Titel: Des Mechanikus Ludwig Georg Treviranus Methode, den Betrag der partiellen Gefälle eines Stromes, vorzüglich in Hinsicht auf Dampf-Schifffahrt, zu ermitteln.
Fundstelle: Band 31, Jahrgang 1829, Nr. LIII., S. 176
Download: XML
LIII. Des Mechanikus Ludwig Georg Treviranus Methode, den Betrag der partiellen Gefaͤlle eines Stromes, vorzuͤglich in Hinsicht auf Dampf-Schifffahrt, zu ermitteln. Treviranus Methode, in Hinsicht auf Dampf-Schifffahrt. Die Methode, welcher man sich gewoͤhnlich bedient, den Betrag eines Stromgefaͤlles zu ermitteln, ist bekannt. Eine andere von der gewoͤhnlichen ganz verschiedene Methode, welche ich vor etwa 8 Jahren in Bremen erfand, und die ich schon zu der Zeit nach mehreren Probeversuchen als etwas nicht Unwichtiges betrachtete, entschließe ich mich jezt, durch dieses Journal oͤffentlich bekannt zu machen, unter anderen Gruͤnden, auch aus dem Grunde, weil meine fruͤhere Ansicht, daß sie auf theoretisch richtigen Grundsaͤzen beruht, und auch in praktischer Hinsicht fuͤr den oben in der Ueberschrift angegebenen Zwek sehr brauchbare Resultate liefern duͤrfte, seitdem sich nichts geaͤndert hat. Zu der Ermittelung des Totalgefaͤlles einer langen Stromstreke ist sie nicht geeignet, und ein gewoͤhnliches Nivellement ihr vorzuziehen. Aber zu der Untersuchung kurzer, oder partieller Gefaͤlle eines Stromes, in Bezug auf eine etwa auf diesem Strom einzurichtende Dampf-Schifffahrt scheint sie sich besser, als jede andere mir bekannte Methode zu eignen, indem es in diesem Fall insbesondere darauf ankommt, im Voraus den Einfluß zu ermitteln, den das Gefaͤlle des in der Untersuchung begriffenen Strompunktes, verbunden mit der Geschwindigkeit des Wassers, und die aus beiden resultirenden Kraͤfte auf die Bewegung des kuͤnftigen Dampf-Schiffes haben werden, um darnach beurtheilen zu koͤnnen, ob das Dampf-Schiff solche kurze Gefaͤlle dem Strome entgegen passiren kann, oder nicht. Meine Methode besteht, wie ich vorlaͤufig in der Kuͤrze und im Allgemeinen bemerken will, in der Anwendung mehrerer bekannten Mittel und Grundsaͤze, wodurch sich in jedem vorkommenden Fall das relative Gewicht eines auf die zu untersuchende Stromstelle gebrachten todten und schwimmenden Koͤrpers, welcher auf der Stromstelle durch eine aͤußere Kraft gehalten wird, finden laͤßt. Aus dem gefundenen relativen, und dem als bekannt vorausgesezten absoluten Gewicht des Koͤrpers mache ich dann den Schluß auf das Gefaͤlle des Strompunktes, auf welchem sich der Koͤrper befand. Zu naͤherer Entwikelung der dabei in Anwendung kommenden Grundsaͤze diene das Folgende: Wenn ein todter schwimmender oder specifisch leichterer Koͤrper als Wasser, auf einem fließenden Wasser, oder auf einem Strom sich befindet, so ist eine aͤußere in der entgegengesezten Richtung des Stromlaufes auf den Koͤrper wirkende Kraft noͤthig, ihn auf einem bestimmten Punkt des Stromes zu erhalten, indem, wie die Erfahrung lehrt, jeder schwimmende Koͤrper ein Bestreben hat, dem Laufe des Stromes zu folgen. Dieses Bestreben des Koͤrpers, dem Laufe des Stromes zu folgen, hat zwei Ursachen: Eine derselben ist, daß der todte Koͤrper in sich selbst keine Kraft besizt, die der Kraft entgegen wirken koͤnnte, womit das fließende Wasser, in welchem er schwimmt, in dem Falle auf ihn wirken wuͤrde, wenn er in Ruhe verbleiben wollte. Die andere Ursache liegt zum Theil in der Beschaffenheit der Oberflaͤche des Stromes, und zum Theil in dem Koͤrper selbst. Es bildet naͤmlich im Allgemeinen die Oberflaͤche eines jeden Stromes, oder eines jeden fließenden Wassers eine geneigte Ebene, die aber, beilaͤufig gesagt, im Strome wegen der Ungleichheiten des Grundbettes, und aus andern Ursachen, in der Regel aus vielen kleinem Ebenen von verschiedener Neigung besteht. Ein schwimmender Koͤrper besizt wie