Titel: Eine neue Bereitungsart der Chromsäure; von Hrn. Maimbourg, Professor der Mathematik.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XVIII., S. 58
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XVIII. Eine neue Bereitungsart der Chromsaͤure; von Hrn. Maimbourg, Professor der Mathematik. Aus dem Bulletin de la Société indusrielle de Mulhausen. N. 8. S. 191. Maimbourg, eine neue Bereitungsart der Chromsaͤure. Man konnte die reine Chromsaure noch nicht in hinreichender Menge erhalten, um damit eine große Anzahl von Versuchen anzustellen, und wir kennen daher ihr Verhalten gegen die anderen Koͤrper noch ziemlich unvollstaͤndig. Diejenige, welche Vauquelin erhielt, indem er eine Aufloͤsung von chromsaurem Baryt in Salpetersaͤure mit Schwefelsaure faͤllte, hielt noch Salpetersaͤure zuruͤk und war mit ein wenig Schwefelsaure verbunden. Die Methode des Hrn. Unverdorben gibt ein reines Produkt, aber in sehr geringer Menge; man bringt in eine bleierne Retorte 4 Theile chromsauren Baryt, 3 Theile flußsauren Kalk, der frei von Kieselerde ist und vorlaͤufig calcinirt wurde, und 5 Theile moͤglichst concentrirte Schwefelsaure und erhizt gelinde. Es bildet sich ein gasfoͤrmiges Fluorchrom, welches man in einem Platingefaͤße auffaͤngt, das ein wenig Wasser enthaͤlt. Dieses Wasser wird unmittelbar zersezt: sein Sauerstoff verbindet sich mit dem Chrom zu Chromsaure und sein Wasserstoff bildet mit dem Fluor Flußsaͤure, welche man aus der Fluͤssigkeit durch Verdampfen entfernen kann. Wenn man nur die Waͤnde des Platingefaͤßes befeuchtet und es mit einem befeuchteten Papier bedekt, so zersezt sich das Fluorchrom in den Wasserduͤnsten und die Chromsaͤure krystallisirt in sehr leichten Buͤscheln, welche bald das Gefaͤß anfuͤllen. – Hr. Maus bereitet die Chromsaͤure nach folgendem Verfahren: „Er zersezt vereine warme und concentrirte Aufloͤsung von kaͤuflichem saurem chromsaurem Kali; die Fluͤssigkeit wird filtrirt und zur Trokniß abgedampft; dann loͤst er die so ausgetroknete Saͤure in moͤglichst wenig Wasser auf u.s.w. Bulletin des sciences mathématiques, etc. de M. de Férussac, Maͤrz 1829, S. 199.A. d. O.. Da ich die Original-AbhandlungSie ist in Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie 1827, Stuͤk 9, S. 83 enthalten, in gedraͤngter Kuͤrze auch im polyt. Journ. Bd. XXVII. S. 48.A. d. R. nicht zu Rathe ziehen konnte, so weiß ich nicht, welche Vorsichtsmaßregeln der Verfasser vorschreibt, damit man ein reines Produkt erhaͤlt. Ich will bloß bemerken, daß, da die Einwirkung nur in der Waͤrme Statt findet, und der Niederschlag sich erst nach dem Erkalten bildet, man nur durch uͤberschuͤssige Kieselflußsaͤure eine vollstaͤndige Zersezung bewirken kann; daß man, wenn das Faͤllungsmittel in Ueberschuß angewandt wird, in einem Platingefaͤße abdampfen mußEin solches schreibt auch Hr. Maus vor.A. d. R., weil es sich dann in kieselflußsaures Gas und in Flußsaͤure zersezt; und daß man sich nicht leicht gegen die schaͤdlichen Daͤmpfe dieser lezteren Saͤure wird verwahren koͤnnen, wenn man mit einer etwas betraͤchtlichen Quantitaͤt arbeitet und die Abdampfung zur Trokniß so gut leiten will, daß sich