Titel: Ueber Hrn. Dumont's Filtrum zur Rohr- und Runkelrübenzuker-Raffinerie und Kohlenbereitung. Bericht der HHrn. Sérullas, Bussy und Derosne.
Fundstelle: Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LXXXVII., S. 358
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LXXXVII. Ueber Hrn. Dumont's Filtrum zur Rohr- und Runkelruͤbenzuker-Raffinerie und Kohlenbereitung.Wir haben von diesem Filtrum Polyt. Journ. Bd. XXXIII. S. 211. bereits nach Hrn. Dubrunfault eine kurze Notiz gegeben. Es ist merkwuͤrdig, daß waͤhrend die Runkelruͤbenzuker-Fabrikation in Frankreich, und wie wir jezt in den Zeitungen lesen, selbst in Rußland, so rasche Fortschritte macht, sie in Bayern, ungeachtet des dafuͤr gemachten Aufwandes, doch noch nicht recht gedeihen will. A. d. Ue. Bericht der HHrn. Sérullas, Bussy und Derosne. Aus dem Journal de Pharmacie. N. X. 1829. S. 543. N. XI. S. 616. Mit einer Abbildung auf Tab. VIII. Fig. 15. Dumont's Filtrum zur Rohr- und Runkelruͤbenzuker-Raffinerie und Kohlenbereitung. Hr. Dumont, alter Runkelruͤbenzuker-Fabrikant, hat ein Filtrum und eine eigene Bereitung der Kohle zur Entfaͤrbung des Syrupes erfunden, woruͤber wir Bericht erstatten sollen. Die Entdekung der entfaͤrbenden Eigenschaft der Kohle gebuͤhrt bekanntlich dem Petersburger Chemiker, Lowitz, der uͤbrigens in dieser Hinsicht zwischen thierischer und vegetabilischer Kohle keinen großen Unterschied bemerkte. Wirklich wurde auch leztere im Anfange dieses Jahrhundertes noch einzig und allein zur Entfaͤrbung des Syrupes angewendet. Erst im J. 1811 fand Hr. Figuier zu Montpellier, daß, in Hinsicht auf Entfaͤrbung, die thierische Kohle große Vorzuͤge vor der vegetabilischen besizt, und er bediente sich derselben, um Wein, Essig und den Ruͤkstand des Schwefelaͤthers zu entfaͤrben. Es geht uͤbrigens aus der von ihm uͤber diesen Gegenstand gegebenen Abhandlung nicht hervor, daß er sie zur Entfaͤrbung der Syrupe angewendet hat, so natuͤrlich auch diese Idee sich ihm haͤtte aufdringen sollen. Erst ein Jahr spaͤter fuͤhrte Hr. Karl Derosne den Gebrauch derselben in den Rohr- und Runkelruͤben-Zukerraffinerien ein, und er wies dadurch diesen beiden Zweigen der Industrie einen großen Dienst: einen noch weit groͤßeren aber den Salmiak-Fabrikanten, die die thierische Kohle, welche sie als Ruͤkstand bei der Salmiakbereitung erhielten, jezt gut verkaufen konnten, da sie ehevor dieselbe wegwerfen mußten. Erzeugung thierischer Kohle ist jezt ein eintraͤglicher Zweig der Industrie geworden. So wie man indessen bisher die thierische Kohle in den Fabriken brauchte, war die Art ihrer Anwendung uͤberall ziemlich dieselbe. Man puͤlverte sie, mischte sie mit dem Syrupe, den man entfaͤrben wollte, kochte sie mit demselben, und ließ die Fluͤssigkeit durch Filz durchlaufen. Man glaubte auf diese Weise die volle Wirkung der Entfaͤrbungskraft der Kohle erhalten zu haben, und war weit entfernt die Moͤglichkeit der großen Verbesserung zu ahnen, die Hr. Dumont in der Art der Anwendung derselben uns lehrte. Als dieser Fabrikant uͤber die Nachtheile bei dem alten Verfahren theils in Hinsicht auf die Anwendung der Kohle selbst, theils in Hinsicht auf das Auswaschen des Ruͤkstandes und auf den fremdartigen Geschmak, den die Syrupe durch das Kochen erhielten, nachdachte, fand er auch die Mittel zur Abhuͤlfe derselben. Sein neues verbessertes Verfahren besteht vorzuͤglich in seiner Zubereitung der Kohle, und in der neuen Art sie mittelst des von ihm erfundenen Filtrums anzuwenden. Seine Zubereitung der Kohle ist sehr einfach. Sie besteht darin, daß