jeder andere Koͤrper ein eigenthuͤmliches oder absolutes Gewicht; was zwar durch die Wassermasse, welche er verdraͤngt, balancirt wird, aber demungeachtet in anderer Beziehung in ihm verbleibt. Um aus der geneigten Oberflaͤche des Stromes, und dem absoluten Gewichte des schwimmenden Koͤrpers jezt einen Schluß auf sein Bestreben zu machen, dem Lauf des Stromes zu folgen, so ist es erlaubt: unter der geneigten Oberflaͤche des Stromes, oder einer Stromstelle, sich eine eben so viel geneigte mathematische Ebene, und den Koͤrper ohne Friktion auf dieser Ebene befindlich zu denken. Nach bekannten mathematischen Grundsaͤzen folgt dann: Der Koͤrper wird nach Maßgabe seines absoluten Gewichtes, und nach Maßgabe der Neigung der Ebene ein Bestreben haben, von dieser Ebene herunter zu gleiten, und zwar mit einer Kraft, die im Verhaͤltniß zu seinem absoluten Gewichte: dem Verhaͤltniß der Hoͤhe der geneigten Ebene zu ihrer Laͤnge proportional ist; oder mehr in Bezug auf den Gegenstand verhaͤlt sich: das relative Gewicht des schwimmenden Koͤrpers, oder das Bestreben desselben von der geneigten Ebene herunter zu gleiten, zu seinem absoluten Gewichte, wie das Gefaͤlle zu der Laͤnge, auf welche sich das Gefaͤlle im Strome bezieht. In der relativen Schwerkraft des schwimmenden Koͤrpers liegt demnach die zweite Ursache, warum der Koͤrper ein Bestreben hat, dem Laufe des Stromes zu folgen, und darin liegt auch die Ursache, wie ich noch bemerke, aber eigentlich nicht zur Sache gehoͤrt, warum ein schwimmender Koͤrper von einem etwas bedeutenden Gewichte, wenn er sich selbst uͤberlassen in dem Strome schwimmt, sich nicht nur mit der gleichen Geschwindigkeit des Stromes, sondern mit einer groͤßern Geschwindigkeit bewegt, als der Strom selbst besizt. Zu Folge des bis soweit Gesagten sind es also zwei Kraͤfte, welche auf einen schwimmenden Koͤrper wirken, der im Strome durch eine aͤußere Kraft gehalten wird, naͤmlich die Kraft des Stromes, und das relative Gewicht desselben KoͤrpersMan unterscheidet zwar in der Regel noch einige andere Kraͤfte, die auf einen schwimmenden Koͤrper wirken, naͤmlich die Friktion und Adhaͤsion des Wassers; in dieser Abhandlung ist es indessen erlaubt, beide eben benannte Kraͤfte mit in den Ausdruk Kraft des Wassers zu begreifen, wenn das Wasser in Bewegung und der Koͤrper in Ruhe ist, oder in den Ausdruk Widerstand des Wassers, wenn der Koͤrper in Bewegung und das Wasser in Ruhe ist. – und die Summe beider Kraͤfte muß, wenn der Koͤrper im Strome auf einem bestimmten Punkt bleiben soll, durch eine aͤußere dritte Kraft balancirt werden. Wenn unter den schwimmenden Koͤrper von jezt an ein Schiff von einem bekannten Gewichte und einer solchen Groͤße verstanden wird, daß etwa drei Mann im Stande sind, es auch in einem heftigen Strome zu regieren, und ein solches Schiff im Strome vor Anker gelegt wird, so laͤßt sich dann mit Huͤlfe eines Dynamometers leicht die Kraft messen, welche noͤthig seyn duͤrfte, der Kraft des Wassers vereint mit der relativen Schwerkraft des Schiffes das Gleichgewicht zu halten. Eben so leicht laͤßt sich auch von dem Schiffe aus mittelst eines Strommessers die Geschwindigkeit des Stromes messen, in welchem sich das Schiff befindet. Es kaͤme jezt nur noch darauf an zu wissen: wie viel man von dem, was der Dynamometer angab, fuͤr die mit der gemessenen Geschwindigkeit des Stromes korrespondirende Kraft des Wassers abzuziehen haͤtte, um in dem verbliebenen Reste, das relative Gewicht des Schiffes zu erhalten, und aus dem gefundenen relativen und dem bekannten absoluten Gewicht des Schiffes, dann nach den vorhin gemachten Schluͤssen den Schluß auf das Gefaͤlle zu machen. Die Kraft, mit welcher ein Strom von einer bekannten Geschwindigkeit auf dem Schiffe, oder uͤberhaupt auf einem schwimmenden Koͤrper