der an die Waͤnde des Gefaͤßes anlegende Theil der Chromsaure nicht zersezt, wodurch der Ruͤkstand durch Chromoxyd, welches sich darin aufloͤsen wuͤrde, verunreinigt werden muͤßte. Ich will jedoch hier zu Gunsten derjenigen Personen, welche dieses Verfahren wiederholen wollen, eine Bereitungsart der Kieselflußsaͤure angeben, die ich dem verstorbenen Hrn. Degenne verdanke, und welche den Operator viel weniger Gefahren aussezt als die allgemein bekannten MethodenDie von Hrn. Maus angegebene verbesserte Bereitungsart der Flußsaͤure, welche der Verfasser nicht zu kennen scheint, findet man im polyt. Journ. a. a. O.; uͤbrigens duͤrfte das Verfahren des Hrn. Dagenne bequemer seyn.A. d. R.. Man bringt die Schwefelsaͤure, das gestoßene Glas und den grob gepulverten flußsauren Kalk in eine große Glasretorte, deren Hals man einige Zolle von dem Bauch abschneidet, so daß sie eine Oeffnung erhaͤlt; worauf man sie mit einer mit Wasser gefuͤllten irdenen Schuͤssel so in Verbindung bringt, daß nur die Haͤlfte dieser Oeffnung hineintaucht und den Hals mit einem Blatte befeuchteten Papiers bedekt, welches in das Wasser der Schuͤssel taucht, um das Gas in diese hineinzuleiten. Waͤhrend die Operation im Gange ist, ruͤhrt man die Fluͤssigkeit in der Schuͤssel von Zeit zu Zeit um, und nimmt mit einer Spatel die Kieselerde, welche sich in dem Hals der Retorte absezt, heraus. Ich habe mir Behufs einiger Versuche uͤber die Chromsaͤure diesen Koͤrper in hinreichender Menge nach folgendem Verfahren bereitet. Nachdem ich mich uͤberzeugt hatte, daß der kleesaure Kalk in Chromsaure unaufloͤslich ist, goß ich so lange Kleesaͤure in eine Aufloͤsung von chromsaurem KalkMan erhaͤlt dieses Salz, wenn man gelbes chromsaures Blei mit Kalkmilch kocht, oder wenn man ein Kalksalz in eine Aufloͤsung von chromsaurem Kali gießt; wenn die beiden Fluͤssigkeiten neutral und concentrirt sind, faͤllt der chromsaure Kalk sogleich nieder, da er ein ziemlich schweraufloͤsliches Salz ist.A. d. O., bis die Fluͤssigkeit weder durch die Saͤure noch durch Kalkwasser ferner getruͤbt wurde. Die filtrirte Fluͤssigkeit enthielt reine Chromsaͤure. Gegen das Ende der Operation muß man die Kleesaure nur in sehr kleinen Portionen zusezen, und von Zeit zu Zeit etwas Fluͤssigkeit abfiltriren, um sie zu pruͤfen. Wenn man die erhaltene Chromsaure concentriren will, muß man das Marienbad oder irgend ein anderes Mittel anwenden, wodurch man eine gelinde und gleichmaͤßige Waͤrme erhaͤlt, damit die Kruste, welche sich an die Waͤnde des Gefaͤßes anhaͤngt, nicht zersezt wird. Wenn es etwas schwierig ist, den Punkt zu treffen, wo die Fluͤssigkeit sich weder durch Kleesaͤure noch durch Kalkwasser ferner truͤbt, so gibt es viele Faͤlle, wo es nicht noͤthig ist, dahin zu gelangen. Chromsaͤure, welche noch etwas chromsauren Kalk enthaͤlt, kann z.B. angewandt werden, sowohl um sehr aufloͤsliche und krystallisirbare chromsaure Salze zu bereiten, als auch um unaufloͤsliche chromsaure Salze dadurch darzustellen, indem man die Oxyde dann einweicht. Da der chromsaure Kalk sich nur in seinem 60- bis 70fachen Gewichte Wasser aufloͤst, so wird er im ersten Falle in den Mutterlaugen