er sie koͤrnt, d.h. in Koͤrner ungefaͤhr von der Groͤße des Jagdpulvers verwandelt, und allen Staub beseitigt. Die Koͤrner werden mehr oder minder fein genommen, je nachdem die Syrupe mehr oder minder gebleicht werden sollen. Das Filtrum des Hrn. Dumont ist eine umgekehrte abgestuzte Pyramide aus Holz, die vollkommen mit verzinntem Kupfer ausgekleidet ist. Unten ist ein Hahn zum Ablassen des Syrupes angebracht. Etwas uͤber demselben ist eine Oeffnung, welche mit einer Roͤhre in Verbindung steht, die außen an dem Filtrum anliegt, und zur Ableitung der in diesem Apparate enthaltenen Luft dient. Das Filtrum hat zwei Scheidewaͤnde aus verzinntem Kupfer, die von verschiedener Groͤße sind. Wenn man den Syrup filtriren will, stellt man die kleine Scheidewand, die auf vier Fuͤßen steht, auf den Boden des Filtrums uͤber den Hahn und uͤber die Oeffnung der Luftroͤhre. Auf diese Scheidewand breitet man ein loker gewebtes Tuch und auf dieses die Kohle, die man vorlaͤufig mit dem sechsten Theile ihres Gewichtes Wasser befeuchtete, so daß der ganze innere Raum des Filtrums damit gleichfoͤrmig ausgekleidet wird. Man ebnet die Oberflaͤche der Kohle gehoͤrig zu, und bedekt sie wieder mit einem Tuche, auf welches man die zweite Scheidewand legt, und gießt den Syrup in den leeren Raum des Filtrums. Auf diese Weise wird die Kohle durch das Aufschuͤtten des Syrupes nicht in Unordnung gebracht, und man darf dann nicht besorgen, daß sich durch dieselbe in dem Inneren des Filtrums sogenannte Quellen bilden, durch welche die Fluͤssigkeit zu rasch durchfließt. Waͤhrend der Syrup durch die Kohle dringt, treibt er das Wasser vor sich her, mit welchem die Kohle befeuchtet ist, und noͤthigt dasselbe durch den Hahn abzufließen. Man schuͤttet dasselbe so lang weg, bis man bemerkt, daß der Syrup an der Stelle desselben zu erscheinen anfaͤngt, der dann bald in einem ununterbrochenen Faden ausfließt, den man dadurch zu erhalten sucht, daß man neuen Syrup in das Filtrum in dem Maße nachgießt, als der in demselben enthaltene ausfließt. Wenn man die Kohle nicht vorher mit Wasser befeuchtete, wuͤrde der Syrup nicht uͤberall gleichfoͤrmig in dieselbe eindringen; er koͤnnte an einer Stelle der Masse derselben leichter durchdringen, als an der anderen, und die Filtrirung geschaͤhe dann unregelmaͤßig. Das Wasser gewaͤhrt noch einen anderen Vortheil, wenn man thierische Kohle anwendet; es laugt dieselbe wenigstens theilweise noch aus, was man an dem gesalzenen Geschmake erkennt, den es bei seinem Ausflusse aus dem Filtrum noch deutlich zu erkennen gibt. Hr. Dumont hat in unserer Gegenwart einen Versuch mit seinem Filtrum an einem Rohzuker-Syrup angestellt. Der Versuch gelang vollkommen, wie die Proben, die wir hier vorlegen, beurkunden. Der Syrup N. 1. ist beinahe farbenlos. N. 2. ist etwas gelbbraͤunlich; N. 3. ist etwas mehr gefaͤrbt. Wenn man alle drei Proben zusammen mengt, so sieht das Gemenge so aus, als ob es von einem schoͤnen raffinirten Zuker kaͤme. Außer dem, daß diese Syrupe farbenlos sind, empfehlen sie sich auch durch ihren reinen Geschmak; sie haben durchaus nichts von jenem Geschmake des Rohzukers an sich. Wir haben Syrup von demselben Rohzuker mit eben so viel Kohle nach der alten Weise behandelt; das erhaltene Produkt laͤßt sich durchaus nicht mit jenem aus dem Filtrum des Hrn. Dumont vergleichen. Es ist nicht einmal so schoͤn, wie die Probe N. 3., und noch weit mehr Unterschied zeigt sich im Geschmake: dieser Syrup erhielt durch das Kochen mit der Kohle wirklich einen unangenehmen Geschmak. Hr. Dumont braucht