wirket, ist gleich der Kraft, womit ein todtes Wasser, in welchem der Koͤrper mir der Geschwindigkeit des Stromes bewegt wird, der Bewegung des Koͤrpers widersteht, oder gleich dem Widerstand des Wassers. Der Widerstand des Wassers auf Schiffe von etwa 30 Fuß Laͤnge laͤßt sich im todten Wasser fuͤr Geschwindigkeiten von 1 bis etwa 8 Fuß pr. Sekunde, wie ich aus der Erfahrung weiß, ohne sehr bedeutende Schwierigkeiten finden. Im todten Wasser koͤnnte man also auch den Widerstand des Wassers auf dem Schiffe finden, welches man bei der Untersuchung der Strompunkte zu gebrauchen gedenkt. In meinem Versuchen uͤber diesen Gegenstand fand ich den Widerstand den Quadraten der Geschwindigkeiten immer mehr proportional, wenigstens war keine regelmaͤßige Abweichung von diesem Geseze bemerkbar. Wenn dieses Gesez als richtig anerkannt wird, dann kann man uͤber den Widerstand des Wassers, auf dem in Rede stehenden Schiffe, noch auf einem anderen und leichteren Wege, als im todten Wasser, Aufschluß erhalten; man kann den Widerstand, oder die ihm gleiche Kraft des Wassers dann auch im fließenden Wasser finden. Zu dieser Absicht suche man sich im Strome eine Streke aus, die eine moͤglichst gleiche Breite und gleiche Tiefe hat, und uͤberhaupt von solcher Beschaffenheit ist, daß man doch wenigstens auf einige hundert Fuß Laͤnge, auf ein gleichfoͤrmiges Gefaͤlle und gleiche Geschwindigkeit des Wassers im Stromfaden schließen darf, wo auch das Wasser nicht zu langsam, sondern mit einer Geschwindigkeit von etwa 3 bis 4 Fuß pr. Sekunde fließt. Das Schiff, auf welchem man die Kraft des Stromes zu ermitteln wuͤnscht, lege man dann in den Stromfaden vor Anker; messe die Geschwindigkeit des Stromes, und auch die Kraft, welche noͤthig sehn duͤrfte, das Schiff in dem Strome zu halten, und nivellire zulezt noch eine schikliche Laͤnge der Stromstreke auf die gewoͤhnliche Art, und moͤglichst genau. Aus dem durch das Nivellement gefundenen Gefaͤlle und dem absoluten Gewicht des Schiffes laͤßt sich jezt fuͤr diesen Fall das relative Gewicht des Schiffes berechnen, und dieses relative Gewicht, oder diese relative Schwerkraft, von der Kraft abgezogen, die noͤthig war, das Schiff im Strome zu halten, gibt die Kraft des Wassers auf dem Schiffe, welche der gemessenen Geschwindigkeit des Stromes korrespondirt. Die auf diesem Wege gefundene Geschwindigkeit und Kraft des Wassers muͤßten dann zulezt als Grundlagen angenommen, und darnach fuͤr andere Geschwindigkeiten die zugehoͤrigen Kraͤfte nach den Quadraten der Geschwindigkeiten berechnet und zu der Ermittelung der Gefaͤlle anderer Strompunkte wiederum in Anwendung gebracht werden. Wenn ich auch, indem ich so eben den Vorschlag machte, eine Stromstelle nach der gewoͤhnlichen Methode zu nivelliren, und daraus Data's zu der Anwendung meiner Methode zu entnehmen, diese nicht gegen den Einwand schuͤzen kann: daß die Resultate, welche sich unter solchen Umstaͤnden von ihr erwarten lassen, als von jener abhaͤngig, auch weniger genau ausfallen muͤssen, so ist dieser Einwand, wenn man einzelne Faͤlle dabei im Auge hat, wie ich zugeben will, zwar gegruͤndet, aber im Allgemeinen und mit Beruͤksichtigung dessen, wofuͤr ich schon Anfangs meine Methode insbesondere empfohlen habe, scheint mir dieser Einwand kein großes Gewicht zu haben. Ich erlaube mir, mich uͤber diesen Punkt bestimmter auszudruͤken. Es ist mir nicht unbekannt, daß sich einzelne Stromstreken, wenn es nicht an Zeit fehlt, alles zu einem Strom-Nivellement Benoͤthigte in der besten Ordnung vorzurichten und man sich den schiklichsten Zeitpunkt waͤhlen kann, dann mit großer Genauigkeit nivelliren lassen. Es ist mir aber auch eben so wenig unbekannt, daß ein Strom-Nivellement unter anderen Umstaͤnden, z.B. bei einem felsigten Grundbette und sehr heftiger Stroͤmung mit