Titel: Tagebuch über die Seidenzucht in dem Gräflich von Montgelas'schen Garten zu Bogenhausen mit dem Sterler'schen Surrogate (Scorzonera hispanica ); und Beurtheilung der Brauchbarkeit und Anwendbarkeit desselben. Von Jakob Seimel, Gartenmeister bei Hrn. Grafen von Montgelas 1828.
Fundstelle: Band 33, Jahrgang 1829, Nr. CXIII., S. 464
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CXIII. Tagebuch uͤber die Seidenzucht in dem Graͤflich von Montgelas'schen Garten zu Bogenhausen mit dem Sterler'schen Surrogate (Scorzonera hispanica Wir haben im Polyt. Journ. Bd. XXII. H. 3. S. 230. einen Bericht des Hrn. Juillet im Journal de la Société d'Emulation d. Vosges v. J. 1826 angefuͤhrt, nach welchem eine Dlle Coge zu Spinal, und ein Hr. Tuͤrk zu Plombières sich dieses Surrogates gleichfalls bedienten. Ob nun die Dlle oder der Hr. Professor Entdeker dieses Surrogates ist, oder ob sie beide zugleich sind, was in der Geschichte der Erfindungen oͤfters der Fall ist, daruͤber werden wir wohl bald durch die gewoͤhnlichen Reclamationen von Seite der Erfinder in's Reine kommen. Hrn. Jak. Seimel, Gartenmeister bei Sr. Exc. Minister von Montgelas, verdankt die Seidenwirthschaft hier eine Reihe von Erfahrungen, wie sie sich nur von einem Manne erwarten lassen, dessen gruͤndlichen und ausgebreiteten Kenntnissen im Gebiete der Gartenkunde die Garten-Cultur und vorzuͤglich die Obstbaumzucht in Bayern so viel zu danken hat. Seine Bemuͤhungen wurden auch, so viel wir wissen, von d. k. Pruͤfungs-Commission mit der wohlverdienten goldenen Medaille belohnt.A. d. Red.); und Beurtheilung der Brauchbarkeit und Anwendbarkeit desselben. Von Jakob Seimel, Gartenmeister bei Hrn. Grafen von Montgelas 1828. Seimel, Tagebuch uͤber die Seidenzucht. Nachdem ich von Sr. Excellenz dem koͤnigl. bayerischen Staatsminister Herrn Grafen von Montgelas den hohen Befehl erhalten hatte, Versuch mit dem Sterler'schen Surrogate anzustellen, richtete ich ein passendes Locale zur Raupenzucht her. Von der Deputation fuͤr die Seidenzucht in Bayern erhielt ich zwei Loth Briantiner-Eier, welche vorlaͤufig in einem trokenen Keller aufbewahrt wurden. Am 1. Mai brachte ich die Eier, welche im Keller eine Temperatur von + 5 bis 6° R. hatten, in ein nur auf + 10° R. erwaͤrmtes Zimmer, damit ein zu schneller Wechsel der Waͤrmegrade nicht nachtheilig auf die Entwikelungs-Faͤhigkeit der Eier einwirken konnte. Am 5. theilte ich die Eier in zwei einzelne Lothe ab, wovon ich das eine in italiaͤnischen Wein einweichte, das andere aber troken ließ, und beide sodann in das eigentliche, auf + 15° R. erwaͤrmte Brutzimmer brachte, und diesen Waͤrmegrad in den folgenden Tagen bis + 20° R. erhoͤhte. Am 9. Mai zeigten sich bei den uneingeweichten Eiern die ersten Raupen, die im Wein gebadeten Eier aber waren mit einer kleberigen Substanz uͤberkleistert und klumpenweise so zusammengeballt, daß sie nur mittelst eines Instrumentes von einander getrennt werden konnten. Am folgenden Tag den 10., kamen ein paar hundert Raupen zum Vorscheine, und nun uͤbertrug ich meiner Stiefschwester, Anna Zinker, die Pflege der von jezt an auskriechenden Raupen, und die genaue Einhaltung der gleichfoͤrmigen Temperatur unter meiner unmittelbaren Leitung und Aufsicht; die Raupen des heutigen Tages aber wurden nach Vorschrift erfahrner Seidenzuͤchter weggeworfenDieß scheint uns das weise Mosaische Gebot bei Saͤugthieren: „die Erstlinge seyen dem Herren heilig,“ zu weit ausgedehnt. Wenn die Eier, die am ersten Tage ausfallen, diejenigen Eier waͤren, die zuerst von dem Nachtfalter gelegt wurden, so moͤchte dieß hingehen; allein man weiß nicht, ob dieß der Fall ist. Es zeigt sich bis zur ersten Haͤutung deutlich, welche Raupen im Wachsthume zuruͤkbleiben, und dann ist es immer Zeit diejenigen wegzuwerfen, die zuruͤkgeblieben sind.A. d. Red.. Alle in diesem Locale gezogenen Raupen bekamen nichts als Surrogat zur Nahrung. Am 11. vermehrte sich die Raupenanzahl in die Tausende, und die Temperatur wurde auf + 18° R. gestellt. Bis zum 15. dauerte