jezt in N. America allgemein als Brenn-Material gebraucht, und sogar der Steinkohle vorgezogen. Hr. Gilb hat im Polyt. Journ. B. XXII. S. 362 die Art und Weise gezeigt, wie man sie anwenden kann, und Hr. Vaux hat im Franklin Journal 1826 einen zum Brennen des Anthracites vorzuͤglich brauchbaren Herd beschrieben. (Vergl. Gill's tech. Repos. April. S. 239.) Hrn. Daniell's Beleuchtungs-Gas aus Harz. Bei einer der lezten Sizungen an der Royal Institution zeigte Herr Daniell sein Beleuchtungs-Gas vor, welches er aus Harz bereitete. Man hat bisher dem Harze, Peche, Theer etc. vorgeworfen, daß es bei Gasbereitung aus demselben die Retorten und Roͤhren zusehr mit Ruß verlegt. Hr. Daniell wußte diese Vorwuͤrfe zu widerlegen und die Schwierigkeiten zu beseitigen, und bewieß, daß man wohlfeil und mit Vortheil aus diesen an Kohlenstoff uͤberausreichen Materialien brennbares Gas bereiten kann. (Philosoph. Magaz. Mai, S. 393.) Tinten- und Eisenfleke ohne Kleesalz auszubringen. Man nimmt 6 Theile gepuͤlverte Weinstein-Krystalle und 3 Theile gepuͤlverten Alaun, und bedient sich dieser Mischung auf eben dieselbe Weise, wie man das Sauerkleesalz anwendet. (Jak. Cox im Mechan. Magaz. Junius 1827, S. 344.) Traurige Aussichten fuͤr boͤhmische und bayer'sche Glashuͤtten-Besizer. Die Nord-Amerikaner haben eine praͤchtige Glas-Fabrik zu New-Jersey errichtet, die im Franklin Journal und in Gill's techn. Repository, Mai, S. 311 beschrieben ist. Wir werden bald nach America reisen koͤnnen, um dort Glas machen und Glas schleifen zu lernen. 32 Schleifraͤder werden in Einem Zimmer durch eine Dampfmaschine getrieben, und man baut eben so viele neben an, die dieselbe Maschine treiben wird. Auch eine Porzellan-Fabrik befindet sich daselbst, die bereits mit der Pariser wetteifert. Haͤrten des Eisens in Eyweiß. Wenn man gluͤhendes Eisen in Wasser taucht, welches mit Eyweiß gemengt ist, so behaͤlt es seinen Glanz, und es entsteht kein Zischen und keine solche Dampfentwikelung, wie wenn man dasselbe in meines Wasser stoͤßt; das Eyweiß gerinnt naͤmlich rings um das Eisen durch die Hize ehe, als das Wasser um das Eisen siedend wird. (Annales mens. a. a. O.) Verbesserung an Wagen-Federn. Hr. Rich. Slagg, Stahl-Fabricant zu Kilnhurst-Forge, bei Doncaster, Yorkshire, ließ sich am 23. Mai 1826 ein Patent auf Verbesserung der Wagen-Federn ertheilen. Er beschreibt seine Erfindung in 4 Zeilen, oder vielmehr in zwei Worten: „convexe Furchen“ (convex grooves), die nun kein Mensch versteht. Dafuͤr zahlte er 1500 fl.! Sein Patent ist das kuͤrzeste, das seit der Patent-Kraͤmerei in England erschienen ist, und er scheint zu der neuen Secte in England zu gehoͤren, die dem Patent-Wesen und den Fortschritten der Industrie im Auslande durch Beschreibung der Erfindung dadurch ein Ende machen will, daß sie leztere in einem solchen Kauderwaͤlsch abfaßt, daß kein Oedippus den Sinn derselben zu entraͤthseln vermag. (Vergl. Repertory of Patent-Inventions, Junius, S. 364.) Papier-Drachen als Zugpferde an Wagen und Schiffen. Wir haben schon einige Mahle im polyt. Journ. Bd. XXII. S. 506. Bd. XXIV. S. 465. von dieser neuen Art von Vorspann gesprochen. Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Junius, S. 369, ersehen wir, daß Jak. Viney, Oberst der Artillerie, zu Shanklin in der Insel Wight, und Gg. Pocock, Gentlem. zu Bristol, sich auf dieses Zugwerk am 18. October 1826 ein Patent ertheilen ließen, ohne dasselbe zu nennen. Das Repertory findet jedoch die Patent-Erklaͤrung, d.i., die Beschreibung der Vorrichtung so schlecht, daß daraus nichts fuͤr das Publicum hervorgehen kann. Es bemerkt uͤbrigens, daß diese Sache nicht neu ist; daß Hr. Edgeworth schon vor mehreren Jahren mit vier Drachen fuhr in seinem Phaeton, und daß ein Freund des Redacteurs im Jahre 1799 sein Both auf dem Lough Erne mittelst eines Drachens bugsiren ließ. Theorie der Nivellir-Wage, von J. Nixon. Die Fortsezung und der Beschluß dieses wichtigen Aufsazes im philosophical Magazine ist im Mai-Hefte desselben S. 354 erschienen, so wie die Fortsezung der Abhandlung. Ueber die Anziehungs-Kraft der Haarroͤhrchen von dem hochw. Hrn. Emmett, S. 332. Schiffe mit doppeltem Kiele. In den Annal. marit. and colon., April 1826, findet sich eine auch im Bullet. d. Scienc. technol. N. 2. vorkommende Notiz uͤber den Vorschlag des Hrn. Moncriffe-Willoughby, die Schiffe mit einem doppelten Kiele zu versehen, wovon der untere von Eisen ist, und, nach Umstaͤnden, hoͤher und tiefer gestellt werden kann. Man koͤnnte bei dieser Vorrichtung mehr Segel aufziehen, und folglich die Bewegung des Schiffes beschleunigen. Ueber Shuldham's Patent-Maste von welchen wir im Polytechnischen Journale bereits Nachricht gaben, findet sich eine Notiz im Mechanics' Magazine, N. 196, 26. Mai, S. 322, worauf wir unsere deutschen Schiffbau-Meister aufmerksam machen wollen. Ueber den Einbruch der Themse in den Stollen unter demselben. Das Repertory of Patent-Inventions, Junius, S. 378, gibt Nachricht von diesem durch unsere allgemeine Zeitung bereits allgemein bekannten Ereignisse, durch welches die Arbeit zwar auf einige Zeit unterbrochen, aber Niemand verungluͤkt ist. Der Einbruch hatte an jener Stelle Statt, fuͤr welche Hr. Brunel immer in Sorge stand. Das Loch hat ungefaͤhr 30 Fuß im Umfange, und ward, von den Ingenieurs bei der Untersuchung des Flußbettes uͤbersehen. Das Repertory verspricht in seinem Berichte umstaͤndliche Nachricht im naͤchsten Hefte zu liefern. Man hatte bereits den Strom auf 553 Fuß (92 Klafter) weit untergraben, ehe dieser Unfall eintrat. Ferner erklaͤrte Herr Brunel in den englischen Zeitungen, „daß er mehr guten Nach gegen den Unfall, der sein schoͤnes Werk traf, empfing, als er brauchen kann.“ Ein Herr J. B. bemerkt hieruͤber (Mechanics' Magazine, N. 198, 9. Juni 1827. S. 365) mit Anfuͤhrung feiner Wohnung zu London, und mit der gebuͤhrenden Achtung fuͤr Hrn. Brunel's Talente und fuͤr das von ihm begonnene Meisterwerk: daß er eine Unternehmung, wie der Stollen unter der Themse, nicht als Privat-Sache, sondern als National-Sache, als Weltangelegenheit betrachtet; daß, wenn dieses Unternehmen mißlingt, nicht etwa die Shillings verloren sind, die Actionaͤre dazu bezahlten, sondern daß auch die einzig wahre Idee, eine