zuruͤkbleiben und im zweiten in die Aussuͤßwasser uͤbergehen. Bei den Versuchen, wodurch man die Einwirkung dieser Saͤure auf diejenigen Substanzen kennen lernen will, welche sich mit dem Sauerstoff verbinden koͤnnen, kann man ohne Nachtheil eine Chromsaure anwenden, welche etwas Kleesaͤure enthaͤlt; denn diese leztere Saͤure zersezt sich auf Kosten eines Theiles der Chromsaͤure: es bildet sich Chromoxyd, welches sich in der Chromsaͤure aufloͤst und auf die Natur der Produkte keinen Einfluß haben kann, wenn man z.B. ein durch Chromsaͤure leichtoxydirbares Metall anwendet, weil sich in einem solchen Falle ein chromsaures Salz des angewandten Metalles und Chromoxyd bildetIch werde Gelegenheit haben auf diesen Gegenstand bei einer Arbeit uͤber die Zersezung der Chromsaure zuruͤkzukommen.A. d. O.. Die Chromsaͤure hat in sehr verduͤnntem Zustande dieselbe Farbe wie das chromsaure Kali: beim Erhizen verbreitet sie denselben Geruch, wie dieses Salz. Wenn man sie concentrirt, wird sie zuerst purpurroth und dann braun. Wenn sie rein ist, greift sie die Leinwand und das Papier im Dunkeln nur sehr langsam an, aber fast augenbliklich beim Licht. Sie hinterlaͤßt darauf einen braunen Flek von reinem und dunklem Umriß. Dieser Flek wird erst, nachdem er lange der Sonne ausgesezt war, blaͤulichgrau, waͤhrend er unmittelbar, sogar im Schatten, blaͤulich wird, wenn der Chromsaͤure eine andere Saͤure beigemischt ist, welche das Chromoxyd saͤttigen kann; wenn er von einer solchen nur einige Spuren enthaͤlt, nimmt er einen blauen Schein an. Bericht des Hrn. Penot im Namen des chemischen Comités uͤber die Abhandlung des Hrn. Maimbourg. Als der beruͤhmte Vauquelin im Jahre 1797 das Chrom in dem sibirischen Rothbleierz entdekte, war man ohne Zweifel weil entfernt zu erwarten, daß einst geschikte Techniker aus diesem neuen Koͤrper so großen Vortheil ziehen werden. Man kannte damals kein anderes Chromerz, als das von Berezof (in Sibirien), und selbst dieses kam nur in geringer Menge vor; sobald man aber in den Kuͤnsten, sowohl in Frankreich als im Auslande, ungeheure Quantitaͤten verschiedener chromsaurer Salze anzuwenden anfing, mußte man solche Chromerzlager aufzufinden suchen, die die Beduͤrfnisse des Handels deken konnten, und fand sie auch. Man hat in der Anwendung des Chroms ohne Zweifel noch nicht die hoͤchste Vollkommenheit erreicht. Sobald man das Verfahren entdekt hatte, auf Indigo zu reserviren, hatte man Hoffnung die Chromsaͤure geradezu anwenden zu koͤnnen. Ungluͤcklicherweise stieß man aber hier auf die Schwierigkeit, sich diese Saͤure in reinem Zustande und in hinreichend großer Menge zu verschaffen. Hr. Maimbourg hat dieses Problem auf die gluͤklichste Weise geloͤst und uns ein Verfahren angegeben, welches allen Anforderungen entspricht, indem es zugleich oͤkonomisch, schnell und leicht ausfuͤhrbar ist, und eine betraͤchtliche Menge eines sehr reinen Produktes liefert. Bis die Kuͤnste aus der Entdekung des Hrn. Maimbourg Nuzen gezogen haben, koͤnnen sich die Chemiker in den Laboratorien derselben sehr vorteilhaft bedienen, um Untersuchungen uͤber einen Koͤrper anzustellen, welcher taͤglich wichtiger wird.