Titel: Ueber die schwebenden oder hangenden Eisenbahnen.
Autor: Honorar-Prof. Dr. Joseph Baader [GND], Joseph Ritter von Baader
Fundstelle: Band 30, Jahrgang 1828, Nr. LXIII., S. 279
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LXIII. Ueber die schwebenden oder hangenden Eisenbahnen. v. Baader, uͤber die schwebenden Eisenbahnen. Der Correspondent von und fuͤr Deutschland, Nr. 162 von diesem Jahre, und einige andere Blaͤtter haben uns von einer bei Pesth in Ungarn auf einer kurzen Streke ausgefuͤhrten Eisenbahn Nachricht gegeben, „welche von allen Eisenbahnen, die man bis jezt in England, Boͤhmen und Nymphenburg gesehen hat, sich dadurch auszeichnet, daß sie nicht auf dem nivellirten Grunde aufliegt, sondern auf hoͤlzernen Pfosten vier bis vierzehn und mehr Fuß uͤber der Erde ruhet.“ (Die Abbildung und Beschreibung derselben findet man im XXIX. Bd. S. 248 des polytechn. Journals.) Diese Bauart, auf welche der großherz. badens. Salinendirector, Hr. Johann Kaspar v. Bodmer, in Verbindung mit den Mechanikern Bollinger und Comp. zu Wien, im Jahre 1826 ein Patent auf 5 Jahre fuͤr die oͤsterreichische Monarchie erhalten hat, unterscheidet sich im Wesentlichen von den bisher eingefuͤhrten Constructionen von Eisenbahnen darin, daß die Last nicht, wie gewoͤhnlich auf dem Wagen und uͤber der Bahn angebracht, sondern unter denselben, zu beiden Seiten vertheilt, angehaͤngt ist, und daß das ziehende Pferd nicht auf dem Damme der Bahn, und zwischen den Geleisen, sondern außer und neben denselben, auf einem besondern tieferen Pfade, der nicht geebnet noch chaussirt zu werden braucht, wie auf dem Leimpfade oder Trappelwege eines schiffbaren Flusses oder Canals, an einem ziemlich langen Seile gespannt, die Wagen fortzieht. Die Vorzuͤge dieser Hangenden oder schwebenden Eisenbahn gegen einen liegenden Schienenweg sollen nach der Behauptung der Patenttraͤger (Jahrbuͤcher des k. k. polyt. Instit. in Wien Bd. XII. S. 346) darin bestehen: „1) daß dieselbe sowohl in der Anlage als in der Unterhaltung nur auf den vierten oder fuͤnften Theil der gewoͤhnlichen liegenden Eisenbahnen zu stehen kommt; 2) daß sie weit mehr als die leztere leistet, indem ein Pferd in horizontaler Richtung, und selbst bei einer Neigung von 4 Graden, eine Last von 280 Centnern ohne bedeutende Anstrengung fortschafft; 3) daß dieselbe wenig Terrain erfordert, weil sie neben jeder bestehenden Straße und uͤberall, wo ein Fuß- oder Leinpfad vorhanden ist, angelegt, und durch ihre einfache Construction Baͤche, Ungleichheiten des Bodens und andere Hindernisse leicht uͤberwinden kann; 4) daß durch dieselbe keine bereits bestehende Communication unterbrochen, und beinahe jede Reparatur ohne die geringste Unterbrechung des Transportes vorgenommen werden kann; endlich 5) daß die Witterung uͤberhaupt, vorzuͤglich aber Schnee und Staub, keinen nachtheiligen Einfluß auf dieselbe aͤußern und die Fortschaffungsmittel durch eine besondere Vorrichtung bei den bedeutendsten Senkungen der Bahn auch dann, wenn dieselbe mit Eis bedekt waͤre, nach Belieben zuruͤkgehalten, ja sogar augenbliklich ganz gesperrt werden koͤnnen.