bleibende Bruͤke uͤber einen Fluß zu bauen, die, alles wohl berechnet, um ein Viertel wohlfeiler kommt, als jede andere, vielleicht fuͤr Jahrhunderte verloren geht, und aufgegeben wird. Er bemerkt endlich am Schlusse, daß er Herrn Brunel die Idee zu einem Floße, der auf das Loch versenkt werden soll, in einem Briefe unter einem Datum mittheilte, wo Hr. Brunel noch nicht von einem Floße Gebrauch gemacht hat, daß dieser aber seine Idee, die hier auch in einer Abbildung versinnlicht ist, geradezu umkehrte, und folglich keinen Nuzen von derselben haben konnte. Wirklich scheint diese Idee des Hrn. J. B. sehr brauchbar, und kann in aͤhnlichen Faͤllen bei anderen Arbeiten dieser Art benuzt werden.Der Fehler, den Hr. Brunel beging, war der, daß er, wie der Uebersezer schon im J. 1824 an dem Plane bemerkte, nicht tief genug einfuhr. Er sparte, wie es so oft bei gut und redlich gemeinten Plaͤnen geht, Pfennige, und Thaler gingen daruͤber verloren. Bei zwanzig Fuß Tiefe unter der tiefsten Stelle eines Flusses kann man auch den reißendsten Gebirgsstrom sicher untergraben, sogar bei bloßer Holzbekleidung des Firstes und der Ulmen, wie manche Bergwerke auf dem festen Lande beweisen. Er kam aus dem natuͤrlichen Grunde zu hoch, weil er nicht tief genug ging. A. d. U. Masterman's Pfropfen. Wir haben von Masterman's Patente auf eine neue Art die Flaschen zuzustoͤpseln im Polyt. Journ. B. XIX. S. 155 Nachricht gegeben. In der Biblioteca italiana, April (publ. 21. Mai S. 159) wird das Erfindungs-Recht der von Hrn. Masterman nun durch Patent-Recht in Anspruch genommenen Vorrichtung fuͤr Hrn. Luigi de Cristoforis vindicirt, welcher im J. 1824 dafuͤr einen Preis vom Institute erhielt. Mikroskop aus Demant. Man schleift in England jezt Mikroskope aus Demant, d.h. sehr kleine Linsen zu einfachen Mikroskopen, da weder die Kunst noch die Natur einen Koͤrper aufzuweisen hat, der hierzu besser geeignet waͤre, eine so ungeheure Brechungs-Kraft zugleich mir einer so geringen Zerstreuungs-Kraft und einer so geringen Laͤngen-Abweichung besaͤße. Eine Linse aus Demant von durchaus gleicher Form mit einer Glaslinse verhaͤlt sich, in Bezug auf Vergroͤsserungs-Kraft, zu lezterer wie 8 zu 5; d.h., wenn die Glas-Linse 24 Mahl vergroͤßert, vergroͤßert eine eben so große und vollkommen gleich geformte Demant-Linse 64 Mahl. Wenn eine Glas-Linse von bestimmter Form 1/75 Zoll Brennweite hat, so hat die Demant-Linse von eben dieser Form eine Brennweite von 1/200 Zoll. Die sphaͤrische Abweichung an einer plan-convexen Demant-Linse ist nur 0,949 ihrer Dike, wo sie am Glase 1,100 betraͤgt. Die Laͤngen-Abweichung ist um 1/6 geringer als am Glase. Unter allen Verbesserungen, die Dr. Goring an Mikroskopen machte, ist diese unstreitig die ausgezeichneste. Hr. Pritchard schleift jezt die Demante zu Mikroskopen am Besten. (Aus dem Quartely Journal of Science im Mechanics' Magazine N. 193, 5. Mai. S. 284.) Logarithmen-Tafeln. Hr. Babbage verglich neulich mit seinen Logarithmen-Tafeln die Tafeln fruͤherer Herausgeber von Vlacq 1628 bis auf Hutton 1822. Vega's Tafeln und Callet's (in den lezten Ausgaben) fand er