ganz bedeutenden Schwierigkeiten verbunden seyn kann, und dann jene Genauigkeit auch nicht gewaͤhrt. Meine Methode dagegen ist auf jeden Strompunkt, dem Schiffe durch eine oder die andere Kraft dem Strome entgegen passiren koͤnnen, die Stroͤmung sey noch so heftig, und das Grundbette wie es wolle, ohne viele Umstaͤnde anwendbar. Ich habe es wenigstens immer moͤglich befunden mit einem Schiffe von etwa 30 Fuß Laͤnge, wie ich es zu meinen Untersuchungen nur gebrauche, auch auf felsigem Grunde, und in Stroͤmungen von etwa 10 Fuß Geschwindigkeit pr. Sekunde vor Anker zu gehen, und mehr gebrauche ich nicht, um meine Untersuchungen zu beginnen. Ich rechne demnach, wenn die Untersuchung der Stromstellen in Bezug auf Dampf-Schifffahrt unternommen wird, daß ich dann auf Strompunkten, wo sich ein weiches Grundbette, also auch keine heftige Stroͤmung vorfindet, und wo die gewoͤhnliche Methode das Gefaͤlle vielleicht am richtigsten geben wuͤrde, fuͤr meinen Zwek eigentlich nichts zu thun habe, und daß das Gefaͤlle, welches ich der Ordnung wegen auf solche Strompunkte auch suche zu ermitteln, nach meiner Methode dann hinreichend genau ausfaͤllt; und daß wenn ich fuͤr meine Methode, mit Huͤlfe der gewoͤhnlichen Methode, unter den guͤnstigsten Umstaͤnden die Data hinsichtlich des Widerstandes des Wassers gesammelt habe, und diese dann auf Strompunkte in Anwendung bringe, die fuͤr meine Untersuchung die wichtigsten sind, und wo man auf dem gewoͤhnlichen Wege nicht gut fort kommt, ich in solchen Faͤllen nach meiner Methode vielleicht richtigere Resultate, als nach der gewoͤhnlichen finden duͤrfte, wenn auch einige Data dazu von lezterer entnommen sind. Hiemit glaube ich denn auf jenen etwaigen Einwand, der sich gegen meine Methode machen ließe, schon genuͤgend geantwortet zu haben; aus dem Folgenden wird, wie ich hoffe, noch mehr hervorgehen, daß sie sich zu dem Zwek, wofuͤr ich sie insbesondere empfohlen habe, ganz vorzuͤglich eignet. Schon in der Einleitung dieser Abhandlung habe ich bemerkt, und wiederhole es hier mit anderen Worten, daß wenn man bei Untersuchung der Strompunkte eine einzurichtende Dampf-Schifffahrt im Auge hat, es dann vorzuͤglich darauf ankommt, den speciellen Punkt einer richtigen Stromstelle auszumitteln, wo der vereinte Einfluß des Gefaͤlles und des Stromes auf dem Dampfschiffe am groͤßten seyn wuͤrde, wenn es dem Strome entgegen, diese Stromstelle passirte. Nach meinem Verfahren finde ich den speciellen Punkt einer solchen Stromstelle auf einem ganz praktischen Wege, und ohne vielen Zeitverlust durch Versuche. Ich darf zu dem Ende mein Versuchs-Schiff nur etwas oberhalb der Stromstelle vor Anker legen, das Schiff dann am Ankertau in die Stromstelle herunter treiben lassen, und von Zeit zu Zeit mit dem Dynamometer die Kraft messen, welche noͤthig ist das Schiff zu halten, bis ich den fraglichen Punkt treffe, wo naͤmlich der Dynamometer das Hoͤchste zeigt. Dieser specielle Punkt wird dann genau untersucht, bei andern Punkten der Stromstelle, wenn ich es sonst zwekmaͤßig finde sie zu untersuchen, kann eine weniger genaue Untersuchung genuͤgen. Nach der gewoͤhnlichen Methode ist die Aufgabe den speciellen Punkt einer Stromstelle zu finden, um welchen es sich handelt, nicht so leicht zu loͤsen. Man kann ihn troz aller Muͤhe sehr leicht verfehlen. Es genuͤgte in diesem Falle nicht: etwa nur den Anfang und das Ende des starken Gefaͤlles zu nivelliren und zwischen diesen Punkten das Gefaͤlle als gleichfoͤrmig anzunehmen, sondern um hieruͤber Gewißheit zu erhalten, und um eben so richtig, wie ich zu verfahren, muͤßten alle die Punkte nivellirt werden, wo ich die Versuche mit dem Schiffe und dem Dynamometer machte, und uͤberdieß muͤßten auf allen diesen Punkten die Geschwindigkeiten des Stromes genau gemessen werden, wofuͤr