Titel: Miszellen.
Fundstelle: Band 38, Jahrgang 1830, Nr. LXVIII., S. 242
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LXVIII. Miszellen. Miszellen. Bericht uͤber ein außerordentliches Ankleben der Sicherheitsklappe am Kessel auf dem Dampfbothe des Legislator der am Hudson faͤhrt. Von dem Mechaniker auf demselben. Hr. J. B. Calhoun, Mechaniker, theilt im Journal of the Franklin-Institute folgenden Bericht mit, welcher sich auch im Mechan. Magaz. N. 368, 28. August. S. 443, befindet: „Die lezte schrekliche Explosion auf dem Dampfbothe Helen M'Gregor erinnert mich an einen Zufall, welcher sich im vorigen Sommer unter meinen Augen zutrug. In der Erwartung, daß er der Menschheit nuzen kann, halte ich es fuͤr meine Pflicht, denselben bekannt zu machen.“ „Ich war im vorigen Sommer Mechaniker am Borde des Dampfbothes Legislator am Hudson. waͤhrend ich auf dem Vorderverdeke stand, bemerkte ich, daß die Maschine schneller ging als gewoͤhnlich. Da ich nicht, wie gewoͤhnlich, Dampf aus der Sicherheitsklappe ausstroͤmen sah, eilte ich in die Heizstube, wo der Heizer auf seinem Posten war. Er sagte mir, daß er 21 Zoll Dampf habe, und daß der Stab im Eichmaße oben gegen den Dekel des Kessels stoͤßt. Da die Sicherheitsklappe nur fuͤr 16 Zoll beladen war, erschrak ich, eilte zuruͤk in die Heizstube, und zog dort die Schnur, die uͤber eine Rolle laͤuft und an dem Hebel der Sicherheitsklappe befestigt ist. Ich wollte die Sicherheitsklappe heben, und vermochte es nicht. Meine Angst nahm zu, und ich stieg oben auf den Kessel, wo die Sicherheitsklappe war. Hier war alles in Ordnung, d.h., es lag kein anderes Gewicht, als das bestimmte, auf der Klappe. Ich schob dasselbe laͤngs dem Hebel bis auf den Stuͤzpunkt zuruͤk, wo dasselbe so zu sagen nur nominal auflag; und doch stieg die Klappe nicht. Ich gerieth nun in Verlegenheit, ergriff den Hebel, und zog ihn mit Gewalt in die Hoͤhe; ich zog einige Secunden lang, so gut ich konnte, als ploͤzlich, mit einem Knalle, wie an einem kleinen Feldstuͤke, die Klappe sich oͤffnete und der Dampf mit aller Heftigkeit herausfuhr. Dieß waͤhrte so fort, bis der Dampf endlich sich aus den gewoͤhnlichen Druk gesezt hatte: die Maschine arbeitete indessen immer fort. Es war kein Wasser auf der Klappe, noch irgend etwas sichtbar, was dieselbe hatte hindern koͤnnen auszusteigen, nachdem der Druk im Kessel staͤrker als 16 Zoll wurde, unter welchem Druke sie sonst immer von selbst aufsprang. Ich frage nun, ob dieses Ankleben der Klappe nicht dadurch entstand, daß Klappe und Lager derselben aus einem und demselben Metalle waren? Mir scheint es gewiß, daß dieses Ankleben einzig und allein durch Anhangen des Metalles an Metall entstand. Ich arbeite zwoͤlf Jahre als Mechaniker bei Dampfmaschinen, und hatte nie Gelegenheit eine solche Erfahrung zu machen. Ich hatte wohl gute Gruͤnde, dem Queksilber-Eichmaße nie ganz zu trauen, hatte aber bisher immer volles Vertrauen auf die Sicherheitsklappe gesezt. Dieß Mal aber hat sie mich getaͤuscht, und vielleicht hatte es nur noch einiger Augenblike bedurft, um eine Explosion mehr zu bekommen; denn ich zweifle nicht, daß, haͤtte der kleine Stab am Eichmaße durch die Deke des Kessels frei durchziehen koͤnnen, man 30 Zoll statt 16 an dem Eichmaße gesehen haben wuͤrde.“ „Gewoͤhnlich ist das Eichmaß auf Dampfbothen so in Grade getheilt, daß es so viele Dampfzoll zeigt, als die Maschine aufnimmt, und die Sicherheitsklappe so beladen, daß sie mit dem Eichmaße correspondirt, indem man naͤmlich glaubt, daß, wenn das Eichmaß 46 Dampfzoll zeigt, aller uͤbrige Dampf durch die Sicherheitsklappe entweicht. Die Mechaniker, oder wenigstens viele derselben, lassen gewoͤhnlich den Dampf nicht abblasen, wenn das Both bei einer Landung haͤlt, sondern verlassen sich darauf, daß die Sicherheitsklappe sich von selbst heben wird, wenn der Dampf uͤber die erforderliche Hoͤhe gestiegen ist. Man hielt bisher dieses Verfahren fuͤr vollkommen sicher; der obige Fall zeigt aber auf die bestimmteste Weise, daß man sehr Unrecht thut, wenn man sich zu sehr auf die Sicherheitsklappe verlaͤßt. Ich wuͤrde auf das Dringendste empfehlen, so oft ein Both zur Landung haͤlt, die Sicherheitsklappe zu heben, das Eichmaß mag was immer fuͤr einen Druk anzeigen. Dieß ist die einzige sichere Verfahrungsweise. Hat nicht vielleicht der Mechaniker am Dampfbothe Helen M'Gregor sich zu sehr auf das Steigen seiner Sicherheitsklappe verlassen, wenn der Dampf zu sehr stiege, und ist nicht vielleicht die Klappe in ihrem Lager kleben geblieben? Vielleicht hatte er zwei Mal so viel Dampf, als er brauchte, als er noch auf das Steigen der Klappe wartete, in dem Augenblike, als die schrekliche Explosion Statt hatte. Dieß mag vielleicht der Fall gewesen seyn. Ehe ich sah, daß meine Sicherheitsklappe nicht stieg, wo sie haͤtte steigen sollen, glaubte ich, die Ursache des Springens der Kessel muͤßte beinahe immer der Mangel einer hinlaͤnglichen Wassermenge gewesen seyn; nun scheint es mir aber, daß manche Explosion dem Umstande zugeschrieben werden kann, daß der Mechaniker sich durch die Sicherheitsklappe taͤuschen ließ, die nicht stieg, wo er es erwartet hatte.“ „Wenn Sie,“ schreibt Hr. Calhoun an Dr. Jones, „obige Thatsachen der Bekanntmachung werth finden, so moͤgen sie es thun, und nach Belieben die Sache einkleiden. Ich verstehe mich nicht auf die Kunst, einen Aufsaz fuͤr das Publicum zu schreiben: fuͤr die Richtigkeit der erzaͤhlten Thatsache kann ich aber buͤrgen; der Pilot, der Schiffsschreiber und der Heizer werden sie bezeugen.