Titel: Historische Notiz über das neue Schifffahrts-System unter Wasser mit Bothen, deren Boden man nach Belieben öffnen kann, und über eine neue Art zu tauchen und eine beliebige Zeit unter Wasser zu bleiben, ohne alle Verbindung mit der äußeren Atmosphäre.
Autor: Joseph August Schultes [GND]
Fundstelle: Band 27, Jahrgang 1828, Nr. XXX., S. 104
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XXX. Historische Notiz uͤber das neue Schifffahrts-System unter Wasser mit Bothen, deren Boden man nach Belieben oͤffnen kann, und uͤber eine neue Art zu tauchen und eine beliebige Zeit unter Wasser zu bleiben, ohne alle Verbindung mit der aͤußeren Atmosphaͤre. Schreiben des Hrn. M. Dr. u. Profs. Jos. Aug. Schultes an den Herausgeber; dd. Landshuth den 1. Jaͤner 1827. Schultes's historische Notiz uͤber das neue Schifffahrts-System unter Wasser. Ich habe Ew. Wohlgeboren vor zwei Jahren mit einem Aufsaze uͤber meinen neuen Taucher-Apparat behelligt, den Sie in Ihrem Journale aufzunehmen die Guͤte hatten.Polytechn, Journ. B. XVIII. 2. H. S. 176. Ich war in dem Wahne, dadurch die Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand zu erregen, der Beherzigung in jedem Staate verdient, oder am Meere gelegen ist, und ich wollte dadurch zugleich mein Eigenthum, meine Erfindung, vor fremden Eingriffen sichern. Mein Schreiben an die Redaction des Mechanics' Magazine, in welchem ich meine Anspruͤche auf eine Vorrichtung zum Tauchen unter Wasser ohne Verbindung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft, welche ein Hr. T. B. in N. 96, 1825, S. 185 einruͤken ließ, geltend machte, und welches Sie in Ihrem Journale aufnahmen, wurde in demselben nicht aufgenommen. Da Ihr Journal in England gekannt ist, und Aufsaͤze und Zeichnungen aus Ihrem Journale in englische Journale aufgenommen werden, so wuͤrde man es wenigstens der Muͤhe werth gefunden haben, mich zu widerlegen, wenn man es vermocht haͤtte, da man unbillig genug war, mein Schreiben nicht einzuruͤken. Ich konnte mich indessen mit dem alten: qui tacet, consentire videtur, troͤsten. Bis dahin war Alles nur auf dem Papiere. Nun finde ich aber meinen Tauch-Apparat, mein Both, um mit demselben unter Wasser zu fahren, ausgefuͤhrt, ausgefuͤhrt so, wie ich es beschrieben habe, und derjenige, der es ausfuͤhrt, der verschert, Alles gelesen zu haben, was uͤber Taucherkunst geschrieben ist, auch die auslaͤndischen Journale, mit einem Worte Alles, schreibt die Erfindung sich zu, und erwaͤhnt meiner Wenigkeit mit keinem Worte. Er hat allerdings die Ehre, der Erste gewesen zu seyn, der meine Maschine ausfuͤhrte, und die Richtigkeit meiner Theorie durch Versuche und Erfahrungen erprobte, und bei einem solchen Verdienste, das ihm Niemand rauben wird, haͤtte er auch dem wahren Erfinder seine Ehre lassen und ihn wenigstens nennen sollen. Allein, wenn er dieß gethan haͤtte, wuͤrde er sein Patent-Recht verloren haben, indem man kein Erfindungs-Patent auf das geben kann, was bereits fruͤher erfunden wurde, meine Erfindung aber in Frankreich seit dem Jahre 1796 in dem Haufe des Grafen v. Fourcroy bekannt war, und nun seit 1825 oͤffentlich in der Welt bekannt ist. Der gute Mann fuͤrchtete vergebens, daß ich ihm sein Patent streitig machen wuͤrde, denn ich wuͤrde auf meine Erfindung nie und nimmermehr ein Patent genommen haben; 1) weil ich, nach meinen naturrechtlichen Grundsaͤzen, mit Kaiser Joseph dem Unsterblichen, jedes Patent und jedes Privilegium als crimen laesae humanitatis betrachte, und fest uͤberzeugt bin, daß kein Mensch auf Erden das Recht hat, den anderen zu hindern, dasjenige zu thun, was er selbst thut, vorausgesezt, daß dieses etwas Gutes ist und der Gesellschaft Nuzen bringt: denn alle Menschen haben gleiche Rechte auf alles Gute. Es ist die Pflicht weiser Staatsverwaltungen, auf demselben Wege, den Kaiser Joseph ihnen vorzeichnete, das Gute zu foͤrdern, im Volke, in der Welt zum Dienste der Menschheit zu verbreiten, nicht aber dadurch zu hindern und zu beschraͤnken, daß sie einem einzelnen Individuum fuͤr einige Stuͤke Geldes das ausschließliche Recht ertheilen Gutes zu thun, und Hunderttausende daran hindern und in Fesseln schlagen. „Kein Monopol! Keine Privilegien! Keine Patente!“ rief Kaiser Joseph, und kuͤnftige Jahrhunderte werden seinen Ruf erhoͤren, wenn man in dem unsrigen taub gegen die Stimme der Menschheit bleiben will. 2) Weil ich aus Erfahrung weiß, und weil jeder, der es nicht weiß, sich durch die Geschichte der zahllosen Processe uͤber Patent-Rechte in England und Frankreich sich hiervon uͤberzeugen kann, daß kein Patent das Eigenthum einer Erfindung zu sichern vermag. Wenn Einer einen Nagel an einer Maschine, den der Erfinder links an derselben eingeschlagen hat, rechts einschlaͤgt, und dieß eine Verbesserung zu nennen beliebt, so hat er das Recht, auf diese Verbesserung ein Patent zu nehmen, und der Erfinder ist um seine Erfindung und um das Geld, das er fuͤr Patentisirung derselben bezahlt hat, geprellt. Daher jezt der allgemeine, laute Wunsch aller Gewerbsleute in England um Aufhebung des alten Patent-Wesens, oder vielmehr Unwesens; daher die in beiden Kammern Frankreichs so oft schon vorgekommenen Antraͤge um Reform der Patent-Geseze, die