Titel: Ueber die zusammengesezten Aetherarten, von den HHrn. Dumas und Boullay, Sohn.
Fundstelle: Band 28, Jahrgang 1828, Nr. LIV., S. 201
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LIV. Ueber die zusammengesezten Aetherarten, von den HHrn. Dumas und Boullay, Sohn. Aus den Annales de Chimie et de Physique. Januar. 1828. S. 15. (Im Auszuge.) Dumas und Boullay, uͤber die zusammengesezten Aetherarten. Die bis jezt bekannten Aetherarten zerfallen in drei verschiedene Classen: in die erste gehoͤren der Schwefelaͤther, Phosphoraͤther und Arsenikaͤther, welche wie Hr. Boullay der Vater bewieß, einander identisch sind; die zweite umfaßt eine Classe von Verbindungen, welche durch die Vereinigung des oͤhlbildenden Gases (Kohlenwasserstoffgases mit der groͤßeren Menge Kohle) mit verschiedenen Wasserstoffsauren entstehen; die dritte umfaßt 'verschiedene Aetherarten, welche man nach den sehr merkwuͤrdigen Versuchen des Hrn. Thenard und Hr. Boullay's Vaters, als Verbindungen von Alkohol mit einer Sauerstoffsaͤure betrachtet hat. Wir haben in einer fruͤheren Abhandlung (polytechn. Journal Bd. XXVII. S. 448) den Schwefelaͤther untersucht. Die Zusammensezung der Aetherarten der zweiten Classe ist unserer Meinung nach, genau bekannt; es blieben also noch die uͤbrigen Aetherarten in Hinsicht ihrer Zusammensezung zu untersuchen uͤbrig; diese Untersuchung haben wir unternommen, und koͤnnen nun der Akademie die Resultate derselben vorlegen. Wir haben den Salpeteraͤther, Essigaͤther, Benzoëaͤther und Kleeaͤther, als die zu der von uns beabsichtigten Untersuchung geeignetsten, gewaͤhlt. Einige von diesen sind von sehr vielen Chemikern untersucht worden; die Versuche des Hrn. Thenard sind aber unter allen in dieser Hinsicht unternommenen Arbeiten, diejenigen, welche die meisten genauen Data geliefert haben. Wir haben so oft Gelegenheit gehabt, uns von ihrer Genauigkeit zu uͤberzeugen, daß die Verschiedenheit der Schluͤsse dieses beruͤhmten Chemikers von denjenigen, welche wir aus unseren Versuchen abzuleiten genoͤthigt waren, uns veranlaßte, die Frage in jeder Hinsicht zu untersuchen, ehe wir ein Resultat annahmen, welches sehr sonderbar scheinen wird. Die Versuche des Hrn. Thenard haben erwiesen, daß der Salpeteraͤther, Essigaͤther, Benzoëaͤther und Kleeaͤther, wenn sie mit reinem Kali behandelt werden, sich mehr oder weniger schnell in untersalpetrichtsaures, essigsaures, benzoësaures oder kleesaures Kali, und in Alkohol zersezen. Hr. Thenard hat daraus geschlossen, was auch nothwendigerweise alle Chemiker annehmen mußten, daß diese Aetherarten aus den Sauren bestehen, die sich in den erhaltenen Kalisalzen befinden, und aus dem Alkohol, welcher durch den Versuch in Freiheit gesezt worden war. Diese Aetherarten waren also nach dieser Ansicht wahre Salze, worin der Alkohol die Stelle der Basis vertrat. Die mit starker Verwandtschaft begabten Alkalien verdraͤngten den Alkohol, und kein Umstand berechtigte dazu, den geringsten Zweifel in diese Schluͤsse zu sezen, welche so streng aus Thatsachen abgeleitet waren. Indessen vertraͤgt sich die elementare Zusammensezung der genannten Aetherarten nicht mit dieser Betrachtungsweise. Der Kleeaͤther, zum Beispiel, enthaͤlt fast eben so viel Kohlenstoff als der Alkohol, waͤhrend doch die Kleesaͤure davon viel weniger enthaͤlt. Aus dem Essigaͤther erhaͤlt man mehr Kohlenstoff als aus Alkohol, und dennoch enthaͤlt die Essigsaͤure weniger Kohlenstoff, als der Alkohol. Wir verwunderten uns sehr uͤber diese Thatsachen, welche mit Thenard's Theorie ganz im Widerspruche sind, und suchten uns daher gegen alle Umstaͤnde zu verwahren, welche uns in einen Irrthum haͤtten fuͤhren koͤnnen. Wir haben die Analyse des Alkohols wieder vorgenommen, und erhielten die in unserer vorhergehenden Abhandlung angegebenen Resultate, die sich sehr den Resultaten naͤhern, welche die Chemiker gegenwaͤrtig als richtig annehmen. Wir haben auch die organischen Saͤuren nochmahls analysirt, welche in den von uns gewaͤhlten Aetherarten enthalten sind, und ebenfalls Resultate erhalten, welche mit den von Hrn. Berzelius bekannt gemachten, uͤbereinstimmen. Die Schwierigkeit, womit die Reinigung unserer Aetherarten verbunden ist, haͤtte uns in der That in einen Irrthum fuͤhren koͤnnen; sie wurden jedoch mit so großer Sorgfalt bereitet, daß diese Furcht uns nicht gegruͤndet schien. Alle Chemiker, welche unsere Arbeit aufmerksam durchgegangen haben, werden, wie wir hoffen, unsere Meinung theilen. Es blieb endlich keine andere Erklaͤrungsart mehr uͤbrig, als die sehr wenig wahrscheinliche Annahme, daß bei allen Versuchen des Hrn. Thenard ein constanter Irrthum sich immer wiederholte. Wir haben diese Versuche, nachdem wir sie bereits durchgegangen hatten, nochmahls gepruͤft, und fanden wieder, wie man es erwarten mußte, daß die angegebenen Salze entstehen, und Alkohol frei wird, der alle charakteristischen Eigenschaften dieses Koͤrpers besizt. Es blieb also nichts mehr uͤbrig, als die Hypothese anzunehmen, welche allein diese widersprechenden Erscheinungen in Uebereinstimmung bringen konnte. Diese Hypothese hatte sich uns schon im Anfange dieser Untersuchungen aufgedrungen, und wir erstaunten uͤber ihre Uebereinstimmung mit unseren Resultaten; wir wagten es aber nicht, uns auf sie zu verlassen, als bis sie durch alle Thatsachen, welche wir erhalten konnten, unterstuͤzt war. Sie besteht darin, daß