allein fehlerfrei: die uͤbrigen sind an vielen, und fast alle an denselben Zahlen fehlerhaft, zum deutlichen Beweise, daß ein Herausgeber den anderen (die meisten Vlacq'n) copirten. Er verglich eine chinesische Ausgabe, und fand sie dort fehlerhaft, wo die Vlacq'sche gefehlt ist, zum deutlichen Beweise, daß die chinesischen Logarithmen europaͤischen Ursprunges sind. (Vergl. London Journ. of Arts. Mai 1827. S. 173. und Philosoph. Magaz. Mai S. 353.) Feinspinnerei in Irland. „Aus anderthalb Pfund Flachs, welcher ungefaͤhr 2 Shillings kostete, spann ein Maͤdchen Garn, das um 5 Pf. Sterl. 2 Shill. 4 1/2 Pence verkauft wurde. Aus Einem Pfund Flachs spann man 64 Gebinde (hanks) Garn, indem jede einzelne Flachs-Faser mit einer Nadel gespalten wurde; man brauchte aber 14 Tage zu Einem Gebinde. Ein junges Maͤdchen, Katharine Woods, spann so fein, daß Ein Pfund Flachs auf 700 Gebinde ging, oder einen Faden von 2,521,400 Yards in der Laͤnge (d.i. 7,564,200 Fuß.) (Aus dem Mechanics' Magazine, N. 197. 2. Juni 1827. S. 341, aus einem so eben erschienenen interessanten Werke eines Soldaten: Forty years in the world, or Sketches and Tales of a Soldiers Life.)“ Ueber den Gehalt an Nahrungs-Stoff in verschiedenen Nahrungs-Mitteln. Die HHrn. Percy und Vauquelin gaben dem Minister des Inneren vor einiger Zeit folgende vergleichende Uebersicht des Gehaltes an Nahrungs-Stoff in verschiedenen Nahrungs-Mitteln: 100 Pf. Brod halten 80 Pf. Nahrungs-Stoff  – Fleisch 35          –  – Bohnen (die Samen) 92          –  – Saubohnen 89          –  – Erbsen 93          –  – Linsen 94          –  – Gemuͤse u. weiße Ruͤben   8          –  – gelbe Ruͤben 14          –  – Erdaͤpfel 25          – Ein Pfund gutes Brod naͤhrt demnach besser als 2 1/2–3 Pf. Erdaͤpfel, und 75 Pf. Brod und 30 Pf. Fleisch kommen gerade 3 Ztn. Erdaͤpfeln gleich; oder 3/4 Pf. Brod und 10 Loth Fleisch naͤhren so gut, als 3 Pf. Erdaͤpfel. Dafuͤr naͤhrt 1 Pf. Erdaͤpfel soviel als 4 Pf. Kohl und 3 Pf. weiße Ruͤben; aber 1 Pf. Reiß, Sau- oder weiße Bohnen naͤhren soviel als 3 Pf. Erdaͤpfel. (Vergl. Gill's techn. Repos. Mai 1827, S. 268) Ueber den Einfluß des Duͤngers auf den Geschmak der Gewaͤchse, und des Futters auf den Geschmak des Fleisches der Thiere hat Hr. Dr. Mitchill in der New-York Horticultural Society 1826 eine Abhandlung vorgelesen, von welcher sich ein Auszug in dem Edinburgh New Philos. Journ. N. 4. und auch in Gill's techn. Repos. Mai, S. 158 befindet. Er enthaͤlt die laͤngst bekannten Thatsachen, daß der Geschmak der Gewaͤchse durch starken geilen thierischen Duͤnger sehr verdorben wird. Bei uns weiß jeder Brauer, daß Gerste von frisch und stark geduͤngten, vorzuͤglich mit Schafmist stark geduͤngten Aekern, ein Bier gibt, in welchem man den Duͤnger-Geruch nur zu deutlich wahrnimmt. Hr. Gill hat dem Auszuge aus des trefflichen Drs. Mitchill Abhandlung eine Bemerkung beigefuͤgt, die beachtet zu werden verdient. Er sagt naͤmlich, „daß der Geschmak des Fleisches junger Gaͤnse sehr dadurch verbessert wird, wenn man grobgepuͤlverte Holzkohle unter ihr Futter streut, die sie sehr gern fressen.