Titel: Ein Wagen auf einer Eisenbahn, der von selbst läuft.
Fundstelle: Band 35, Jahrgang 1830, Nr. V., S. 9
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V. Ein Wagen auf einer Eisenbahn, der von selbst laͤuft. Aus dem Mechanics' Magazine. N. 326. 7. Nov. S. 177. Mit Abbildungen auf Tab. I. Ein Wagen auf einer Eisenbahn, der von selbst laͤuft. Es ließ sich erwarten, daß in einem so mystischen Zeitalter, wie das unsere, sobald eine verstaͤndige und nuͤzliche Idee einmal ausgefuͤhrt ist, wie z.B. die Eisenbahn zwischen Manchester und Liverpool, ein Heer von Mystifikationen nachfolgen wird. Das Mechanics' Magazine bringt, a. a. O., eine solche Mystifikation eines Hrn. Heinrich D., welcher, nachdem er mit Democritus, Pythagoras, Plato, die er um des Perpetuum mobile willen zu den Gymnosophisten und den Priestern Indiens reisen ließ, uͤber den Mikrokosmus des Paracelsus, und Cornel Drebbel's Planetarium, und uͤber Peregrinus Terella und dessen und Taisner's und Cardan's Magnetrad geflogen ist, mit Bischofs Wilkin's Fluͤgeln auf unsere heutige Welt zuruͤkkehrt.In der uns vor dem Abdruke dieser Abhandlung zugekommenen N. 529. des Mech. Mag. sehen wir zu unserm Erstaunen, daß man diese Satyre auf die gegenwaͤrtigen Eisenbahnwagen fuͤr Ernst nimmt, und ihn durch a + b widerlegt. Dieß haͤtten wir von dem englischen Schneer nicht geglaubt. A. d. R. Es ist aus der Physik bekannt, daß zwei Kegel, die mit ihrer Basis unter einander verbunden sind, uͤber eine schiefe Flaͤche hinaufzusteigen scheinen. Hierauf gruͤndet er nun folgenden Plan. Es sey eine Eisenbahn bestehend aus lauter schiefen Flaͤchen, abcde, wie Fig. 9. gebaut. Ein Kegel wird also den Abhang b und d von selbst hinanlaufen, und wenn er oben ist, uͤber c und e herablaufen, wenn die Seiten der ersteren schiefen Flaͤchen spizige Winkel bilden, und die der lezteren bloß parallel sind. Es sey daher Fig. 10. ein Wagen mit großen kegelfoͤrmigen Raͤdern, aa, welche auf der schiefen Flaͤche, b, ruhen. Man gelangt von oben in den Wagen, in welchem die schwersten Waaren unten gepakt werden, die Passagiere aber oben sind. Je schwerer der Wagen geladen ist, desto schneller wird er sich bewegen. Daß zwei solche Bahnen nothwendig sind, versteht sich von sich selbst. Ist es moͤglich die Mystifikation hoͤher zu treiben? Das Mechanics' Magazine theilt a. a. O. dieselbe ohne alle Anmerkung mit, und fuͤgt noch bei, daß der Mechaniker, Hr. Karl Sylvester, in seinem Report on Rail Roads et Locomotive Engines: addressed to the Chairmain of the Committee of the Liverpool and Manchester Rail-Road; (Liverpool 1825) sagte: „wenn eine Eisenbahn um die Erde liefe, immer gleich weit von dem Mittelpunkte der Erde, und keine Reibung Statt haͤtte, ein Wagen auf derselben, wenn er einmal im Laufe waͤre, immerdar um die Erde laufen wuͤrde!“ Wir haben seit einem Viertel-Jahre einen Aufsaz uͤber Anwendung der schiefen Flaͤche zu Eisenbahnen, der uns eingesendet wurde, in unserem Pulte, in welchem keine aͤhnliche Mystifikation vorkommt, den wir aber nicht ehe bekannt machen wollen, bis wir nicht Versuche angestellt, und die Nichtigkeit der Theorie durch die Fakel der Erfahrung erleuchtet sahen. A. d. R.

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