“ Da ich seit zwanzig Jahren mit der Verbesserung und moͤglichsten Vervollkommnung der Eisenbahnen mich beschaͤftige, und durch verschiedene groͤßere und kleinere Werke, Abhandlungen und Aufsaͤze in Journalen und oͤffentlichen Blaͤttern, so wie durch meine in Bayern und in England genommenen Patente am Fruͤhesten und am Meisten, dazu beigetragen zu haben mir schmeicheln darf, die allgemeine Aufmerksamkeit zu erregen, deren diese so wichtige, ehedem selbst in England nur wenig geachtete, Erfindung gegenwaͤrtig nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Frankreich, in Deutschland und in den Nordamerikanischen Freistaaten gewuͤrdigt wird, in welchen Laͤndern man dieselbe noch vor wenigen Jahren theils gar nicht kannte, theils ihre vortheilhafte Anwendbarkeit bezweifelte und bestritt; so glaube ich einiger Maßen befugt zu seyn, auch uͤber diese angeblich neue Erfindung meine Stimme oͤffentlich vernehmen zu lassen. Fuͤr's Erste muß ich bemerken, daß die Idee von Hangenden Eisenbahnen keineswegs neu ist. Im Jahre 1821 erhielt ein englischer Ingenieur, Hr. Henry Robinson Palmer in London ein Patent auf eine Bahn nach demselben Principe (Suspension Rail-way), von welcher er 1824 eine ausfuͤhrliche Beschreibung und Abbildung unter dem Titel: Description of a Rail-way on a new Principle etc. herausgab, und die er in demselben Jahre zu Cheshunt in Hertfordshire an einer Ziegelhuͤtte auf einer kurzen Streke mit gutem Erfolge ausfuͤhrte, wovon auch damals in englischen, franzoͤsischen und deutschen Blaͤttern Meldung geschah, besonders in Dingler's polytechn. Journale Bd. XVIII. S. 266–267, welches auch schon 1823 im XI. Bande S. 178–185 die vollstaͤndige Uebersezung des Palmer'schen Patentes mir Abbildung geliefert hatte. Dieses Patent des Hrn. Palmer war indessen das offenbarste Plagiat meines am 14. November 1815, also sechs Jahre fruͤher, in London ausgefertigten Patentes, in dessen Specification ich unter mehreren anderen dahin einschlaͤgigen Erfindungen dieselbe Bauart von Eisenbahnen und Wagen deutlich und vollstaͤndig beschrieben hatte.Man sehe hieruͤber meine 1826 dahier erschienene. Abhandlung: Ueber die Vortheile einer verbesserten Bauart von Eisenbahnen und Wagen, welche an einer auf Allerhoͤchsten Befehl zu Nymphenburg ausgefuͤhrten Vorrichtung durch wiederholte oͤffentliche Versuche sich bewahrt haben. Gelesen in der am 25. August 1826 gehaltenen Sizung der koͤnigl. Akademie der Wissenschaften. Muͤnchen bei Fleischmann. Nach meiner Zuruͤkkunft aus England im Jahre 1816 stellte ich dahier auf Kosten der Regierung an der koͤnigl. Maschinenwerkstaͤtte in der St. Annavorstadt ein großes Modell einer solchen Eisenbahn mit doppelten, nahe an einander liegenden, auf hoͤlzernen Pfosten uͤber der Erde befestigten Geleiseschienen her, auf welchen drei an einander gehaͤngte Wagen, zusammen mit 40 Centnern beladen, von einem darneben gehenden Menschen an einem Seile mit Leichtigkeit fortgezogen wurden, wie eine große Anzahl hiesiger Einwohner und mehr als hundert Fremde, welche diesen waͤhrend 8 Monaten fast taͤglich wiederholten Versuchen beigewohnt haben, sich noch erinnern koͤnnen. Ich habe endlich dieselbe Bauart mit einigen Abaͤnderungen und Modificationen in meinem 1822 dahier erschienenen großen Werke: Neues System der fortschaffenden Mechanik u.s.w., beschrieben, und glaube also wohl behaupten zu duͤrfen, daß ich der Erste war, welcher die Idee von erhoͤheten Eisenbahnen, mit außer und neben denselben angebrachter Zugkraft, angegeben, oͤffentlich bekannt gemacht und ausgefuͤhrt hat. So viel