Titel: Bemerkung über künstliches Ultramarin. Von A. Bussy.
Fundstelle: Band 37, Jahrgang 1830, Nr. XXXVIII., S. 134
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XXXVIII. Bemerkung uͤber kuͤnstliches Ultramarin. Von A. Bussy. Aus dem Journal de Pharmacie. Mars 1830. S. 125. Bussy, Bemerkungen uͤber kuͤnstliches Ultramarin. „Man gelangte zur Einsicht der Moͤglichkeit, daß Ultramarin kuͤnstlich bereitet werden kann, als Vauquelin in den Annales de Chimie B. LXXXIX. von einer blauen Masse sprach, die man in einem Sodaofen des Hrn. Tassaert fand, und die ihm alle physischen Eigenschaften dieser kostbaren Farbe darbot.Daß man Ultramarin kuͤnstlich, und nicht bloß aus Lapis-Lazuli oder Lazulit bereitet, davon war gewiß jeder denkende Mann uͤberzeugt, der Gelegenheit hatte nur einige Hunderte der Hunderttausende von alten Handschriften, Incunabeln und aͤlteren Druken, an welchen die Anfangsbuchstaben so haͤufig mit den herrlichsten Farben ausgemahlt sind, zu sehen, und der nur einige Kenntniß in den verschiedenen Zweigen der alteren Mahlerkunst besizt. Wuͤrde ein Chemiker die herrlichen Farben, die in alten Asceten, Choral- und Meßbuͤchern etc. oft 1/4 Linie dik aufgetragen sind, abkrazen und analysiren, er wuͤrde vielleicht manchen herrlichen Fund machen koͤnnen. Es ist hoͤchst wahrscheinlich, daß wenn Gmelin's und Guimet's Entdekung in Italien bekannter werden wird, irgend ein alter italiaͤnischer Litterato uns zeigen wird, daß dieses Verfahren schon vor 300 Jahren in Italien bekannt war. Die Italiaͤner hatten im loͤten und 17ten Jahrhunderte es in Bereitung der Farben weiter gebracht, als wir ungeachtet aller unserer Fortschritte in der Chemie in neueren Zeiten es noch nicht wieder gebracht haben. Auch die Niederlaͤnder hatten treffliche Farbenbereiter. Es waͤre der Muͤhe werth die Farben der Alten, so wie ihre Muͤnzen und Metallarbeiter vorzuͤglich ihre Bronze, fleißiger zu analysiren, als es bisher geschah. A. d. Ue. In den neuesten Zeiten haben die Untersuchungen des Hrn. Guimet und des Hrn. Gmelin die genuͤgendsten Resultate hieruͤber geliefert. Die bisher bekannt gemachten Verfahrungsweisen bei Bereitung dieses Artikels sind jedoch so zusammengesezt, daß der Preis desselben noch immer sehr hoch zu stehen kommt. Da ich wuͤnsche dieses Verfahren bald vereinfacht zu sehen, hielt ich es nicht fuͤr uͤberfluͤssig, eine Methode bekannt zu machen, die ihrer Einfachheit wegen beachtenswerth ist.“ „Wenn die Reverberirofen, in welchen die schwefelsaure Soda ausgegluͤht wird, ausgebessert werden, so bemerke ich zuweilen, daß der Ziegeldamm, der das Product vom Herde scheidet, an verschiedenen Stellen mit einer Schichte von Ultramarin bedekt ist. Es scheint, daß vor der Bildung von Ultramarin sich Schwefelsodium erzeugt; denn die blauen Schichten sind mit kleinen glaͤnzenden braunrothen Krystallen umgeben, die aus solcher Schwefelverbindung entstehen.“ „Hat die schwefelsaure Soda sich bloß durch die Wirkung der Waͤrme allein oder durch die gleichzeitige Wirkung der Waͤrme und des Kohlenstoffes zersezt? Oder hat sie sich durch Einfluß der Kieselerde und der Thonerde des Thones zersezt? Dieß sind Fragen, die ich noch nicht beantworten kann. Was ich aber hier zu beurkunden fuͤr noͤthig finde, ist die Moͤglichkeit, Ultramarin aus schwefelsaurer Soda und aus Thon zu bereiten. Ich muß jedoch bemerken, daß die schwefelsaure Soda, wenn sie nicht mit einem Ueberschusse von Saͤure bereitet wird, durch den bloßen Einfluß der Hize des Reverberirofens sich in ein Sulfuͤr verwandeln, und eine ziegelrothe Farbe annehmen kann. Wo ein Ueberschuß von Saͤure Statt hat, kann diese Zersezung nicht geschehen, und kein Ultramarin sich bilden.