das Auskriechen der Raupen; von den eingeweichten Eiern aber erhielt ich nur sieben Raupen, und auch nach dem Abwaschen fielen keine Raupen mehr aus diesen Eiern ausHr. Seimel verdient hohen Dank, daß er durch Wiederholung dieses Versuches einen so oft nachgebeteten boͤsen Rath in seiner Falschheit darstellte, und handgreiflich erwies, daß die Italiaͤner von der Kunst zu leben wissen, andere Leute glauben zu machen, was sie wollen, daß da geglaubt werden soll. So koͤnnen wir urkundlich erweisen, daß die Italiaͤner, die Kaiser Karl'n (dem Vater der Kaiserin M. Theresia) einen Papagei verkauften, dem Oberst-Mundschenken (unter dessen Aufsicht der Papagei gestellt ward) weis machten, der Papagey muͤsse alle Monate wenigstens ein Mal in Tokayer gebadet werden. Der Hr. Oberst-Mundschenk schrieb daher alle Monate in der Rechnung auf: ein Antal Tokayer, um den Papperl zu baden.“ Diese Rechnung wurde Jahre lang fortgesezt, und der Kaiserliche Hof bezahlte monatlich einen Eimer Tokayer um den Papperl zu baden.“ Wir haben diese Rechnung in unserer Hand gehabt, und dieselbe wird sich vielleicht noch in dem Archive des oͤsterr. Hofes finden, wenn Kuͤchenrechnungen dann aufbewahrt werden.A. d. Red.. Am 15. bereiteten sich die Raupen des ersten Tages (11. Mai) zur Haͤutung vor. Herr Professor Sterler, dem ich meinen Unfall mit den im Wein gebadeten Eiern vortrug, theilte mir 1/2 Loth andere mit, die ihm so eben Herr Galimberti von Nuͤrnberg zugeschikt hatte, und die ich, da schon junge Raͤupchen sich zeigten, zu Hause sogleich ins Bluͤtezimmer brachte. Am 16. Mai traten die Raupen des ersten Tages die erste Haͤutung vollstaͤndig an, und auch nur von diesen will ich uͤber das Haͤutungsgeschaͤft reden, um Wiederholungen zu vermeiden. Die Galimbertischen Eier zeigten große Brutfaͤhigkeit und starken Zuwachs an Raupen. Alle Raupen wurden heute aus dem Bruͤtezimmer in einen, an das obere Glashaus stoßenden und suͤdlich gelegenen Saal gebracht, und die Temperatur von + 18° R. beibehalten. Der Saal wurde mit Rohrmatten versehen, auf welche die Raupen zu liegen kamen. In diesem Saale ward durchgehends bis zur Einspinnung nur Surrogat gefuͤttert. Den 17. zeigte sich sehr starke Vermehrung aus den Galimbertischen Eiern, die bis zum 19. andauerte. Tags darauf am 18. gab es einen so starken Reif, daß das Thermometer vor Sonnenaufgang im Freien auf dem Eispunkte stand, und die Spizen der jungen Maulbeerbaͤume erfroren. Am 19 und 20. stellte sich eine solche heftige Kaͤlte ein, und hier schon bewaͤhrte sich das Sterler'sche Surrogat auf die unzweideutigste Weise, als ein unschaͤzbares Aushuͤlfsmittel, die Raupen vom Hungertode zu rettenWir gestehen aufrichtig, daß wir nicht einsehen, wozu ein Surrogat bei der Seidenraupenzucht in unserem Lande, in welchem der Maulbeerbaum so gut gedeiht, und noch besseres Futter fuͤr Seidenraupen gibt, als in Italien selbst, dienen soll. Man darf, bei uns in Bayern, nur die Eier der Seidenraupen so lang im Keller lassen, bis man sicher ist, daß kein Reif mehr kommt, und gegen Reife ist man bei uns vor Anfangs Junius nicht sicher. Der Herausgeber weiß Reife am 7. Junius. Je spaͤter man die Seidenraupen aus den Eiern bei uns ausfallen laͤßt, desto besser. Auch in Italien und Frankreich, wo der Maulbeerbaum so fruͤhe ausschlaͤgt, und die Hize spaͤter so groß wird, huͤtet man sich vor dem zu fruͤhen Ausfallen der Eier, indem man sich uͤberzeugte, daß dem Ausspruche des guten Plinius, welcher den schwarzen Maulbeerbaum arbor sapiens nannte, weil er sich die Nase nicht am Reife verbrennt, und erst dann seine Blaͤtter entfaltet, wann keine Reife mehr zu besorgen sind, nicht immer zu trauen ist. Man darf bei uns das spaͤtere Ausfallen her Eier, bis sicher kein Reif mehr zu besorgen ist, um so weniger fuͤrchten, als bei uns in einem nach Norden (nicht nach Suͤden oder Westen) gelegenen Zimmer, wohin die Seidenraupen, die ohnedieß kein starkes Licht lieben, gehoͤren, die Temperatur nicht leicht uͤber + 22° R. steigen wird. Man lasse die Raupen