so wie Alles, was in seiner Grundidee schlecht und fehlerhaft ist, keiner Reform faͤhig sind, sondern aufgehoben werden muͤssen. Man erfindet nicht immer etwas, um davon unmittelbar Nuzen zu ziehen; man erfindet auch etwas, um Wissenschaften und Kuͤnste zu foͤrdern, und der Menschheit zu nuͤzen. Solche Erfinder, denen ihr Bauch nicht ihr Gott ist, und die nicht, wie gemeine Thiere, aus jedes Menschen Hand Brod fressen, lassen sich das, was ihnen angehoͤrt, durch kein Patent-Recht rauben; sie theilen jedem von dem Ihrigen mit, wenn man etwas davon von ihnen verlangt; man darf sie nicht fuͤrchten; man darf sie kuͤhn bei ihrem Namen rufen. Ich haͤtte Ihnen eine lange tragisch-komische Geschichte zu erzaͤhlen, wenn ich Ihnen alle die Ergebnisse, alle die Aeußerungen und Urtheile, die ich im Verlaufe von 30 Jahren bei Mittheilung meiner Ideen an Freunde sowohl, als an Maͤnner, die ich fuͤr besser unterrichtet hielt, als mich selbst, erfuhr, hier aufzaͤhlen wollte. Dem war die Sache so einfach, daß sie, wenn sie ausgefuͤhrt werden koͤnnte, schon seit Erfindung der Windbuͤchsen haͤtte angewendet und benuͤzt werden muͤssenEs ist in der That sonderbar, daß, je einfacher und klarer eine Idee ist, durch welche man einer Sache so zu sagen auf den Grund sehen kann, desto mehr die meisten Menschen vor derselben zuruͤkbeben. „Nein! Das ist gar zu einfach! Das kann nicht seyn!“ Dieß ist der Ausruf, mit dem so oft das Siegel der Wahrheit, das Simplex veri sigillum, zerbrochen, statt geloͤset wird. Ich habe jezt seit ungefaͤhr viertehalb Jahren in einem oͤffentlichen Krankenhause oͤffentlich an 600 Kranke behandelt, unter welchen viele sehr schwer und gefaͤhrlich darnieder lagen. Es starb nur, die sterbend uͤberbrachten und Lungensuͤchtigen mit eingerechnet, der vierzigste, und ich brauchte an Arzeneien fuͤr jeden Kranken nur 3 kr. taͤglich. Nein, das ist zu einfach! rufen die Aerzte, in deren Spitaͤlern jeder zwoͤlfte Kranke stirbt, und jeder Kranke an Arzeneien taͤglich 24 kr. kostet!; jenem war eine Windbuͤchsen-Flasche eine zu complicirte Vorrichtung an einer Tauchergloke; ein Dritter – ein Mann, den ich hoͤher als Alles achtete, und noch achte – wies mein Ansuchen um seine Huͤlfe zur Ausfuͤhrung mit der Frage zuruͤk: ob ich Frosch oder Fisch werden wolle? Ein anderer fuͤrchtete, daß, wenn diese Maschine ausgefuͤhrt wird, der Seekrieg noch menschenfressender werden wuͤrde. Ein anderer bemerkte, daß die Regierungen der See-Staaten die Einfuͤhrung dieser Maschine nie zugeben wuͤrden, indem dadurch das Schmugeln nur noch mehr betrieben wuͤrde, und so koͤnnte ich Ihnen eine Iliade von Einwuͤrfen und Zuruͤckweisungen anfuͤhren. Ich fand uͤberall, selbst bei denjenigen, die ich fuͤr meine Freunde hielt, statt Unterstuͤzung nur Gleichguͤltigkeit, Verachtung und sogar Hohn. Nur Fourcroy und Baron v. Cotta, der alles Gute foͤrdert, nahmen, aber mit gleichem Erfolge wie ich, einigen Antheil an meiner Erfindung. Indessen ist diese meine Maschine jezt ausgefuͤhrt. Es ist durch Versuche erwiesen, daß man mittelst eines Vorrathes von zusammengedruͤkter Luft in Windbuͤchsen Stunden lang ohne alle Verbindung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft unter Wasser leben und arbeiten kann. Das Seeministerium in Frankreich hat die Sache von einer eigenen Commission pruͤfen lassen und gut gefunden. Das Ministerium des Inneren hat sogar ein Gratis-Patent!!! daruͤber ausgefertigt. Es hat sich bereits eine Gesellschaft gebildet, um von diesem Patente alle Vortheile zu ziehen. Soviel kann ich denjenigen, die, statt eine gute Sache zu foͤrdern, dieselbe mit Verachtung und Hohn zuruͤkweisen, zu ihrem Troste eroͤffnen: moͤchten sie darin dieselbe Beruhigung finden, die ich endlich auch ohne ihre Beihuͤlfe gefunden habe: „daß ich der Thor nicht war, fuͤr den man mich gehalten.“ Ich sende Ihnen hier eine woͤrtliche Uebersezung der oben erwaͤhnten Notice historique sur le nouveau Systême de navigation sous-marine, avec des bateaux à fonds ouverts à volonté, par Mr.Beaudouin des Andelys, communiquée par un de nos correspondans im Recueil industriel, N. 10, S. 41, mit einigen Anmerkungen, damit Sie, und wenn Sie davon oͤffentlichen Gebrauch machen wollen, das Publicum diese Notiz mit meinem fruͤheren Schreiben vom J. 1825 vergleichen koͤnnen. Wer die Geschichte der Erfindungen kennt, weiß auch, daß man bloß eine Erfindung bekannt machen darf, um alsogleich eine Menge Anspruͤche auf dieselbe dadurch zu weken. Eine Erfindung, ein Verfahren, das Jahre lang vergraben lag, findet sich, in dem Augenblike, als sie an das Tageslicht tritt, in dem Kreise einer zahlreichen Familie von Bruͤdern und Schwestern. Jeder Erfinder will, um seinem Kinde Legitimitaͤt zu geben, der Erste gewesen seyn, und fuͤhrt die Zeit an, wo er die erste Idee zu derselben empfing, wo der erste Keim derselben sich entwikelte, und nicht selten zankt man sich und fuͤhrt Processe, ehe man sich uͤberzeugte, ob die Erfindungen, uͤber welche man streitet, auch nur die mindeste Aehnlichkeit unter einander haben. Wir sind weit entfernt, uns hieruͤber zu wundern: bei den einen ist es ein edles Gefuͤhl, die Furcht fuͤr einen Plagiarius zu gelten, die sie hierzu