“ Obige Notiz, die wir Hrn. Kulmann verdanken, und die wir aus der lezten Nummer des Industriel entlehnten, schien uns in so fern interessant, als sie die Moͤglichkeit beweist. Ultramarin aus schwefelsaurer Soda durch Verwandlung derselben in Schwefelsodium zu erhaleen; wir theilen jedoch die Ansicht des Hrn. Verfassers in Hinsicht der Ursachen, welche die schwefelsaure Soda in Schwefelsodium verwandeln konnten, nicht. Wir koͤnnen nicht zugeben, daß sie der Gegenwart der Kiesel- und der Thonerde zuzuschreiben ist; denn man weiß ganz bestimmt, daß in diesem Falle sich Schwefelsaure entwikelt, und daß die Soda mit der Kieselerde und Thonerde in Verbindung tritt. Aus demselben Grunde wendet man zuweilen schwefelsaure Soda Statt der kohlensauren auf Glashuͤtten an: die Kieselsaͤure tritt dann an die Stelle der Schwefelsaure, es hat aber keine Bildung von Sulfuͤr Statt. Wir koͤnnen ferner auch nicht zugeben, daß die Reduction der schwefelsauren Soda durch bloßen Einfluß der Waͤrme geschieht. Alles laͤßt vermuthen, daß in dem von Hrn. Kulmann beobachteten Falle die schwefelsaure Soda durch den Kohlenstoff oder durch das Kohlenstoffoxydgas das sich bei der unvollkommenen Verbrennung der Kohle entwikelt, reducirt wurde. Es scheint uns daher, daß man weit sicherer und nach Belieben kuͤnstliches Ultramarin bereiten koͤnnte, wenn man in gehoͤrigem Verhaͤltnisse Kieselerde, Thonerde und schwefelsaure Soda zusammenmengte. Man duͤrfte dann nur dieses Gemenge erhizen, und einen Strom von Wasserstoff durch dasselbe ziehen lassen, um die schwefelsaure Soda in Sulfuͤr zu verwandeln und ihre Verbindung mit den uͤbrigen Koͤrpern zu bewirken. Um den Grad der Wahrscheinlichkeit, der fuͤr das Gelingen dieses Verfahrens Statt hat, kennen zu lernen, darf man nur jenes anfuͤhren, welches Hr. Prof. Gmelin zu Tuͤbingen angegeben hat; das Einzige, das, so viel wir wissen, bekannt gemacht wurde. Er nimmt Kieselerde und Thonhydrat, die er beide auf die gewoͤhnliche Weise bereitet und in siedendem Wasser gut auswascht. Er loͤst hierauf die Kieselerde in einer Aufloͤsung von kaustischer Soda so lang auf, bis diese von jener gesaͤttigt ist, und sezt dann Thonerde, als Gallerte, in solchem Verhaͤltnisse zu, daß Kieselerde und Thonerde, beide in trokenem Zustande angenommen, im Verhaͤltnisse von 72 jene, diese von 70 in der Mischung vorkommen. Diese Mischung wird dann bis zur Consistenz eines feuchten Pulvers abgeraucht. Zugleich bereitet man Schwefelsodium, indem man zwei Theile Schwefel und Einen Theil basischer kohlensaurer Soda nach und nach in einem zugedekten Tiegel so lang erhizt, bis die Masse ruhig schmilzt. Dann wirft man in kleinen Quantitaͤten obige Mischung aus Kieselerde, Thonerde und Soda mitten in das geflossene Schwefelsodium, und nachdem der Tiegel eine Stunde lang einer maͤßigen Hize ausgesezt war, zieht man denselben vom Feuer und laͤßt ihn erkalten. Man wird das Ultramarin mit einem Ueberschusse von Sulfuͤr darin finden, das man durch Waschen beseitigt. Was den Schwefel betrifft, der noch unverbunden in der Masse seyn koͤnnte, so verjagt man denselben durch gelinde Waͤrme, und wenn nicht alle Theile gleich gefaͤrbt sind, so reibt man die Masse auf dem Reibsteine mit Wasser ab.Man vergleiche hiemit Gmelins Abhandlung hieruͤber im polyt. Journale Bd. XXX. S. 125. A. d. R.