erst dann aus den Eiern fallen, wann kein Reif mehr zu besorgen ist, und dann bedarf man keiner Surrogate. Man wird immer zarte Blaͤtter genug finden, um die Raupen zu fuͤttern. Daß unser Maulbeerbaum besser ist, als jener der italiaͤnischen Ebenen, wird daraus klar, daß die Seidenwirthe in Italien die Blaͤtter der Maulbeerbaͤume, die auf Huͤgeln und auf hohen Bergen wachsen, wo es kuͤhler ist, jenen in der Ebene weit vorziehen.A. d. Red.. Am 21. Mai trat die 2. Haͤutung ein. Bemerkung. Mehrere Raupen bekamen eine gruͤnliche Farbe und schienen kraͤnklich zu seyn, weßhalb sie von den uͤbrigen abgesondert, in eigene Kapseln gelegt und darin gefuͤttert wurden, um beobachten zu koͤnnen, ob sie wieder genesen, mit den uͤbrigen gleich groß werden oder zuruͤkbleiben; ob und welche Seide sie spinnen? Bei den uͤbrigen Raupen wurden nach der 2. Haͤutung, waͤhrend des Umlegens, alle jene, die diese Periode noch nicht durchgemacht oder vollendet hatten, abgesondert, um die gleichzeitigen bei einander zu haben, was einen großen Vortheil gewaͤhrt. Waͤhrend jeder Haͤutung wurde kein Futter aufgelegt, und erst dann, wann hier und da sich einige Raupen schon gehaͤutet hatten, sehr kleine Portionen gereicht. Regelmaͤßige Fuͤtterungsstunden behielt ich nicht bei, nur ließ ich allzeit Futter geben, so oft das fruͤhere aufgezehrt war. Auf diese Weise ward auch das Reinigen erleichtert, und das Verwelken oder Anlaufen und Erhizen der Blaͤtter verhindert. Am 24. den 3. Tag nach der Haͤutung zeigte sich unter einer Abtheilung eine Anzahl Raupen, die ich wegen ihrer gelblich grauen Farbe fuͤr krank hielt, daher von den andern absonderte, in das untere Glashaus uͤbersezte, und meiner zweiten Stiefschwester Theresia Zinker zur Pflege uͤbergab, und bis zur 4. Haͤutung mit Surrogat fort fuͤttern ließ. Sie fraßen jedoch mit gleichem Appetite, wie die anderen Raupen; nach der 4. Haͤutung erhielten sie Maulbeerblaͤtter, und spannen sich, mit Ausnahme des 4. Theils, der fruͤher starb, vollkommen ein. Da ich im vorigen Jahre Herrn Professor Sterler mit Surrogat aus dem Garten des Hrn. Ministers Aushuͤlfe leistete, und selbst Futtermangel bei meiner Zucht zu fuͤrchten war, so nahm ich von heute an aus dem Garten zu Josephsburg das Futter als Ruͤkverguͤtung. Am 25. regnete es, weßhalb zur Verhinderung einer schaͤdlichen Einwirkung der feuchten Luft auf die Raupen mit Wachholdergestraͤuch geraͤuchert wurdeRaͤucherungen koͤnnen wir unter keiner Bedingung empfehlen: reine Luft! Verbesserung der unreinen durch etwas Chlor-Aufloͤsung! Dieß ist Alles, was geschehen darf.A. d. Red.. Den 26. wurde, bei wieder heiterem warmen Wetter, wie bisher, durch Oeffnen der Oberfenster frische Luft gegeben, jedoch so, daß die Luft nicht unmittelbar auf den Raupen, sondern uͤber denselben hinstrich; dieses wurde durch die ganze Zucht so viel als moͤglich eingehalten. Den 27. trat die 3. Haͤutung ein, die bis zum 29. voͤllig beendet war. Den 30. Mai wurden jene Raupen, welche gestern die Haͤutung zuruͤklegten, aus den Kapseln auf Rohrmatten gethan. Bemerkenswerth ist es, daß die mit dem Sterler'schen Surrogate gefuͤtterten Raupen immer eine mehr gruͤnlich graue Farbe annehmen, als jene, welche mit Maulbeerblaͤttern gefuͤttert werden, und erst nach der dritten Haͤutung eine weißliche Farbe bekommen. Den 1. Juni wurde wieder eine Abtheilung Raupen aus den Kapseln auf die Rohrmatten gebracht. Unter den Krankheiten, welche sich bei dieser Nahrung zeigten, war mir die eine schon im vorigen Jahre auffallend. Die Raupen wurden schwaͤrzlich, was ich bei fruͤheren Versuchen mit Maulbeerblaͤttern niemals bemerkt hatte. Man nennt diese Krankheit Schwarzsucht, da die Doctoren eine Gelbsucht und Blausucht unter den Menschen haben. Die groͤßten Raupen fangen allmaͤhlich an, eine mehr weißliche Farbe anzunehmen und blaͤulich weiß zu werden. Viele davon verspaͤten sich in der Haͤutung um 4 Tage. Am 2. Morgens trat die 4. Haͤutung ein, und dauerte bei einigen Raupen 48 Stunden. Am 5. wurde unter den Raupen des ersten