Titel: Versuch einer Anwendung des rothen Schwefelarseniks oder Realgars als Färbestoff in der Kattundrukerei, von Hrn. Houtou-Labillardère.
Fundstelle: Band 32, Jahrgang 1829, Nr. LVI., S. 290
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LVI. Versuch einer Anwendung des rothen Schwefelarseniks oder Realgars als Faͤrbestoff in der Kattundrukerei, von Hrn. Houtou-Labillardère. Aus dem Industriel, Maͤrz 1829, S. 574. Houtou-Labillardère's Versuch einer Anwendung des rothen Schwefelarseniks als Faͤrbestoff in der Kattundrukerei. Heute zu Tage, wo die Faͤrbe- und Drukkunst mit so schnellen Schritten ihrer Vollendung entgegen eilen, sind nicht nur die Verfahrungsarten vervollkommnet, sondern es ist auch die Anzahl der Faͤrbestoffe betraͤchtlich vermehrt worden. Mehrere Mineralsubstanzen, welche man ehemals fuͤr die Faͤrberei unnuͤz hielt, werden jezt gesucht, weil man durch sie auf den Zeugen sehr mannigfaltige Farben hervorzubringen gelernt hat. Die erhaltenen Resultate beweisen, daß es moͤglich ist ihre Anzahl noch zu vermehren, wobei man gleich guten Erfolg erwarten kann. Die Versuche, welche ich in dieser Absicht mit Schwefelarsenik als Faͤrbestoff angestellt habe, geben davon einen neuen Beweis, weil er mit mehreren Substanzen so viele verschiedenartige und solide Farben hervorbringt, daß man ihm gewisser Maßen den Namen Mineralkrapp beilegen koͤnnte. Hr. Braconnot hat bereits den gelben Schwefelarsenik oder das Auripigment in einer in den Annales de Chemie and Phys. Bd. XII. (Polyt. Journ. Bd. II. S. 343.) bekannt gemachten Abhandlung als gelben Faͤrbestoff in Vorschlag gebracht, indem er ihn nach vorlaͤufiger Aufloͤsung in Ammoniak auf die Gegenstaͤnde befestigte; die Wolle, die Seide und die Baumwolle werden, wenn man sie mit dieser Substanz traͤnkt und dann troknen laͤßt, durch den Schwefelarsenik, welchen das Ammoniak bei seiner Verdunstung fallen laͤßt, gelb gefaͤrbtDiese Farbe widersteht aber der Einwirkung der alkalischen Substanzen nicht. A. d. O.. Schon sehr lange bin ich mit Versuchen, die gefaͤrbten Mineralsubstanzen auf die baumwollenen Zeuge aufzudruken, beschaͤftigt, und die Resultate, auf welche ich gekommen bin, scheinen mir wichtig genug, um sie bekannt zu machen, wobei ich jedoch keineswegs behaupten will, daß ich sehr genaue Vorschriften und sehr schaͤzbare Farben mittheile. Obgleich ich nicht mit allen zur vollendeten Ausfuͤhrung erforderlichen Einrichtungen versehen bin und die guͤnstige Aufnahme der Farben bei der Indiennen-Drukerei von der Laune und dem Geschmak der Consumenten abhaͤngt, so hoffe ich dessenungeachtetdessenungechtet durch die Bekanntmachung dieser Beobachtungen die Aufmerksamkeit der Fabrikanten gedrukter Zeuge auf eine große Anzahl solider und sehr wenig kostspieliger Farben zu lenken. Fuͤr dieses Mal beschranke ich mich darauf, die merkwuͤrdigen Resultate anzufuͤhren, welche ich mit dem mit Bleioxyd vereinigten rothen Schwefelarsenik erhielt, welcher, je nach dem Verhaͤltniß der Substanzen, welche zur Befestigung dieser Verbindung dienen, je nach der Temperatur, bei welcher die Farbe erzeugt wird, und einigen anderen Umstaͤnden, eine große Mannigfaltigkeit solider Farben, wie Gelb, Orangeroth, Braunroth, Braun, Schwarz und viele Zwischenfarben unter diesen hervorbringen kann, die saͤmmtlich der Seife, der Luft und dem Reiben vollkommen widerstehen und in vielen Faͤllen bei der Indiennenfabrikation angewandt werden koͤnnen. Die Verbindung, oder vielmehr die gefaͤrbten Verbindungen, mit welchen ich diese verschiedenen Farben erhalte, koͤnnen nach einer neuerlichen Arbeit von Berzelius (Poggendorff's Annalen der Physik Bd. VII. S. 1 und 137.) als Vereinigungen von Schwefelarsenik mit Bleioxyd betrachtet werden, in welchen der Schwefelarsenik die Rolle der Saͤure spielt und die in ihren Eigenschaften den Salzen sehr analog sind. Man weiß seit langer Zeit, daß Aezkali und Aeznatron