“ Hr. Jones bemerkt: „Wir theilen nicht die Ansicht des Hrn. Calhoun uͤber den Werth des Eichmaßes, und glauben, daß der angefuͤhrte Fall denselben von dem Nuzen dieser Vorrichtung uͤberzeugen sollte. Um uͤber die Ursache des Anklebens der Sicherheitsklappe urtheilen zu koͤnnen, haͤtte man die Form derselben, und andere Umstaͤnde, welche hierauf Bezug haben koͤnnen, genau wissen sollen. Nach dem Berichte scheint es, daß in dem vorliegenden Falle ein wirkliches Ankleben der Klappe in ihrem Lager Statt hatte, und daß dieses, obschon es in einem gewissen Grade nicht gar selten ist, hier auf eine ganz außerordentliche Weise Statt hatte. Unsere Leser sind mit jener Adhaͤsion bekannt, welche Hr. Clément zu Paris uns zuerst kennen lehrte,Eine Menge Aufsaͤze hieruͤber findet man im Polyt. Journ.A. d. Ue. und welche so viele Eroͤrterungen veranlaßte. Indessen findet sich hier nichts, was uns zu dem Schlusse berechtigte, daß der gegenwaͤrtige Fall in einiger Beziehung damit stehen koͤnnte, indem Ausstroͤmen des Dampfes dieses Ankleben dann hatte begleiten muͤssen.“ Dem Uebersezer scheint indessen allerdings hier eine Analogie Statt zu haben, und mehrere franzoͤsische Physiker, auf die von Hrn. Calhoun richtig bemerkte Unsicherheit der Sicherheitsklappe hindeutend, haben bereits auf die Aehnlichkeit zwischen der Erscheinung des von Hrn. Clément zuerst umstaͤndlicher entwikelten Phaͤnomenes, und zwischen dem Sizenbleiben der Sicherheitsklappe aufmerksam gemacht.A. d. Ue. Hrn. White's Maschine zum Letterngusse wird in der New-York Evening Post und in Nile's Register 21. Maͤrz 1829 als eine der wichtigsten Erfindungen gepriesen, welche in N. America gemacht wurde. Der Guß geschieht nicht, wie bisher, aus der Hand, sondern mittelst einer Maschine, die ein Knabe in Gang sezt, indem er bloß eine Kurbel treibt. Herrn White's Lettern gelten fuͤr die elegantesten in den Vereinigten Staaten, und kommen um 10 bis 12 p. C. wohlfeiler. 900 Pfund Lettern von White geben eben so viele Seiten, alt 1000 Pfund der gewoͤhnlichen mit der Hand gegossenen. (Bullet. d. Scienc. techn. Juin 1830. S. 178.) Ueber Hrn. Wilh. Grisenthwaite's Dampfmaschine, worauf derselbe am 12. Hornung l. J. sich ein Patent ertheilen ließ, aͤußert das Repertory of Patent-Inventions Octob. 1830. S. 219. sich dahin, daß die Patenterklaͤrung aͤußerst dunkel und ohne alle Zeichnung abgefaßt ist, und daß an diesen Verbesserungen nicht viel Besonderes zu seyn scheint. Ruderraͤder an Kriegsschiffen von Soldaten getrieben. Capitaͤn Charles Napier, C. B., ruͤstete das Schiff Galathea mit Ruderraͤdern aus, die von der Haͤlfte der Schiffsmannschaft getrieben werden. Hr. Croker untersuchte die Vorrichtung, und war bei den Versuchen gegenwaͤrtig, die ganz zu seiner Zufriedenheit ausfielen. (Portsmouth Herald. Galignani. N. 4844.) Verbesserung an Bojen. Capit. Lillicrap hat eine sehr einfache Methode vorgeschlagen, Bojen in Hafen, auf Rheden und an gefahrvollen Stellen als Rettungsmittel fuͤr verungluͤkte Schiffende gebrauchen zu koͤnnen, waͤhrend sie so, wie sie jezt sind, da sie leicht und hoch auf dem Wasser schwimmen, und ihr Kupfer sehr glatt ist, selbst fuͤr Bothe, die sich ihnen nahen, gefaͤhrlich sind. Er empfiehlt jede Boje der Laͤnge nach mit Hangmatten-Brettchen (hammock buttens) zu versehen, so daß jeder Ungluͤkliche, und auch Bothe, ohne Gefahr sich denselben naͤhern koͤnnen. (Portsmouth Herald. Galignani. 4851.) Schiffspumpe. Im Atlas (Galignani. N. 4850.) wird einer neu erfundenen Schiffspumpe erwaͤhnt, die, mit sehr geringem Kraftaufwands, bei jedem Zuge 5 Gallons (50 Pfund) Wasser auswirft, also in Einer Stunde an 9000 Gallons (oder 90,000 Pfund.) Ueber die Liverpool- und Manchester-Eisenbahn theilt das London Journal of Arts. October 1830. S. 27. eine kurze Notiz mit, in welcher es heißt, daß, so hoͤchst wichtig auch diese Bahn in artistischer Hinsicht ist, sie doch durchaus nichts Neues im Baue der Eisenbahnen darbietet, und daß man uͤber die Naͤhrvaͤter derselben den wahren Vater vergessen hat. Dieser war Hr. Wilh. James, Landmesser zu London, der zu Newcastle-upon-Tyne die Dampfwagen auf Eisenbahnen kennen lernte, und schon im J. 1822 meinte, es koͤnne zwischen Liverpool und Manchester eine aͤhnliche Fahrt hergestellt werden. Er nivellirte auf seine Kosten; die von ihm gefundene Linie fand keinen Beifall, und Hr. Stephenson nivellirte, noͤrdlich von der James'schen Linie, im J. 1824 eine neue Linie. Der Ueberschlag war 400,000 Pfund Sterling (4,800,000 fl.) Die Weisheit des jezigen Parliamentes, von welchem Erlaubniß erholt werden mußte, war dagegen: man disputirte 37 Stunden lang, schwaͤzte, parliamentsmaͤßig, das albernste Zeug, und verwarf den Antrag. Die guten Buͤrger von Manchester und Liverpool ließen sich durch die Eseleien ihrer Vertreter oder Zertreter nicht irre fuͤhren, und ließen, suͤdlich von der vorigen Linie, im J. 1825 eine neue Linie nivelliren, unter Aufsicht der HH. Georg und Johann Rennie: Hr. Karl Vignoles hatte die Ausfuͤhrung, und vollendete Niveau und Durchschnitte seiner Linie und Revision der vorigen in 3 Monaten. Als im J. 1826 daruͤber neuerdings im Parliamente gekraͤht, gehustet und gescharrt werden mußte, ging im Unterhause die Erlaubniß, daß gescheidte und fleißige Buͤrger ihr Geld zu der schoͤnsten und nuͤzlichsten Unternehmung verwenden duͤrfen, die England aufzuweisen hat, mit der geringen Mehrheit von 47 Stimmen, im Oberhause mit 28, zur ewigen Schande fuͤr das heutige England durch. Waͤhrend dieser Hahnengefechte zogen sich mehrere Directoren zuruͤk, Actionaͤre verkauften ihre Actien, und die uͤbrig gebliebenen Directoren uͤbertrugen den Bau nach der Linie der HH. Rennie und Vignoles weder diesen, noch Hrn. James, sondern Hrn. Stephenson. Diese beruͤhmte Eisenbahn ist nun fuͤr das Publicum fuͤr immer eroͤffnet. 130 Passagiers (groͤßten Theils Quaͤker [Society of Friends]) waren die Ersten, die sie fuͤr die bestimmte Miethe, (7 Shillings, 4 fl. 12 kr. fuͤr die Person) befuhren. Die Fahrt von ungefaͤhr 30 (engl., 7 1/2 deutschen) Meilen ward in Einer Stunde und zwei und dreißig Minuten, mit Einschluß zweimaligen Aufenthaltes zum Einnehmen von frischem Wasser zuruͤkgelegt. 