Tages (11. Mai) Musterung gehalten, und die im Wachsthume zuruͤkgebliebenen wurden weggeworfen. Da es den ganzen Tag uͤber regnerisch und kuͤhl war, wurde durch Einfeuern die Temperatur auf + 18° R. gehalten. Am 6. hatten die meisten Raupen die lezte Haͤutung vollendet. Als die Anna Zinker Morgens fruͤh 4 Uhr zu den Raupen kam, stand das Thermometer unter + 15° R. und die Raupen lagen unbeweglich und zusammengezogen da; sobald die Temperatur wieder auf + 18° R. erhoͤht war, trat bei den Raupen wieder neues Leben und die alte Freßlust ein. Es geht daraus hervor, daß schon ein paar Grade minder als + 18° R. bei Anwendung des Surrogates den Raupen unbehaglich sind. Den 7. Juni wurden 200 Raupen vom 13. Mai, und 400 vom 14. Mai, also beide nach der 3. Haͤutung, in das Glashaus des unteren Gartens gebracht, und ebenfalls der Theresia Zinker zur Pflege uͤbergeben, um dort bis zum Einspinnen mit Maulbeerblaͤttern gefuͤttert zu werden, uͤber welche sie mit Hastigkeit herfielen und gierig fraßenEs verdient bemerkt zu werden, daß die Raupen, die bei diesem Surrogate aufgezogen wurden, wieder Maulbeerblaͤtter fressen, waͤhrend Raupen, mit anderen Surrogaten erzogen, keine Maulbeerblaͤtter mehr anruͤhren.A. d. Red.. Alle im Wuchse zuruͤkgebliebenen Raupen wurden den Huͤhnern vorgeworfen, die sich um diese Lekerbissen rauften. Seit 3 Tagen verursachte der anhaltende Regen eine aͤußerst feuchte Luft, weßhalb taͤglich 4 bis 5 Mal Wachholderrauch gemacht wurde. Die Raupen blieben zwar gesund fuͤr jezt; die Folgen der feuchten Luft jedoch stellten sich nur zu bald ein. Am 9. wurden von den Galimbertischen Eiern nach der 2. Haͤutung 200 Stuͤk in das untere Glashaus uͤbergetragen, und dort mit Maulbeerbaum-Blaͤttern gefuͤttert. Den 10. machte ich die Bemerkung, daß die Raupen des 3. Tages (13. Mai) am meisten von der Gelb- und Schwarzsucht befallen waren; auch zeigte sich dieses Uebel beider 3. und absonderlich bei der 4. Haͤutung so heftig und verwuͤstend, daß ich wohl uͤber die Haͤlfte Raupen durch den Tod einbuͤßte. Die Schwarzsucht ist nach fortgesezter Beobachtung nur Folge des Unvermoͤgens, die alte Haut abzustreifenVielleicht auch umgekehrt. Die Thierchen koͤnnen sich nicht haͤuten, weil sie krank sind; denn gesunde Raupen haͤuten sich immer.A. d. Red.. Das Einreißen der Gelbsucht trat nun auch bei den Galimbertischen Raupen sichtbar hervor, und die Raupen vom 13. Mai, die nach der 3. Haͤutung im unteren Glashause mit Maulbeerblaͤttern gefuͤttert wurden, machten die 4. Haͤutung eben so schwierig, als diejenigen, welche durchaus mit dem Surrogate genaͤhrt wurden. Eben dieß geschah auch mit jenen Raupen des Hrn. Galimberti, welche ich bis nach der 2. Haͤutung mit Surrogat, und darnach mit Maulbeerblaͤttern fuͤttern ließ. Die Rettung meiner lieben Raupen lag mir zu sehr am Herzen, und ich forschte nun unablaͤssig den Ursachen nach, die feindlich meine Freude, meine Hoffnung zu zerstoͤren drohten. Anfaͤnglich schob ich alle Schuld auf die regnerische Witterung, und auf den Umstand, daß etwa durch das Abtroknen und Abwischen der Blaͤtter diese Schaden genommen haben moͤchten; doch bald kam ich auf eine richtigere Spur, indem mir beifiel, ob nicht das Futter, welches ich vom Hrn. Professor Sterler in Josephsburg holen ließ, die naͤchste Veranlassung zu den bezeichneten Unfaͤllen gegeben haben koͤnnte! – Dieses Futter war gelbgruͤn und mager, und konnte demnach auch nur wenig nahrhafte Bestandtheile enthalten. Ich wandte mich daher, auch weil mein selbstgebautes Futter durch weiße Pilze untauglich geworden war, an einen Stadtgaͤrtner von Muͤnchen, bei welchem ich nun sehr dunkelgruͤnes, saftvolles und flekenloses Surrogat erhielt, das ich sogleich meinen Pfleglingen vorlegte, die es mit groͤßter Gier verzehrten. Mit diesem Futter begann die Heilung und Rettung meiner Raupen, und die Sterblichkeit ließ nach. Von nun an ließ ich bei jedesmaligem Reinigen und Umlegen der Raupen die Rohrmatten und Kapseln mit frischem Wermuth abreibenDieß haͤtte leicht ehe schaden als