man annimmt, daß die zusammengesezten Aetherarten, welche wir untersuchen, aus einer Sauerstoffsaͤure und Schwefelaͤther bestehen. Wenn man bei der Behandlung mit Kali, Alkohol erhaͤlt, so ruͤhrt dieses daher, weil der Schwefelaͤther in dem Augenblike, wo er aus seiner Verbindung frei wird, sich des Wassers bemaͤchtigt, welches er noͤthig hat, um in den Zustand des Alkoholes uͤberzugehen. Der Alkohol und der Schwefelaͤther zeigen sich also hier unter einem neuen und merkwuͤrdigen Gesichtspunkte, der einst ein großes Licht uͤber verschiedene noch dunkle Erscheinungen in der organischen Chemie werfen kann. Nachdem wir nun das Hauptresultat unserer Untersuchungen angegeben haben, wollen wir jezt die Beweise dafuͤr liefern; denn wir fuͤhlen recht wohl, daß eine solche Folgerung nur dann angenommen werden kann, wenn sie sich auf die sichersten Grundlagen stuͤzt. Wir wollen also jezt die vier Aetherarten, welche den Gegenstand unserer Untersuchungen ausmachen, und alle naͤheren Umstaͤnde ihrer Bereitung uͤbergehen, wenn wir zu den Beobachtungen, welche Hr. Thenard bereits gemacht hat, nichts hinzuzufuͤgen haben.Die Untersuchungen des Hrn. Thenard finden sich im 1sten und 2ten Band der Mem. de la Société d'Arcueil; sie sind im 4ten Band von Gehlen's Journal fuͤr Chemie und Physik im Auszuge uͤbersezt. A. d. R. Wir haben diese vier Aetherarten immer in drei verschiedenen Beziehungen untersucht. Zuerst suchten wir ihre elementare Zusammensezung zu bestimmen. Wir haben die Dichtigkeit ihres Dampfes bestimmt; endlich haben wir zu groͤßerer Sicherheit sie auch noch auf die Art analysirt, daß wir die Menge Saͤure und Alkohol, welche man daraus erhalten kann, zu bestimmen suchten. Aus allen diesen Resultaten zusammengenommen, ergab sich die von uns aufgestellte Meinung, und so sonderbar auch unsere Hypothese scheinen mag, so koͤnnen wir sie doch nicht fuͤr ungegruͤndet halten, da wir auf drei in Hinsicht der Methode und des Gesichtspunktes so verschiedenen Wegen immer zu demselben Resultate gelangten. Bereitung und allgemeine Eigenschaften der Aetherarten, welche wir untersucht haben. Salpeteraͤther. Wir haben zu den Details, welche Hr. Thenard uͤber die Bereitung des Salpeteraͤthers angibt, nichts hinzuzufuͤgen, als dieses, daß die Operation um so leichter zu leiten ist, mit einer um so geringeren Quantitaͤt man arbeitet, und daß man dann auch verhaͤltnißmaͤßig mehr von dem Producte erhaͤlt; dieses begreift man leicht, wenn man sich erinnert, mit welcher Heftigkeit die anzuwendenden Koͤrper auf einander einwirken. Wenn man z.B. 200 Grammen Salpetersaͤure mit 200 Grammen Alkohol von 40° in einer Retorte, welche drei Pinten faßt, digerirt, so braucht man die Retorte nicht abzukuͤhlen, wenn man nur das Feuer unterdruͤkt, so bald die Einwirkung beginnt. Die Operation geht dann ruhig vor sich, und der Aether verdichtet sich ganz in der ersten kalt gehaltenen Woulfeschen Flasche, welche das Salzwasser enthaͤlt. Man kann also die anderen weglassen, was die Operation viel bequemer macht, indem der Apparat einfacher, und der Druk viel geringer ist.Thenard erhizt in einer Retorte, welche mit 5, zur Haͤlfte mit Salzwasser gefuͤllten, und mit Salz und Eis umgebenen Woulfeschen Flaschen in Verbindung steht, gleiche Theile Weingeist von 35° Beaumé und Salpetersaͤure von 32° B.; so wie die Einwirkung zu lebhaft wird, erkaltet er die Retorte durch Ueberschuͤtten mit Wasser, wobei der Proceß fortgeht, bis er sich von selbst endigt; die uͤber dem Salzwasser schwimmenden Aetherschichten werden durch den Scheidetrichter abgetrennt. A. d. R. Aus der oben angegebenen Quantitaͤt von Alkohol und Saͤure erhielten wir ungefaͤhr 45 bis 50 Grammen Aether, der aus die gewoͤhnliche Weise gereinigt war.Dieses Reinigen des Aethers geschieht durch Schuͤtteln mit verduͤnntem waͤsserigem Kali, bis er nicht mehr sauer reagirt, und nachherige Destillation. A. d. R. In diesem Zustande war er gelblichweiß, und roͤthete nicht das Lakmus; wir fanden seine Dichtigkeit bei + 4° C. und 0,760 Meter Druk, gleich 0,886. Essigaͤther. Um alle Unsicherheit uͤber die Reinheit dieses Koͤrpers zu vermeiden, zogen wir es vor, ihn nach der alten Methode darzustellen, welche darin besteht, daß man ein Gemisch aus gleichen Theilen concentrirter Essigsaͤure und Alkohol, 12 oder 15 Mahl destillirt. Man erhaͤlt auf diese Art leicht einen mit Alkohol vermischten Essigaͤther, aber es ist außerordentlich schwierig, allen Alkohol davon zu trennen. Beschraͤnkt man sich darauf, ihn zwei oder drei Mahl zu waschen, und ihn dann durch Destillation uͤber Chlorcalcium zu entwaͤssern, so erhaͤlt man einen Aether, dessen Dichtigkeit, in Dampfgestalt, 2,5 oder dieser Zahl sehr nahe ist. Waͤscht man ihn hierauf neuerdings und entwaͤssert ihn hierauf ganz, so vergroͤßert sich seine Dichtigkeit, und steigt bis auf 2,6 bis 2,7. Neues Auswaschen desselben bringt sie bis auf 2,8 bis 2,9, endlich auf 3,0.... 3,03.... 