treibt; bei den anderen ist es das hoͤchste Interesse, Erhaltung seines EigenthumesSie werden vielleicht ohne meine Bemerkung bemerken, daß dieser Eingang zur Beschreibung einer Erfindung einer Excusatio non petita gleich steht. Es ist nicht die Sprache, nicht die Sicherheit des Ausdrukes eines Erfinders. Wer die Geschickte der Erfindungen kennt, weiß nicht bloß das, was der Korrespondent des Industriel oben anfuͤhrt, sondern auch das, daß die wenigsten Erfinder einer im Großen wahrhaft nuͤzlichen Sache irgend einen Lohn fuͤr ihre Erfindung hatten. Die meisten starben im Elende. Es geht ihnen, wie dem armen Bergmanne, der das Gold aus dem Schoße der Erde foͤrdert, wie dem armen Neger, der in Brasilien Demanten graben muß, und kaum Brod dabei gewinnt; fuͤr ihn hat Gold und Demant keinen Werth; was er ausgrub, erhaͤlt erst in jenen Haͤnden Werth, und bringt erst denen Genuß, die nie gegraben haben. Der wahre Erfinder kann nie daran denken, daß es moͤglich ist, ihn fuͤr einen Plagiarius zu halten; denn er weiß nur zu wohl, daß das Ding selbst aus ihm hervorgegangen ist, und daß kein Gott ihm das Nehmen kann, was er erfunden hat. Ich fordere jeden auf, mir nachzuweisen, daß vor dem Jahre 1792 ein Mensch daran dachte, Windbuͤchsen zum Tauchen zu verwenden. Daß ich damahls aber mich damit beschaͤftigte, dafuͤr kann ich stuͤndlich zwei Zeugen stellen: Hrn. Dr. J. U. Handschky zu Wien, und Hrn. Dr. Gegenbauer, Badearzt zu Toͤplitz. Hr. Beaudouin hat zu erweisen, daß er Ao. 1792 diese Idee hatte, und sich mit ihrer Ausfuͤhrung beschaͤftigte.. Aus dem einen wie aus dem anderen Grunde theilen wir hier diese Noriz mit. Ihr Zwek ist, das Publicum, und vorzuͤglich die Seeleute und Capitalisten aufmerksam zu machen: 1) Auf die Vorarbeiten des Hrn. Beaudouin von dem Augenblike, wo seine Ideen sich fest stellten bis zu dem Augenblike, wo er unentgeltlich ein Patent (Brevet) erhielt. 2) Auf sein Schifffahrts-System unter Wasser; nur in einer summarischen Beschreibung und in so weit sie nothwendig ist, um die Moͤglichkeit der Ausfuͤhrung desselben zu zeigen. 3) Auf die Vortheile, die dieses System der Regierung, dem Handel, der Industrie gewaͤhrt, und die Anwendung, die man hiervon machen kann. 4) Auf die Reclamationen, die man in den Journalen uͤber die Erfindung des Hrn. Beaudouin machte, und auf die Antworten, die er seinen Gegnern geben kann. 5) Auf die Anstalten, die bereits von einer Gesellschaft getroffen wurden, um alle moͤglichen Vortheile von den vielen Anwendungen zu ziehen, die man von diesem neuen Systeme, nach dem guͤnstigen Urtheile der von der Regierung hierzu abgeordneten Special-Commissaͤre, mit Recht erwarten kann. 1. Vorarbeiten. Seit langer ZeitSeit wie viel Jahren? Ein ordentlicher Kuͤnstler schreibt unter seine Werke die Jahrzahl wenigstens, wenn nicht den Tag. hat Hr. Beaudouin, Landsmann des Hrn. Brunel, eines franzoͤsischen Baumeisters, auf dessen Besiz England zu unserem Verderben stolz ist, und des Aeronauten Blanchard sich Untersuchungen hingegeben, die ihn zur Ausfuͤhrung seines Lieblings-Projectes leiten konnten. Fremde Journale, Schriftsteller, Mechaniker, Alles wurde von ihm gelesen und zu Rathe gezogen, um sich zu uͤberzeugen, daß seine Mittel zu tauchen noch nicht bekannt warenWenn Hr. Beaudouin „fremde Journale und Alles“ (journaux étrangers- tout) zu Rathe gezogen hat, so mußte ihm auch das Mechanics' Magazine, in welchem man meine Idee zuerst auffuͤhrte, und Dingler's Journal nicht fremd geblieben seyn, in welchem seine Erfindung schon im J. 1825 deutlich beschrieben ist. Es ist also entweder unrichtig, daß er Alles gelesen hat, oder daß Er diese Erfindung gemacht hat; eines von beiden ist unwahr.; denn in den sogenannten nuͤzlichen Kuͤnsten muß man vor Allem dafuͤr sorgen, daß man dem Publicum nicht etwas auftischt, uͤber welches die oͤffentliche Meinung oder die Erfahrung bereits entschieden hat. Man besiegt selten die eine, und wird die andere nie widerlegen koͤnnen. Unter den Mechanikern, welche Hr. Beaudouin zu Paris besuchte, befand sich Hr. Castéra. Er wußte, daß lezterer sich mit aͤhnlichen Untersuchungen beschaͤftigte, und schlug ihm daher vor, die Erfindung gemeinschaftlich zu benuͤzen, und mit vereinten Kraͤften zu arbeiten, um davon Vortheil zu ziehen. Hr. Beaudouin hat Zeichnungen, Plane und Mittel zur Ausfuͤhrung Hrn. Castéra mit vollem Vertrauen geliefert. Die gemeinschaftliche Benuͤzung sollte nur in dem Falle Statt haben, wenn Hr. Beaudouin unentgeldlich ein Patent erhielte. Dieser glaubte ein Recht hierauf zu haben, und da der Minister des Innern diese Bitte abschlugEs muß sehr troͤstlich fuͤr gewisse Minister seyn, Ihren Hrn. Collegen in Frankreich in demselben Falle zu sehen, in welchem sie sich selbst oft befinden, naͤmlich das Gute, der Majestaͤt des Koͤniges und den Kammern zum Troze, mit aller ministeriellen Gewalt zu hindern., so hatte diese Verbindung keine weitere Folge. Diese Thatsachen, aus welchen wir noch mehr folgern koͤnnten, sind durch den Briefwechsel des Hrn. Castéra erwiesen. Von diesem Augenblike an glaubte Hr. Beaudouin seinen Muth nicht verlieren zu duͤrfen, und entscheidende VersucheDieß wird Hrn. Beaudouin zu ewiger Ehre gereichen, und