nuͤzen koͤnnen.A. d. Red.. Von Josephsburg ferneres Futter zu beziehen ließ ich mir nicht beifallen. – Einige der schoͤnsten reifen Raupen des ersten Tages wurden heute in die aus Birkenreisern und Hobelspaͤnen hergestellte Spinnhuͤtte gebracht, und die Huͤtte mit Leinen bedekt. Den 15. Juni wurden 100 Raupen der 4. Haͤutung in das obere Glashaus versezt, um nur mit Maulbeerblaͤttern gefuͤttert zu werden. Meine Schwester, Theresia Zinker hat die Bemerkung gemacht, daß wenn Raupen vom Surrogat auf Maulbeerlaub uͤbertragen werden sollen, dieses sogleich nach vollendeter Haͤutung oder beim Erwachen aus dem Schlafe geschehen muͤsse, welches den Raupen weit zutraͤglicher seyn soll, als wenn man in der Zwischenzeit Futter wechselt. Mehrere Raupen bekamen nach der 4. Haͤutung ein Abweichen, das sie dahin raffte. Am 16. wurden nach der 3. Haͤutung Raupen des 3. Tages (13. Mai), welche als kraͤnklich entfernt und in das untere Glashaus gebracht, dann bis zur 4. Haͤutung mit Surrogat und endlich mit Maulbeerblaͤttern gefuͤttert wurden, nun in die Spinnhuͤtte dieses Glashauses gesezt, wo drei derselben sogleich aufkrochen, um sich einzuspinnen. Die heitere, warme Luft, welche wir seit dem 14ten wieder erhielten, aͤußerte wohlthaͤtigen Einfluß auf die Raupen, welche bei geoͤffneten Fenstern nun ein weit gesuͤnderes Ansehen und eine weißliche Farbe wie die mit Maulbeerlaub gefuͤtterten bekamen. Die Gelbsucht verlor sichDieß war allerdings Folge der besseren Witterung und reineren Luft. Wir wuͤrden nie und nimmer rathen, Seidenraupen in einem Glashause zu ziehen, wo die Luft nothwendig feucht und verdorben seyn muß.A. d. R.. Alle nach der zweiten, dritten und vierten Haͤutung mit Maulbeerlaub gefuͤtterten Raupen wurden ganz weiß, und die nach der zweiten Haͤutung scheinbar groͤßer. Nachmittag 1 Uhr ward die erste Raupe bemerkt, die sich selbst in die Spinnhuͤtte verkroch, ihr folgten am naͤchsten Tage mehrere, und um dieselbe Stunde wurden 20 dem Einspinnen ganz nahe Raupen in das untere Glashaus auf Maulbeerblaͤtter uͤbersezt. Den 17. Juni krochen mehrere Raupen in die Spinnhuͤtte, und die im unteren Glashause fingen zu spinnen an. Den 18. fingen Nachmittags mehrere Raupen außerhalb der Huͤtte zu spinnen an, wovon sich Hr. Tabakfabrikant von Maffei selbst uͤberzeugte. Am 19. erschien der Koͤnigliche Landrichter, Hr. Lict. Steyrer in Begleitung des Hrn. Seidenfabrikanten Wurz, um sich von dem Stande meiner Zucht zu uͤberzeugen. Sie besahen nicht nur die im Saale durchaus mit Surrogat gefuͤtterten, sondern auch die im Glashause nach den verschiedenen Haͤutungen auf Maulbeerblaͤtter uͤbertragenen Raupen, wo von lezteren, denen nach der vierten Haͤutung Maulbeerlaub gegeben war, bereits viele im Spinnen begriffen waren. Am 20. Juni wurde nach Art der Italiaͤner unter der Spinnhuͤtte mit Wachholderbeeren geraͤuchert, und dieses Verfahren unter Einsezen mehrerer Raupen in die neu errichtete liegende Huͤtte erneuertDieß war ganz uͤberfluͤssig. Der Italiaͤner raͤuchert alles ein; sogar den heiligsten Vater raͤuchert er mit Hanf ein, nachdem er ihn erwaͤhlt hat, und ruft ihm zu: sic transit gloria mundi!“ Nur keine Raͤucherungen, wo es sich um reine Luft, als Lebensbeduͤrfniß, handelt. Man kann durch Raͤucherungen wohl Gestank maskiren; man macht aber dadurch die Luft nur noch unreiner, als sie es ohnehin ist. Man muß dafuͤr sorgen, daß kein Gestank sich entwikelt.A. d. R.. Den 21. stieg die Hize im Freien auf + 25° R., im Glashause auf + 26°, was den Raupen alle Frische nahm und noch viele wegraffte; denn sogar Raupen, die bereits spannen, unterlagen der Erschlaffung durch HizeMan sieht hier die Folgen der ungluͤklich gewaͤhlten Lage gegen Suͤden. Wenn es in Zimmern, die gegen Norden liegen, zu kuͤhl wird, unter + 16° R. kommt, kann man mit einigen Spaͤnen im Ofen die Temperatur leicht bis auf 20° erhoͤhen; es wird aber unmoͤglich in einem gegen Suͤden gelegenen Zimmer, und noch vielmehr in einem Glashause, abzukuͤhlen, das uͤber + 26° R. erhiz ist. Man muß nicht