uͤber die Neuheit und Originalitaͤt der Erfindung des Hrn. v. Bodmer. Was nun die in seinem oͤsterreichische Patente angegebenen Vorzuͤge derselben betrifft, so erlaube ich mir hieruͤberhierbber folgende Bemerkungen: 1) Da das Ebenen und Zurichten des Bodens, das Durchschneiden von Huͤgeln, das Auffuͤllen von Vertiefungen, die Formirung eines eigenen Straßendammes mit seinen Durchlaßbruͤken und Abflußgraben u.s.w. bei der Anlage von Eisenbahnen auf unebenem Terrain ziemlich bedeutende Kosten verursacht, welche jene der eigentlichen Bahn oft weit uͤbertreffen, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß der Bau einer Eisenbahn, bei welchem diese Erd- und Steinarbeiten ganz oder groͤßtentheils erspart werden koͤnnen, um vieles wohlfeiler seyn muͤsse. Diese Ersparniß wird indessen bei den Palmer'schen oder Bodmer'schen Eisenbahnen nur an wenigen Stellen wirklich eintreten koͤnnen, wo naͤmlich der Boden in kleinen wellenfoͤrmigen Erhoͤhungen und Vertiefungen sich so hinzieht, daß die daruͤber in gleichfoͤrmigem Niveau fortgefuͤhrte Eisenbahn an keinem Puncte mehr als 6 bis 7 Fuß von dem Grunde, auf welchem das Pferd geht, entfernt ist. Bei einem merklich groͤßeren Abstande wuͤrde nicht nur ein großer Theil der in zu schiefer Richtung wirkenden bewegenden Kraft unnuͤz verloren gehen, und der Widerstand durch das zu starke Niederziehen des Seiles bedeutend vermehrt, sondern auch die Sicherheit und Festigkeit des ganzen Baues bei so hohen Pfaͤhlen gefaͤhrdet werden. Auf einem von etwas bedeutenden Huͤgeln und Vertiefungen durchschnittenen Terrain wird demnach an den erforderlichen Erdarbeiten nicht viel zu ersparen seyn;Bei der zu Cheshunt von Hrn. Palmer erbauten Eisenbahn, welche nur eine englische Meile lang ist, mußte eine kleine Anhoͤhe durchstochen werden. S. polytechn. Journ. Bd. XVIII. S. 267. und wenn schon kein eigentlicher Straßendamm erfordert wird, und der Unterlagen oder Grundmauern, auf welchen die Pfahle ruhen muͤssen, bei ihrer weiteren Entfernung von einander weniger seyn duͤrfen, als bei gewoͤhnlichen liegenden Eisenbahnen, so muͤssen dafuͤr diese Unterlagen, um eine so große, auf wenige Puncte vertheilte Last mit Sicherheit zu tragen, um so viel breiter, tiefer und massiver gemacht werden; und sollte hieran auch noch einige Ersparung moͤglich seyn, so verursacht das viele Holzwerk in Gegenden, wo dieses nicht sehr wohlfeil ist, desto groͤßere Kosten und einen besonderen Aufwand, von welchem eine zwekmaͤßig gebaute liegende Bahn ganz frei ist. Auch am Eisen wird schwerlich etwas zu ersparen seyn, da die Schienen, wenn sie nach Hrn. v. Bodmer's Plane doppelt neben einander gelegt werden, eben so breit und dik, wie bei gewoͤhnlichen Bahnen, und richtet man nach Palmer nur ein einfaches Geleise vor, um so viel staͤrker seyn muͤssen. Auf einem schon von Natur flachen Boden, der nicht erst geebnet zu werden braucht, verschwinden demnach alle Vortheile der Hangenden Eisenbahnen in Hinsicht auf die Kosten ihrer Anlage, welche in den meisten Faͤllen jene einer liegenden Bahn noch uͤbertreffen muͤssen. Uebrigens ist die Ersparung von einigen Erdarbeiten kein ausschluͤssiger Vorzug der hangenden Eisenbahnen. Auch bei der von mir angegebenen Construction wird das Ebenen des Bodens nicht so, wie bei den gewoͤhnlichen (englischen oder Gerstner'schen) Eisenbahnen erfordert; denn