120 Passagiers kehrten am Abende mit 3 Tonnen (60 Zentner) Bagage in Einer Stunde 48 Minuten zuruͤk. Fortan faͤhrt taͤglich an jedem Ende der Bahn (zu Liverpool und Manchester) um 7 Uhr Morgens, um 12 Uhr Mittags und um 4 Uhr Abends ein Dampfwagen ab, der fuͤr 110 Passagiers Wagen nachzieht. Man wird diese 30 Meilen immer in zwei Stunden sicher zuruͤklegen. Unfaͤlle auf Eisenbahnen. Im Leeds Intelligencer (Galignani. N 4841) wird versichert, daß waͤhrend der sieben Jahre, als die Darlington und Stockton Eisenbahn befahren wird, nicht weniger als 50 Menschen-Leben auf dieser kurzen Streke zu Grunde gingen. Wie das Landvolk in England uͤber Eisenbahnen denkt. Bei Eroͤffnung der Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester zeigte sich solcher boͤser Willen unter den Tausenden und Tausenden der aus der Nachbarschaft herbeistroͤmenden Menge, daß, wenn nicht Militaͤr bei der Hand gewesen waͤre, wahrscheinlich die ganze Bahn zerstoͤrt worden seyn wuͤrde. Es flogen Steine in Menge nach den Kutschen, in welchen Wellington, Peel etc. fuhren. (Courier. Galignani. 4841.) Neue Art, Holz zu eingelegter Arbeit in Blaͤtter von unbestimmter Laͤnge zu schneiden. Oberst Lancry, durch mehrere sinnreiche Erfindungen an Flinten bereits ruͤhmlich bekannt, brachte aus Rußland eine Maschine nach Frankreich, deren ein Claviermacher zu Petersburg, Hr. Faveryer, sich bedient, um das Holz nicht nach oder durch die Mitte, sondern nach dem Umfange hin zu schneiden, wodurch er Spaͤnerollen von unbestimmter Laͤnge erhaͤlt, die sehr schoͤn geadert sind. Diese Schneidemaschine ist sehr einfach, arbeitet sehr schnell und ohne Verlust an dem kostbaren Holze. Die Spaͤne, von unbestimmter Laͤnge, fallen so fein aus, daß man Kupferstiche und lithographische Zeichnungen auf dieselben abdruken, und sie auch als Dekel an Buͤchern verwenden konnte. In drei Minuten ist ein hundert Fuß langer Span geschnitten. Das Stuͤk Holz, aus welchem man diese feinen Spaͤne von dem Umfange desselben abschneidet, wird zuvoͤrderst auf einer vierekigen Achse aufgezogen, und mit dem Dreheisen der Drechsler abgedreht. Ein Messer oder ein scharfes Hobeleisen aus Gußstahl, das gut gehaͤrtet und etwas laͤnger als der Cylinder ist, ist an dem Ende eines 6 bis 7 Schuh langen Rahmens befestigt, so daß es immer einen gleichfoͤrmigen Druk auf den Cylinder aͤußert, und uͤberall von dem Umfange desselben ein Blatt von gleicher Dike abnimmt. Der Rahmen, an welchem das Messer angebracht ist, ist an seinem hinteren Ende beweglich und mit einem Gewichte versehen, damit er sich immer in dem Maße senkt, als das Stuͤk duͤnner wird. Damit diese Senkung regelmaͤßig fortschreitet, ist ein Regulator an der Maschine angebracht, der aus einer platten kupfernen Stange besteht, die in einer schiefen Lage erhalten wird, und laͤngs welcher der Rahmen niedersteigt, so wie der Regulator vorwaͤrts zieht. (Bullet d. l. Soc. d'Enc. Mars. 1830. S. 93. Bullet. d. Sc. technol. Juin. 1830. S. 177.) [Auf eine aͤhnliche Weise schneiden die Chinesen das sogenannte Reißpapier (Siehe polyt. Journ. B. XXXIII. S. 331. XXXIV. S. 311.) Wahrscheinlich lernten die Russen von den Orientalen diese Art Holz zu spaͤneln. Unsere Drechsler werden es wohl auch kennen.] A. d. Ue. Ueber die Form des festen Koͤrpers, welcher die hoͤchste Attraction aͤußert, findet sich ein hoͤchst interessanter, jedoch nur fuͤr Leser, welchen die hoͤhere Mathematik gelaͤufig ist, genießbarer Aufsaz im Philos. Mag. Oct. 1830. S. 256. Er ist fuͤr Nautiker und Chemiker wichtig. Ueber Krystallographie in der Mineralogie finden wir nach einem Auszuge in der Bibl. italian. Sett. p. 192. aus Hrn. Stef. Andr. Renier, Profs. der Mineralogie zu Padova interessanten Elementi di Mineralogia bemerkenswerth fuͤr unsere deutschen Krystallographen, und auch fuͤr die franzoͤsischen, daß der Bologneser Guglielmini schon am Ende des Jahres 1688, und noch ausfuͤhrlicher im J. 1705 in einer Dissertation de salibus einen großen Theil von Delisle's und Hauy's Theorie ausfuͤhrte. Diese beiden Ehrenmaͤnner wuͤrden Guglielmini gewiß angefuͤhrt haben, wenn sie ihn gekannt haͤtten. So bleiben Wahrheiten und die fruchtbarsten Ansichten fuͤr Wissenschaften und Kuͤnste oft Jahrhunderte im Staube liegen, waͤhrend gelehrte Phantasterei unter dieser Zeit ihren Weg in die Sterne findet, aus welchen sie jedoch von Zeit zu Zeit wieder als Sternschnuppen, gewoͤhnlich in dem Hofraume der Akademien und Universitaͤten, niederfaͤllt. Ueber die Geseze der theilweisen Polarisation das Lichtes durch Reflexion findet sich in den Phil. Trans. 1830. S. 69–84, und im Edinburgh Journal of Science, Julius S. 160, eine sehr lehrreiche Abhandlung des Herrn Dr. Brewster, worauf wir Optiker aufmerksam machen zu muͤssen glauben, welche dieselbe wohl bald in irgend einem deutschen der Physik geweihten Journale uͤbersezt finden werden. Ueber Staͤrkmehl aus Erdaͤpfeln. Man hat in Frankreich mit gutem Erfolge aus gefaulten Erdaͤpfeln Staͤrkmehl bereitet. (Vergl. Mémorial de l'Yonne, Mars. 1830.) Herr Verollot fils bemerkt dagegen, daß die 38 p. C. Erdaͤpfel-Staͤrkmehl, die man aus den gefaulten Erdaͤpfeln erhielt, viel zu viel waͤren, indem man aus gesunden Erdaͤpfeln nur 12 bis 18 p. C. erhaͤlt; daß hier wenigstens die Haͤlfte Brei oder Parenchym beigemengt gewesen seyn muͤßte. Man bemerkt nun am ang. Orte gegen Hrn. Verollot, daß schon Vauquelin, auf dessen Genauigkeit man sich verlassen konnte, darauf aufmerksam machte, daß verschiedene Erdaͤpfelsorten verschiedene Mengen von Staͤrkmehl enthalten; daß die sogenannte Orpheline z.B. 28 p. C. Staͤrkmehl gibt; daß, nach Payen, man immer 20 p. C. Staͤrkmehl auf frische Erdaͤpfel rechnen kann, folglich auf faule, die schon einen Theil ihres Vegetationswassers verloren haben, noch mehr gerechnet werden muß; daß, selbst wenn man auch die dachziegelfoͤrmige Erdaͤpfelsorte genommen haͤtte (l'imbriquée), welche 18,5 p. C. Parenchym und nur 5,2 Staͤrkmehl gibt, oder die Parmentière, die 18,9 p. C. Parenchym liefert, man doch nie so viel Parenchym erhalten haben wuͤrde, als Hr. Verollot angibt. Vauquelin fand nur 1 1/2, zuweilen nur 1 p. C. echtes Parenchym in Erdaͤpfeln. Das aus den gefaulten Erdaͤpfeln erhaltene Staͤrkmehl war uͤbrigens vollkommen rein, und loͤste sich in kochendem Wasser ohne allen Ruͤkstand auf, gab auch mit Schwefelsaͤure die gehoͤrige Menge Syrup. (Bulletin d. Scienc. techn. 