vergessen, daß Seidenraupen recht gut im Freien auf Baͤumen gedeihen, wenn sie gegen Voͤgel und Ameisen geschuͤzt sind. Regen – selbst Wolkenbruͤche – schaden ihnen nicht. Experto crede Ruperto.A. d. R.. Am 25. waren die meisten Raupen in die Spinnhuͤtten und Betten gebracht, und die in Folge der großen Hize erkrankten wurden sogleich entfernt. Bei den aus Galimbertischen Eiern erhaltenen Raupen hat sich die Sterblichkeit am heftigsten geaͤußert. Zeuge des ganzen Laufes meines dießjaͤhrigen Versuches waren Sr. Excellenz Herr Graf Ludwig von Arco, Obersthofmeister Ihrer kaiserl. Hoheit der verwitw. Frau Churfuͤrstinn, dann der pensionirte k. Oberlieut. W. Sanson, als Mitglied der Seidenbau-Deputation. Ebenso hatten der koͤnigl. Ministerial-Rath, Herr von Wirschinger, so wie der geheime Staatsrath von Hazzi, der koͤnigl. Ministerial-Forstrath Herr Wepser, den angestellten Versuch, so wie mehrere hohe Herrschaften und Deputations-Mitglieder, mit Ihrer Gegenwart beehrt, und sich von der Brauchbarkeit des Sterlerschen Surrogats uͤberzeugt. Den 3. Juli endlich wurde zur Abnahme der erzielten Cocons in der Morgenstunde 9 Uhr geschritten Außer der Koͤnigl. Pruͤfungs-Commission, bestehend aus den Landrichter Hrn. Lict. Steyrer, dem Tabakfabrikanten Hrn. von Maffei und dem Seidenfabrikanten Hrn. Wurz, waren gegenwaͤrtig: Sr. Excellenz Herr Ludwig Graf von Arco; dann der Hochgeborne Herr Maximilian Graf von Montgelas, Sohn Sr. Excellenz des Staatsministers Herrn Grafen von Montgelas, der k. Ministerial-Forstrath Hr. Wepser, die k. Oberlieutenants HHrn. Sanson und Hartmann, der k. Hofgaͤrtner Hr. Hinkert, der Posamentier Hr. Kirschbaum, der Entdeker des Surrogates Hr. Professor Sterler, der Unterzeichnete und Anna Zinker. Die Ergebnisse der Abnahme der Cocons sowohl, als der am folgenden Tage vorgenommenen Abhaspelung, sind in dem hieruͤber abgefaßten Protocoll der k. Pruͤfungs-Commision genau verzeichnet, und die Folgerungen, welche sich aus dreijaͤhrigen Versuchen mit dem Surrogate ziehen lassen, habe ich mit gewissenhafter Treue der k. Pruͤfungs-Commission, nebst einem Zeugnisse Sr. Excellenz des Herrn Grafen Ludwig von Arco schriftlich zugestellt. Bogenhausen, den 9. Juli 1828. Beurtheilung der Brauchbarkeit und Anwendbarkeit des Sterler'schen Surrogates. Folgerungen aus meinen dreijaͤhrigen Versuchen mit dem Sterler'schen Surrogate. (Scorzonera hispanica) 1) Alle Versuche wurden im Jahre 1826 unter meinen Augen und unter meiner Beihuͤlfe gemacht; alle Beobachtungen wurden genau durch den Entdeker Hrn. Professor Sterler aufgezeichnet und von mir controllmaͤßig unterschrieben. 2) Wir fanden, daß nasses Futter den Raupen eben so schaͤdlich sey, als staubiges und mit Erde verunreinigtes. 3) Wir saͤuberten anfaͤnglich das Futter fleißig von dem wolligen Anfluge, von dem das Blatt von Natur aus uͤberzogen ist, und fanden, daß diese Methode im Großen sehr umstaͤndlich und selbst kostspielig seyn muͤßte; ja daß sogar die auf diese Art gereinigten Blaͤtter an der Oberflaͤche Schaden leiden, und dann schnell in Verderben uͤbergehen. 4) Wir puzten das Futter nicht mehr, und fuhren besser dabei. 5) Futter, das auf magerem Grunde gebaut wird, taugt nichts, und bringt wegen seiner Kraftlosigkeit Krankheiten herbei, die ganze Bruten zerstoͤren. 6) Auf frisch geduͤngtem Boden geraͤth die Saat nicht, sondern auf solchem, der fruͤher gut geduͤngt, und stark mit Gemuͤße oder Getreide gebaut war. Ueberhaupt wird ein kraͤftiger guter Boden dazu erfordert. 7) Muß das Futter zu verschiedenen Zeiten gebaut werden, damit man den jungen Raupen zartes, den aͤlteren mit der Zunahme ihres Wachsthumes auch staͤrkeres und kraͤftigeres Futter vorlagen kann. 8) Raupen, die einmal im Wachsthume zuruͤkgeblieben sind, koͤnnen zwei Monate alt werden, und doch nicht mehr zunehmen, man mag ihnen nun Surrogat oder Maulbeerblaͤtter auflegen. Sie nehmen allmaͤhlich ab, werden kraftloser, und sterben zulezt ohne zu spinnen. 