da die Pferde nicht zwischen den Geleisen, sondern außer und neben denselben gehen, so kann das gleichfoͤrmige Niveau der lezteren eben so leicht dadurch erhalten werden, daß die Unterlagen hoͤher oder niedriger gebaut werden, indeß der Ziehpfad keiner besonderen Zurichtung bedarf, wie ich in meinem Neuen System der fortschaffenden Mechanik, und in meiner oben angefuͤhrten akademischen Abhandlung von 1826, S. 34–35 eroͤrtert, und an meiner zu Nymphenburg im Großen ausgefuͤhrten Eisenbahn practisch dargethan habe. Die Kosten der Unterhaltung koͤnnen bei solchen Hangenden Eisenbahnen, wie die HHrn. Palmer und v. Bodmer vorgeschlagen haben, keineswegs so unbedeutend seyn, sondern muͤssen vielmehr jene einer gewoͤhnlichen liegenden Bahn mit steinernen Unterlagen weit uͤbertreffen. Es ist leicht zu begreifen, daß die haͤufigen und bedeutenden Reparationen, welche an dem vielen, so wandelbaren, allen Einfluͤssen der Luft und Witterung bestaͤndig ausgesezten Holzwerke unvermeidlich vorfallen muͤßten, alle Ersparungen weit uͤberwiegen wuͤrden, die man von der Beseitigung der Erdarbeiten unter den guͤnstigsten Umstaͤnden erwarten duͤrfte. Wollte man aber, um diesen Nachtheil zu vermeiden, die Pfaͤhle oder Pfosten, und die darauf befestigten horizontalen Unterlagen von Gußeisen machen, so wuͤrde die Anlage einer solchen schwebenden Bahn zwanzig Mal mehr, als jene der solidesten liegenden kosten.Von Stein koͤnnten zwar die Saͤulen, wenn sie nicht sehr hoch seyn duͤrfen, aus einem Stuͤke gemacht werden. Allein auch diese duͤrften in vielen Gegenden sehr kostbar seyn, und da die Unterlagen der Schienen ihrer ganzen Lange nach doch von Eisen seyn muͤßten, so wuͤrde auch hierdurch nicht viel erspart werden. 2) Was die Groͤße der Leistung oder Wirkung betrifft, so haͤngt diese lediglich von der Glaͤtte der Schienen und von der vollkommnen Anordnung der Wagenraͤder und ihrer Achsen ab, wodurch die Reibung an allen Theilen so viel moͤglich vermindert wird. Nun ist aber kein Grund vorhanden, warum die Wagen auf einer liegenden Bahn nicht eben so vortheilhaft sollten gebaut werden koͤnnen, als auf einer Hangenden. Vielmehr ist auch in dieser Hinsicht der Vortheil offenbar auf der Seite der ersteren, wo die Raͤder um Vieles hoͤher als bei den lezteren gemacht werden koͤnnen. Von Steinen, Sand und Koth, womit die Schienen der gewoͤhnlichen Eisenbahnen durch den Hufschlag der zwischen denselben gehenden Pferde beworfen und verunreinigt werden, bleiben die 4, 5 und mehrere Fuß uͤber dem Boden erhoͤhten Hangenden Eisenbahnen allerdings frei; hierzu bedarf es jedoch keiner so bedeutenden Erhoͤhung. Auch auf meiner zu Nymphenburg ausgefuͤhrten, von dem Ziehpferde abgesonderten, und nur 1 bis 2 Fuß uͤber diesen erhoͤheten Eisenbahn werden die Schienen immer rein erhalten. Auf jeden Fall ist die in dem Patente des Hrn. v. Bodmer angegebene Wirkung, daß ein Pferd in horizontaler Richtung und selbst bei 4 Grade Neigung eine Last von 280 Centnern ohne bedeutende Anstrengung fortschaffen sollte, nicht nur uͤbertrieben, sondern in Betreff des lezten Punctes rein unmoͤglich. Da der Sinus eines Winkels von 4 Graden sich zum Radius wie 6975 zu 100000 verhaͤlt, und das Steigen einer unter diesem Winkel geneigten Flaͤche beinahe 7 Fuß auf 100 Fuß Laͤnge betraͤgt, so wuͤrde die Schwere einer diese schiefe Flaͤche