1830. Juin. S. 141.) Selbstentzuͤndung durch Hobelspaͤne, die mit Leinoͤhl benezt wurden. Ein Fabrikant, der Spinnmaschinen verfertigt, gab einem seiner Arbeiter den Auftrag, dieselbe mit Leinoͤhl und spanischer Kreide, und dann mit Hobelspaͤnen zu poliren. Der Arbeiter warf nach der Arbeit die Spaͤne auf den Boden. Wenige Stunden darauf sah man des Nachts Licht in der Werkstaͤtte, und fand, daß diese Spane brannten. Wenn man nicht zufaͤllig Licht in der Werkstaͤtte bemerkt haͤtte, wuͤrde diese vielleicht mit den Spaͤnen verbrannt seyn. Da in mancher Werkstaͤtte auf diese Weise gearbeitet wird, will ich auf diese Thatsache aufmerksam machen. (Nile's Register 10. Oct. 1829 im Bulletin technol. Juin. S. 130.) Selbstentzuͤndung durch Wachsleinwand. Man weiß aus den Zeitungen, daß ein Transportschiff der lezten Expedition nach Algier auf den hierischen Inseln in Brand gerieth. Man konnte es nur dadurch retten, daß man es ganz unter Wasser tauchte. Als es spaͤter gelichtet, und auf die Rhede von Toulon gebracht wurde, sing es neuerdings an zu brennen. Bei der Untersuchung fand es sich, daß neue Wachsleinwand, die mit gelbem Ocher uͤberstrichen und in Stroh gepakt war, die Ursache des Brandes gewesen ist. Diese Wachsleinwand lag an einem warmen feuchten Orte aufgeschichtet, und hatte sich daselbst von selbst entzuͤndet. Eine aͤhnliche Selbstentzuͤndung von Wachsleinwand mit gelbem Ocher hatte waͤhrend des Transportes derselben von Paris nach Marseille Statt. (Moniteur 26 Juin. 1830. Bulletin d. Scienc. technol. Juin. S. 137.) Bereitung eines schwarzen Harz-Firnisses. Dieser herrliche Firniß, der durch seinen Glanz und durch seine Dauerhaftigkeit sich so sehr auszeichnet, wird auf folgende Weise bereitet. Die Nuͤsse von Semecarpus Anacardium, und die Beeren von Holigarma longifolia werden einen Monat lang in klarem Wasser geweicht, dann quer geschnitten und in einer Muͤhle gepreßt. Der ausgedruͤkte Saft wird einige Zeit uͤber aufbewahrt, und man nimmt von Zeit zu Zeit den Schaum ab, der an der Oberflaͤche aufsteigt. Die Fluͤssigkeit wird sodann abgegossen, und derselben werden noch zwei Theile Semecarpus und Ein Theil Holigarma zugesezt. Dieser Firniß wird wie Farbe aufgetragen, und, nachdem er troken geworden ist, mit einem glatten Kiesel polirt. (London et Paris observer, 31. Jaͤner 1830. S. 80. Bulletin d. Scienc. technol. Juin. 1830. S. 142.) Einige Notizen uͤber Maulbeerbaum- und Seidenraupenzucht. Wir haben unsere Leser bereits auf Vincenzo Ferrario's Werk, la vera Agricoltura, aufmerksam gemacht. In einem Auszuge aus demselben liefert die Biblioteca italiana Luglio (ausgegeben am 9. Sept.) uͤber einige darin abgehandelte Gegenstaͤnde einige Notizen, aus welchen wir nur folgende ausheben wollen. Hr. Ferrario berechnet den Ertrag einer mit Maulbeerbaͤumen bepflanzten Ruthe Landes (Pertica) nach sieben Jahren und nach Abzug aller fruͤheren, nicht sehr bedeutenden Kosten, auf 123 Lire, 11 Soldi (milanese). Er findet ferner Lomeni's Rechnung richtig, nach welcher 2 Loth Seidenraupen, d.h., so viel Seidenraupen, als aus einer Unze Eier ausfallen, 10 Zentner 73 Pfund Futter (Reiser und Laub mit einander gerechnet) beduͤrfen; wornach also auf das Pfund Cocons ungefaͤhr 12 1/2 Pfund Futter kaͤme. Er rechnet ferner auf 12 Pfund Cocons 1 Pfund Seide. (Eben so viel, und zwar genau eben so viel, haben wir selbst in diesem schlechten Sommer an der Isar in Bayern erhalten.) Ueber die Florentiner Strohhuͤte findet sich im Mech. Mag. N. 365, 7. Aug. S. 398. folgende kurze Notiz, wie es heißt, aus dem Franzoͤsischen ohne weitere Angabe der Quelle: „Die besten Geflechte zu Strohhuͤten werden in der Nachbarschaft von Florenz, Pisa, Siena und in dem oberen Arno-Thale verfertigt. Ganze Familien, alt und jung, beschaͤftigen sich mit dieser Arbeit, die dem Lande jaͤhrlich bedeutende Summen traͤgt. Das rohe Material hat wenig Werth, die Verarbeitung desselben wird aber so eintraͤglich, daß die Hausmuͤtter im oberen Arno-Thale ihre Feldarbeiten von den Gebirgsbewohnern besorgen lassen, und sich dafuͤr im Strohflechten beschaͤftigen. Das Stroh, welches zu Huͤten verflochten wird, wird auf bergigen und unfruchtbaren Gruͤnden aus einer kleinkoͤrnigen Weizensorte gewonnen: es ist, obschon es duͤnn ist, sehr zaͤhe und fest, und troknet leicht, da der oberste Theil des Halmes hohl ist. Nachdem die Wurzeln von der Erde gereinigt wurden, bildet man es in kleine Buͤndel und schwingt es, und pfluͤkt das obere Glied, vom lezten Gelenke bis zur Aehre ab, so daß es dann zwischen 4 und 6 Zoll lang ist. Die Aehre bleibt daran. Nun wird dieses Stroh in Thau und Sonnenschein gebleicht: Regen ist dem Strohe hoͤchst nachtheilig und verdirbt die Weiße. Wenn ploͤzlich ein Regen einfaͤllt, sieht man alles beschaͤftigt, das Stroh unter Dach zu bringen. Der untere Theil des Halmes wird auf dieselbe Weise behandelt, und gibt dann Geflechte von geringer Qualitaͤt. Die obersten Glieder, welche gerade uͤber dem obersten Knoten abgebrochen wurden, werden nach dem Grade ihrer Feinheit sortirt. Durch dieses Sortiren, welches mit aller Sorgfalt geschieht, erhält man drei verschiedene Sorten von Stroh. Stroh, das man um 3/4 Paoli kaufte (4 1/2 Pence, 13 1/2 kr.), wird, nach dem Sortiren, fuͤr 10 Paoli (4 Shill. 7 P., 2 fl. 45 kr.) verkauft. Jeder einzelne Streif Geflechtes oder jedes Band besteht aus 7 bis 9 Halmen. Man beginnt das Flechten mit dem unteren Ende des Halmes, und flicht denselben bis auf anderthalb Zoll von dem oberen Ende, die Aehre mit eingerechnet, ein. Alle Enden der verbrauchten Halme werden ausgelassen, so daß die Aehren auf die untere Seite des Bandes fallen. Das Geflecht wird, so wie es fertig wird, auf einem hoͤlzernen Cylinder aufgerollt. Nachdem es vollendet ist, werden die hervorstehenden Enden und Aehren abgeschnitten, und zwischen der Hand und einem Stuͤke Holz, das eine scharfe Kante fuͤhrt, unter starkem Druke durchgelassen, wodurch es gepreßt und polirt wird. Die auf diese Weise zubereiteten Baͤnder werden nun mit roher Seide so zusammengenaͤhet, daß ein ganzer Hut aus Einem Stuͤke derselben hervorgeht. Der Durchmesser des Hutes ist im Allgemeinen immer derselbe, und der Unterschied zwischen Hut und Hut besteht in der verschiedenen Feinheit, d.h., in der Anzahl der Windungen, die ein solches Band in einem Hute bildet. Die Huͤte haben naͤmlich zwischen 20 und 80 solcher Wendungen, wornach sich der Preis von 20 Paoli (9 Shill. 