ich kein Beduͤrfniß hatte, und dann waͤre die Arbeit erst zum Theil beendiget, und der specielle Punkt noch unbekannt. Ihn kennen zu lernen, muͤßten dann noch viele der in Hinsicht auf Gefaͤlle und Geschwindigkeit des Wassers untersuchten Punkte berechnet und gegen einander verglichen werden, um endlich den fraglichen speciellen Punkt heraus zu bringen. Daß dieß Verfahren weit mehr Arbeit erfordert als das meinige, und weit leichter grobe Fehler dabei vorgehen koͤnnen, wird, glaube ich, eingeraͤumt werden muͤssen. Wenn ferner die Aufgabe eines Hydrotechnikers die ist: eine Stromlaͤnge von vielleicht 20, 30 und mehr Meilen fuͤr den angegebenen Zwek zu untersuchen, und zwar bei einem moͤglichst gleichen Wasserstande, dann ist es zu Loͤsung dieser Aufgabe natuͤrlich von Wichtigkeit, wenn er mit der Untersuchung aller bemerkenswerthen Punkte schnell fertig werden kann. Daß sich aber nach meiner Methode vielleicht sechs und mehr Punkte untersuchen lassen, bis man auf dem gewoͤhnlichen Wege mit einem fertig wird, duͤrfte vielleicht auch keine zu hohe Annahme seyn. Sie gewaͤhrt dem Hydrotechniker zulezt noch den Vortheil, daß er nicht nur uͤber die Beschaffenheit des Grundbettes, uͤber die Wassertiefen und die Geschwindigkeiten, sondern auch uͤber die Gefaͤlle der Strompunkte von dem Schiffe oder Nachen aus, in welchen er den Strom befaͤhrt, alle diese Untersuchungen unter seinen eigenen Augen kann anstellen lassen, sich demnach bei seiner Arbeit auf etwanige Angaben der Gehuͤlfen nicht zu verlassen braucht. Das Schiff, welches man gebraucht, um nach meiner Methode die Gefaͤlle zu untersuchen, darf nicht zu leicht seyn, indem sich nach dem absoluten Gewichte auch das relative richtet, und lezteres, um moͤglichst richtige Resultate in Bezug auf die Gefaͤlle zu erhalten, auf den Stromstellen nicht zu geringe ausfallen muß. Es darf aber auch im Gegentheil nicht zu schwer seyn, weil es sich sonst im heftigen Strom durch einige Mann nicht regieren laͤßt. Das Fahrzeug, dessen ich mich in meinem Versuche bediente, hatte 32 Fuß Laͤnge, 5 1/2 Fuß zur groͤßten Breite, und tauchte 9 Zoll tief. Die stark gebrochenen Eken machten inwendig, sowohl mit dem Boden als mit den Seitenwaͤnden, einen Winkel von etwa 135 Grad. Mit Einschluß meines eigenen und des Gewichts zweier Gehuͤlfen betrug das Gewicht meines Schiffes 3100 Pfd. Bremer Gewicht. Ein Schiff von diesem Gewicht und von der angegebenen Groͤße scheint mir fuͤr den beabsichtigten Zwek wohl geeignet zu seyn. Den Widerstand des Wassers fand ich im todten Wasser fuͤr Geschwindigkeiten von 2 bis 7 1/2 Fuß pr. Secunde. Zu vier englischen Fuß Geschwindigkeit pr. Secunde correspondirte ein Widerstand von 10 Bremer Pfunde, und fuͤr andere Geschwindigkeiten war der Widerstand den Quadraten der Geschwindigkeiten proportional. Die Vorrichtungen, deren ich mich dabei bediente, kann ich dieß Mal aus mehreren Gruͤnden nicht beschreiben, was auch, wie ich hoffe, nicht von Bedeutung seyn wird, als ich bereits einen anderen und leichteren Weg, den Widerstand zu finden, angegeben habe. Den Strommesser, den ich in meinen Versuchen gebrauchte, ist nach Woltmannscher Construction, ein sogenannter hydrometrischer Fluͤgel. Ein solcher Fluͤgel gibt, wie ich mich uͤberzeugt habe, kleine und große Geschwindigkeiten des Stromes sehr genau an. Mein Dynamometer, oder meine Feder-Wage ist zum Theil nach eigener Construktion. Es lassen sich Kraͤfte von 1 bis 300 Pfund Bremer Gewicht damit messen, und die Abtheilungen fuͤr die ersten Pfunde sind etwa 3/8; die fuͤr die lezten etwa 1/8 Zoll groß. Das Schiff legte ich, wenn oberhalb der Stromstellen, die ich zu untersuchen wuͤnschte, kein anderweitiger Befestigungspunkt fuͤr das Ankertau sich mir darbot, im Strome vor Anker; befestigte das zweite Ende des nur duͤnnen