nichts wird ihm den Ruhm streitig machen, dasjenige gluͤklich ausgefuͤhrt zu haben, was andere nur als ausfuͤhrbar vorlegen konnten, indem es ihnen unmoͤglich war, Versuche anzustellen. Als ich noch zu Wien lebte, wo ich Kuͤnstler zu Gebothe hatte, wollte ich, solang der Krieg waͤhrte, keinen Versuch anstellen, theils weil ich erwartete, Fourcroy oder seine Freunde wuͤrden Versuche anstellen lassen, theils weil ich besorgte, daß bei der Einfachheit meiner Vorrichtung, die jeder Pontonnier beim ersten Blike begreifen muß, Mißbrauch davon gegen die Alliirten meines urspruͤnglichen Vaterlandes gemacht werden koͤnnte. Als ich spaͤter in mein Vaterland zuruͤk kehrte, fand ich in der Stadt, in der ich 18 Jahre lang lebte, nicht einen Klempner, der eine luftdichte Kugel, viel weniger eine, die einen Druk von 80 bis 100 Atmosphaͤren auszuhalten vermag, verfertigen konnte; in der Hauptstadt selbst keinen Kuͤnstler, der einen tragbaren Gasapparat verfertigen konnte. Ich war an meine Theorie geschmiedet, wie Prometheus an den Fels am Kaukasus, und die Maͤnner, die ich zur Pruͤfung meiner Theorie durch Versuche aufforderte, die ihnen nichts gekostet haͤtten, wuͤrdigten mich nicht ein Mahl einer Antwort. Hr. Beaudouin hat durch Versuche die Richtigkeit meiner Theorie erwiesen, und dafuͤr bin ich ihm den herzlichsten Dank schuldig, den ich ihm mit Vergnuͤgen auch dann zollen wuͤrde, wenn ich wuͤßte, daß er meine Ideen fuͤr die seinigen ausgibt. Es ist moͤglich, daß er dieselben Ideen hatte, ohne von den meinigen etwas zu wissen; (les beaux esprits se rencontrent toujours, sagen seine Landsleute) aber dann hat er sie nicht fruͤher gehabt, und hat nicht, wie sein Advocat sagt „Alles“ gelesen. seinen fruͤheren Mittheilungen an das Ministerium beifuͤgen zu muͤssen, indem er dadurch neue Anspruͤche zu gewinnen hoffte, um spaͤter von diesem Minister eine ehrenvolle Ausnahme zu erhalten. Entbunden von jedem Versprechen, und Herr und Meister seiner Erfindung, von der er nun jeden Vortheil ziehen konnte, reiste Hr. Beaudouin nach Andelys, wo er am 8. und 9. Mai seine Versuche anstellte. Alle Journale haben davon gesprochen, und das von den Ortsbehoͤrden hieruͤber aufgenommene Protokoll ist zu genuͤgend, als daß wir es hier nicht mittheilen sollten. 13. Mai 1827. „Wir, Maire und Adjunct der Stadt des Andelys, Hauptort des Bezirkes, Dept. de l'Eure, bezeugen und beurkunden fuͤr Alle, denen daran liegt, die Wahrheit und Richtigkeit folgender Thatsachen.“ „Hr. Beaudouin, der aͤlteste Sohn, aus Andelys, Erfinder des Taucherbothes, le Dauphin genannt, hat uns eingeladen bei dem entscheidenden Versuche, den er in der Seine, unter dem Schloße Gaillard am 9. des laufenden Monates um 7 Uhr Abends anstellen wollte, gegenwaͤrtig zu seyn, und wir haben seinem Ansuchen willfahren.“ „Punct sieben Uhr bestieg Hr. Beaudouin sein Both le Dauphin durch eine oben angebrachte Oeffnung. Alle Verbindung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft wurde ihm auf der Stelle abgeschnitten. Das Untertauchen fing an. Es geschah regelmaͤßig und mit kluger Langsamkeit, und dauerte 17 Minuten. Um 7 Uhr 14 Minuten war das Both vor den Augen der Behoͤrde und den zahlreichen Zuschauern an den Ufern und auf den Schiffen verschwunden. Der Dauphin blieb 44 1/2 Minuten lang in einer Tiefe von 18 Fuß versenkt. Schon fruͤher und lang hatte sich die aͤußerste Unruhe der Zuschauer auf die lebhafteste Weise zu erkennen gegeben: wir befahlen demnach den Bothsknechten, den Dauphin schnell wieder herauf zu foͤrdern, der auch bald wieder erschien. Hr. Beaudouin antwortete, eingesperrt in seinem Bothe, mit lauter Stimme auf den Zuruf, der an ihn erging, und die allgemeine Angst hatte nun ein Ende. Als er aus dem Bothe ausstieg, beklagte er sich lebhaft, daß man ihn sobald zuruͤkrief, da sein Luftvorrath noch lang nicht erschoͤpft war.“ „Hr. Beaudouin blieb also 61 1/2 Minuten lang ohne alle Verbindung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft, von welchen er 13 1/2 Minuten zum Untertauchen brauchte, 44 1/4 Minuten vollkommen untergetaucht blieb,   3 3/4 Minuten zum Aufsteigen, Oeffnen der oberen Klappe etc. brauchte. In Allem ––––– 61 1/2 Minuten.“ „Das Both le Dauphin faͤhrt mit offenem Boden und ist in staͤter Verbindung mit dem Flußbette. Der zur Erhaltung des Lebens seines Erfinders und Leiters (inventeur-directeur) noͤthige Apparat ist in dem Inneren desselben angebracht.“ „Urkunde dessen haben wir Gegenwaͤrtiges ausgefertiget.“ „Andelys, d. 13. Mai 1827. Labour, Maire. A. L. Michel, Adjoint.“ „Gesehen zur Legalisirung der Unterschriften Labour und Michel, Maire und Adjoint der Stadt d'Andelys.“ „Aux Andelys, d. 16. Mai 1827. Der Unter-Praͤfect. Der Graf De Boury. „Aus dieser legalen und officiellen Urkunde erhellen demnach 5 merkwuͤrdige Thatsachen: 1) daß Hr. Beaudouin mehr dann eine Stunde lang unter Wasser blieb; 2) daß er noch laͤnger haͤtte unter Wasser bleiben koͤnnen; 3) daß das Both, welches 160 Ztr. (16 Milliers) wog,Das ist viel zu schwer! Das Both koͤnnte fuͤglich zehn Mahl leichter seyn. 18 Fuß tief tauchte; 4) daß Hr. Beaudouin auch in dieser Tiefe nicht aufhoͤrte mit aͤußeren Gegenstaͤnden in Verbindung zu bleiben, weil er mit lauter Stimme den an ihn gerichteten Ruf beantwortete; 5) endlich, daß kein Hinderniß, kein Unfall Hrn. Beaudouin hinderte, alle seine Bewegungen und Manoeuvers auszufuͤhren; daß er, nach Belieben, wieder uͤber dem Wasser erschien, d.h. auf das wegen der Aengstlichkeit der Zuschauer gegebene Zeichen.