hinaufzuziehenden Last von 28000 Pfund, ohne alle Reibung, schon einen Widerstand von 0,06975 × 28000 = 1963 Pf. beinahe zwanzig Centnern verursachen, folglich fuͤr sich allein die Kraft von zwoͤlf bis dreizehn starken Pferden in Anspruch nehmen! – 3) Daß eine schwebende Bahn weniger Terrain erfordert, und uͤber Ungleichheiten des Bodens, uͤber Baͤche und andere Hindernisse leichter gefuͤhrt werden kann, als eine liegende Bahn von gewoͤhnlicher Bauart, ist nicht zu bestreiten, und hierin liegt wohl der groͤßte, oder vielmehr der einzige wesentliche Vortheil, welcher von dieser Art von Eisenbahnen zu erwarten ist, und weßwegen dieselben in besonderen Lagen, fuͤr besondere Transportgegenstande von geringem Umfange und auf kurze Streken allerdings empfohlen zu werden verdienen. Nur duͤrfen, wie ich bereits bemerkt habe, diese Ungleichheiten des Bodens nicht zu bedeutend seyn, und uͤber Baͤche, wenn solche nicht aͤußerst schmal und seicht sind, wird man Bruͤken doch nicht entbehren koͤnnen. 4) Wenn durch die Anlage einer schwebenden Bahn keine bereits bestehenden Communicationen (in einer die Linie derselben durchschneidenden Richtung) unterbrochen werden sollen, so muß diese Bahn an jeder solchen Stelle auf so hohen Pfaͤhlen ruhen, daß die hoͤchsten beladenen Wagen darunter durchfahren koͤnnen, was jedoch aus den bereits angefuͤhrten Gruͤnden nicht raͤthlich, und wegen Beibehaltung des gleichfoͤrmigen Niveaus an vielen Puncten nicht thunlich seyn duͤrfte. Bei jeder geringen Erhoͤhung muß eine Communication jener Art vielmehr erschwert werden, weil selbe nur durch ziemlich hohe und kostbare, uͤber die Bahn geschlagene, Bruͤken hergestellt werden kann. Die Behauptung endlich, daß beinahe jede Reparatur an solchen schwebenden Eisenbahnen ohne die geringste Unterbrechung des Transportes vorgenommen werden koͤnne,“ ist offenbar ungegruͤndet. Das Holzwerk der Pfahle und der darauf befestigten Bohlen wird (wie man an jedem im Freien stehenden hoͤlzernen Gelaͤnder sich uͤberzeugen kann) bald faulen, und noch fruͤher werden die Bohlen sich drehen, biegen und werfen, wodurch der Parallelismus der darauf genagelten eisernen Schienen zerstoͤrt werden muß, auch Bruͤche an diesen verursacht werden koͤnnen. Es ist aber leicht einzusehen, daß jede Reparatur, welche mit Auswechselung und Erneuerung mehrerer solcher Theile verbunden ist, ungleich mehr Zeit erfordern muß, als das Wegnehmen einer gesprungenen Schiene und Einlegen einer neuen an ihre Stelle, was auf einer liegenden Bahn mit soliden steinernen Unterlagern die einzige vorfallende Reparatur ist, und jedes Mal in wenigen Minuten geschehen kann. 5) Das Aufhalten oder Hemmen der Wagen kann eben so leicht und sicher auf liegenden, wie auf schwebenden Eisenbahnen bewirkt werden, und ich habe zu diesem Zweke in meinem Neuen Systeme der fortschaffenden Mechanik verschiedene Vorrichtungen angegeben, und andere bei meiner Probebahn zu Nymphenburg mit gutem Erfolge ausgefuͤhrt, wo die beladenen Wagen auf einem ziemlich steilen Abhange (von 1 Fuß Fall auf 8 Fuß Laͤnge) von einem Manne nach Gefallen jeden Augenblik mit der groͤßten Leichtigkeit aufgehalten werden koͤnnen. Aus allem diesen geht demnach hervor, daß die hangenden oder schwebenden Eisenbahnen, so wie selbe von den HHrn. Palmer und v. Bodmer vorgeschlagen worden, zu einer allgemeinen Anwendung