Titel: Ueber die specifische Schwere zusammengesezter Körper. Von dem hochwürdigen Hrn. J. B. Emmett .
Fundstelle: Band 34, Jahrgang 1829, Nr. LXXXII., S. 297
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LXXXII. Ueber die specifische Schwere zusammengesezter Koͤrper. Von dem hochwuͤrdigen Hrn. J. B. Emmett Die Bestimmung der specifischen Schwere der Koͤrper ist, was auch in dieser Hinsicht geschehen seyn mag, noch immer ein Desideratum, das bei dem heutigen Zustande der Chemie der genauesten Revision bedarf. Von unseren bisherigen Angaben der specif. Schwere gilt vielleicht mehr, als von manchen anderen,Baco's Ausspruch: malo Academiam ruminantem quam quae nova detegat.“ A. d. Ue.. Aus dem Philosoph. Mag. and Annals Juni 1829, S. 417. Emmett, uͤber die specifische Schwere zusammengesezter Koͤrper. Ich hatte Gelegenheit einige Untersuchungen uͤber die specifische Schwere zusammengesezter Koͤrper anzustellen, und habe gefunden, daß einige hoͤchst fehlerhafte Tafeln, welche Hassenfratz berechnete, beinahe allgemein sind. Die Fehler entstanden aus zwei Ursachen. Wo die specifische Schwere solcher Koͤrper bestimmt wurde, welche im Wasser aufloͤsbar sind, wurde eine gegebene Menge derselben genau in der Luft, und dann in einer mit Queksilber gefuͤllten Flasche abgewogen. Es ist bekannt, daß das Queksilber theils wegen der in poroͤsen Koͤrpern enthaltenen Luft, wie z.B. in gebranntem und geloͤschtem Kalke, Bittererde, Alaun, Borax und in kleinen Krystallen, theils wegen der Haarroͤhrchen-Wirkung, nicht in die Poren eindringt. Die aus dem Waͤgen in dem Queksilber hervorgehende specifische Schwere ist also nicht die der festen Masse dieses Koͤrpers, sondern die des Volumens, welches die feste Masse des Koͤrpers mit den Poren oder Zwischenraͤumen desselben bildet. Dieser Fehler ist oͤfters sehr groß. So gibt Hassenfratz z.B. die specifische Schwere des calcinirten oder gebrannten Alauns zu 0,4229 an, obschon er, gepuͤlvert, schnell im Wasser zu Boden sinkt. Eben so sezt er die Schwere eines Pulvers, das aus zwei Theilen Kalk und Einem Theile Wasser besteht, = 0,8983; da doch auch dieses Pulver im Wasser untersinkt. Die specifische Schwere des gebrannten Kalkes muß groͤßer seyn als 1,4558 wie er sie angiebt; denn nach seiner Angabe ist die specifische Schwere des kohlensauren Kalkes = 2,7. Nun besteht kohlensaurer Kalk aus 26,5 Kalk und 20,7 Kohlensaͤure. Diese leztere verschwindet waͤhrend des Brennens, da hingegen das Volumen des gebrannten Stuͤkes wenig durch das Brennen leidet. Es muß also die specifische Schwere des gebrannten Kalkes ungefaͤhr 1,5 seyn. In diesem Zustande verschlingt er Wasser in großer Menge mechanisch „(?)“ oder laͤßt sich durch Druk zusammendruͤken. Die wirkliche Schwere des gebrannten Kalkes ist also groͤßer, als sie hier angegeben ist. Solche Koͤrper sollten in Oehl, in Alkohol, Aether, oder in einer Salz-Aufloͤsung, die keine Wirkung auf sie aͤußert, gewogen werden, oder in irgend einer Fluͤssigkeit, die vollkommen in alle ihre Poren eindringt. In einigen Faͤllen wird es gut seyn, die Fluͤssigkeit zugleich mit dem in derselben eingetauchten festen Koͤrper einige Minuten lang unter einem ausgepumpten Recipienten zu halten, um alle Luft aus demselben auszuziehen, welche mit Kraft in den Poren zuruͤkgehalten wird. Der andere Fehler entstand aus der Formel, welche Hassenfratz anwendete. Ich