“ Mit dieser Urkunde versehen kam Hr. Beaudouin wieder nach Paris, um vor den Behoͤrden, die bei der Anwendung seines Systemes interessirt sind, zu erscheinen. Er widmete seine Entdekung dem Großadmirale Frankreichs unter den Auspicien des Seeministers, des Hrn. Grafen de Chabrol, welcher die Ernennung einer Commission befahl. Am 30. Mai antwortete ihm Sr. Exc., daß sie zu dieser Commission den Hrn. Rolland, General-Inspector des See-Geniewesens, Hrn. Boucher, Unterdirector der Hafen, und Hrn. Marestier, See-Ingenieur ernannt habe. Man erkennt an dieser Wahl den aufgeklaͤrten Schuz, welchen S. K. Hoh., Monseigneur le Dauphin, und Sr. Exc. der Graf Chabrol allem Nuͤzlichen ertheilen, und den Wunsch Sr. Exc., eine gruͤndliche und helle Pruͤfung von diesen ausgezeichneten Officieren vornehmen zu lassen, um uͤber die Vortheile dieses Systemes entscheiden zu koͤnnen. Den 18. Junius ließ dieser Minister Hrn. Beaudouin wissen, daß die Commission in ihrer Pruͤfung hinlaͤngliche Anzeigen gefunden habe, um uͤber den guͤnstigen Erfolg dieses Apparates ein guͤnstiges Urtheil vorlaͤufig aussprechen zu koͤnnen, daß sie jedoch, indem sie bisher ihre Meinung nur auf die Plane stuͤzen koͤnne, die Ansicht habe, daß, um die Mittel zur Ausfuͤhrung besser wuͤrdigen zu koͤnnen, es gut waͤre, wenn sie das Both selbst in allen seinen Theilen untersuchen und dasselbe arbeiten sehen koͤnnte. Der Minister fuͤgte bei, daß er diese Ansicht theile und beschlossen habe, daß die Commission sich nach Andelys begeben und dort den neuen Versuchen beiwohnen solle, welche Hr. Beaudouin in ihrer Gegenwart zu wiederholen hat; daß er einstweilen dem Minister des Inneren geschrieben habe, um denselben zu vermoͤgen, dem Erfinder ein Gratis-Patent (Brevet gratuit) zu ertheilen. In Erwaͤgung, daß die Commission die Wirklichkeit der vorteilhaften Resultate der ersten Versuche anerkannte; daß die Oeffentlichkeit, welche bei solchen Versuchen unvermeidlich ist, es dem Erfinder wuͤnschenswerth machen muß, daß ihm das Eigenthum seiner Erfindung zum Voraus gesichert bleibe; daß dieses Both, welches unter Wasser faͤhrt, sowohl der Regierung als dem Publicum große Vortheile gewaͤhren kann, stimmte endlich am 29. Junius 1827 der Hr. Graf Corbière dem gegruͤndeten Ansuchen seines Collegen bei, und so hatte Hr. Beaudouin sein Eigenthum definitiv durch ein Patent gesichert, das er sich noch ehe verschaffen wollte, als er nach Andelys zuruͤkkehrte, was naͤchstens geschehen wird, um durch neue Versuche vor der Commission den an ihn gemachten Forderungen schnell zu entsprechen. Wir wollen jezt eine summarische Beschreibung seines Patentes mittheilen. 2. Summarische Beschreibung des Bothes, das unter Wasser faͤhrt (bateau sous-marin). Dieses Both hat die Form der gewoͤhnlichen Bothe. Oben an demselben ist eine große Klappe, die sich nach außen oͤffnet, mit einer Drukschraube schließt, und als Thuͤre zum Eingange dient. Unten sind Klappen, die nach Belieben sich oͤffnen und schließen lassen, und mit dem Grunde des Wassers communiciren. An beiden Enden rechts und links am Koͤrper des Bothes sind zwei Arten von Kammern, die ein Magazin bilden. Sie fuͤllen sich nach Belieben mit Wasser, und zwar mittelst Luftroͤhren, die die zusammengedruͤkte Luft, welche in diesen Kammern enthalten ist, entweichen und den fluͤßigen Ballast oder das Wasser dafuͤr nach und nach eintreten lassen. Man begreift, daß man mittelst dieses Ballastes mit dem Bothe untertauchen kann.Diese Vorrichtung ist uͤberfluͤßig. Sobald die specifische Schwere des Bothes einmal bestimmt ist, kann man ohne alle diese kostbaren und muͤheseligen Umstaͤndlichkeiten das Both sinken und steigen machen. Diese von dem Nautilus entlehnte Einrichtung ließe sich nur dann mit Vortheil anbringen, wenn der Taucher mittelst meines Apparates frei und weit herumschwimmen und sich unter feindliche Schiffe legen wollte, um sie anzubohren. Wenn man in diesen Magazinen oder Behaͤltern einen leeren Raum erzeugen will, bedient man sich einer Saug- und Drukpumpe mit zwei Roͤhren, die einen Theil dieses Systemes ausmacht; indem das Both auf diese Weise leichter gemacht wird, erhaͤlt man dadurch ein Mittel, es wieder in die Hoͤhe steigen zu lassen.wie 52. Diese Pumpe steht mit den beiden Magazinen mittelst zweier krummen Roͤhren in Verbindung. Am Bothe sind Windbuͤchsen oder Behaͤlter mit zusammengedruͤkter Luft angebrachtDieß ist die Hauptsache, und darin besteht meine Erfindung, wie Sie und jeder Ihrer Leser sich aus meinem Schreiben an Sie dd. 23. Sept. 1825 in Ihrem polytechn. Journ. B. XVIII. S. 181, Zeile 17 von unten, uͤberzeugen kann., die sowohl zur Unterhaltung des Lebens des Schiffenden, als zur Bildung des leeren Raumes in den beiden Magazinen dienen, wenn man desselben bedarf. Jeder dieser Behaͤlter enthaͤlt eine hinlaͤngliche Menge Luft, um einen Menschen wenigstens 6 Stunden lang in demselben athmen