3,06, worauf sie dann nicht mehr zunimmt. Es ist ein 12 bis 15mahliges Auswaschen noͤthig, um es bis auf diesen Punct zu bringen, und da das Wasser eine nicht unbedeutende Menge Essigaͤther aufloͤst, so reducirt sich das anfaͤngliche, ziemlich große Product endlich auf einige Grammen. Man muß also, um eine etwas betraͤchtliche Menge davon zu erhalten, wenigstens ein Kilogramm (2 Pfund) von dem Gemische in Arbeit nehmen. So bereitet und gereinigt, siedet der Essigaͤther bei 74° C. unter einem Druke von 0,76 Meter; seine Dichtigkeit und Tension konnten aus Mangel einer hinreichenden Menge desselben, nicht bestimmt werden. Benzoëaͤther. Den Benzoëaͤther erhaͤlt man leicht nach dem von Hrn. Thenard angegebenen Verfahren. Es besteht bekanntlich darin, daß man einige Zeit lang ein Gemisch aus Alkohol, Salzsaͤure und Benzoësaͤure destillirt.Auf 4 Th. Alkohol werden 2 Th. Benzoësaͤure und 1 Th. concentrirte Salzsaͤure angewandt. A. d. R. Wenn die Haͤlfte der Fluͤßigkeit uͤberdestillirt ist, cohobiren wir wieder, und wiederholen sogar diese Operation zwei oder drei Mahl. Der groͤßte Theil des Aethers findet sich in dem Ruͤkstande: man scheidet ihn durch Wasser ab, und einiges Auswaschen entzieht ihm groͤßtentheils seine uͤberschuͤssige Saure. Wenn man ihn uͤber Bleiglaͤtte kocht, bis sein Siedepunct bestaͤndig wird, und alle freie Saͤure gesaͤttigt ist, hierauf ihn vorsichtig destillirt, so erhaͤlt man ihn vollkommen rein und ganz farbenlos. Durch das Verfahren, welches wir angegeben haben, verwandelt man die angewandte Saͤure fast ganz in Aether. Man findet davon kaum Spuren in dem Recipienten, wenn die lezte Destillation gut geleitet wurde. So bereitet, siedet der Benzoëaͤther bei 209° C.; seine Dichtigkeit ist 1,0539 bei der Temperatur von 10,5° C.; seine Tension ist sehr gering. Kleeaͤther. Wir haben diesen Koͤrper nach dem von Herrn Thenard angegebenen Verfahren bereitet; aber man erhaͤlt dadurch nur eine so geringe Menge davon, daß man nach der zur Reinigung des Productes noͤthigen Behandlung selten noch soviel zuruͤkbehaͤlt, daß man seine Eigenschaften ausmitteln koͤnnte. Nach einigen Versuchen blieben wir bei folgendem Verfahren stehen, welches uns diesen Koͤrper in Menge verschaffte. Man destillirt 1 Th. Alkohol, 1 Th. Kleesalz und 2 Th. Schwefelsaͤure. Zuerst geht Alkohol uͤber, dann Schwefelaͤther, und endlich eine oͤhlartige Fluͤßigkeit, welche sich auf dem Boden des Recipienten sammelt. Man kann die Destillation so lange fortsezen, bis die Retorte keine geistige Fluͤßigkeit mehr enthaͤlt. Die lezten Producte werden am reichsten an Kleeaͤther seyn. Er macht das angefuͤhrte oͤhlartige Product aus. Man muß ihn von dem daruͤber schwimmenden Alkohol trennen und dann in ein Standglas gießen, welches Wasser enthaͤlt. Er schwimmt oft auf dieser Fluͤßigkeit, aber in dem Maße, als der Schwefelaͤther, womit er vermengt ist, verdampft, faͤllt er in starken Tropfen auf den Boden des Gefaͤßes. Wenn man in die Retorte wieder den Alkohol, welchen der Recipient enthielt, oder eine neue Menge Alkohol gießt, kann man noch ein Mahl eben so viel Kleeaͤther erhalten, als das erste Mahl. Eine dritte Destillation wuͤrde auch noch solchen geben, aber weniger. Wenn alle diese Operationen beendigt sind, muß man die geistigen Producte mit Wasser behandeln; es scheidet sich dadurch Kleeaͤther ab, welchen man mit dem vorigen vereinigt. Der so bereitete Aether ist sehr sauer; er enthaͤlt außerdem noch Wasser, Alkohol und Schwefelaͤther. Um ihn zu reinigen, behandeln wir ihn mit gepulverter Bleiglatte, und lassen ihn uͤber dieser Substanz sieden, bis sein Siedepunct, der anfangs gegen 90 oder 100° war, auf 183 oder 184° gekommen ist, worauf er sodann bestaͤndig ist. Wenn man diese Operation in einem Ballon mit kurzem Hals vornimmt, so werden das Wasser, der Schwefelaͤther und der Alkohol verfluͤchtigt, und die freie Saͤure bildet kleesaures Blei, welches leicht so wie die uͤberschuͤßige Glaͤtte, durch Decantiren abgeschieden werden kann. Man gießt den Aether, welcher auf Lakmuspapier nicht reagiren darf, in eine recht trokne Retorte und destillirt ihn. So bereitet ist er eine oͤhlartige Fluͤßigkeit, von 1,0929 Dichtigkeit bei 7,5°, welche zwischen 183 und 184° C. unter einem Druk von 0,76 M. siedet, und deren Tension sehr schwach ist. Sein Geruch ist aromatisch und manchmal dem von Knoblauch oder Phosphor aͤhnlich. Wir haben kein Kali zu seiner Reinigung angewandt, weil er durch diese Basis so leicht zerstoͤrt wird. Wir waren auch genoͤthigt auf die Anwendung des Chlorcalciums zu verzichten, da auch dieser Koͤrper zersezt wird und offenbar kleesauren Kalk bildet und zugleich ohne Zweifel leichten Salzaͤther, wenigstens nach dem Geruche zu artheilen. Wir haben auch das Auswaschen mit Wasser unterlassen, weil schon das Wasser allein diesen Aether schnell zersezt. So haben wir einmal zwanzig bis dreißig Grammen davon acht Tage lang in einem Reagensglase unter Wasser gelassen: nach dieser Zeit war aller Aether verschwunden, das Wasser war nur eine gesaͤttigte Aufloͤsung von Kleesaͤure, und die Waͤnde des Glases waren mit Krystallen von Kleesaͤure belegt, die sich durch ihre Groͤße und regelmaͤßige Form auszeichneten. Man wird aus dem Verlauf dieser Abhandlung ersehen, welche Rolle die Mineralsaͤuren bei der Bereitung des Benzoë- und Kleeithers spielen. Einige Chemiker haben geglaubt, daß der Zusaz von Schwefelsaͤure in diesem Falle den Zwek hat, den Siedepunct der Fluͤßigkeit zu verzoͤgern, wodurch dann die Verbindung zwischen der anderen Saͤure und dem Alkohol erleichtert wuͤrde, indem nach ihrer Hypothese diese Verbindung eine etwas erhoͤhte Temperatur erfordern wuͤrde, um Statt zu finden. Hr. Thenard nahm an, daß die Mineralsaͤuren den Alkohol concentriren und ihn dadurch geschikter machen, die Verbindung zu bilden, welche man hervorbringen