Titel: Ueber die Kultur der Runkelrübe oder Mangeewurzel.
Fundstelle: Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XX., S. 59
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XX. Ueber die Kultur der Runkelruͤbe oder Mangeewurzel. Aus dem Mechanics' Magazine. N. 351. 1. Mai. 1830. S. 131. (Im Auszuge.) Ueber die Kultur der Runkelruͤbe oder Mangeewurzel. Hr. Edward Watson, der Erfinder des Runkelruͤbenbieres, theilt am a. O. seine zwanzigjaͤhrigen Erfahrungen uͤber den Bau der Runkelruͤbe mit, welche wir, obschon wir hoffentlich nie mit Runkelruͤbenbier auf dem festen Lande werden heimgesucht werden, den Runkelruͤbenzuker-Fabrikanten mittheilen wollen. „Viele bilden sich ein, „sagt Hr. Watson,“ daß, je fruͤher man die Samen saͤet, desto groͤßer die Wurzeln werden. Ich will es zugeben, daß die sehr wenigen Pflanzen, die nicht, wie man sagt, in Samen schießen, große Wurzeln geben: es schießen aber so wenig Pflanzen in Samen, daß man durch das fruͤhzeitige Saͤen großen Verlust erleidet. Aus langer Erfahrung, 20jaͤhriger Erfahrung ist mir der siebente Mai der beste Saͤetag, und folgendes Verfahren das zwekmaͤßigste.“ „Der Boden wird Einen Fuß tief gut umgegraben, und, wenn moͤglich, noch tiefer. Die Schollen werden gut zerschlagen. Nach dem Umgraben wird mit dem Rechen eingerecht. Wenn man Duͤnger mit eingraben kann, ist es desto besser, da der Boden nie zu reich und zu stark seyn kann. Man zieht hierauf, sehr seicht, sechzehn Zoll weit von einander Furchen, und legt in diese, 10–12 Zoll weit auseinander, 2–3 Samengehaͤuse, die man so leicht als moͤglich mit Erde zudekt: denn, obschon die Pflanzen stark werden, wenn sie ausgewachsen sind, so kenne ich doch keine Pflanze, deren Same weniger Erde als Bedekung vertraͤgt, als die Runkelruͤbe. Nachdem die Pflanzen drei bis vier Zoll hoch uͤber die Erde gewachsen sind, koͤnnen sie verduͤnnt werden, so daß immer alle 10 bis 12 Zoll nur Eine Pflanze, und zwar die staͤrkste, stehen bleibt. Sollte irgend ein Same gaͤnzlich ausgeblieben seyn, so wird eine der staͤrkeren Pflanzen, die man ausgezogen hat, an der Stelle derselben eingesezt, wobei man wohl Acht zu geben hat, daß die Wurzel nicht beschaͤdigt wird, indem man sonst nur eine kleine schwacheDer Uebersezer kann bei dieser Gelegenheit eine Frage nicht unterdruͤken, die er oͤfters an sich gestellt, und um deren Aufloͤsung er vergebens in den Pflanzenphysiologiern und auch bei Mathematikern nachgesehen hat. Wir sprechen so oft von starker Wurzel, und scheinen im Grunde doch nicht zu wissen, welche riesenhafte Staͤrke die Wurzeln mancher Pflanzen, vorzuͤglich solcher, die ruͤbenartige Wurzeln von bedeutender Groͤße unter der Erde treiben, besizen. Wir wollen die zentnerschweren Knollengewaͤchse der Tropenlaͤnder, und die fußbreiten Loͤcher, die sie in der Tiefe der Erde bilden, hier als unseren Lesern weniger bekannt, uͤbergehen; wir wollen sie aber an unsere 9 bis 12 Pfd. schweren schwarzen Rettige, an weiße Ruͤben von 1/2 Fuß im Durchmesser erinnern, die so gar selten, bei uns wenigstens, nicht sind, wir wollen diejenigen, die bessere Mathematiker unter ihnen sind, als wir nicht sind, bitten, 1) die Kraft zu berechnen, mit welcher die Theilchen der Erde in dem Boden eines Ruͤben- oder Rettig-Akers gegen einander druͤken. 2) die Kraft hiernach zu berechnen, welche ein in dieser Klemme stekendes weiches Wuͤrzelchen von der Dike einer Rabenfederspule anwenden muß, um die Erde, die sich mit der, oben berechneten Kraft von allen Seiten dicht an dasselbe anschließt und auf dasselbe druͤkt, so weg zu druͤken, daß dieses Wuͤrzelchen endlich ein kugelfoͤrmiges Loch in dieser Erde von 1/2 Fuß im Durchmesser bilden und ausfuͤllen kann. Aus dieser Rechnung, die wir noch in keinem Buche aufgestellt fanden, wird sich ergeben, daß die Kraft eines Wuͤrzelchens einer Ruͤbe die Kraft eines Herkules und einer Bombe weit uͤbertrifft. Moͤge man hieraus die Allmacht der Lebenskraft an Wesen wuͤrdigen und achten lernen, auf die man so oft mit Verachtung herabsieht.A. d. Ue. Wurzel erhaͤlt. Die beste Weise, diese Pflanzen zu versezen, ist, ein hinlaͤnglich tiefes Loch mit dem Sezholze in die Erde zu stechen, damit die Wurzel gerade in dasselbe eingesenkt werden kann. Die ausgezogenen und versezten Pflanzen muͤssen einige Tage uͤber gut begossen werden. Zehn oder zwoͤlf Tage nach dem Verduͤnnen koͤnnen die Pflanzen leicht beharkt, und der Grund muß fortan rein gehalten werden. Zwei Monate spaͤter koͤnnen die Wurzelblaͤtter abgebrochen, und den jungen Schweinen gegeben werden, die sie sehr gern fressen. Der Boden traͤgt sein Interesse und die Bestellungskosten desselben bis Ende Octobers hin reichlich an den Blaͤttern dieser Pflanze allein.Dieß ist es, was den Bau der Runkelruͤben als rohes Material fuͤr Zuker so wuͤnschenswerth und so ertraͤglich, und selbst bei freier Concurrenz mit Rohrzuker der Antillen noch eintraͤglich macht. Unsere Hausthiere gewinnen dadurch mehr, als wir. Man sagt, unsere Kuͤhe fressen die Runkelruͤbenblaͤtter nicht gern. Wenn man die Blaͤtter gehoͤrig salzt, und mit anderem Futter abwechselt, fressen sie dieselben so gern wie Klee, und gedeihen dabei weit besser. A. d. Ue. Ende Octobers werden die Wurzeln herausgenommen, die Kronen abgeschnitten und den Schweinen und Kuͤhen gefuͤttert, die Wurzeln selbst aber werden, wie die Erdaͤpfel eingegraben und aufbewahrt.“ Hr. Watson erzaͤhlt nun, wie er sein heilloses Bier aus den Runkelruͤben braut, oder die Schweine und Kuͤhe, als Winterfutter, mit demselben fuͤttert.“ Er bemerkt bei dieser Gelegenheit, „daß er Runkelruͤben sehr gut in trokener Erde und au trokenen Orten bis in die Mitte des naͤchsten Sommers aufbewahrt hat.“ (Daß man aus den Runkelruͤben, die er zu seinem Biere, und als „koͤstliches“ Viehfutter baut, Zuker bereiten kann, scheint er gar nicht zu wissen.)