zu lassen. Sie sind mit Drukklappen versehen, durch welche sie mittelst Wasser und einer Queksilber-Basis geladen werden.Wir wissen nicht in wiefern diese Weise, die Windbuͤchsen oder Luftbehaͤlter zu laden, bequemer ist, als die gewoͤhnliche gemeine. Die Luft kann in denselben auf einen Druk von 80 bis 100 Atmosphaͤren zusammengedruͤkt werden. Ein Zahnstok und ein Raͤderwerk erzeugt eine hin- und herlaufende Bewegung, wodurch das Steuerruder regiert wird.Die gewoͤhnliche Nuß-Vorrichtung und eine Schlußbuͤchse thut dasselbe. Ueberdieß sind mehrere sogenannte Ochsenaugen (oeils de boeuf, sehr convexe Glaͤser) angebracht, um Licht in das Both zu lassen, in welchem man lesen, und sogar schreiben kann.Dieß ist die uralte, eben so notwendige als treffliche, Vorrichtung, mittelst welcher Halley schon seinen Horaz in seiner Tauchergloke las. Wir uͤbergehen das uͤbrige Detail, indem man, um dasselbe gehoͤrig zu verstehen, den Plan des Bothes vor Augen haben muͤßte. Diese Bothe sind mit Matrosen bemannt, die mit Allem, was zu ihrem Dienste unter Wasser nothwendig ist, gehoͤrig ausgeruͤstet sind. Sie haben Helme von einer besonderen Form, an welcher sich zwei metallne Buͤchsen befinden, die mit zusammengedruͤkter Luft gefuͤllt sind, welche auf eine Stunde zum Athemhohlen hinreicht.Ich sagte a. a. O. beinahe mit denselben Worten S. 182: „so wird ein Heim aus verzinntem Eisenbleche oder Kupfer, in welche der Taucher-Kopf und Hals stekt, die mit einer hinlaͤnglichen Menge von Luftmagazinen etc.“ Diese Matrosen verlassen, mit diesen Helmen bewaffnet, das Both, koͤnnen um dasselbe herumgehen, und sich von demselben entfernen. Wenn sie wieder zu demselben zuruͤkkehren wollen, befestigen sie sich an einer an dem Bothe angebrachten Schnur, die sie bei ihrer Ruͤkkehr leitet. Dasselbe System, welches wir hier beschrieben haben, laͤßt sich auch vollkommen an dem Gloken-Bothe anwenden, welches die Taucher-Gloke ersezen soll. Es duͤrfen nur einige Theile in ihrem Baue etwas geaͤndert werden; so erhebt sich z.B. oben ein mit einem Hute oder Dekel versehener Schornstein, in dessen Mitte sich die Eingangs-Klappe befindet.Dieses ist ganz uͤberfluͤßig. Durch diese Klappe werden die zum Wasserbaue noͤthigen Materialien in dasselbe gebracht, ohne daß die Arbeiter, die im Grunde des Wassers arbeiten, dadurch gestoͤrt wuͤrden. Wenn es noͤthig ist, daß einige Arbeiter sich wegen besonderer Arbeiten entfernen, so erleichtert ihnen Hr. Beaudouin dieselbe dadurch, daß er sie mit einem metallnen Helme versieht.Wie oben Note 58. Dieser Helm besteht aus Buͤchsen, welche durch eine horizontale Roͤhre vereinigt sind. Sie enthalten so viel zusammengedruͤkte Luft, als nothwendig ist, den Arbeiter eine Stunde lang athmen zu lassen. Diese Roͤhre laͤuft aus den Buͤchsen in den obersten Theil des oben erwaͤhnten Helmes mittelst einer mit einem Hahne versehenen Roͤhre. Dem Munde gegenuͤber befindet sich ein Mundstuͤk, welches mit einer Ausathmungs-Roͤhre in Verbindung steht, die mit einer kleinen Klappe versehen ist.Ist ganz uͤberfluͤßig. Vor den Augen ist in der Maske ein Stuͤk Glas angebracht, wodurch der Arbeiter sehen, und seine Bewegungen leiten kann. Dieser Helm wird mittelst Riemen, die zwischen den Fuͤssen durchlaufen, und vorne geschnallt werden, befestigt.„Dieser Helm wird mittelst Riemen etc. gehoͤrig befestigt,“ schrieb ich a. a. O. S. 132, Zeile 5 von unten. Als Ballast dienen fuͤr den Arbeiter theils Gewichte, theils metallne Sohlen, die er leicht abwerfen kann.Das ist eine allen Tauchern bekannte, und in alten Taucherbuͤchern abgebildete Vorrichtung.“Hr. Beaudouin hat, wie er sich und die Commission spaͤter gewiß selbst uͤberzeugen wird, seine Vorrichtung uͤberladen. Er wird sich uͤberzeugen, daß die Hauptsache in der zusammengedruͤkten Luft in den Windbuͤchsen und in den damit versehenen Helmen besteht. Die Sache ist so einfach, daß sich nicht begreifen laͤßt, wie man sie compliciren kann. 3. Vortheile und Anwendungen des Taucher-Bothes und der Taucher-Gloke. Mehrere Ministerien koͤnnen, mit Recht, auf die verschiedenen Anwendungen der Entdekungen des Hrn. Beaudouin Anspruch machen. Der See-Minister zur Untersuchung unserer Seekuͤsten, zur Sondirung der Fluͤsse, zur Korallen- und Perlen-Fischerei etc.Es ist doch sonderbar, daß Hr. Beaudouin des Seekrieges hier mit keiner Sylbe erwaͤhnt: in diesem werden die Bateaux sous-marins (die Untersee-Bothe, wenn man sie so nennen darf), ehe noch zehn Jahre herum seyn werden, eine eben so wichtige Rolle spielen, als jezt die Brander. Vielleicht sprach er absichtlich nicht davon, indem er wohl eingesehen haben wird, wie leicht und bequem es ist, mit einem Untersee-Bothe, das sich am Kiele anlegt, ein Linien-Schiff in die Luft zu sprengen. Der Minister des Inneren zum Aufsuchen verschiedener Gegenstaͤnde der Kunst, verschiedener Alterthuͤmer, die im Grunde unserer Fluͤsse und Stroͤme begraben liegen; zur Auffuͤhrung von Wasserbauten ohne die sogenannten Kosten, wodurch der Wasserbau um vieles wohlfeiler wuͤrde. Die unmittelbarste Anwendung aber, die die wichtigsten Resultate geben muß, ist das gaͤnzliche oder theilweise Bergen der untergangenen Schiffe. Eine große Menge von Schiffen, die Kostbarkeiten und große Schaͤze enthalten, liegt im Grunde des Meeres begraben. Es laͤßt sich mit Grunde vermuthen, daß, durch das Verfahren des Hrn. Beaudouin, diese vergrabenen Schaͤze eines Tages noch werden gehoben werden koͤnnen, und es laͤßt sich leicht begreifen, wie sehr Handel und Industrie dabei betheiligt sind, daß solche Ausbeuten haͤufig und allgemein werden. 