9) Das Local zur Aufzucht soll suͤdlichWir haben gezeigt, daß es noͤrdlich liegen muͤsse.A. d. R. liegen, und die Temperatur darin gleichmaͤßig gestellt werden koͤnnen. So nothwendig frischer Luftzutritt ist, so schaͤdlich wird ein starker Zug. Uebelriechende und luftverderbende Gegenstaͤnde duͤrfen nicht in der Naͤhe seyn. 10) Der Waͤrmegrad soll nach der Ausbruͤtung nie uͤber + 20° R. und nie unter + 16° betragen, es muß aber immer frische Luft gegeben werden. 11) Bei regnerischem Wetter muß man oͤfters im Tage einen Rauch mit Wachholderbeeren oder Wachholder-Reisig machen, wobei die Raupen gegen die Einwirkung feuchter Luft gesichert werdenSiehe unsere obige Bemerkung gegen das verderbliche Rauchen.A. d. R.. 12) Unter diesen Umstaͤnden, und wenn das Futter nicht dik, sondern spaͤrlich aufgelegt, aber oͤfters erneuert wird, machen die Raupen ihre regelmaͤßigen Haͤutungen, wachsen gesund heran und spinnen sich ein. 13) Die Raupen gehen vom Surrogate auf das Manlbeerblatt, und umgekehrt von diesem auf das Surrogat, und zwar zu jeder Zeit. 14) Raupen, die von der ersten Zeit an mit Surrogat, und von der zweiten Haͤutung mit Maulbeerblatt gefuͤttert sind, werden groͤßer und fetter als solche, die durchaus mit Maulbeerlaub gefuͤttert wurdenWie schwer sind sie? Steht die Menge der Seide, die sie spinnen, im Verhaͤltnisse mit dieser staͤrkeren Groͤße? Ist die Qualitaͤt dieser Seide dieselbe zu allen verschiedenen Stoffen, die man aus Seide verfertigt, wie bei gewoͤhnlichem Futter?A. d. R.. 15) Ein Mittel, das solche wesentliche Dienste leistet, war in der Seidenzucht noch nie bekannt, und seine Folgen sind nach dem Ausspruche erfahrener Maͤnner von nicht zu berechnendem Vortheile fuͤr ganz DeutschlandEr muß aber berechnet werden und die Rechnungskammer passiren, wenn er admittirt werden soll. Wir haben gezeigt, daß kein Grund zu einem Surrogate wegen der Reife oder Haarfroͤste da ist, indem man fuͤglich das Ausfallen bis Mitte Junius versparen kann. Man koͤnnte es bis Ende Julius versparen; und es fragt sich, ob bei uns, wo die lezte Haͤlfte des Julius, August und die ersten Tage des September gewoͤhnlich die schoͤnste Zeit im ganzen Jahre sind, es nicht sogar gut waͤre, wenn man es thaͤte. Versuche im Kleinen mit einer zweiten, Mitte Julius angefangenen, Brut sind in Bayern gut ausgefallen, und muͤßten auch im Großen besser gelingen, als in Italien und Frankreich, wo sie bloß deßwegen aufgegeben wurden, weil es zu heiß wird, und die Arbeit mit der Ernte und im Weingarten draͤngt. Da der Maulbeerbaum unser Klima so gut vertraͤgt, daß sein Blatt besser wird, als das italiaͤnische; da er unseren strengsten Wintern beinahe ein Jahrhundert widersteht (waͤhrend die Seidenbau-Commission die Anzucht der Maulbeerbaͤume foͤrdert, haut man in Bayern (so gut wurde das Landvolk durch seine Pfarrer unterrichtet) die Maulbeerbaͤume um, die unter Max Emanuel gepflanzt wurden und noch im Jahre 1829 gruͤnten; so laͤßt sich kein Grund fuͤr ein Surrogat einsehen. Daß die Scorzonere keines geben kann, erhellt aus Folgendem.1) Ist es in §. 5–6 anerkannt, daß Scorzonere auf keinem schlechten Boden gedeiht, und gutes Akerland, man darf sagen Gartenboden, fordert. – Der Maulbeerbaum nimmt, aus der Baumschule auf schlechten Boden verpflanzt, mit dem schlechtesten Boden vorlieb. Er wird auf der Freysinger Heide gedeihen, auf diesem großen und schoͤnen Schauplaze der Cultur, die eines der aͤltesten Bisthuͤmer Deutschlandes durch ein volles Jahrtausend seinem Lande geschenkt hat. Wenn man nur durch ein halbes Jahrhundert, nach Max Emanuels weisem Wunsche, Schafe auf der Freysinger Heide geweidet haͤtte, so wuͤrde diese wuͤste Streke jezt recht gut fuͤr Scorzonere und Getreide taugen: man fand es aber fuͤr gut, aus Menschen Schafkoͤpfe ein Jahrtausend lang zu machen, und so blieb die Wuͤste, wie sie war. Wenn der Maulbeerbaum auf dieser Heide auch verkruͤppeln sollte, so weiß man ja, daß die Nordamerikaner auf Gruͤnden, die sie zu nichts brauchen koͤnnen, den Maulbeerbaum krautartig aufgehen lassen, und mit der Senfe maͤhen. Der groͤßte Seidenwirth