bei seinem Verfahren 25 p. Cent Kohle zur Entfaͤrbung des Zukers. Diese Menge wird allerdings bedeutend scheinen; wir muͤssen aber bemerken, daß die Kohle noch nach ihrer ersten Anwendung viel von ihrer entfaͤrbenden Kraft behaͤlt. Man kann auf dieselbe Kohle noch dieselbe Menge Syrup gießen, die man das erste Mal aufschuͤttete, und dieser Syrup wird noch drei Viertel seiner urspruͤnglichen Farbe durch dieselbe verlieren; er wird selbst mehr entfaͤrbt seyn, als wenn man dieselbe Menge Zukers mit 12 p. Cent Kohle nach der gewoͤhnlichen Methode behandelt haͤtte. Und wenn auch die Farbe nur noch gleich waͤre, so waͤre doch noch immer Vortheil bei dem Verfahren des Hrn. Dumont. (Wir muͤssen im Vorbeigehen bemerken, daß Hr. Dumont bei dem vor uns angestellten Versuche nur 15 p. Cent Kohlen nahm; wir zweifeln nicht, daß, wenn er seine gewoͤhnlichen 25 p. Cent Kohlen genommen haͤtte, das Produkt so schoͤn gewesen seyn wuͤrde, wie von dem schoͤnsten raffinirten Zuker.) Nach dem zweiten Filtriren hat die Kohle einen großen Theil ihrer entfaͤrbenden Kraft verloren. Hr. Dumont hat jedoch an dieser Kohle noch eine Eigenschaft wahrgenommen, die er die bessernde (apechante) nennt, indem durch dieselbe in den Syrupen die Wirkung derjenigen Koͤrper, die auf den Zuker waͤhrend des Siedens zuruͤkwirken koͤnnen, geschwaͤcht oder modificirt wird. Er raͤch demnach die Kohle noch zum dritten oder vierten Male zum Filtriren des Syrupes zu brauchen, in der Ueberzeugung, daß die durch dieselben filtrirten Syrupe sich weit leichter krystallisiren werden. Eine lange Erfahrung kann allein uͤber diese Meinung entscheiden. Wir koͤnnen indessen eine Thatsache anfuͤhren, die sie zu bestaͤtigen scheint; naͤmlich diese: ein Runkelruͤben-Syrup, der durch eine beinahe ganz erschoͤpfte Kohle durchlief, und nichts von seiner dunklen Farbe verlor, benahm sich auf dem Feuer weit besser, als der uͤbrige Theil desselben Syrupes, der nicht durch diese Kohle lief, und krystallisirte weit leichter. Die Filter des Hrn. Dumont sind von verschiedener Groͤße: die kleineren halten ungefaͤhr 12 bis 15 Pfund Kohle; die groͤßeren bis an zwei Ztr. Mit diesen Apparaten kann man Syrupe von verschiedenem Grade der Dichtigkeit, von den schwaͤchsten bis zu den staͤrksten filtriren. Kalt kann man recht gut Syrupe von 28–30° am Araͤometer filtriren. Wenn man aber mit Syrupen von 36–38° zu thun hat, muß man sie heiß auf das Filter gießen, und, wie wir bemerkten, eine Kohle von etwas groͤberem Korne nehmen. Die Arbeit dauert dann kaum etwas laͤnger, aber der Syrup ist auch nicht so vollkommen entfaͤrbt. In 24 Stunden kann man den Syrup von zwoͤlf Zentnern Zuker filtriren. Warum sind die Syrupe des Hrn. Dumont besser entfaͤrbt, als jene, die nach dem alten Verfahren behandelt wurden? Es scheint, daß sich mehrere Gruͤnde davon angeben lassen. Man kann sich leicht denken, daß der Syrup, indem er durch die verschiedenen Lagen der Kohle in der Kohlensaͤule durchzieht, nach und nach seinen Faͤrbestoff sizen lassen muß, und daß er bei den flachen seichten Filtern, deren man sich bei dem alten Verfahren bedient, keinen solchen Widerstand finden wird. Es ist ferner nicht unwahrscheinlich, daß durch das Sieden des Syrupes mit der Kohle auf der einen Seite beinahe eben so viel wieder verloren geht, als auf der anderen durch die entfaͤrbende Eigenschaft der Kohle gewonnen wird; vielleicht hat selbst durch den Waͤrmestoff eine Ruͤkwirkung der Kohle auf den Syrup Statt, die den einen Theil des Faͤrbestoffes zerstoͤrt, und den anderen dafuͤr erhoͤht: es ist