4. Pruͤfung der Reclamationen, die in den Journalen gegen diese Erfindung gemacht wurden. Die erste, die in einem Journale bekannt gemacht wurde, ist vom 20. Junius 1827. Der Courrier français theilte dieses anonyme Schreiben mit, welches uͤbrigens nichts Feindseliges gegen Hrn. Beaudouin enthaͤlt. Hr. A. C. nimmt gerichtlichen Beweis uͤber die Untersuchungen, die er von seiner Seite anstellte. Wir wollen hier nur bemerken, daß Hr. A. C. die Erfindung des Hrn. Castèra anfuͤhrt, und die seinige als eine Erfindung von hoͤherem Interesse und weiterem Umfange, als jene, aufstellt, die noch neue Anwendungen darbiethet. Hier ist also schon ein Gegner, der die Verfahrungs-Weise des Hrn. Castèra vervollkommnete. Die zweite Reclamation vom 24. Junius, mit der Unterschrift Castèra, findet sich im Constitutionnel vom 26. Junius 1827. Ueber dieses Schreiben muͤssen hier zwei wesentliche Bemerkungen vorgetragen werden; die erste betrifft die Prioritaͤt der Erfindung; die zweite die Aehnlichkeit der beiden Systeme. Die erste Frage, die Prioritaͤt betreffend, haben wir bereits in dem ersten Abschnitte dieses Aufsazes geloͤset. Wir haben gesagt, daß wir wußten, daß Hr. Castèra sich seit langer Zeit mit Taucher-Bothen beschaͤftigte. Es koͤnnen aber tausend Erfindungen auf denselben Gegenstand Bezug haben. Eine Menge von Systemen koͤnnen auf denselben Gegenstand angewendet werden. Die einzige und wahre Frage bleibt also nur diese: sind die beiden Systeme aͤhnlich? Um diese Frage zu loͤsen wird es genuͤgen, ein Schreiben von der Hand des Hrn. Castèra selbst au Hrn. Beaudouin dd. 25. September 1826 anzufuͤhren. Es dient als Antwort auf jenes vom 24. Jun. 23. Sept. 1826.Oben hieß es im Originale 25ten, hier heißt es eben daselbst: 23sten. „Mein Herr.“ „Ich nehme die Uebereinkunft an, die sie mir vorgeschlagen haben, ihre Entdekung auf halben Theil zu benuͤzen, d.h., unsere Kraͤfte zu vereinigen, um daraus Vortheil zu ziehen. Fuͤr den Fall, daß sie kein unentgeldliches Patent (Brevet gratuit) erhalten, wo dann die Unternehmung nicht Statt haben koͤnnte, koͤnnen Sie uͤberzeugt seyn, daß ich mit aller Bescheidenheit von dem Zutrauen Gebrauch machen werde, das sie mir schenkten, hinsichtlich der Art, wie sie sich mit Luft versehen, indem sie dieselbe in Windbuͤchsen aufbewahren, so wie von der gluͤklichen Idee, die Sie hatten, ihr Both unten offen zu halten, und in staͤter Verbindung mit dem Grunde des Wassers: Verfahrungs-Weisen, die nicht in meinem Systeme unter dem Wasser zu schiffen gelegen waren,Hr. Castèra erklaͤrt sehr maͤnnlich und schoͤn, daß ihm die Weise, die Luft in Windbuͤchsen zusammengedruͤkt aufzubewahren, neu war; wie er aber die Idee, das Both unten offen zu halten, gluͤklich nennen kann, sehen wir nicht ein, da es ja nur eine anders gestaltete Tauchergloke ist, die unten immer offen seyn mußte. Sollte es jedoch im Seedienste Faͤlle geben, in welchen das Both Stunden weit und schnell mit der Fluth unter Wasser zu schiffen haͤtte, so wuͤrde der offene Boden hoͤchst nachtheilig und uͤberfluͤßig seyn. Ein tragbares luftdichtes Eskimo-Both mit einigen Duzenden Windbuͤchsen-Flaschen reicht hin. obschon ich darauf Bedacht nahm, den Leuten in meinem. Taucher-Bothe Mittel zu verschaffen, noͤthigen Falles aus demselben herauszugehen, was aber auf eine andere Weise und nicht zu demselben Zweke geschah. Ich habe die Ehre, Sie, mein Herr, mit Hochachtung zu gruͤßen. Unterzeichnet, Castèra. Es ist also durch diesen Brief erwiesen, 1) daß, nach getroffener obenerwaͤhnter Uebereinkunft zwischen Hrn. Castèra und Hrn. Beaudouin, dieser jenen mehrere Verfahrungs-Weisen lehrte, an welche Hr. Castèra durchaus nicht dachte.Naͤmlich meine Erfindung. 2) daß das System des Hrn. Castèra in mehreren Puncten von jenem des Hrn. Beaudouin abweicht. Dieß wird jedem Unparteyischen genuͤgen, um ihn zu uͤberzeugen, daß Hr. Castèra so wie Hr. Beaudouin, jeder fuͤr sich das Recht hat, ein Patent auf seine Erfindung zu nehmen. Es ist kein Verrath des geschenkten Zutrauens, kein Plagiat, wenn Hr. Castèra, nachdem er sein Patent in Anspruch nimmt, sich, wie Hr. Beaudouin es gethan hat, in seine, ihm angehoͤrige Vorrichtung einschließt, wie Hr. Beaudouin dieß in seiner Vorrichtung that, die er wirklich selbst ausgedacht hat. Industrie ist ein fruchtbares Feld, wo jeder eine mehr oder minder reichliche Ernte machen kann; die einzige Vorsicht, die hierbei noͤthig ist, ist diese, daß man nicht des Nachbars Garbe einfuͤhrt.Im Felde der Industrie ist aber der Kamtschadale so gut Nachbar des Parisers, als die heiligen Vaͤter in Montrouge. Wo es sich um nuͤzliche Erfindungen handelt, mischt sich nicht bloß Privat-Interesse, sondern National-Ehre mit in's Spiel. Man lese nur Beckmann's und White's Geschichte der Erfindungen. Die dritte Reklamation endlich, im Courrier français vom 6ten Julius, und im Constitutionnel vom 13ten ist nichts anderes, als ein Vorbehalt, eine Verwahrung von Seite des Unterzeichneten M. Dr. Fournier de Lampdes, aͤhnlich dem Acten-Stuͤke des Hrn. A. C., welche der Erfindung des Hrn. Beaudouin keinen Eintrag bringt.Hiervon haben Sie in Ihrem Journale Bd. 26. S. 173. Nachricht gegeben. 