Titel: Ueber die Wirkung der kalk- und gypshaltigen Wasser ausgeröthete Tournesol-Tinctur.
Fundstelle: Band 36, Jahrgang 1830, Nr. LXVII., S. 288
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LXVII. Ueber die Wirkung der kalk- und gypshaltigen Wasser ausgeroͤthete Tournesol-Tinctur. Aus dem Journal de Pharmacie. Avril 1830. S. 204. (Im Auszuge.)Aus einer Vorlesung, welche Hr. Laugier vor der Société philomatique gehalten hat.A. d. O. Ueber kalk- und gypshaltige Wasser. Hr. Laugier, welcher den Auftrag bekam als Sachverstaͤndiger das Wasser eines Brunnens zu untersuchen, fand dasselbe alkalisch, und schrieb diesen Umstand Anfangs der Gegenwart einer gewissen Menge Ammoniums zu. Da er aber auch das Wasser mehrerer anderer Brunnen auf eine aͤhnliche Weise auf Tournesol zuruͤkwirken sah, so gerieth er auf die Idee, daß diese Wirkung von den kalkartigen Salzen in diesen Wassern herruͤhren koͤnnte. Er kochte demnach fein gepuͤlverten Marmor in destillirtem Wasser, und fand daß dieses Wasser, nachdem es nur einige Augenblike uͤber mit dem Marmor gekocht hatte, geroͤtheten Tournesol auf seine urspruͤngliche blaue Farbe zuruͤkfuͤhrte. Kalkstein, Dolomit gab, auf aͤhnliche Weise behandelt, aͤhnliche Resultate. Eben dieß that auch gepulverter Gypsstein mit Wasser gekocht. Da der gemeine Gypsstein oͤfters kohlensauren Kalk enthaͤlt, welchem man obige Wirkung zuschreiben koͤnnte, so wiederholte Hr. Laugier diesen Versuch mit krystallisirtem Gyps, und mit dem spießfoͤrmig krystallisirten Gypse von Montmartre (chaux sulfatée en fer de lance). Die Wirkung war dieselbe, zeigte sich aber etwas spaͤter. Diese fuͤr die Analyse des Wassers, vorzuͤglich fuͤr Faͤrber, so wichtige Bemerkung bestaͤtigt eine in der Faͤrberei langst bekannte Thatsache, naͤmlich diese: Daß kalkhaltige Wasser den Ton der rothen Faͤrbestoffe maͤchtig zu veraͤndern vermoͤgen, und denselben oft ins Purpurfarbene ziehen lassen; daß einige dieser Faͤrbestoffe sogar gegen kalkhaltige Wasser so sehr empfindlich sind, daß man sie mit Recht als die besten Entdekungsmittel des Daseyns kalkhaltiger Salze im Wasser betrachten kann. Wenn man diese Erscheinung erklaͤren will, muß man das, was dem kohlensauren Kalke angehoͤrt, von demjenigen unterscheiden, was dem schwefelsauren zukommt. Was den ersteren betrifft, so laͤßt sich begreifen, daß, da der kohlensaure Kalk eine aͤhnliche Verbindung bildet, wie die uͤbrigen sogenannten kohlensauren Alkalien, welche stark auf Faͤrbestoffe einwirken, derselbe gleichfalls kraͤftig einwirken muͤsse, und daß, wenn er schwaͤcher wirkt, dieß nur, von seiner großen Unaufloͤsbarkeit abhaͤngt. Man duͤrfte also nur zur Erklaͤrung obiger Wirkung, annehmen, daß der kohlensaure Kalk nicht durchaus und gaͤnzlich unaufloͤsbar ist, und daß die Veraͤnderung in der Farbe des Tournesoles von der geringen Menge dieses Salzes herruͤhrt, die durch das siedende Wasser aufgeloͤst wird. Vielleicht koͤnnte man auch annehmen, daß durch fortgeseztes Kochen ein Theil des kohlensauren Kalkes so zersezt wird, daß etwas Kalk gaͤnzlich frei wird, und daß dieser dann als solcher auf die Tournesol-Tinktur wirkt. Die Wirkung des schwefelsauren Kalkes laͤßt sich nicht so leicht erklaͤren. Dieses Salz gehoͤrt zu Salzen, unter welchen die aufloͤsbarsten keine merkliche Wirkung auf den Tournesol aͤußern. Ferner kann man auch hier keine Abscheidung der Schwefelsaͤure durch das Wasser annehmen. Man mag indessen was immer fuͤr eine Meinung uͤber die Weise haben, wie diese kalkartigen Salze wirken, so darf man nie vergessen, daß Tournesol-Tinktur nicht immer das treueste und verlaͤssigste Reagens ist, und daß bei Anwendung desselben immer viele Behutsamkeit erfordert wird.Hr. Dulong d' Actafort hat im J. 1825 eine aͤhnliche Bemerkung gemacht. Vergl. Journal de Pharmacie T 11. p. 394. (Polyt. Journal Bd. XXII. S. 361.)A. d. O.