den Schwefelarsenik aufloͤsen, aber vor den Untersuchungen des Hrn. Berzelius wußte man nicht, daß die Aufloͤsung des Schwefelarseniks in einem Alkali, wenn sie mit einer Aufloͤsung von Kupfer, Blei, Eisen u.s.w. vermischt wird, darin einen Niederschlag hervorbringt, der aus Schwefelarsenik und dem Metalloxyd des angewandten Salzes besteht, wie dieses beim Vermischen zweier Salzaufloͤsungen Statt findet, durch deren gegenseitige Zersezung ein unaufloͤsliches Salz entsteht. Auf diesen Grundsaz gruͤndet sich das Verfahren diese Farben zu befestigen, welches darin besteht, den Zeug mit einem Bleisalz zu bedruken und ihn dann durch ein Bad zu nehmen, welches eine Aufloͤsung von Schwefelarsenik (Realgar) in Kali enthaͤlt; wenn sich diese Substanzen in Beruͤhrung mit dem Zeuge zersezen, so vereinigt sich die neue unaufloͤsliche und gefaͤrbte Verbindung mit demselben oder haͤngt ihm wenigstens stark genug an, um als Faͤrbestoss angewandt zu werden, indem sie verschiedene Nuͤancen hervorbringt, welche von einigen Umstaͤnden und dem Verhaͤltnisse der angewandten Stoffe abhaͤngen. Zur Zersezung der Basis oder der Beize dieser Substanzen wende ich. essigsaures Blei an, welches mit ein wenig Essigsaͤure vermischt wird damit man es mit geroͤsteter Starke verdiken und mit dem Model oder der Walze aufdruken kann. Den Faͤrbestoff oder die Aufloͤsung des rothen Schwefelarseniks bereitet man auf die Art, daß man in einer Maaß Wasser drei Unzen Realgar (rothen Arsenik), zwei Unzen Potasche und eine Unze geloͤschten Kalk eine Stunde lang kochen laͤßt. Die Fluͤssigkeit bildet die Basis des Faͤrbestoffes, welcher, wenn er modificirt wird, mit derselben Beize von essigsaurem Blei die verschiedenen Farben, wovon ich gesprochen habe, hervorbringt. Wird der mit essigsaurem Blei bedrukte Calicot in der Kaͤlte in dieses Bad getaucht, so nimmt er eine gelbe Farbe an; versezt man dieses Bad noch mit einer gewissen Quantitaͤt gewoͤhnlicher Potasche, welche man aus Erfahrung kennen lernt, so erhaͤlt man orangeroth; wird aͤzende Potasche gleichfalls in einem gewissen Verhaͤltnisse angewandt, so erhaͤlt man braunroth, und bei einer groͤßeren Quantitaͤt braun, wobei aber immer vorausgesezt wird, daß man in der Kaͤlte faͤrbt; wird lezteres Bad warm angewandt, so erhaͤlt man schwarz, und verschiedene andere Farben, je nach dem Verhaͤltnisse der Substanzen, nach der Menge des Wassers und der Temperatur. Ich habe auch versucht diese Farben zu einem gleichfoͤrmigen Grund anzuwenden und die Farbe desselben stellenweise wegzuaͤzen; wenn man diese Farbenstoffe durch Formen auftragt, so erhaͤlt man auch nicht so gute Resultate wie durch das Grundiren, besonders in Hinsicht der Gleichfoͤrmigkeit und Lebhaftigkeit der Farbe; in diesem Falle wendet man als Beize basisch essigsaures Blei (Bleiessig) und dieselben Farbestoffe wie zum Druken an; da diese Farben den Saͤuren und Alkalien widerstehen, so habe ich eine Menge von Versuchen anstellen muͤssen, ehe es mir gelang, sie vollkommen wegzuaͤzen. Dieses zeigt auch das hiezu dienliche Verfahren, welches sich aus der chemischen Theorie nicht voraussehen laͤßt; es besteht darin, den gefaͤrbten Gegenstand mit einer verdikten Aufloͤsung von chromsaurem Kali zu bedruken und ihn dann durch ein mit Salzsaͤure angesaͤuertes Wasser zu nehmen; die bedrukten Stellen werden anfangs gelb (chromsaures Blei), und dann nach einigen Minuten weiß, ohne daß der Grund veraͤndert wird. Obgleich diese Versuche nur in kleinem Maßstabe angestellt wurden, so glaube ich doch, daß man auch im Großen mit gutem Erfolg darnach arbeiten koͤnnen wird, wenn man bei ihrer Ausfuͤhrung alle Umstaͤnde vereinigt, welche sich durch die Praxis ergebenWir haben in unserer Kattundrukerei dieses Verfahren wiederholt und dieselben Resultate erhalten. Denkende Fabrikanten werden durch diesen einfachen Faͤrbeprozeß unendlich schoͤne Farbendarstellungen bezweken. A. d. R..