2 Pence, 7 fl. 10 kr.) bis auf 100 Piaster (etwas mehr als 20 Pfund Sterling, 240 fl.) regulirt. Huͤte der hoͤchsten Feinheit haben keinen bestimmten Preis. Ein Hut von 100 Piastern traͤgt dem Kaufmann 40 p. C.; Stroh und Seide kostet naͤmlich 20 Piaster, und fuͤr die Arbeit zahlt er 40 Piaster.Der Kaufmann gewinnt also fuͤr sein Nichtsthun gerade so viel, als der Arbeiter fuͤr die Arbeit.A. d. Ue. Eine Arbeiterin gewinnt des Tages zwischen 3–5 Paoli 48 kr. bis 1 fl. 30 kr., 1 Shill. 4 Pence bis 2 Shill. 3 Pence. Mehrere Handlungshaͤuser zu Livorno und Florenz kaufen diese Huͤte im Lande bei den Baͤuerinnen auf. Eines dieser Haͤuser fuͤhrt jaͤhrlich fuͤr 400,000 fl. solcher Huͤte aus.Diese 400,000 fl. werden im Originale durch 3,500 Pfund Sterling uͤbersezt; es ist also bei den fl. eine Null zu viel, oder bei den Pfund Sterl. zu wenig.A. d. Ue. Man hat in Frankreich versucht solches Stroh zu ziehen, es gelang aber nicht; ehe die Huͤte verkauft werden, werden sie noch mit Schwefel gebleicht. Eisenhuͤttenmaͤnner und Baumwollenspinner: zwei neue Dynastien in Frankreich. In den erbaͤrmlichen Times (24. Sept.) heißt es unter anderen: „Die Dynastie der franzoͤsischen Eisenhuͤttenmaͤnner und Baumwollenspinner war es, nicht die Dynastie der Bourbons, die neulich der betriebenen Herabsezung der franzoͤsischen Einfuhrzoͤlle die groͤßten Hindernisse in den Weg legte. Bis diese Dynastien nicht auch gestuͤrzt sind, ist kein Heil fuͤr England: die neue Charte gibt wohl den Franzosen, nicht aber dem englischen Handel Freiheit.“ Welche Unverschaͤmtheit! Soll der Franzose sich von den englischen Eisenhuͤttenmaͤnnern und Baumwollenspinnern auffressen lassen, wie der Deutsche? Es wuͤrde uns nicht befremden, jede Dynastie den Franzosen von den Englaͤndern unter der Bedingung freier Einfuhr englischer Fabrikate aufgedrungen zu sehen. (Vergl. Galignani. N. 4847.) Eisenvitriol-Fabrik zu Vermont in den Vereinigten Staaten. Am Ufer des Flusses Mill im Shrewsbury-Districte ist eine reiche Grube von Schwefelkies, aus welchem man Eisenvitriol von der besten Qualitaͤt bereitet. Hr. Robinson entdekte dieselbe, und verkaufte sie an die mineralogische Gesellschaft in Vermont fuͤr die Summe von 5000 Dollars. Die Gesellschaft, die sich groͤßten Theils zu Boston befindet, hat den Bau derselben auf 25 Jahre uͤbernommen. Sie siedet zu Strafford. Im J. 1828 fing sie mit geringen Quantitaͤten an, erzeugt nun taͤglich anderthalb Tonnen, und richtet sich gegenwaͤrtig auf ein taͤgliches Erzeugniß von 3 Tonnen (60 Zentner) ein. Die Fabrik ist 140 Fuß lang, und 72 Fuß breit. Der Schwefelkies bricht hier unter einer rothen mit Steinen gemengten Erde von 1 bis 3 Fuß Tiefe; er ist sehr dicht, von den verschiedensten Farben, und bricht in großen Massen, die man mit dem Hammer zerschlaͤgt, und in Haufen von mehreren Fuß Hoͤhe aufschichtet. Indem der Schwefelkies so der Luft ausgesezt wird, erhizt er sich, und der ganze Haufe geht aus dem Zustande des Schwefelkieses in den des schwefelsauren Eisens binnen wenigen Wochen uͤber. Nachdem dieß geschehen ist, legt man ihn in Rinnsaale aus Thon, leitet Wasser auf denselben, und fuͤhrt die Aufloͤsung in große bleierne Kessel, die 150 barils wiegen. Man kocht und verdampft in denselben die Aufloͤsung bis zur gehoͤrigen Saͤttigung, und bringt sie dann in Krystallisirgefaͤße, wo der Eisenvitriol sich an den Waͤnden der Kufen und der Staͤbe krystallisirt. Wahrscheinlich wird diese Fabrik bald den gesammten Bedarf der Vereinigten Staaten an Eisenvitriol deken, den man auf ungefaͤhr 120 Tonnen schaͤzt. (Vermont Aurora. Nile's Register 22. Aug. 1829. Bulletin d. Scienc. techn. S. 131.) Colonie am Swan River. Diese neueste Colonie der Englaͤnder besteht gegenwaͤrtig aus ungefaͤhr 2000 Koͤpfen. Sie hat bereits eine Zeitung und ein litterarisches Institut. Es ist aber noch etwas theuer daselbst. Ein Pfund Rind- oder Schaffleisch kostet 1 Shill. (36 kr.); ein Pfund Brot 8 Pence (24 kr.), Butter (das Pfund) 1 1/2 Shilling; Poͤkelfleisch 10 Pence (30 kr.); Kaͤse 1 Shill. 2 Pence (42 kr.); Kerzen 2 Shill.; Oehl 9 Shilling das Gallon (10 Pfund); Rum 7 Shill., Brantwein 8 Shilling, Wachholder-Brantwein 7 Shill.; Wein die Flasche 4 Shill. (2 fl. 24 kr.) Taglohn fuͤr einen Arbeiter ist 6 bis 9 Shill. (3 fl. 36 kr. bis 5 fl. 24 kr.) fuͤr den Tag. Schaft, die von England aus hingebracht wurden, gelten 50 Shilling bis 3 Pfund (36 fl.) das Stuͤk. Mehl kostet der Zentner 48 Shilling. (Galignani. N. 4841.) Ueber Friauler Weine, uͤber Moden, uͤber Kuͤnste und Handel findet sich eine Reihe koͤstlicher Briefe im III. bis VII. Bande der Edizione completa degli scritti di Agricoltura, Arti e Commercio di Ant. Zanon , 16° Udine. 1830. p. Mattiuzzi, welche, obschon sie vor mehr dann einem halben Jahrhunderte geschrieben wurden, gar sehr eine deutsche Uebersezung verdienten, wenigstens im Auszuge in Volksblattern, Modejournalen, Gewerbsblattern, Handlungszeitungen etc. Sie enthalten einen Schaz von lehrreichen Bertragen zur Geschichte der Erfindungen in allen Zweigen der Technik, von welchem nicht bloß die deutschen, sondern selbst die franzoͤsischen und englischen Technologen bisher kaum etwas zu ahnden schienen. Die Wenigsten unter denselben scheinen zu wissen, daß Venedig durch mehr dann vier Jahrhunderte lang, ehe Flandern, Frankreich und England eine Spur von Industrie besaß, Europa eben so am Narrenseile der Mode fuͤhrte, wie, so viele Jahrhunderte später, Frankreich und England jezt Deutschland und Italien und den Norden an demselben Seile gaͤngelt. Alles, was wir jezt an Handarbeit, nicht Maschinenarbeit, an Saͤchsischen und Brabanter Spizen, Tuͤchern, Seidenzeugen etc. bewundern, hatte Venedig vor 400 Jahren