wollte. Diese Meinung naͤhert sich sehr der unserigen, denn wir glauben, daß diese Saͤure den Alkohol, in Schwefelaͤther, die wirkliche Basis der zusammengesezten Aetherarten, umaͤndert. Bestimmung der elementaren Zusammensezung der Aetherarten, welche wir untersucht haben. Diese Analysen wurden nach dem bekannten Verfahren mit Kupferoxyd angestellt. Wir haben im Allgemeinen den Apparat des Hrn. Gay-Lussac angewandt. Die Aetherarten wurden in kleine Koͤlbchen gebracht, und man zwang ihren Dampf, langsam uͤber Kupferoxyd zu streichen, welches bis zur angehenden Rothgluͤhhize erhizt war. Untersalpestrichtsaurer Aether. Die Erscheinungen, welche bei der Bildung des Salpeteraͤthers Statt finden, machen es sehr wahrscheinlich, daß dieser Koͤrper desoxydirte Salpetersaͤure enthaͤlt. Hr. Thomson hat jedoch seine Zusammensezung unter der Voraussezung berechnet, daß er aus Salpetersaͤure und oͤhlbildendem Gas besteht. Diese Hypothese war im Voraus durch die sehr genauen Versuche des Hrn. Thenard vernichtet, welcher den Salpeteraͤther durch Kali in untersalpetrichtsaures Kali und Alkohol verwandelt hat. Man koͤnnte jedoch einwenden, daß die untersalpetrichte Saͤure und der Alkohol darin nicht als solche vorhanden sind, und erst durch die Einwirkung der Alkalien entstehen. Wir wollen diese Zweifel durch direkte Versuche aufklaͤren. Wir ließen Salpeteraͤther in Dampfgestalt uͤber braunes Kupferoxyd streichen, welches bis zur anfangenden Rothgluͤhhize erhizt war, und zwangen ihn hierauf durch eine lange Windung von Kupferdraht zu streichen, die ebenfalls rothgluͤhend war. Bei jedem Versuche stellte man die zuerst mit Gas gefuͤllten Gloken bei Seite und war bemuͤht, die anderen auf Stikstoffoxydgas oder oͤhlbildendes Gas zu untersuchen. Vier Versuche zeigten evident, daß man durch diese Verbrennung 4 Vol. Kohlensaͤure auf 1 Vol. Stikstoff erhaͤlt. Bei allen Versuchen wurde das Stikstoffgas in Beruͤhrung mit Sauerstoff gebracht, wodurch es nicht roͤthlich wurde. Das Volum der beiden Gasarten wurde durch ihre Vermengung nicht veraͤndert. Als wir sodann Wasserstoff zusezten und durch elektrische Funken hindurchschlagen ließen, konnten wir uns uͤberzeugen, daß keine Kohlensaͤure entstand, und daß die Absorption in jedem Falle gerade so war, als wenn der Sauerstoff und Wasserstoff allein vorhanden gewesen waͤren. Andererseits haben wir das durch diese Verbrennung gebildete Wasser gesammelt. Dieses Wasser, welches bald durch Chlorcalcium und in Rohren gesammelt wurde, die auf – 12° C. erkaͤltet waren, wurde, wenn der Versuch gut geleitet wurde, niemahls weder sauer noch alkalisch befunden. Aus 100 Gr. Salpeteraͤther erhielt man 62 1/2 Gr. Wasser. Der Salpeteraͤther besteht also aus: Kohlenstoff   32,69; Stikstoff   19,00; Wasserstoff     6,85; Sauerstoff   41,46. –––––– 100,00. In Raumtheile verwandelt, gibt dieses Resultat: 4 Vol. Kohlenstoffdampf; 1   – Stikstoff; 5 Vol. Wasserstoff; 2   – Sauerstoff. Unter einem anderen Gesichtspuncte betrachtet, gibt diese Analyse fuͤr die Zusammensezung des Aethers offenbar:    4   51/2 Vol.  –  – Kohlenstoffdampf,Wasserstoffgas,Sauerstoffgas 1. Vol. Aetherdampf.    11,5 Vol.  – Stikstoff,Sauerstoff 1 Vol. untersalpetrichte Saͤure? Dieses unerwartete Resultat wird vollkommen durch die folgenden bestaͤtigt. Essigaͤther. Wir fanden fuͤr seine Zusammensezung, indem wir Aetherarten von verschiedenen Operationen in Arbeit nahmen, und uns auf die am meisten abweichenden Resultate beschrankten: Kohlenstoff   54,820   53,06   53,95; Sauerstoff   36,425   39,25   37,33; Wasserstoff     8,755     8,69     8,72 ––––––– –––––– –––––– 100,00 100,00 100,00; diese Resultate deuten offenbar auf: 16 Vol Kohlenstoffdampf; 16   – Wasserstoff;  4   – Sauerstoff. Der Essigaͤther kann also durch Ein Atom Schwefelaͤther (H¹⁰CO) und Ein Atom Essigsaͤure (HCO³) ausgedruͤkt werden. Man wird bemerken, daß der Essigaͤther 54 Procent Kohlenstoff enthaͤlt, der Alkohol aber nur 52, und die Essigsaͤure hoͤchstens 49. Benzoëaͤther. Die Analyse dieses Aethers ist mit einiger Schwierigkeit verbunden. Da die Dichtigkeit seines Dampfes sehr groß und sein Gehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff betraͤchtlich ist, so geschieht es sehr oft, daß ein Theil der Zersezung entgeht; dieses erkennt man aber sehr leicht an dem Geruch, welchen die Gasarten oder das verdichtete Wasser annehmen, und oft auch an der Erscheinung oͤhlartiger Streifen in den kalten Theilen der Roͤhre. Diese Erscheinungen treffen immer mit einer zu kleinen Menge von Kohlenstoff zusammen. Wenn sie sich nicht einstellen, bleibt die Menge des Kohlenstoffs constant, und so wie sie sich aus der uͤber die Zusammensezung der vorhergehenden Aetherarten abgeleiteten Theorie ergibt. Die Resultate unserer Analyse sind: Kohlenstoff   73,32 Sauerstoff   19,10; Wasserstoff     7,87. –––––– 100,29. Wie bei den vorhergehenden Aetherarten wird diese Zusammensezung durch Ein Atom Benzoesaͤure (H¹² C³º O³) und Ein Atom Schwefelaͤther (H¹º CO) ausgedruͤkt. Wenn man die Data der Analyse in Raumtheile verwandelt, so erhaͤlt man: 38 Vol. Kohlenstoffdampf; 22   – Wasserstoff;   4   – Sauerstoff. Kleeaͤther. Die Analyse dieses Aethers haben wir oͤfters angestellt. Er ist in der That am meisten geeignet, um das allgemeine Resultat dieser Arbeit außer Zweifel zu sezen, weil man ihn so leicht mit Kali analysiren kann, wie man in der Folge