Ankertaues an der Feder-Wage, und hielt diese entweder waͤhrend der Beobachtung mit den Haͤnden, oder wenn der Zug dafuͤr zu stark war, hing ich sie an einem am Vordertheile des Schiffes befindlichen Haken. Wenn der Steuermann mittelst des Steuerruders das Schiff gehoͤrig in der Richtung des Stromfadens hielt, dann waren die Vibrationen des Zeigers der Wage in der Regel sehr unbedeutend, und der mittlere Stand des Zeigers der Wage ließ sich dann leicht und richtig beobachten. Hinsichtlich der Abtheilungen der Feder-Wage ist noch zu bemerken: daß, wenn diese sich etwa auf lothrecht wirkende Kraͤfte beziehen, man vor dem Gebrauch suchen muß auszumitteln, wie viel man bei horizontal wirkenden Kraͤften zu dem, was der Zeiger dann angibt, zu addiren hat, um das richtige Resultat zu erhalten. Um genau zu verfahren, ist es ferner noch nothwendig, daß die Kraft, welche das Schiff im Strome erhaͤlt, in einer horizontalen Richtung wirke, oder wenn dieses nicht ist, der schiefe Zug auf einen Horizontalzug reducirt werde. Das Ankertau sollte demnach in der Naͤhe des Schiffes eine horizontale Lage haben, wenn man nicht rechnen will. In dieser Absicht koͤnnten zwei hoͤlzerne, oder vielleicht besser, runde, eiserne Stangen nahe an ihren Enden etwas ins Kreuz zusammen gebunden werden. Die zwei langen Schenkel der Stangen sezte man dann im Gebrauche auf den Grund des Flusses, und zwischen den oberen kurzen Schenkeln ruhte der Ankertau, und ließe sich nach Belieben, je nachdem man die unteren Schenkel der Stangen einander naͤherte, oder mehr von einander entfernte, hoch und niedrig bringen. Zum Schlusse erlaube ich mir noch mehrere in Bezug auf den Gegenstand dieser Abhandlung von mir gemachte Versuche anzugeben, um eines Theils durch die Berechnung einiger dieser Versuche meine Methode mit einigen Beispielen noch mehr zu erlaͤutern, und anderen Theils, weil man, wie ich hoffe, dadurch zu der Ueberzeugung gelangen wird, daß es sich hier nicht um eine Kleinigkeit gehandelt hat, und daß das relative Gewicht eines Dampf-Schiffes, unter Umstaͤnden eine ganz bedeutende Rolle in der Dampf-Schifffahrt spielen, und ein formidables Hinderniß in der Bewegung des Schiffes werden kann, daß demnach die vorherige Ermittelung des Betrags starker Gefaͤlle in dieser Hinsicht von großer Wichtigkeit ist. Aus den Versuchen ergibt sich auch: daß Gefaͤlle und Geschwindigkeit des Stromes zu einander in keinem bestimmten Verhaͤltniß stehen, oder zu gleicher Geschwindigkeit des Wassers verschiedener Strompunkte oft sehr von einander verschiedene Gefaͤlle gehoͤren, also aus dem Strome auf das Gefaͤlle, oder umgekehrt, aus dem Gefaͤlle, auf den Strom sich kein bestimmter Schluß machen laͤßt, und beides in jedem vorkommenden Falle besonders gemessen werden muß. Die jezt folgenden Versuche, worauf sich das so eben Gesagte bezieht, machte ich im Decbr. 1821 bei einem hohen Wasserstand, im Wasserstrom bei Bremen. 1) Am unteren oder N. W. Ende der Stadt Bremen, wo die Weser eine ansehnliche Breite und Tiefe hat, legte ich mit zwei Gehuͤlfen das im Vorigen beschriebene Schiff in freiem Strome vor Anker, und fand die Geschwindigkeit des Stromes durch den Woltmannschen Fluͤgel gleich 365 englische Fuß pr. Secunde, und nach dem Dynamometer, oder der Feder-Wage, die Kraft des Wassers vereint mit der relativen Schwerkraft des Schiffes, bei einem horizontalen Zuge, gleich 9 Pfund Bremer Gewicht. 2) Hoͤher aufwaͤrts, wo die Weser nur ohngefaͤhr die halbe Breite hat, als auf dem Punkte, wo ich den vorigen Versuch machte, und uͤberdieß auf einem Punkte durch das Ende eines in den Strom hineintretenden Bollwerkes noch mehr bewegt ist, wird, wie ich fand, durch das Bollwerk oberhalb ein Aufschau des Wassers verursacht, und auf eine kurze Streke ein staͤrkeres Gefaͤlle erzeugt, als ich auf andern Punkten, im freien Strome bei Bremen habe finden koͤnnen. Dem Ende des Bollwerks gegenuͤber, und etwa 15 bis 20 Fuß davon entfernt, gab mir der Fluͤgel 4,33 Fuß Geschwindigkeit, und die Feder-Wage zeigte 21,5 Pfund. 