schon, und in einem hoͤheren Grade von Vollkommenheit, als wir es gegenwaͤrtig nicht besizen. Venedig verfertigte noch zur Kroͤnung Ludwig XIV. ein Spizen-Halsband aus weißen Menschenhaaren, an welchem 2 Jahre lang gearbeitet wurde, und das 250 Ducaten kostete. Die Spizen, die unter dem Namen punto in aria so beruͤhmt geworden sind, sind eine uralte venezianische Erfindung. Die Winke, welche der ehrwuͤrdige alte Zanon uͤber die Mittel ertheilt, Kuͤnste und Gewerbe in einem Lande zu foͤrdern, sind reine Ausspruͤche der hoͤchsten Weisheit in der Kunst der Haushaltung des Staates. Er zeigt aus der Geschichte Spaniens, wie ein Land, mitten im Besize eines Reichthumes von Millionen in Gold- und Silberbarren, cm den Bettelstab herabsinkt, sobald es fremde Manufacturen frei einfuͤhren laͤßt, und nicht selbst seinen Bedarf an denselben innerhalb seiner Graͤnzen erzeugt. Spanien war, vor der Entdekung America's, bei seiner Wollen-Erzeugung, seinen herrlichen Tuch- und Seidenzeug-, seinen Eisen- und Stahl-Manufacturen einer der reichsten und maͤchtigsten Staaten Europa's, so lang es naͤmlich dem Beispiele der Saracenen folgte, und arbeitete. Als jaͤhrlich Millionen an Gold- und Silberstangen aus America nach Spanien eingefuͤhrt wurden, und mit dem Reichthume Luxus und Faulheit sich uͤber das Land verbreitete, als England und Frankreich Spanien mit ihren Manufacturen uͤberschwemmte, verarmte Spanien von Jahr zu Jahr immer mehr und mehr. Die Summe, welche Spanien vom J. 1492 bis 1764 dem Auslands fuͤr seine Fabricate bezahlte, welche also außer Land ging, betraͤgt nach officiellen Urkunden bei dem gruͤndlich unterrichteten Spanier Ustariz, nicht weniger als 4080 Millionen Piaster; so daß von allem aus America eingefuͤhrten Golde und Silber kaum 200 Millionen Piaster, und diese groͤßten Theiles in den Haͤnden des Clerus, blieben. Sehr interessant ist die Lobrede, die der gute alte Italiaͤner auf unsere gute alte Stadt Nuͤrnberg haͤlt, deren Kunstfleiß und durch alte Geseze zur Foͤrderung desselben er seinen Zeitgenossen als Muster aufstellt. Es scheint, daß die Italiaͤner die schoͤne Seite der Deutschen besser zu wuͤrdigen verstanden, als wir die Verdienste der Italiaͤner, und daß man vor 50 und 60 Jahren weit richtigere Ideen uͤber die Mittel zur Foͤrderung der Industrie hatte, als heute zu Tage. Zanon troͤstet die Schwaͤzer, die uͤber die Wandelbarkeit der Industrie klagen, und daher gegen Beguͤnstigung derselben schreien, mit dem Beispiele Flanderns und Englands. England bezog bekanntlich all sein Tuch aus Flandern, ehe das Weib auf dem Throne (Elisabeth) kluͤger war, als alle Minister, die England vor ihr regierten, und die Einfuhr fremder Tuͤcher nach England auf das Strengste verbot. Vom Tage dieses Einfuhrverbotes fremder Tuͤcher nach England an hob sich die Tuchmanufactur in England nach und nach bis zu jener Hoͤhe, in welcher sie jezt uͤber die ganze Welt gebietet. Flandern verlor den Gewinn seiner Tuchmanufacturen gaͤnzlich. Ging es daruͤber zu Grunde, wie die Anti-Industriellen uns glauben machen wollen, daß es bei jedem industriellen Volke der Fall seyn muͤsse, wenn der Zweig von Industrie abgehauen wird, der es bisher naͤhrte? Durchaus nicht! Die ehemaligen Tuchmacher wurden Leinenweber, und die niederlaͤndische Leinwand ward in wenigen Jahren eben so beruͤhmt, wie ehemals das niederlaͤndische Tuch, und Flandern ward durch Leinwand- und Spizen-Manufactur noch reicher, als es ehevor durch seine Tuchmanufacturen geworden ist. Die Apologie, die der gute Zanon den Kaufleuten und dem Handel (nicht den Kraͤmern) haͤlt, verdient gelesen zu werden auch noch in unseren Tagen. Wie vor vierhundert Jahren rechtliche und hochsinnige Buͤrger Steuern und Abgaben vermindern halfen. Man fand vor Kurzem in der alten Bank zu Genua (antica banca di S. Giorgio di Genova) einen Brief von Christoph Colombo (dem Entdeker America's) an den damaligen Inspector dieser Bank, in welchem er denselben benachrichtigt, daß er, in der Eigenschaft eines genuesischen Buͤrgers (nella qualita sua di cittadino Genovese) „seinem Sohne Diego den Auftrag ertheilte, jaͤhrlich den zehnten Theil seiner Einnahme zur Verminderung der Abgaben auf Getreide, Wein und Nahrungsmittel uͤberhaupt, die in Genua erhoben werden, an die Bank zu bezahlen.“ Man koͤnnte glauben Colombo waͤre, so wie der Entdeker des neuen Welttheiles, so auch der Erfinder eines neuen Systemes zur Tilgung der Auflagen geworden, wenn dieser große Mann nicht dem ehrenvollen Auftrage an seinen Sohn noch die Worte beigefuͤgt haͤtte, nach der Weise vieler anderer genuesischer Buͤrger (secondo la pratica di piu altri testatori genovesi). Wir sehen also, daß es vor 400 Jahren Sitte war, daß Buͤrger zu Genua, wenn sie ihre Rechnung mit der Welt abschloͤssen, ihres lieben Mitbuͤrgers auch am Grabe noch auf eine so hochsinnige Weise gedachten, daß sie den zehnten Theil ihres Vermoͤgens ihren eigenen Kindern entzogen, um die Last der Abgaben, die auf ihre Mitbuͤrger druͤkt und in jedem Staate mehr oder minder druͤken muß, nach und nach von den Schultern derselben abzuheben. Kann man sich einen edleren, schoͤneren, reineren Buͤrgersinn denken, als diesen? Wie war es moͤglich, daß dieses Beispiel hoher Buͤrgertugend nicht bloß ohne Nachahmung außer den Mauern von Genua geblieben ist, sondern selbst dort in Vergessenheit gerieth? Wie viele Staaten koͤnnten jezt frei seyn von mancher Abgabe, wenn ihre Buͤrger ihrem Vaterlande aͤhnlichen Zehend gegeben haͤtten? Ein Umstand, der uns den alten Colombo um so mehr als edlen Buͤrger zeigt, ist der, daß er von seinem Vaterlande nicht bloß verkannt, sondern verachtet und verfolgt war. Colombo war uͤbrigens nicht bloß aͤußerst religioͤs, sondern in hoͤchstem Grade bigott. Er gab der Kirche mehr, als seinem Vaterlande; er vergaß aber nicht, wie so viele unserer heutigen Bigotten, das Vaterland uͤber den Seelenmessen der Kirche. (Vergl. Biblioteca italiana. N. 175. S. 102). Ueber Venedig's fruͤhere Industrie. Zanon zaͤhlt in seinem lehrreichen Aufsaze uͤber den Handel das