sehen wird. Wir haben darin immer fast eben so viel Kohlenstoff gefunden, wie in dem absoluten Alkohol; dieses waͤre aber ganz unmoͤglich, wenn er aus Saͤure und Alkohol bestehen wuͤrde, weil die Saͤure 0,33 und der Alkohol 0,52 Kohlenstoff enthaͤlt. Unsere Resultate sind: Kohlenstoff   49,61   48,95; Wasserstoff   43,77   44,09; Sauerstoff     6,62     6,96. –––––– –––––– 100,00 100,00. Verwandelt man diese Zahlen in Raumtheile, so erhaͤlt man offenbar: 12 Vol. Kohlenstoffdampf; 10   – Wasserstoff;   4   – Sauerstoff. Die Zusammensezung des Kleeaͤthers muß also ausgedruͤkt werden, durch Ein Atom Schwefelaͤther (H¹⁰ CO) und Ein Atom Kleesaͤure (CO³).Die HHrn. Dumas und Boullay haben, um die von ihnen erhaltenen Resultate noch vollends außer Zweifel zu sezen, die Dichtigkeit des Dampfes der von ihnen untersuchten Aetherarten bestimmt. Sie fanden die des Salpeteraͤtherdampfes = 2,628 bei der gewoͤhnlichen Temperatur unter einem Druk von o,78 Meter, die der Luft als Einheit angenommen. Wenn man annimmt, daß der Salpeteraͤther aus Alkohol und untersalpetrichter Saͤure besteht, so laͤßt sich das Resultat der Analyse mit der Dichtigkeit seines Dampfes nicht in Uebereinstimmung bringen. Nimmt man hingegen an, daß der Salpeterather aus Schwefelaͤther und untersalpetrichter Saͤure in den oben angegebenen Verhaͤltnissen besteht, so findet man2 Vol.Schwefelaͤtherdampf=   5,1664;3   –Sauerstoff=   3,3078;2   –Stikstoff=   1,9514.––––––––10,425610,4256/4 = 2,6064. Der Versuch ergab 2,628, woraus man schließen muß, daß der Salpeterather aus 4 Vol. Schwefelaͤther und wahrscheinlich 4 Vol. untersalpetrichter Saure ohne Verdichtung besteht. Fuͤr den Essigaͤther fand sich bei 0° Temp. und 0,76 Meter Druk die Dichtigkeit seines Dampfes = 3,067; fuͤr den Benzoëaͤther = 5,409 und fuͤr den Kleeaͤther = 5,087; alle diese Dichtigkeiten stimmen mit den aus den Datis der vorhergehenden Versuche berechneten sehr nahe uͤberein. – Zum Ueberfluß haben die HHrn. Dumas und Boullay sich auch noch bemuͤht, die von ihnen untersuchten Aetherarten mittelst Kalis zu analysiren. Diese Methode laͤßt sich aber fast nur bei dem Kleeaͤther anwenden, welcher sich in Beruͤhrung mit einer concentrirten Aufloͤsung von kaustischem Kali schnell zersezt. – Die Verfasser beschreiben bei dieser Gelegenheit ein sehr merkwuͤrdiges kleeweinsaures Ammoniaksalz (oxalo-vinate d'ammoniaque), welches weder die Kalk- noch die Bleiaufloͤsungen faͤllt, und ausKleesaͤure49,28Oehlbildendem Gas19,24Ammoniak11,75besteht. Dieses Salz ist den schwefelweinsauren Salzen analog; man erhaͤlt es, wenn man Kleeaͤther in eine tubulirte Retorte bringt, durch deren Tubulus eine kleine Roͤhre geht, wodurch troknes Ammoniakgas auf den Aether geleitet wird. Wenn das Gas lange genug auf den Aether geleitet worden ist, wird die Retorte im Marienbade erwaͤrmt, bis sie gut ausgetroknet ist. – Die HHrn. Dumas und Boullay werden die Kleeweinsaͤure und ihre Verbindungen zum Gegenstande einer besonderen Untersuchung machen. Wir wollen, indem wir diese Abhandlung schließen, einige Ansichten auseinandersezen, welche theils daraus folgen, theils sich an dieselbe anreihen. Das allgemeinste Resultat unserer Untersuchungen besteht darin, den Schwefelaͤther als eine salzfaͤhige Basis, und den Alkohol als ein Hydrat des Aethers zu betrachten. Man erhaͤlt dann fuͤr die Zusammensezung dieser beiden Koͤrper: 1 Vol. Aetherdampf,    2 Vol.   1   – oͤhlbildendes Gas.Wasserdampf. 1 Vol. Alkoholdampf, 1/2 Vol.1/2   – Aetherdampf.Wasserdampf. Fuͤr den untersalpetrichtsauren Aether, den Essigaͤther und Benzoëaͤther, welche wir so eben untersucht haben, ist es sehr wahrscheinlich, daß sie bestehen aus: 1/2 Vol. Schwefelaͤtherdampf. 1/2   – Saͤuredampf. Der Kleeaͤther macht eine Ausnahme, und enthaͤlt: 1 Vol. Schwefelaͤtherdampf. 1   – Saͤuredampf. Die einen wie die anderen unterscheiden sich aber, wenn man sie mit dem Alkohol vergleicht, von ihm nur darin, daß das Volum des Saͤuredampfs 1 gleiches Volum Wasserdampf ersezt. Man kann jedoch die Zusammensezung dieser Koͤrper noch unter einem anderen allgemeineren Gesichtspunkte betrachten. Er besteht darin, auf das oͤhlbildende Gas selbst den alkalischen Charakter zu uͤbertragen, und man erhaͤlt dadurch den Vortheil, mit einem Blik die verschiedenartigsten Verbindungen dieser Klasse umfassen zu koͤnnen; wir legen einige Wichtigkeit auf diese Betrachtungsweise, und geben ihr wegen ihrer Einfachheit den Vorzug vor der so eben angefuͤhrten. Es handelt sich also darum, zu erfahren, ob das oͤhlbildende Gas in der That den alkalischen Charakter besizt, welchen wir ihm beilegen. Folgende Beweise scheinen uns keinen Zweifel uͤber diesen Punct uͤbrig zu lassen. Das Salz, welches wir bei der Behandlung des Kleeaͤthers mit Ammoniak erhielten (vergl. die Anmerkung) enthaͤlt 2 Vol. Ammoniak und 2 Vol. oͤhlbildendes Gas, welche 2 Vol. Ammoniakgas ersezen, die noͤthig waͤren, um das neutrale kleesaure Ammoniak zu completiren. Das oͤhlbildende Gas hat also genau dieselbe Saͤttigungscapacitaͤt, wie das Ammoniak. In dem Chlorwasserstoffaͤther und Jodwasserstoffaͤther ist 1 Vol. gasfoͤrmiger Saͤure durch 1 Vol. oͤhlbildendes Gas neutralism, so wie in dem neutralen chlorwasserstoffsauren und jodwasserstoffsauren Ammoniak die Saͤure und die Basis Volum gegen Volum verbunden sind. Die Saͤttigungscapacitaͤt ist hier noch dieselbe. Ein Atom untersalpetrichte