3) Legte ich den vorderen Theil des Schiffes in einer geraden Linie mit dem Ausgang des zweiten Joches der großen Weser-Bruͤke von der Neustadt-Seite gerechnet, wo, wie ich fand, das durch das Joch herunter fließende Wasser die groͤßte Geschwindigkeit hatte: unter diesen Umstaͤnden war die Geschwindigkeit des Wassers nach dem Stromwasser 5,78 Fuß pr. Secunde, und die noͤthige Kraft, das Schiff zu halten, betrug nach der Wage 31,5 Pfund. 4) Fand ich durch Versuche: daß, wenn das Schiff etwa um 1/3 seiner Laͤnge in das Joch heraufgezogen wurde, die vereinte Kraft des Wassers und der relativen Schwerkraft des Schiffes dann am groͤßten war. Die erforderliche Kraft in dieser Lage das Schiff zu halten, war nicht weniger als 47 Pfunde; war also um die Haͤlfte groͤßer, als im vorigen, oder dritten Versuche; betrug mehr als das Doppelte des zweiten, und mehr als das Fuͤnffache des ersten Versuchs, obgleich das Schiff vorne nur von einem Strome getroffen wurde, dessen Geschwindigkeit 4,21 Fuß betrug, und in dieser Hinsicht nur die des ersten Versuches um 0,56 Fuß uͤberstieg. 5) Zulezt ließ ich das Schiff ganz in das Joch herauf ziehen. Die Feder-Wage zeigte dann beinahe dasselbe, wie im dritten Versuche: naͤmlich 31 Pfunde; die Geschwindigkeit des Stromes an dem vorderen Theile des Schiffes, und etwa 6 bis 7 Fuß unterhalb dem Eingang des Joches war aber viel geringer, als im dritten Versuche, sie war nach dem Strommesser 3,94 Fuß pr. Secunde. Zur Berechnung dieser Versuche nehme ich an, was ich bereits in den vorangegangenen angegeben habe: daß naͤmlich das absolute Gewicht meines Schiffes 3100 Pfund betrug; ferner zu 4 Fuß Geschwindigkeit des Schiffes im tobten Wasser ein Widerstand des Wassers von 10 Pfund correspondirte, und fuͤr andere Geschwindigkeiten der Widerstand, oder in Bezug auf die zu berechnenden Versuche auch die Kraft des Wassers den Quadraten der Geschwindigkeiten proportional war. Im ersten Versuche war die Geschwindigkeit des Wassers, nach dem Strommesser 3,65 Fuß pr. Secunde, und die Kraft des Wassers auf dem Schiff, nach der folgenden 3,65²+10/4² = 8,33 Pfund. Die Summe der Kraft des Wassers, und der relativen Schwerkraft des Schiffes betrug nach dem Dynamometer, oder der Feder-Waage 9 Pfund; also die relative Schwerkraft allein 9 – 8,33 = 0,67 Pfunde, und folglich das Gefaͤlle des Strompunktes oder der Abhangsquotient: 0,67/3100 oder 1/4627. Im zweiten Versuche war die Geschwindigkeit des Stromes 4,33 Fuß, und die Kraft des Wassers auf dem Schiff 4,33²/4² + 10 = 11,72 Pfund. Die Feder-Waage gab 21,5 Pfund. Die relative Schwerkraft des Schiffes war demnach 21,5 – 11,72 = 9,78 Pfunde, und das Gefaͤlle oder der Abhangsquotient: 9,78/3100 = 1/317. Werden die uͤbrigen drei Versuche nach denselben Grundsaͤzen, wie die zwei ersten berechnet, so ergeben sich Resultate, wie sie zur besseren Uebersicht fuͤr alle fuͤnf Versuche zusammen gestellt sind, in der folgenden Tabelle. Textabbildung Bd. 31, S. 185 Bezeichnung der Versuche. Geschwindigkeit des Stromes pr. Secunde in Fuße. Die Feder-Wange zeigte Pfunde. Widerstand oder Kraft des Wassers in Pfunde. Relative Schwer-Kraft des Wassers in Pfunde. Das absolute Gewicht des Schiffes in Pfunde. Abhangsquotient oder Gefaͤlle. Mit Beruͤksichtigung der angegebenen Umstaͤnde, unter welchen die Versuche gemacht wurden, folgt aus dem ersten Versuche: wie geringe das Gefaͤlle eines Stromes fuͤr die Geschwindigkeit des Wassers von 3,65 pr. Secunde nur zu seyn braucht, wo er einen ungehemmten Lauf, und dabei eine gehoͤrige Breite und Tiefe hat, und daß das