habe sie nicht gesehen. Folgende Formel ist diejenige, deren ich mich bediene. Es seyen m und n die Gewichte zweier Koͤrper. a und b die specifischen Schweren derselben; c die Schwere des zusammengesezten Koͤrpers, dessen Volumen = m/a + n/b = (mb + na)/ab. Nun ist aber die specifische Schwere irgend einer Masse eines Koͤrpers = seinem Gewichte/durch seine specif. Schwere; folglich Textabbildung Bd. 34, S. 298 Diese Formel ist einerlei mit jener Newton's. Wuͤnscht man die specifische Schwere eines der Bestandtheile des zusammengesezten Koͤrpers, so erhaͤlt man durch Versezung Textabbildung Bd. 34, S. 298 Folgende Tabelle zeigt die berechnete specifische Schwere einiger Schwefel-Metalle nach Hassenfratz's Berechnung; ihre wirkliche; dann die nach obiger Formel berechnete. Textabbildung Bd. 34, S. 299 Specifische Schwere. Nach Hassenfratz.; Wahre.; Nach Newton's Formel.; Schwefel-Silber.; – Queksilber.; – Eisen 1.; – Eisen 2.; – Blei.; – Wißmuth.; – Spießglanz.; – Arsenik 1.; – Arsenik 2.; – Molybdaͤn. Die ersten drei Columnen sind aus Thomson's Chemistry vol. III. p. 136. ad. 1817 copiert. Aus den von Hassenfratz berechneten specifischen Schweren erhellt, daß, mit Ausnahme des zweiten Schwefel-Eisens (Deutosulphuret) eine große Ausdehnung waͤhrend der Verbindung Statt hat, oder daß der zusammengesezte Koͤrper viel leichter ist, als er nach der Berechnung seyn sollte: waͤhrend die Rechnung nach Newton's Formel, mit Ausnahme des ersten Arsenik-Schwefels, immer eine geringere specifische Schwere gibt, als die wahre, was sich der Analogie nach auch erwarten ließ. Derselbe Physiker hat auch eine Tabelle uͤber die specifischen Schweren gewisser Salz-Aufloͤsungen geliefert (Thomson's Chimistry a. a. O. S. 97.) Er gibt das Gewicht des Salzes an; die specifische Schwere einer gesaͤttigten Aufloͤsung; das Verhaͤltniß der Ingredienzen und die specifische Schwere des Salzes in der Aufloͤsung, wahrscheinlich unter der Voraussezung, daß das Salz allein waͤhrend der Aufloͤsung Ausdehnung oder Zusammenziehung erleidet; oder er berechnet die specifische Schwere des Salzes fuͤr den Fall, daß keine Ausdehnung oder Zusammenziehung Statt hat. Ich habe einige nach obiger Formel berechnet. Textabbildung Bd. 34, S. 299 Specifische Schwere. Nach Hassenfratz.; Differ.; wahre; Nach Newton; Differ.; Schwefelsaures Kali; salzsaure Schwererde; salzsaurer Zink; salpetersaures Kali In diesen Faͤllen, die sich leicht noch vermehren ließen, hat offenbar Verdichtung waͤhrend der Aufloͤsung Statt; indessen laͤßt sich, mit Sicherheit, hier so lang nichts behaupten, als die specifische Schwere der krystallisirten Salze nicht auf eine Weise bestimmt wird, bei welcher keine Taͤuschung moͤglich ist. In folgender Tabelle habe ich die specifische Schwere gesaͤttigter Aufloͤsungen verschiedener Neutral-Salze nach den Versuchen Thomson's Diese Versuche muͤssen nun wiederholt werden.A. d. Ue. (Chemistry, III. p. 97.) aufgestellt, und nach Newton's Formel berechnet. Man ersieht aus derselben, daß Verdichtung in allen Faͤllen Statt hat, außer in denjenigen, die mit + bezeichnet sind; da aber die specifische Schwere dieser Salze wahrscheinlich in den meisten Faͤllen groͤßer ist, als sie in dieser Tabelle angegeben wurde, so ist auch die in der zweiten Spalte angegebene vielleicht zu klein. Specifische Schwere einer       Aufloͤsung von Specifische   