Saͤure, Essigsaure, Benzoësaͤure, Kleesaͤure saͤttigt 4 Vol. Ammoniak: nun saͤttigt aber in den durch diese Saͤuren gebildeten Aetherarten, 1 Atom jeder von ihnen auch genau 4 Vol. oͤhlbildendes Gas. Die Saͤttigungscapacitaͤt ist also auch bei diesem Umstande wieder gleich. Endlich findet man, daß in den schwefelweinsauren Salzen, welche man nach Belieben entweder als aus Unterschwefelsaͤure, suͤßem Weinoͤhl und einer Basis, oder aus Schwefelsaͤure, oͤhlbildendem Gas und einer Basis, zusammengesezt betrachten kann, nach lezterer Hypothese, Ein Atom Schwefelsaͤure genau durch vier Vol. oͤhlbildendes Gas gesaͤttigt wird, so wie sie durch 4 Vol. Ammoniak gesaͤttigt wuͤrde. Auch in diesem Falle ist also die Saͤttigungscapacitaͤt fuͤr beide dieselbe. Wenn wir die Vergleichung des oͤhlbildenden Gases mit dem Ammoniakgase fortsezen, so finden wir, daß leztere Basis, wenn sie sich mit Wasserstoffsauren verbindet, immer wasserfreie Salze gibt, waͤhrend sie mit den Sauerstoffsaͤuren immer Salze gibt, die Krystallwasser enthalten, wovon man sie nur sehr schwer befreien kann, ohne daß sie eine anfangende Zersezung erleiden. Wir finden dieselben Eigenschaften bei den Verbindungen des oͤhlbildenden Gases mit den Saͤuren. Die Wasserstoffsaͤuren bilden alle wasserfreie Aetherarten, das heißt Verbindungen von reiner Saͤure und oͤhlbildendem Gas. Davon kennt man bis jezt den Chlorwasserstoff- und Jodwasserstoffaͤther. Die Sauerstoffsauren bilden hingegen hydratische Aetherarten, das heißt, Verbindungen von oͤhlbildendem Gas, Saͤure und Wasser. Lezterer Gesichtspunct umfaßt, wie man sieht, Verbindungen, die anscheinend sehr unaͤhnlich sind. Ungluͤklicherweise hat man heute zu Tage nicht viele Mittel, ihren Werth direct zu bestimmen. Da das oͤhlbildende Gas in Wasser nicht aufloͤslich ist, so kann es auf den Faͤrbestoff des Lakmus und den der Veilchen, welche gegenwaͤrtig als Reagentien auf Alkalien dienen, nicht wirken. Man koͤnnte noch einwenden, daß die Aetherarten als Salze betrachtet, mit den gewoͤhnlichen Salzen doppelte Zersezungen geben muͤßten, die man jedoch niemals beobachtet; diese Erscheinungen sind aber viel zu wenig im Detail bekannt, als daß sie einen gegruͤndeten Einwurf abgeben koͤnnten; denn daß keine Reaction Statt findet, kann daher ruͤhren, daß aufloͤsliche, den schwefelweinsauren Salzen analoge Verbindungen entstehen. Wir wagen uns aber dessen ungeachtet zu schmeicheln, daß die von uns hier besprochene Meinung angenommen werden wird; denn ist die am meisten characteristische Eigenschaft der Vasen nicht diese, daß sie die Eigenschaft haben, die sauren Koͤrper, womit sie sich verbinden, zu neutralisiren? und koͤnnte man viele Salze anfuͤhren, welche offenbar mehr neutral sind, als die Aetherarten? Ueberdieß hat ihr fluͤßiger oder gasfoͤrmiger Zustand auf die Frage keinen Einfluß, denn es gibt Ammoniaksalze, welche fluͤßig sind, und das blausaure Ammoniak ist von dem gasfoͤrmigen Zustande nicht entfernt. Die merkwuͤrdigen von uns beobachteten Verwandlungen des Alkohols in Aether und des Aethers in Alkohol wuͤrden wahrscheinlich nicht ohne Widerspruch zugestanden werden, wenn wir sie nicht durch ein auffallendes und unverwerfliches Beispiel unterstuͤzen koͤnnten. Wir finden es in den so merkwuͤrdigen Untersuchungen des Herrn Chevreul uͤber die fetten Koͤrper. Diese Koͤrper scheinen uns viele Eigenschaften mit den von uns untersuchten zusammengesezten Aetherarten gemein zu haben, wie sie bestehen sie aus einer organischen Basis und einer Saͤure; wie sie, zersezen sie sich durch den Einfluß der Alkalien; wie sie endlich, haben sie eine Substanz zur Basis, welche, wenn sie sich von der Saͤure trennt, Wasser absorbirt, welches man ihr sodann nicht mehr entziehen kann. Diese Annaͤherung war dem Scharfsinn des Hrn. Chevreul nicht entgangen, aber sie erhaͤlt durch unsere Versuche mehr Gewißheit und Interesse, weil das Wasser, wie bei der Seifenbildung, so auch hier unter denselben Umstaͤnden, festen Zustand annimmt. Wenn man noch einige Zweifel uͤber die salzartige Natur der Oehle und Fettarten hegen koͤnnte, so muͤßte die von uns so eben angestellte Vergleichung nach unserer Meinung hinreichen, sie zu vernichten. Bis auf den Umstand, daß man zur Zeit die Oehle nicht aus den Sauren und der Basis, welche man daraus erhaͤlt, zusammensezen kann, stimmen alle ihre chemischen Charaktere mit denjenigen, welche wir bei den Aetherarten fanden, uͤberein. Es ist interessant, in dieser Hinsicht den Verseifungsproceß, z.B. des Wallraths und die Behandlung des Kleeaͤthers mit Kali zu vergleichen. Die fetten Saͤuren und die Kleesaure absorbiren, wenn man sie isolirt, Wasser, welches man ihnen nicht mehr anders entziehen kann, als wenn man sie mit einer Basis behandelt. Das Wallrath enthaͤlt Doppeltkohlenwasserstoff, welcher sich waͤhrend der Verseifung mit Wasser verbindet und Aethal bildet (vergl. polyt. Journ. Bd. XXIII. S. 516); der Kleeaͤther enthaͤlt Schwefelaͤther, welcher waͤhrend der Einwirkung des Kalis sich mit Wasser verbindet und Alkohol bildet. Die Aehnlichkeit laͤßt nichts zu wuͤnschen uͤbrig. Endlich scheint der Gesichtspunct, welcher sich aus unseren Resultaten ergibt, viel Licht uͤber den Proceß der geistigen Gaͤhrung zu verbreiten. Diese merkwuͤrdige Verwandlung des Zukers hat bekanntlich eine Menge Untersuchungen veranlaßt, und die meisten Leser werden wissen, daß es