Titel: Ueber die Verbindung der Chromsäure mit Kieselerde; von Hrn. Quesneville, d. Sohne.
Fundstelle: Band 38, Jahrgang 1830, Nr. XVI., S. 54
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XVI. Ueber die Verbindung der Chromsaͤure mit Kieselerde; von Hrn. Quesneville, d. Sohne. Aus dem Journal de Pharmacie. Mars 1830. S. 131. Quesneville, uͤber die Verbindung der Chromsaͤure mit Kieselerde. Alles, was man bisher uͤber chromsaure Kieselerde weiß, beruht auf einer Abhandlung, die Hr. Godon vor beinahe 20 Jahren am Institute vorlas. Seit dieser Zeit hat kein Chemiker sich mit diesem Koͤrper mehr abgegeben, welcher, nach den Eigenschaften, die Hr. Godon demselben zuschreibt, doch sonderbar genug waͤre. Die neuen Versuche, welche ich hieruͤber anstellte, ließen mich nicht zur Darstellung desselben gelangen, so daß ich Gruͤnde habe an der Existenz desselben zu zweifeln. Nach Hrn. Godon erhaͤlt man chromsaure Kieselerde, wenn man gallertartige Kieselerde, die aus ihrer Aufloͤsung in Kali durch irgend eine Saͤure niedergeschlagen wurde, in Chromsaͤure aufloͤst, und dann abdampft; man erhaͤlt dann ein rothes Pulver, das in's Gelbe zieht, in Wasser unaufloͤsbar ist, und durch anhaltende Hize eines Porzellanofens nicht zersezt wird. Dieß sind die Eigenschaften, welche Hr. Godon an seinem neuen Compositum fand. Ich habe vergebens mehrere Mittel versucht, es darzustellen; ich konnte nie dazu gelangen. Ich behandelte 1) gallertartige Kieselerde, die wiederholt mit siedendem Wasser abgesuͤßt wurde, heiß mit Chromsaͤure, die so frei von Salpetersaͤure als moͤglich war. Ich brauchte viel Chromsaͤure, um wenig Kieselerde aufzuloͤsen. Als die Fluͤssigkeit keine Gallerte mehr aufloͤste, filtrirte ich sie, und ließ sie abdampfen; sobald aber die Aufloͤsung hinlaͤnglich concentrirt war, schied sich die Kieselerde in Gallertform gaͤnzlich farbenlos nach mehreren Absuͤßungen vollkommen ab. Die filtrirten Fluͤssigkeiten enthielten nur noch Chromsaͤure. 2) Eine andere, fuͤr die angewendete Chromsaͤure mehr als hinlaͤngliche, Menge Kieselerde wurde mit dieser Saͤure erhizt, und die dike Gallerte gehoͤrig getroknet: sie war ein roͤthlich gelbes Pulver, welches durch das Wasser noch entfaͤrbt, und bei den ersten Graden einer wenig unterhaltenen Hize sogleich gruͤn wurde. 3) nahm ich zu einem anderen Verfahren Zuflucht. Ich ließ durch eine chromsaure Kaliaufloͤsung einen Strom kiesel-flußsaures Gas laufen. Ich erhielt kein guͤnstiges Resultat. Ich nahm 4) Statt des chromsauren Kalis Chromsaͤure, ohne daß der Versuch mir besser gelungen waͤre. 5) Ich machte hierauf eine Mischung aus chromsaurem Kali und aus kieselsaurem Kali, und faͤllte beide Aufloͤsungen mit schwacher Salpetersaͤure: die Kieselerde schlug sich allein nieder, und blieb nach einigen Absuͤßungen ungefaͤrbt. 6) schlug ich eine Aufloͤsung von salzsaurem Chrom mit kieselsaurem Kali nieder, ohne daß es mir gelang eine Verbindung zu bewerkstelligen. 7) endlich versuchte ich, da ich eben chromsaures Kali vor mir hatte, die Kieselerde, die sich ausscheidet, wenn man die Masse mit Wasser behandelt. Sie war gruͤn, und verdankte diese Farbe nur dem Braunsteinoxyde, ohne eine Spur von Chromsaͤure in sich zu enthalten. Nach diesen Thatsachen bin ich nun sehr geneigt anzunehmen, daß die Verbindung, die man chromsaure Kieselerde nennt, gar nicht vorhanden ist, und daß die Eigenschaften, die man ihr zuschreibt, auf einem Irrthume beruhen. Hr. Godon hat ohne Zweifel irgend ein Doppelsalz gebildet, das auf Rechnung der unreinen Stoffe zu stellen ist, mit welchen er arbeitete, oder vielleicht ist seine chromsaure Kieselerde ein Chrom-Siliciuͤr. Ich will es nicht wagen zu behaupten, daß dieß sich wirklich so verhalt, obschon diese leztere Annahme mir noch wahrscheinlicher scheint, als seine durch das lang anhaltende Feuer eines Porzellanofens unzersezbare Verbindung. Wenn sich aber die Sache indessen doch so verhielte, wie Godon sie angab, und wenn es gelaͤnge eine solche Verbindung darzustellen, so waͤre es der Muͤhe werth zu untersuchen, warum die Kieselerde, die, wo sie mit ihren maͤchtigsten Aufloͤsungsmitteln verbunden ist, so wenig Haltbarkeit in den Verbindungen aͤußert, welche sie mit denselben bildet, und die, waͤhrend sie in vielen Faͤllen die Eigenschaften einer Saͤure darbietet, nur mit Muͤhe die Rolle einer Basis spielt, hier auf ein Mal mit der Chromsaͤure eine so innige Verbindung eingehen und sich in die Reihe der maͤchtigsten Alkalien stellen sollte.