5. Anstalten, welche bereits von einer Gesellschaft getroffen wurde, um das Patent des Hrn. Beaudouin zu benuͤzen. Bei dieser Lage der Sache und dem gegenwaͤrtigen Stande der Dinge hielten mehrere Personen es fuͤr raͤthlich eine Gesellschaft en commandite zu errichten, um die großen Vortheile des Patentes des Hrn. Beaudouin zu benuͤzen. Die Verwaltung derselben, an deren Spize sich der Erfinder befindet, ist organisirt. Die Errichtungs-Urkunde ist bei dem Notarius, Hrn. Clairet, niedergelegt, und ein im Publicum vertheilter General-Prospectus zeigt die Statuten und die Vortheile der Gesellschaft. Es ist nicht in unserem Zweke gelegen, hier weiter zu gehen. Wir wollten das Publicum durch diese historische Notiz uͤber das, was dem Prospectus vorausgegangen ist, aufklaͤren, und wenn der Leser uns einige Aufmerksamkeit schenkte, wird er mit uns folgende Thatsachen, als erwiesen, annehmen. 1) Die Versuche des Hrn. Beaudouin zu Andelys, die von der Behoͤrde bezeugt wurden, lassen keinen Zweifel uͤber die Moͤglichkeit der Ausfuͤhrung des Systemes des Hrn. Beaudouin, unter dem Wasser zu schiffen. 2) Der See-Minister ließ, durch eine Special-Commission, die Erfindung des Hrn. Beaudouin pruͤfen, und beschloß, nach dem vortheilhaften Berichte derselben, daß neue Versuche vor der Commission angestellt werden, einstweilen es aber raͤthlich ist, bei Sr. Exc. dem Minister des Inneren zu veranlassen, ein Gratis-Patent auszufertigen. 3) Der Minister des Innern hat, nachdem ihm der Bericht der Commission mitgetheilt wurde, in Erwaͤgung, daß, auf der einen Seite, die Commission die Wirklichkeit der vortheilhaften Resultate des Versuches anerkannte, auf der anderen, das Both des Hrn. Beaudouin der Regierung und dem Publicum nuͤzlich werden kann, ein Gratis-Patent ertheilt. 4) Die Vortheile und die Anwendungen dieses Systemes sind sehr mannichfaltig; die vorzuͤglichsten sind: das gaͤnzliche oder theilweise Bergen der zu Grunde gegangenen Schiffe; das Aufsuchen der Gegenstaͤnde der Kunst und des Alterthumes im Grunde der Fluͤsse; die Korallen- und Perlen-Fischerei; die Untersuchung der Seekuͤsten; die Sondirung der Fluͤsse; die Wasserbauten etc. 5) Die verschiedenen Reclamationen in den Journalen haben mit der Erfindung des Hrn. Beaudouin nichts zu schaffen; sie koͤnnen auf keine Weise ihn hindern, ein Recht auszuuͤben, wozu sein Patent ihn privilegirt. 6) Die Anwendungen und Vortheile dieses neuen Systemes, unter Wasser zu schiffen, waren dem Publicum ziemlich einleuchtend, um eine Commanditen-Gesellschaft zu errichten, die ihre Statuten hat, und Capitalisten, Handelsleute und Freunde der Industrie einlud, um an den Ertraͤgnissen Theil zu nehmen, welche die bereits angestellten Versuche zu sichern scheinen. Man wendet sich um weitere Berichte à Mr.Clairet, Notaire, boulevard des Italiens, N. 18.Wahrscheinlich ist Hr. Clairet der Verfasser dieser Notiz, die, so scheint es mir wenigstens, das Ungluͤk hat, einen Advocaten-Zuschnitt zu haben. Es ist nicht der Mann, der spricht, sagten die alten Franzosen von solcher Arbeit, es ist die Perruke. Das Ende scheint uns, wie der Anfang, mehr Mißtrauen als Zutrauen fuͤr das schoͤne Resultat zu erweken, das Hr. Beaudouin am 23. Mai zu Andelys erhalten hat. Man wird indessen in Italien, wo man Borelli's, in dem ehrwuͤrdigen Schweden, wo man Teichmeyer's Verdienste um die Taucherkunst nicht vergessen haben wird; in Holland, wo man des alten, so oft verschrieenen, Drebbel's Ehre gerettet sehen wird; in Nord-America, wo man, wie Hr. Church sagte, bereits Untersee-Bothe besizt; vielleicht auch in dem stolzen England der Anwendung der Windbuͤchsen in der Taucherkunst endlich seine Aufmerksamkeit schenken, und wenn man den Franzosen die Ehre der Erfindung der Aeronautik, der Luft-Ballons, ewig mit Dank zugestehen wird, so wird man auch den Deutschen die Ehre nicht rauben, die Kunst in die Tiefe zu tauchen vervollkommnet zu haben. und, in industrieller Hinsicht au bureau du Recueil industriel, chez Mr.de Moléon, rue Tait-bout, N. 6.“ –––––––––– „Wir theilen diese Notiz mit einer Art von Vertrauen mit, weil aͤußerst gluͤkliche Umstaͤnde, die man beinahe dem Zufalle verdankt, und woruͤber man den Mitgliedern der Gesellschaft Bericht erstatten wird, Urkunden an das Tageslicht brachten, in welchen genau die Orte in der Seine bezeichnet sind, an welchen sich Schaͤze von sehr großem Werthe befinden, und deren Foͤrderung der Gegenstand der ersten Versuche seyn wird. Es kommt viel darauf an, bei den ersten Versuchen nichts dem Zufalle zu uͤberlassen, und das Taucherboth nur an solchen Orten zu verwenden, die man aus fruͤheren Untersuchungen genau kennt, die nicht ohne Erfolg geblieben sind. Das Interesse der Unternehmung macht es zu unserer Pflicht, die kuͤnftigen Ergebnisse anzuzeigen; die Klugheit gebiethet uns aber, uns nicht mehr in's Detail einzulassen.“