alten Aquileja und Venedig nicht weniger als 255 Kuͤnste und Gewerbe, die im 14ten und 16ten Jahrhunderte zu Venedig und im Venezianischen betrieben wurden. Die Venezianer versahen damals Lyon mit Seidenzeugen und sogenannten reichen Zeugen und allem dem, was man jezt Lyoner-Waare nennt, und, nebst Florenz und Mailand, das uͤbrige Europa mit feinen Tuͤchern. Ersaz fuͤr den Verlust, den Italien dadurch erlitt, daß seine Industrie sich nach Norden und Westen zog, erhielt es durch die zeither ungemein vermehrte Seidenzucht, und dadurch, daß es, sonderbare Erscheinung, aus einem industriellen Staate ein landwirtschaftlicher, akerbauender geworden ist. (Vergl. Bibliot. ital. Sett. 1830. S. 210.) Suͤd-africanisches Institut. So eben ersehen wir aus dem Philosophical-Magazine and Annals of Philosophy. September 1830, S. 222, daß sich am Vorgebirge der guten Hoffnung ein South-African Institution gebildet hat, deren Zwek Foͤrderung der Naturgeschichte und Landwirthschaft in allen ihren Zweigen, der Geographie und Physik ist. Diese Anstalt steht unter dem Schuze des Gouverneurs, Sir G. L. Cole, und ihr Praͤsident ist Oberstlieutenant Behl. Vicepraͤsidenten sind: die hochw. F. Fallows, J. A. Joubert, A. Olyphant, J. W. Stoll. Secretaͤr ist Andr. Smith u. J. Adamson. In dieser Anstalt erscheint vierteljaͤhrig das South African Quarterly Journal, welches zu London bei Nichardson, Cornhill, zu haben ist. Hr. Bowre lieferte in demselben eine herrliche Abhandlung uͤber die Nothwendigkeit botanischer Garten (man sieht hieraus, daß die Hottentotten mehr Verstand haben, als die HHrn. Senatoren mancher Universitaͤt und Akademie in Europa, an welcher botanische Gaͤrten unterdruͤkt werden) und beweiset, daß die einzige Cap-Colonie fuͤr sich allein eine groͤßere Anzahl phanerogamischer Pflanzenarten besizt, als unsere gelehrten Botaniker (Humboldt und Decandolle) auf ganz Africa rechnen. In diesem South African Quart. Journ. befindet sich auch ein interessanter Aufsaz uͤber Kerzendochte und den Einfluß des Chlor es auf die Brennbarkeit des Wachsbeerenstrauches,“ von Dr. Reed. Errichtung einer Central-Realschule zu Darmstadt. Auch in Darmstadt eroͤffnet sich nun die Aussicht zur Errichtung einer polytechnischen Schule, wie die Leser aus nachstehender Rede ersehen, welche der Abgeordnete von Daͤrnberg mit allgemeinem Beifall im Sept. 1830 in der zweiten Kammer der Landstande des Großherzogthums Hessen gehalten hat. Wir theilen diese Rede unsern Lesern mit, weil sie auf eine klare und buͤndige Weise die Unzulaͤnglichkeit einer rein classischen (oder vielmehr philologischen) Bildung fuͤr den groͤßeren Theil der Unterthanen jeden Staates auseinandersezt. Moͤchten die Antraͤge des Hrn. Abgeordneten nur bald in Erfuͤllung gehen und man sich durch Diskussionen uͤber das Bessere nicht abhalten lassen, den Anfang zu machen, da zwekmaͤßige Abaͤnderungen wo sie noͤthig sind, spaͤter sich von selbst an die Hand geben muͤssen: Meine Herren! Die Civilisation und die allgemeine Verbreitung der Ausklaͤrung haben die Schranken der Scholastik gluͤklich durchbrochen. Die Weisheit, die Kenntniß dessen, was uns Roth thut, und der Mittel des Besserwerdens sind nicht mehr an den Nachlaß der Griechen und Roͤmer gebannt. Verehren wir auch noch so dankbar die Surrogate von Bildung, welche die alten Classiker unsern Altvordern im Mittelalter gewaͤhrten, stellen wir selbst ihren bleibenden Werth fuͤr strenge Gelehrtenbildung nicht in Abrede; so bietet uns doch die neuere Zeit ein Reich des Willens dar, das den beschraͤnkten Kreis der Alten weit uͤberschritten hat. Beinahe alle und gerade diejenigen Wissenschaften, die uns am meisten frommen, erhielten eine von den Griechen und Roͤmern unabhaͤngige Begruͤndung, eine selbststaͤndige Litteratur. Fuͤr die beiden Hauptwissenschaften, auf welchen die neuere Bildung, der ungeheure Fortschritt der Aufklaͤrung und Industrie vorzuͤglich beruht, Mathematik und Naturkunde, sind die Alten keine Fundgruben mehr) eben so koͤnnen in den uͤbrigen Faͤchern nicht nur der Berufs-, sondern auch der allgemeinen Menschen- und Buͤrgerbildung die Beduͤrfnisse des Unterrichts nur noch zum kleinsten Theile aus den alten Classikern befriedigt werden. Man hat daher zwar angefangen, auf den Gymnasien diesen Maͤngeln abzuhelfen; immerhin bleiben diese Anstalten in ihrer ganzen Richtung vorzugsweise dem Studium der alten Sprachen gewidmet oder bedienen sich vielmehr derselben als vorzugsweises Vehikel ihres Unterrichts, lassen aber die Anspruͤche derjenigen, die zwar eine wissenschaftliche, aber keine gelehrte Fachbildung beabsichtigen, unbefriedigt. Die Anzahl dieser Art von Schuͤlern vermehre sich immer mehr, je ausgebreiteter die Civilisation wird, und diese macht desto schnellere Fortschritte, je mehr nicht bloß fuͤr den Gelehrten vom Fach und fuͤr den kuͤnftigen Staatsdiener, sondern auch fuͤr Andere, Gelegenheiten zu wissenschaftlicher Ausbildung vorhanden sind. Diese Wechselwirkung liegt in der Natur der Sache. Fuͤr den Menschenfreund, fuͤr den Freund des Vaterlandes, kann es nur eine sehr erfreuliche Erscheinung seyn, wenn die Zahl derjenigen zunimmt, die sich eine wissenschaftliche Bildung aneignen, ohne darum Staatsdiener werden zu wollen, und insbesondere nach einem solchen Realunterricht streben, weil dieser Weg der Aufklaͤrung in den nuͤtzlichen Wissenschaften der sicherste ist zur Auffindung, richtigen Erkenntniß und Wuͤrdigung, wie zum zwekmaͤßigen Gebrauche aller der Huͤlfsquellen, welche Land und Volk durch Vervollkommnung und Bereicherung der Gewerbe, der Landwirthschaft und Verbesserung der buͤrgerlichen Einrichtungen in ihrem Schooße noch bergen. Sie haben, meine Herren, durch Ihre Abstimmungen zu Gunsten der Real: schulen diesen Ansichten Ihren Beifall geschenkt; ich hoffe auf einen gleichen Beifall fuͤr die Folgerungen, die sich daraus noch weiter ergeben. Der Theil unserer Jugend, dem es um eine wissenschaftliche Realbildung oder in Vergleich zu den gewoͤhnlichen Buͤrgerschulen hoͤhere und allgemeinere Bildung zu thun ist, ohne darum