Hrn. Gay-Lussac gelang, ihre Producte auf eine sehr einfache und elegante Weise zu versinnlichen.Die Uebersezung seiner Abhandlung ist in Schweigger's Journal d. Chem. Bd. 2, S. 190 enthalten. A. d. R. Nach diesem beruͤhmten Chemiker kann die Zusammensezung des Zukers durch Alkohol und Kohlensaͤure repraͤsentirt werden. Die Gaͤhrung wuͤrde seine Elemente auf eine solche Weise trennen, daß er in diese beiden Producte zerfiele. Damit aber diese Hypothese angenommen werden kann, muß man voraussezen, daß der Zuker 4 oder 5 Procent Kohlenstoff enthaͤlt, welche nicht wirksam sind oder auf eine unbekannte Weise daraus entfernt werden; denn man kann nicht glauben, daß bei der Analyse des Zukers ein Irrthum obwaltet. Die von den HHrn. Gay-Lussac und Thenard, Berzelius, Th. v. Saussure und einem von uns angestellten Versuche stimmen alle zu gut uͤberein, als daß ein solcher Irrthum im Geringsten wahrscheinlich waͤre. Die von Hrn. Gay-Lussac aufgestellte Theorie der Gaͤhrung laͤßt also noch etwas zu wuͤnschen uͤbrig; dieß ist aber nicht mehr der Fall, sobald man in der theoretischen Zusammensezung des Zukers den Alkohol durch Aether ersezt. Es wird dann zwischen der Theorie und der Erfahrung die vollstaͤndigste Uebereinstimmung hergestellt, wovon man sich folgendermassen uͤberzeugen kann. Nach der Analyse des Hrn. Berzelius besteht der wasserfreie Zuker aus:    6 Vol. Kohlenstoffdampf:    5   – Wasserstoff; 2 1/2   – Sauerstoff; der Schwefelaͤther enthaͤlt:    4 Vol. Kohlenstoffdampf;    5   – Wasserstoff; 1/2   – Sauerstoff; es bleiben also uͤbrig:    2 Vol. Kohlenstoffdampf;    2   – Sauerstoff; d.h. der Zuker kann durch Ein Vol. Aetherdampf und zwei Vol. Kohlensaͤure repraͤsentirt werden; daraus folgt, daß bei seiner Gaͤhrung das Vol. Aetherdampf Ein Vol. Wasserdampf aufnehmen muß, um in Alkohol uͤberzugehen. Wenn dieses so Statt findet, muß die Gewichtszunahme merklich und bestimmbar seyn; wir nehmen uns auch vor, diese Erscheinung neuerdings mit der Aufmerksamkeit, welche sie verdient, und mit Huͤlfe der analytischen Methoden zu untersuchen, welche Lavoisier und Hrn. Thenard, als sie sich damit beschaͤftigten, fehlten. Einstweilen sey es uns erlaubt zu bemerken, wie weit unsere Erklaͤrung den analytischen Datis treu ist. Der einzige Unterschied zwischen den von uns angenommenen und den von Hrn. Berzelius gefundenen Zahlen findet bei dem Wasserstoff Statt. Nach ihm wuͤrde der Zuker aus 24 Vol. Kohlenstoffdampf, 10 Vol. Sauerstoff und 21 Vol. Wasserstoff bestehen. Wir nehmen nur 20 von lezterem Koͤrper an und stuͤzen uns dabei auf die Versuche der HHrn. Gay-Lussac und Thenard, und auf diejenigen vieler anderen Chemiker, welche in dem Zuker den Sauerstoff und Wasserstoff in dem zur Bildung von Wasser erforderlichen Verhaͤltniß fanden. Wir koͤnnen auch noch anfuͤhren, daß dieser Irrthum eines 21stel bei dem Wasserstoff ziemlich demjenigen entspricht, welchen dieser so genaue Chemiker bei seiner Analyse der Kleesaure gemacht hat. Diese Betrachtungen koͤnnen die von uns gemachte Correction rechtfertigen, und es sind deren nicht zu viele, wenn es sich von den Analysen des Hrn. Berzelius handelt, Analysen, deren ausgezeichnete Genauigkeit sich jeden Tag bestaͤtigt, und welche eine so wichtige Epoche in der Geschichte der Chemie machen. Der Trauben- und der Staͤrkezuker scheinen hauptsaͤchlich dadurch von dem Rohrzuker verschieden zu seyn, daß sie auf solche Art zusammengesezt sind, daß man sie wirklich durch Kohlensaͤure und Alkohol repraͤsentiren kann. In der That enthalten diese Zukerarten nach der Analyse des Hrn. Th. v. Saussure CHO³ 1/2, was wir durch HCO³ + HO 1/2 ausdruͤken, indem wir dieses halbe Atom Wasser als Krystallwasser betrachten. Es bleibt alsdann noch uͤbrig: HCO³ = C²O² + (HC⁴ + H²O), das heißt, der Staͤrkezuker kann durch gleiche Vol. Kohlensaͤure und Alkohol ausgedruͤkt werden. Wenn man diese Betrachtungsweise annimmt so koͤnnen der Traubenzuker und der Staͤrkezuker als kohlensaure Salze des Doppeltkohlenwasserstoffs (oͤhlbildenden Gases) betrachtet werden, und sie unterscheiden sich bloß dadurch, daß der erstere zwei Mahl weniger Krystallwasser enthaͤlt, als der zweite. Wir glauben und hoffen es auch bald beweisen zu koͤnnen, daß diese Ansicht mehr als jede andere geeignet ist, die ausgezeichneten Eigenschaften dieser beiden Zukerarten zu erklaͤren; sie scheint uns außerdem auch besser als jede andere zum Anhaltspunct bei Versuchen uͤber die chemischen Eigenschaften und bei der Erklaͤrung der dabei erhaltenen Resultate dienen zu koͤnnen. Uebrigens wird man das Gesagte erst dann besser wuͤrdigen koͤnnen, wenn wir der Akademie die Arbeit uͤber die Zukerarten und die Waͤhrung, womit wir uns beschaͤftigen, vorlegen werden. Wir haben alle Thatsachen, welche diese Abhandlung enthaͤlt, in der folgenden Tabelle zusammengestellt, und durch atomistische Formeln ausgedruͤkt, um sie gedraͤngter darstellen zu koͤnnen. Man wird darin eine solche Aehnlichkeit zwischen dem Ammoniak und dem Doppeltkohlenwasserstoff finden, daß wir Grund haben zu hoffen, man werde unsere Ansichten als aus Thatsachen nothwendig folgend betrachten. Wir wollen damit nur den Chemikern bei dem Nachdenken uͤber diese Thatsachen und die daraus gezogenen Folgerungen einen Leitfaden geben; wenn wir uns geirrt haben, werden Zeit und Erfahrung unsere Irrthuͤmer rechtfertigen; bei der jezt befolgten Betrachtungsweise