an die Stelle der gewoͤhnlichen liegenden Bahnen durchaus nicht, und zwar um so weniger geeignet sind, als sie mit den wesentlichen Fehlern dieser lezterenEine Aufzaͤhlung dieser Fehler findet sich in meinem Neuen Systeme der fortschaffenden Mechanik S. 55–61, und in meiner 1826 dahier erschienenen akademischen Abhandlung: Ueber die Vorzuͤge einer verbesserten Bauart von Eisenbahnen und Wagen S. 21–27, wie auch in meiner lezten 1828 dahier erschienenen Schrift: Ueber die Vorzuͤge einer verbesserten Bauart von Eisenbahnen vor den schiffbaren Canaͤlen mit besonderer Beziehung auf die vorgeschlagene Verbindung der Donau und des Rheins. noch einige besondere Nachtheile und Unbequemlichkeiten verbinden. Die Fehler, welche diese Hangenden mit den gewoͤhnlichen liegenden Bahnen gemein haben, sind folgende: 1) Die Seitenreibung der Raͤder an den Schienen ist, wenn keine horizontalen Frictionsraͤder angebracht werden, eben so bedeutend, ja wegen des schraͤgen Zuges abwaͤrts, bei einer betraͤchtlichen Erhoͤhung der Bahn noch staͤrker, als bei den liegenden flachen und aufstehenden Bahnschienen nach der in England gebraͤuchlichen Bauart (Plate-Rails und Edge-Rails). 2) Die Wagen koͤnnen, wie auf diesen lezteren, mit Leichtigkeit nur gerade ausgehen, uͤber eine nur etwas merkliche Kruͤmmung aber nicht anders als mit dem außerordentlichsten Zwange fortgebracht werden. 3) Eben so wenig koͤnnen die Wagen ihre Bahn verlassen, und es findet daher auch hier derselbe Uebelstand und die große Unbequemlichkeit Statt, daß uͤberall, wo eine solche Bahn unterbrochen werden muß (was auf einer langen, durch Staͤdte, Maͤrkte u. dgl. gehenden Linie nicht zu vermeiden ist), die Wagen zuruͤkgelassen und abgeladen, die Waaren oder Producte auf gewoͤhnlichen Fuhrwerken uͤber die Zwischenraͤume geschafft, und dann wieder, auf andere Eisenbahnwagen gepakt werden muͤssen; worin eben die groͤßte Unvollkommenheit der gewoͤhnlichen Eisenbahnen und das vorzuͤglichste Hinderniß liegt, welches einer ausgedehnteren Anwendung derselben bis jezt im Wege stand. 4) Endlich koͤnnen die sich begegnenden oder einholenden Wagen auch auf einer schwebenden Bahn sich nicht ausweichen oder an einander vorbeifahren. Hierzu gesellen sich nun noch mehrere besondere, den schwebenden Bahnen eigenthuͤmliche Maͤngel. Die geringe Dauer und Soliditaͤt; die haͤufigen, kostbaren und den Transport unterbrechenden Reparaturen; die Beschraͤnktheit ihres Gebrauches in Hinsicht auf den Umfang und das Gewicht der zu transportirenden Gegenstaͤnde, da auf den angehaͤngten sehr schmalen Kasten, Brettern oder Platten, große Faͤsser oder Colli von bedeutender Breite nicht Raum haben; die Schwierigkeit, Unbequemlichkeit und Unsicherheit beim Laden und Abladen, da das Gleichgewicht der zu beiden Seiten angehaͤngten Lasten immer auf das Genaueste beobachtet werden muß; endlich die Gefahr, daß bei einem zufaͤlligen Stoße von einer Seite gegen die Ladung das auf einer aͤußerst schmalen Bahn (einer einzigen Schiene nach Palmer's, oder zweien nur ein Paar Zoll von einander entfernten Schienen nach von Bodmer's Plane) laufende Fuhrwerk – dessen Gang gewissermaßen jenem eines Seiltaͤnzers mit der Balancierstange gleicht, – zum Schwanken oder Schaukeln gebracht, oder ganz umgeworfen und zerbrochen werde. Muͤnchen, den 20. Septbr. 1828. Joseph Ritter von Baader.