“ Es scheint uns, daß man dieses Holzkohlenpulver auch den alten Gaͤnsen, vorzuͤglich jenen, die mit Oehlkuchen gemaͤstet wurden, und den Enten, deren Fleisch so thranig schmekt, mit Vortheil einige Wochen vor ihrer Schlachtung geben koͤnnte. Auch das Fleisch der Schweine, zumahl jener, die mit thierischen Abfaͤllen gefuͤttert werden, wuͤrde durch Holzkohle gewiß schmakhafter werden. Hr. Whitlaw bestaͤtigt in Gill's techn. Repos. a. a. O. S. 291 die Bemerkungen des Drs. Mitchill, und macht auf die Nachtheile fuͤr die Gesundheit des Menschen, welche durch den Genuß solcher verdorbener Gewaͤchse entstehen, aufmerksam. Ueber das Aufziehen des Feder-Viehes theilt Hr. K. Whitlaw einige Notizen in Gill's technical Reposit. Mai, S. 287 mit, die er auf seinen Reisen in Nord-America sammelte, wo man, wie er sagt, bei der unendlichen National-Verschiedenheit der Einwohner, bei den haͤufigen Verbindungen mit China und Asien in dem Haushalte und in der Kuͤche die Gebraͤuche der ganzen Welt, wie in einem Brennpuncte vereint steht. Er fand bei einem Capitaͤne, Hrn. Dunn, der sorgfaͤltig die Eyer des Hausgefluͤgels der Chinesen sammelte, und die chinesischen Rassen in Nord-America verbreitete, eine Rasse Huͤhner, die durch Kreuzung des englischen Huhnes mit dem großen Malayschen Huhne entstanden war, und die sowohl in Hinsicht auf Groͤße als Schmakhaftigkeit des Fleisches sich vor allen uͤbrigen auszeichnet. Da der Winter in den noͤrdlich gelegenen Staaten Nord-Americas sehr streng ist, so muß man fuͤr das Hausgefluͤgel geheizte Staͤlle unterhalten. Man heizt sie mittelst Dampfroͤhren, die aus einem Dampfkessel gehizt werden, der 50 Gallons Wasser faßt, (was fuͤr einen 80 Fuß langen Huͤhnerstall hinreicht), und zugleich zu Bereitung des Futters dient, und haͤlt die Waͤnde und Deken, die mit sogenanntem roͤmischen Moͤrtel uͤberzogen sind, so rein als moͤglich, damit sich kein Ungeziefer an denselben halten kann. Gewoͤhnlich sind diese Staͤlle in vier Abtheilungen gebracht, wovon die erste zum Bruͤten und Aufziehen der jungen Huͤhner, die zweite fuͤr die sogenannten Indianen oder Truthuͤhner, die dritte fuͤr Enten, die vierte fuͤr die Gaͤnse bestimmt ist. Man fuͤttert das junge Gefluͤgel mit Erdaͤpfeln, Moͤhren, Sellerie und Abfaͤllen von Gemuͤsen, und sezt Gerste, Haber, Erbsen, Mehl, Milch etc. zu. Den Huͤhnern, die den Winter uͤber Eyer legen sollen, gibt man etwas gepuͤlverte Austerschalen unter ihr Futter, damit sich die Schale ausbilden kann, und auch etwas gepuͤlverten Schiefer, wodurch die Eyer einen feiner en Geschmak bekommen sollen. Man zieht in Nord-America eine Ente, die unter den Namen Canvas-back Duck bekannt ist, und die das schmakhafteste Fleisch unter allen Enten haben soll. Sie frißt bloß Koͤrner, Wurzeln, und Gras, und ihr Fleisch ist eben so gesund, als das Fleisch jener Enten, die immer nur vom Unrathe anderer Thiere leben, und ihre vorzuͤgliche Nahrung aus der Mistpfuͤze hohlen, bekanntlich ungesund ist. Das Ausbruͤten der jungen Huͤhner mittelst kuͤnstlicher Waͤrme, durch Dampf oder Ofen-Waͤrme entspricht den Erwartungen nicht: die junge Brut gedeiht nicht so gut, als