in Europa, Hr. Bonafous, ladet seine Landsleute ein, auf schlechten Gruͤnden die Erfahrungen der excentrischen Nord-Amerikaner zu pruͤfen. Lassen wir indessen alles Ungewisse, so bleibt es gewiß, daß2) die Scorzonere alle Jahre ein Mal gebaut werden muß. Es ist uͤberfluͤssig, die Muͤhe und der Kosten zu erwaͤhnen, die ein Tagwerk Scorzonere fordert. – Wenn ich ein Mal einen Maulbeerbaum gepflanzt habe, so steht er mir 100 Jahre lang, ohne auch nur die Muͤhe des Nachsehens zu fordern. Ich habe von dreihundertjaͤhrigen Maulbeerbaͤumen sprechen gehoͤrt: hundertjaͤhrige sah ich:3) Es ist ferner offenbar, daß wie Figur 27. Tab. IX. zeigt, wenn auf einem Maulbeerbaume, dessen Stamm nur 3 Zoll im Durchmesser haͤlt, nur 9 Scorzonerepflanzen wuͤchsen, es vortheilhafter waͤre, diese 9 Scorzonerepflanzen auf der Stammflaͤche von 3 Zoll Durchmesser, als auf einer Ebene von 216 □ Zoll wachsen zu lassen: denn so viel brauchen die 9 Scorzonerepflanzen, wenn man sie, im Verbande (en quinconce) nur 4 Zoll weit von einander in die Erde sezt. Auf diesen 216 □ Zollen kann ich aber, wenn der Boden gut ist, irgend etwas anderes unter dem Maulbeerbaume pflanzen, das mir mehr traͤgt, als Scorzoneren-Gemuͤse und den guten Boden weniger aussaugt, und wenn er so schlecht ist, daß keine Scorzonere darauf gediehe, koͤnnte ich wenigstens irgend ein Gras fuͤr's Vieh bauen. Wir haben bloß zur Versinnlichung unserer Rechnung obige Annahme gewaͤhlt; nun ist es aber offenbar, daß ein Maulbeerbaum von 3 Zoll Durchmesser im Stamme, Hunderte von Scorzonerepflanzen in seiner Krone traͤgt. Man versuche es ein Mal, waͤge die Blaͤtter nur einer 7 jaͤhrigen Maulbeer-Staude, messe die Oberflaͤche des Bodens, den das Staͤmmchen derselben braucht, und nehme gleiches Gewicht Scorzonerenblaͤtter, und messe den Boden, den dieses Gewicht Scorzonere noͤthig hat, und man wird erstaunen uͤber den Unterschied.4) Von einem Maulbeerbaume kann ich drei bis vier Mal im Jahre Blaͤtter schneiden) wie oft kann man dieß an der Scorzonere?5) Ist noch die große Frage: welchen Einfluß wird dieses neue Futter, wenn es Generationen lang fortgesezt wird, auf die Thiere selbst und auf die von ihnen gesponnene Seide haben? Hieruͤber kann nur die Zukunft in einer Reihe vieljaͤhriger Erfahrungen entscheiden, und bis dahin wird es kluͤger seyn, die Versuche im Kleinen mit aller Genauigkeit fortzusezen, als die Scorzoneren-Fuͤtterung, selbst wenn diese wohlfeiler waͤre (was sie nicht ist), allgemein einzufuͤhren.Wenn wir aber auch durchaus nicht fuͤr die Anwendung irgend eines Surrogates sind und seyn koͤnnen, wo man die Sache, deren Stelle das Surrogat vertreten soll, leichter und wohlfeiler haben kann, als das Surrogat selbst; so glauben wir uns doch zu hohem Danke fuͤr Hrn. Pf. Sterler und Hrn. Gartenmeister Seimel verpflichtet. Ihre Erfahrungen sind nicht bloß fuͤr die Naturgeschichte eines so kostbaren Thieres, wie die Seidenraupe, aͤußerst lehrreich und wichtig, sondern muͤssen es auch fuͤr die Seidenwirthe selbst werden, welchen sie ein neues Feld fuͤr Beobachtungen, Versuche und Erfahrungen eroͤffnen. A. d. R.. 16) Wird Surrogat und Maulbeerlaub in der Art mit einander Verbunden, daß bis nach der zweiten Haͤutung das erstere, und sodann das Maulbeerblatt angewendet wird, so steht die Seidenzucht in Bayern unerschuͤtterlich fest; es mag nun die Jahreszeit was immer fuͤr stoͤrende Nachtheile auf das Blatt des Maulbeerbaumes geaͤußert haben. 17) Nicht allein aber nur bis nach der zweiten Haͤutung kann man mit Vortheil den Raupen Surrogat zum Futter vorlegen, sondern auch bis nach der dritten und vierten Haͤutung; jedoch verdient nach meiner Erfahrung das Fuͤttern mit Surrogat bis nach der zweiten Haͤutung den Vorzug. Sollen nun die Maulbeerbaumblaͤtter durch Frost und Reife zu Grunde gehen, so steht das Surrogat als ein vortreffliches Aushuͤlfsmittel zu Gebot, bis die Maulbeerbaͤume wieder Blaͤtter haben, und die Zucht der Raupen kann durch keine Witterungsfaͤlle unterbrochen werden. Bogenhausen, den 3. Juli 1828.