Schwere. Berechnete specifische           Schwere. Schwefelsaurem Natrum    1,060           1,032      – Kali    1,055           1,038      – Thonerde    1,026           1,023      – Bittererde    1,294           1,269      – Eisen    1,219           1,180      – Zink    1,373           1,360      – Kupfer    1,189           1,151 Salzsaurem Natrum    1,210           1,195      – Kali    1,145           1,173 +      – Ammonium    1,070           1,093 +      – Kalk    1,351           1,302      – Bittererde    1,271           1,321 +      – Schwererde    1,265           1,22      – Zink    1,607           1,404      – Kupfer    1,271           1,194 Salpetersaurem Natrum    1,231           1,216      – Kali    1,157           1,035      – Kalk    1,143           1,109      – Schwererde    1,047           1,045      – Zink    1,489           1,427      – Kupfer    1,530           1,439 Essigsaurem Natron    1,189           1,373 +      – Kalk    1,098           1,0009      – Bittererde    1,252           1,159      – Thonerde    1,107           1,021      – Eisen    1,134           1,096      – Blei    1,198           1,174 Weinsteinsaurem Natron    1,196           1,165      – Kali    1,435           1,284 Phosphorsaure Soda    1,030           1,020 Borax    1,013           1,014 Soda kaͤufliche    1,158           1,125 Potasche amerikanische    1,301           1,259 Ich benuͤze die gegenwaͤrtige Gelegenheit einen bedeutenden Fehler zu verbessern, der sich in Brande's Chemistry (ed. 1819.) S. 23. findet. Es ist daselbst eine Tabelle uͤber die Ausdehnung gasartiger Fluͤssigkeiten aufgestellt. Die Zwischenraͤume der Temperatur sind in derselben gleich, und die Ausdehnung schreitet in einem arithmetischen Verhaͤltnisse unter der gemeinschaftlichen Differenz aller Glieder, = 208, fort. Auf S. 118. wird die Regel angegeben, wie man das Volumen irgend einer Temperatur auf eine gegebene Temperatur zuruͤkfuͤhren kann. Sie heißt: „Man theile die ganze Groͤße durch 480; der Quotient zeigt den Betrag der Ausdehnung oder Zusammenziehung desselben bei jedem Grade an Fahrenheit's Thermometer. Man multiplicire diesen mit der Zahl der Grabt, um welche das Gas uͤber 60 steigt oder faͤllt. Wenn die Temperatur uͤber 60° ist, ziehe man das Product von der absoluten Menge des Gases ab; wenn sie unter 60° ist, addire man dasselbe hinzu.“ Nun ist 208, die gemeinschaftliche Differenz, der 480,76ste Theil von 100,000, dem angenommenen Volumen bei 32°; sie ist nur der 508,76ste Theil von 105,824, dem Volumen bei 60°; wenn also die Regel richtig waͤre, muͤßte 508,76 der Divisor seyn, wenn das Volumen auf 60° reducirt werden soll. Die Formel ist aber falsch; denn die Zunahme, die mit einem Steigen auf 1° correspondirt, wird als der 480ste Theil des Ganzen angenommen; d. i., bei 32° der 480ste Theil von 100,000; bei 212° der 480ste Theil von 137,440. Nach der Regel wird man, wenn man das Volumen bei 32° finden soll, wo es bei 212° 137,440 ist, Statt 100,000 nur 85,901 erhalten. Folgende Formel wird fuͤr Brande's Tafel und fuͤr die der meisten Chemiker anwendbar seyn. Es sey a = dem Volumen des Gases bei einer gegebenen Temperatur von 32°; V das Volumen bei irgend einer anderen Temperatur; - a/n = der Zunahme, wenn die gegebene um 1° steigt; m = der Zahl der Grade uͤber oder unter der gegebenen Temperatur. So ist a ± ma/n = V; oder a = V × n/(n ± m).