wenn alte dabei sind. Man hat daher in den Huͤhnerstaͤllen gemauerte, sehr rein gehaltene Nester angebracht, die mit Matten ausgefuͤttert sind, um gehoͤrig warm und immer rein gehalten werden zu koͤnnen. In der Abtheilung fuͤr die Enten und Gaͤnse sind kleine Bassins angebracht, in welchen die Thiere schwimmen, und sich reinigen koͤnnen: man laͤßt die heizenden Dampfroͤhren in diesen Bassins sich enden, um das Wasser etwas zu waͤrmen. Man fuͤttert diese Thiere, wie die Huͤhner, gibt ihnen aber mehr Gemuͤse, und auch Klee und gruͤne Saat. Literatur. Deutsche. Praktische Anleitung zum Seidenbaue. 8. Berlin 1827. von Aug. Petsch, 74 S. (Mit einer Platte.) Je mehr Schriften uͤber einen allgemein nuͤzlichen Gegenstand (vorausgesezt, daß man in dem Lande, in welchem sie erscheinen, auch liest, und nicht bloß ißt und trinkt, und hoͤchstens an Petri Canisii duͤrren papiernen Knochen nagt) desto besser; das Landvolk wird aufmerksam gemacht auf Mittel, sich die Tilgung seiner Steuern zu erleichtern, und sich Wohlstand zu verschaffen, waͤhrend es zugleich den Wohlstand der Staͤdter vermehrt. Wir haben immer gesagt, Preußen wird der erste Staat in Deutschland seyn, der vom Seidenbaue Nuzen ziehen wird, und unsere Vorhersagung scheint jezt schon in Erfuͤllung zu gehen: denn in Preußen hat die Regierung von jeher mehr auf Cultur des Bodens und der Koͤpfe, auf Foͤrderung der mathematischen und naturhistorischen Wissenschaften gesehen, als in anderen Laͤndern nicht geschah, wo philosophischer Schnikschnak, theologischer Mysticismus, Fanatismus und Jesuitismus, und peristische Alfanzerei allein fuͤr Wissenschaft gelten und allein gefoͤrdert, Mathematik, Physik, Chemie, Botanik, Zoologie wo nicht unterdruͤkt, wenigstens doch nicht hinlaͤnglich gefoͤrdert werden. Waͤhrend der preußische Landmann die Muße, die die lezte Haͤlfte des Maien und des Junius bis zur Ernte ihnen gewaͤhrt, anfaͤngt zur Wartung und Pflege der Seidenraupen zu benuͤzen, wallfahrtet der bayerische Bauer nach Alten-Oettingen etc., und freut sich oft dreier Feiertage in Einer Woche. So lang dieses noch in Bayern fortbesteht, wird Seidenzucht in diesem Lande nicht recht gedeihen, und wenn die Seidenraupen Sauerkraut statt Maulbeerblaͤttern fraͤßen. Man hoͤrt bei uns immer uͤber die niedrigen Getreidepreise, die hohen Steuern klagen, und statt daß man auf Nebenverdienste durch Cultur von Gewaͤchsen, die auch außer dem Getreide Beduͤrfniß sind, und uͤberall Absaz haͤtten, und die wir sogar aus dem Auslande kommen lassen muͤssen, Ruͤksicht nimmt, vertroͤdelt man seinen lezten Kreuzer zu den unnuͤzigsten Dingen. Wuͤrde jeder Bauer bei uns nur 5 Pf. Seide ziehen, was er unter seinem uͤbergroßen Hausdache leicht koͤnnte, so haͤtte er damit alle Steuern und Abgaben gedekt, und diese ganze Arbeit kostete ihm nur 6 Wochen! Aber er muß zur schwarzen Mutter Gottes! Als wenn die weiße nicht eben so gut waͤre, die er in seiner Pfarre ja eben so gut taͤglich anbeten kann. Wir finden vorliegendes kleine Werk fuͤr den Unterricht der Landleute im Seidenbaue allerdings brauchbar. Der Verfasser faͤngt mit Aufzaͤhlung der Geraͤthe