Bewegungshinderniß, welches einem Schiffe, indem es einem so beschaffenen Strome entgegensegelt, aus dem Gefaͤlle, und seinem eigenen Gewichte entspringt, dann nicht bedeutend ist. Der zweite Versuch lehrt aber schon: wie durch eine unbedeutend scheinende Ursache, durch das in den Strom etwas hineintretende Bollwerk, ein partielles Gefaͤlle entstehen, und das relative Gewicht eines Schiffes der Kraft des Wassers auf demselben, dann schon beinahe gleich kommen, und das gesammte Bewegungshinderniß des Schiffes dadurch bedeutend groͤßer werden kann, als es bei derselben Geschwindigkeit des Stromes unter anderen und guͤnstigen Umstaͤnden ist. Aus den uͤbrigen drei Versuchen sind die Hindernisse, welche der Schifffahrt uͤberhaupt, besonders aber der Dampfschifffahrt aus starken partiellen Gefaͤllen entstehen koͤnnen, noch ersichtlicher, als aus dem zweiten Versuche.Die Ursache, warum starke partielle Gefaͤlle eines Stromes der Dampfschifffahrt groͤßere Hindernisse, als der gewoͤhnlichen Stromschifffahrt mit Pferden in den Weg legen koͤnnen, ist insbesondere die: weil die Kraft der Dampf-Maschine am Bord des Dampfschiffes in der Regel nur einer maͤßigen Steigerung faͤhig ist, und wenn die hoͤchste Kraft der Maschine nicht hinreichen wuͤrde, alle Hindernisse zu uͤberwinden, welche aus der Bewegung des Schiffes dem Strom entgegen, aus seinem relativen Gewichte, und der Kraft des Stromes auf besondern Strompunkten entspringen, das Dampfschiff dann wenigstens auf dem Wege, wie es gewoͤhnlich faͤhrt, nicht oberhalb solcher Strompunkte gelangen kann, und weil die Anwendung besonders fuͤr solche berechnete Mittel in den meisten Faͤllen mit zu vielem Zeitverlust verknuͤpft ist, um oft davon Gebrauch zu machen.Pferde dagegen haben in diesen Faͤllen den Vortheil vor der Dampf-Maschine voraus, daß sie die Kraft, womit sie gewoͤhnlich arbeiten, fuͤr kurze Zeitraͤume verdoppeln, und noͤthigenfalls auch wohl verdreifachen, und uͤberdieß am Ufer des Stromes festen Fuß fassen koͤnnen. Im Allgemeinen laͤßt sich aus den Versuchen noch abnehmen, daß aus den Geschwindigkeiten der Stroͤmungen auf die gehoͤrigen Gefaͤlle sich kein richtiger Schluß machen laͤßt, daß beider Verhaͤltnisse zu einander, wie ich noch darthun wollte, kein bestimmtes ist, welches sich nur durch Messung in jedem vorkommenden Falle ermitteln laͤßt. Daß in diesem leztern Saze Enthaltene ist uͤbrigens Hydrotechnikern schon bekannt, und keine neue Entdekung. Es diene demnach nur als Beweis, daß die Richtigkeit der Versuche Anderer uͤber diesen Punkt sich auch in meinen Versuchen bestaͤtiget haben. Ich glaube jezt in dieser Abhandlung bewiesen zu haben, daß das neue Verfahren, welches ich angegeben habe, auf theoretisch richtigen Grundsaͤzen beruht, und auch in praktischer Hinsicht fuͤr den angegebenen Zwek sehr passend ist; und schmeichle mir, da Dampfschifffahrt in Deutschland, im Vergleich mit anderen Laͤndern gegenwaͤrtig noch nicht sehr in Aufnahme ist, daß es noch Faͤlle genug geben wird, wo mein Verfahren mit Aussichten auf guͤnstige Resultate koͤnnte in Anwendung gebracht werden; daß aber auch selbst, wenn dieß nicht der Fall seyn sollte, es schon in wissenschaftlicher Hinsicht auch fuͤr Andere Interesse haben wird. Fuͤr mich hat meine Erfindung in lezterer Beziehung wenigstens Interesse genug gehabt, um ziemlich bedeutende Kosten und vielen Zeitaufwand nicht zu scheuen, mich von der Nichtigkeit meiner fruͤheren Ansichten zu uͤberzeugen, und mir wuͤrde ein Verfahren, wie das von mir angegebene zu einer Zeit, wo ich mich mit einer Strom-Untersuchung beschaͤftigte, sehr willkommen, und wenn ich es damals schon gekannt haͤtte, wie ich nicht zweifle, von vielem Nuzen gewesen seyn, und mich in meiner Untersuchung gegen mehrere Irrthuͤmer verwahrt haben. Breslau, den 15. Januar 1829.