aber scheinen unsere Folgerungen uns fast unumgaͤnglich nothwendig. Vergleichung der Verbindungen des Doppeltkohlenwasserstoffs (oͤhlbildenden Gases) und derjenigen des Ammoniaks. Name der Verbindung Basis Saͤure Wasser Chlorwasserstoffsaures Ammoniak Az H³ 2 H Ch Chlorwasserstoffsaurer Doppeltkoh- lenwasserstoff (leichter Salz- aͤther) 2 H²C² 2 H Ch Jodwasserstoffsaures Ammoniak Az H³ 2 H J Jodwasserstoffsaurer Doppeltkohlen- wasserstoff (Jodwasserstoff- aͤther) 2 H²C² Untersalpetrichtsaures Ammoniak- Hydrat 2 Az H³ z Az H Untersalpetrichtsaures Doppeltkoh- lenwasserstoff-Hydrat (Salpe- teraͤther) 4 H²C² z Az H Essigsaures Ammoniak-Hydrat 2 Az H³ H⁶C⁴O³ H Essigsaures Doppeltkohlenwasser- stoff-Hydrat (Essigaͤther) 4 H²C² H⁶C⁴O³ H Benzoesaures Ammoniak-Hydrat 2 Az H³ H¹²C³ºO³ H Benzoesaures Doppeltkohlenwasser- stoff-Hydrat (Benzoeaͤther) 4 H³C² H¹²C³ºO³ H Kleesaures Ammoniak, krystallisirt und troken 2 Az H³ C⁴O³ H Kleesaures Doppeltkohlenwasser- stoff-Hydrat (Kleeaͤther) 4 H²C² C⁴O³ H Doppeltschwefelsaures Ammoniak 2 Az H³ 2 Doppeltschwefelsaurer Doppeltkohlen- wasserstoff (Schwefelwein- saͤure) 4 H²C² 2 Doppeltkleesaures Ammoniak 2 Az H³ 2 C⁴O³ Doppeltkleesaurer Doppeltkohlen- wasserstoff (Kleeweinsaͤure) 4 H²C² 2 C⁴O³ Doppeltkohlensaures Ammoniak- Hydrat 2 Az H³ 4 H Doppeltkohlensaures Doppeltkoh- lenwasserstoff-Hydrat (Rohr- zuker) 4 H²C² 4 H Doppeltkohlensaures Doppeltkoh- lenwasserstoff-Doppel-Hydrat (Traubenzuker) 4 H²C² 4 H Hydrat des achtfachbasischen Dop- peltkohlenwasserstoffs (Aethal) 16 H²C² H Hydrat des doppeltbasischen Dop- peltkohlenwasserstoffs (Schwe- felaͤther) 4 H²C² H Doppeltkohlenwasserstoff-Hydrat (Alkohol) 4 H²C² 2 H Fluͤßiges Ammoniak Az H³ 2 H Man sieht aus dieser Tabelle, daß alle Verbindungen, welche darin aufgefuͤhrt sind, unbeschadet der Hydrate, genau unter einander uͤbereinstimmen. Ueberall dieselben Quantitaͤten Saͤure, Basis und Wasser. Das fluͤßige Ammoniak enthaͤlt hingegen zweimal mehr Wasser als der Alkohol; daraus kann man schließen, daß man bei dem mit Wasser verduͤnnten Alkohol irgend eine Eigenschaft wird entdeken koͤnnen, die geeignet ist, eine dem stoͤßigen Ammoniak entsprechende Grenze festzusezen. Es waͤre sehr wuͤnschenswert!), da sich jezt Gelegenheit dazu darbietet, daß die Chemiker die systematischen Namen anerkennen wuͤrden, welche wir den Aetherarten beigelegt haben. Dadurch waͤre fuͤr die Vervollkommnung der organischen Chemie ein großer Schritt gethan. Diese Namen haben zwar das Unangenehme, daß sie ein wenig laͤnger sind, als die alten, aber sie haben auch den Vortheil, ein treues und deutliches Bild der Verbindungen darzustellen, welchen sie angehoͤren. Jeder, welcher die organische Chemie studirt hat, hat einsehen muͤssen, daß dieses Studium nur durch den Mangel des Zusammenhangs zwischen der Zusammensezung und den Namen so verwikelt und muͤhselig wird; dadurch wird man immer verhindert, den Faden einer Reihe von Erscheinungen mit Leichtigkeit verfolgen zu koͤnnen. Die Chemiker werden sich erinnern, daß es Hrn. Faraday gelang, das Doppeltkohlenwasserstoffgas direct mit der concentrirten Schwefelsaͤure zu verbinden. Sie werden sich auch erinnern, daß dieser Chemiker zuerst die Meinung aufgestellt hat, daß dieses Gas, oder die ihm analogen, die Schwefelsaͤure neutralisiren; aber man muß billigerweise beifuͤgen, daß diese Hypothese die von Hrn. Faraday selbst beobachteten Thatsachen und gemachten Analysen nicht so gut erklaͤrte, wie die von Hrn. Gay-Lussac aufgestellte: aus diesem Grunde betrachten wir auch die Resultate dieser Analysen als den wichtigsten Einwurf, den man gegen unsere Ansichten machen kann. Das heißt, wenn man leztere annehmen sollte, so glauben wir mit Recht behaupten zu koͤnnen, daß der Beweis derselben in der That uns angehoͤrt. Folgerungen. Aus den in dieser Abhandlung enthaltenen Thatsachen kann man unserer Meinung nach Folgendes schließen: 1) Daß das Doppeltkohlenwasserstoffgas die Rolle eines sehr maͤchtigen Alkalis spielt, welches eine mit dem Ammoniak gleiche Saͤttigungscapacitaͤt besizt; daß es auch wahrscheinlich die meisten Reactionen desselben darbieten wuͤrde, wenn es, wie dieses, in Wasser aufloͤslich waͤre; 2) Daß der Alkohol und der Schwefelaͤther Hydrate des Doppeltkohlenwasserstoffs sind; 3) Daß die zusammengesezten Aetherarten Salze des Doppeltkohlenwasserstoffs sind; daß diese Salze, wenn sie durch Wasserstoffsaͤuren gebildet sind, wasserfrei sind, aber hydratisch, wenn sie durch Sauerstoffsaͤuren gebildet sind. 4) Daß mehrere Saͤuren mit dem Doppeltkohlenwasserstoff Doppelsalze bilden koͤnnen, welche den schwefelweinsauren Salzen entsprechen; 5) Daß der Aether in dem Augenblike, wo er aus einer Verbindung frei wird, sich oft in Alkohol unter verschiedenen Umstaͤnden verwandeln kann, indem er unter denselben sich mir Wasser verbindet, oder auch Doppeltkohlenwasserstoff verliert. 6) Daß offenbar eine Aehnlichkeit zwischen der Zusammensezung der fetten Koͤrper und derjenigen der Aetherarten Statt finde, wie dieses schon Hr. Chevreul bemerkt hatte; 7) Und daß endlich, wenn man den Rohrzuker und den Traubenzuker als Verbindungen von Kohlensaͤure mir Doppeltkohlenwasserstoff und Wasser betrachtet, alle Erscheinungen bei der Gaͤhrung mit den Analysen uͤbereinstimmen, indem der Rohrzuker als kohlensaurer Schwefelaͤther und der Traubenzuker als kohlensaurer Alkohol betrachtet werden kann.