an, die man zum Seidenbaue nothwendig hat; bestimmt im 1. §. das sogenannte Locale, beschreibt im 2. die Geruͤste, im 3. die Anlage der Spinnhuͤtten, im 4. die Zubereitung zu den Reisern, im 5. die Rahmen. Wir fanden die Anweisung zu Errichtung aller dieser nothwendigen Apparate zwekmaͤßig und gut, wuͤrden sie aber anders gereiht haben. Weniger befriedigt hat uns der I. §. des II. Abschn., wo von dem Ausbruͤten der Eier die Rede ist. Hier wuͤnschten wir, daß der Hr. Verf. die Werke der Italiaͤner und suͤdl. Franzosen zu Rathe gezogen, und die von denselben gegebenen Regeln genau befolgt haͤtte. Besseres als Dandolo kann man doch wahrhaftig uͤber Seidenbau oder vielmehr uͤber Seidenraupenzucht nicht schreiben, und was in Italien gilt, gilt bei uns um so mehr, als wir durch unsere Oefen das sogenannte Klima, d.h. die Temperatur, in unserer Gewalt haben, was der Italiaͤner nicht hat. Es ist leichter bei uns Seide zu ziehen, als in Italien, im suͤdl. Frankreich und in England, wo man seine Zimmer nicht so leicht und gleichfoͤrmig erwaͤrmen kann, wie bei uns. Wir sind uͤberzeugt, daß der Hr. Verf. diesen wichtigen § umarbeiten wird, wenn er Italiaͤner und Franzosen studirt haben wird; und ebenso auch §. 2. naͤhere Bestimmung der Temperatur. §. 3. Beschaffenheit der Luft in dem Seidenbauzimmer und Reinigung derselben, §. 4. Hindernisse eines gluͤklichen Erfolges bei dem Seidenbaue sind besser gerathen; obschon §. 33. f. die Geschichte vom Tobakrauche als cum hoc, aber nicht propter hoc, zu betrachten ist. Denn daß Tabakrauch den Seidenraupen nicht schadet, wissen wir aus Erfahrung. Eine Tabagie darf freilich nicht in der Stube seyn, wo man Seidenraupen zieht. Auch uͤber die Art, die Seidenraupen zu fuͤttern und zu behandeln, §. 5, 6, 7, 8, 9, koͤnnen wir nicht ganz mit dem Hrn. Verf. einverstanden seyn, und verweisen ihn auf Dandolo etc. Eben dieß gilt auch von §. 10, von dem Einbringen der Spinner in die Huͤtten. §. 11. Auswahl der Samencocons ist sehr gut. §. 12. Haͤtte statt des Toͤdtens in Bakoͤfen das Toͤdten mit Dampf empfohlen werden sollen. Der Rath §. 14, die Maͤnnchen „im Nothfalle“ zwei Mahl zu gebrauchen, ist ein gefaͤhrlicher Rath, der schlechte Rasse gibt. Was liegt an einigen Duzend Cocons! Wenn wir auch mit dem Hrn. Verf. nicht uͤberall uͤbereinstimmen koͤnnen, und sicher sind, daß er sich spaͤter selbst von mancher Unrichtigkeit, die er hier aͤußerte, uͤberzeugen wird, so sind wir gleichfalls uͤberzeugt, daß sein kleines Werk die Aufnahme der Seidenzucht foͤrdern, und daß jeder zufrieden seyn kann, wenn er bei derselben auch nur soviel gewinnt, als der Hr. Verfasser. Das Plus kommt oft erst am Ende einer langen Reihe von Operationen heraus, in welcher man immer Minus mit Minus multipliciren mußte. Unsere Landleute werden dieses Werk wenig benuͤzen koͤnnen, auch wenn sie solche Werke lesen wuͤrden: indem sie dieser Leseart nicht kundig sind. Fuͤr sie muͤßte alles, was ihnen nuͤzen soll, in Form eines Katechismus geschrieben werden; eine Form, die bei Gegenstaͤnden des Wissens weit schwerer zu treffen ist, als bei Gegenstaͤnden des bloßen Glaubens.