sicher, daß die Syrupe sich schoͤner entfaͤrben, wenn sie kalt filtrirt werden. Die Ursache, warum der Geschmak an den Syrupen, die nach Hrn. Dumont's Methode filtrirt werden, besser ist, als an jenen, die mit der thierischen Kohle gekocht werden, laͤßt sich leicht begreifen; denn es ist erwiesen, daß Syrupe mit thierischer Kohle gekocht einen garstigen und desto garstigeren Geschmak bekommen, je mehr man solche Kohle nimmt. Hr. Dumont entzieht der Kohle einen großen Theil ihrer aufloͤsbaren Bestandtheile mittelst des Wassers, womit er sie befeuchtet, und da er kalt filtrirt, so kann noch weniger uͤbler Geschmak dadurch entstehen. Wenn das Filter des Hrn. Dumont in Hinsicht auf vollkommene Entfaͤrbung und reinen Geschmak entschiedene Vortheile besizt, so gewaͤhrt es dieselben auch in Hinsicht des Waschens der Kohle. Nach dem alten Verfahren mußte die ruͤkstaͤndige Kohle mehrere Male mit großen Mengen Wassers angeruͤhrt werden, um sie von allem Zuker zu reinigen, den sie eingesogen hat, und dazu waren kostbare Verdampfungen noͤthig. Diese langweilige und ekelhafte Arbeit hat Hr. Dumont beinahe gaͤnzlich beseitigt. Ohne daß man an seinem Apparate etwas zu aͤndern braucht, darf man nur Wasser auf die Kohle gießen um ihr schnell allen Zuker zu entziehen, und, was noch das Wichtigste ist, man erhaͤlt auf den ersten Guß eine bedeutende Menge Syrup beinahe von derselben Dichtigkeit, wie im Anfange der Arbeit. Die Einfachheit und die Schnelligkeit, mit welcher hier gewaschen wird, wird man in großen Raffinerien sehr gut zu wuͤrdigen wissen. Die Wohlfeilheit dieses Verfahrens wird jedem einleuchten, der mit Zuker-Raffinerie zu thun hat. Hr. Dumont schaͤzt das Resultat seines Verfahrens auf das Vierfache des gewoͤhnlichen alten, und versichert, daß die entfaͤrbten Syrupe um 30 p. Cent besser sind. Wenn man auch hiervon etwas abschlagen wollte, so ist es doch gewiß, daß jeder, der sich seines Verfahrens bedienen will, viel dabei gewinnen wird. Einige Apotheker haben dasselbe bereits eingefuͤhrt, und es verbreitet sich bei den Zukerbaͤkern und Liqueur-Fabrikanten. Wir wissen, daß einer der staͤrksten Zuker-Raffinirer zu Paris es bereits versuchte, und alles laͤßt uns erwarten, daß er sich des Versuches zu freuen haben wird. Die leichte Anwendung dieses Filters, die Guͤte der dadurch erhaltenen Syrupe sowohl zum Gebrauche als solche, als zur weiteren Krystallisirung derselben, die Einfachheit und Schnelligkeit bei dem Waschen, alles laͤßt uns erwarten, daß dieses Filtrum Epoche machen muß in der Zuker-Raffinerie. Hr. Dumont hat der Industrie einen großen Dienst dadurch erwiesen, und wir laden die Gesellschaft ein diesem Fabrikanten zu danken, daß er ihre Aufmerksamkeit auf sein Verfahren gelenkt hat, und ihm zugleich zu den Resultaten, die er erhielt, Gluͤk zu wuͤnschen. NB. Die Syrupe muͤssen gut geklaͤrt und vollkommen fluͤssig seyn, ehe man sie auf die Kohle gießt. Diese Bedingung ist fuͤr das Gelingen der Arbeit wesentlich. Erklaͤrung der Abbildung des Kohlen-Filtrums des Hrn. Dumont. AA, hoͤlzerner Kasten, der innenwendig mit verzinntem Kupfer ausgefuͤttert ist. B, untere bewegliche durchloͤcherte Scheidewand auf vier Fuͤßen. C, Raum zur Aufnahme der zubereiteten Kohle. D, obere bewegliche Scheidewand. E, Raum, in welchen man den Syrup gießt, den man entfaͤrben will. F, hoͤlzerner Dekel, der unten mit verzinntem Kupfer beschlagen ist. G, Raum zur Aufnahme des entfaͤrbten Syrupes. H, Hahn zum Ablassen des Syrupes. K, Oeffnung, an welcher die Roͤhre L angebracht ist, durch welche die Luft entweicht.