sich dem Gelehrten- oder Beamtenstande widmen zu wollen, hat nun demjenigen zu Gefallen, was die Gymnasien fuͤr diesen Zwek leisten, nicht mehr noͤthig, von der so kostbaren Zeit dieses kurzen Lebens einen so bedeutenden Theil dem Studium der alten Sprachen zum Opfer zu bringen, sondern kann das schoͤne Jugendalter fruchtbringender zur gruͤndlicheren und ausgebreiteteren Erwerbung der Vorkenntnisse fuͤr seinen kuͤnftigen Beruf verwenden. Aber dennoch koͤnnen in diesen Realschulen die Realwissenschaften nicht mit der Gruͤndlichkeit und in dem Umfange gelehrt werden, welche den Erfordernissen einer hoͤhern selbststaͤndigern Ausbildung in denselben genuͤgten und der Wichtigkeit dieser Faͤcher wie ihrem tief eingreifenden Einflusse auf Verbesserung der Gewerbe, der Landwirthschaft und der technischen Betriebszweige entsprachen. Die Realschulen bilden in dieser Hinsicht nur eine Uebergangsstufe zum gruͤndlicheren umfassenderen Studium; fuͤr das reifere aber vorbereitete Alter ist eine hoͤhere Unterrichtsanstalt noͤthig. Hiermit, meine Herren, glaube ich den ersteren allgemeineren Zwek der Centralschule der technischen Wissenschaften zureichend bezeichnet zu haben. Sie ist, wie gesagt, fuͤr das reifere Jugendalter bestimmt. An ihr sollen Juͤnglinge, junge Maͤnner Gelegenheit haben, in den Realwissenschaften eine hoͤhere Ausbildung sich anzueignen, und darin nach Maßgabe ihrer Berufszweke den Grad von Vollkommenheit zu erreichen, der sie in den Stand sezt, den reichhaltigen Stoff, welchen das praktische Leben zur Anwendung dieser Wissenschaften darbietet, fruchtbringend zu bearbeiten und zu benuzen. Zum Beweise dessen wird es hinreichen, die in der Centralschule zu lehrenden Faͤcher zu nennen, naͤmlich die verschiedenen Faͤcher der theoretischen Mathematik, Naturkunde und der Lehre ihrer allgemeinen Anwendung, insbesondere also auch Statik der festen und fluͤssigen Koͤrper, Mechanik, Hydraulik, praktische Geometrie, politische Arithmetik, angewandte Physik und Chemie, Technologie, Modellirkunst, Statistik u.s.w. Alle diese wissenschaftlichen Faͤcher stehen in inniger Wechselwirkung zur Vervollkommnung saͤmmtlicher productiver Betriebszweige; ihnen verdankt man vorzuͤglich die Fortschritte der neueren Zeit. Eine hoͤhere Lehranstalt, worin die lehrbegierigen jungen Leute, welche sich technischen Berufszweigen widmen, oder sonst Lust zu diesen Faͤchern und ihrer demnaͤchstigen Anwendung haben, sie alle zusammen finden, wird die Strahlen einer segensreichen Aufklaͤrung durch das Land verbreiten, und vielfache Kraͤfte zur Bereicherung unserer Cultur und Industrie aus ihrem Schlummer weken. Die Centralschule wuͤrde auch dann, wenn der dortige Unterricht nicht noch besonders in die Anwendung auf verschiedene Berufsfaͤcher, die in unserm Land von vorzuͤglicher Wichtigkeit sind, einginge, einem wesentlichen Beduͤrfnisse abhelfen, und die Luͤke ausfuͤllen, welche das Universitaͤtsstudium in dieser Beziehung ebenso darbietet, wie die gelehrten Gymnasien gegenuͤber den Realschulen. Diese werden zu unserer Centralschule in einem aͤhnlichen Verhaͤltnisse stehen, wie die Gymnasien zur Universitaͤt. Fragen wir aber, fuͤr welche junge Leute sich besonders das Studium an der Centralschule eignen wird, und welche dorr vorzuͤglich zusammentreffen, so finden wir, daß es vornehmlich kuͤnftige Bautechniker jeder Art, Landwirthe, Forstmaͤnner, Unternehmer von Fabrikanlagen und Kaufleute seyn werden. Mit ihnen muͤssen wir also wuͤnschen, daß an der Centralschule zugleich Gelegenheit vorhanden seyn moͤge, fuͤr die erwaͤhnten besonderen Berufsfaͤcher ebenfalls sich bilden zu koͤnnen. Dieß ist der zweite, bei Errichtung der Centralschule den gegenwaͤrtigen Beduͤrfnissen noch naͤher liegende Zwek. Die erwaͤhnten Berufsfaͤcher haben mehr und minder gemeinschaftliche Huͤlfswissenschaften. Man kann daher an den fuͤr sie getrennt errichteten Lehranstalten nicht umhin, auch meistens die naͤmlichen Huͤlfswissenschaften zu lehren. Soll dieß gut und gruͤndlich geschehen, so wird ein groͤßerer Kostenaufwand erfordert, als der auf die einzelne Anstalt verwendbare Fond zulaͤßt. Die Folge davon ist eine Aermlichkeit und Unvollstaͤndigkeit, welche den Unterricht hemmt und in dem Wissen Luͤken zuruͤk laͤßt, die sich spaͤterhin nicht mehr ergaͤnzen lassen; ein anderer Nachtheil besteht in der Einseitigkeit der Bildung, waͤhrend doch im praktischen Leben gerade die erwaͤhnten Faͤcher am meisten mit einander in Beruͤhrung kommen, sich gegenseitig helfen, begreifen und unterstuͤzen, fuͤr gemeinschaftliche hoͤhere Zweke zusammen wirken sollen. Allen diesen Maͤngeln und Nachtheilen wird durch Verbindung der Bau-, Landwirthschaftlichen und Forstschulen in Eine Anstalt begegnet. Die Schuͤler koͤnnen gemeinschaftlichen Unterricht in den Huͤlfswissenschaften genießen. Wenn der Lehrer schon bei dem Vortrag Winke uͤber die Nuzanwendung auf die einzelnen Berufsfaͤcher ertheilt, so ist dieß fuͤr jeden der Schuͤler, auch wenn es sein kuͤnftiges Berufsfach nicht besonders beruͤhrt, doch von großem Nuzen. Als Lehrer der einzelnen Huͤlfswissenschaften koͤnnen Meister, die ihre Forschung und ihr ganzes Leben ihnen vorzuͤglich widmen und Ausgezeichnetes leisten, angestellt, und die erforderlichen Sammlungen, Apparate wie auch sonstige Huͤlfsmittel des Unterrichts den Beduͤrfnissen und dem Stande der Wissenschaft gemaͤß ausgestattet werden. Auf solche Weise, meine Herren, geht die Erreichung des ersten Zweks schon aus dem zweiten hervor, indem die Huͤlfswissenschaften saͤmmtlicher technischer Berufszweige an der Bau-, Landwirthschafts- und Forstschule in dem Umfang und der Vollkommenheit gelehrt werden, daß auch viele junge Maͤnner aus andern technischen Faͤchern, kuͤnftige Kaufleute, Fabricanten etc., selbst junge Militaͤrs, sich fuͤr ihren demnaͤchstigen Beruf an der Centralschule gruͤndlich vorbereiten koͤnnen, und diese eine Facultaͤt der Realwissenschaften bildet. Die Wichtigkeit des Zwekes, der wohlthaͤtige Einfluß auf Vermehrung und zwekmaͤßigen Gebrauch der Huͤlfsquellen des Landes wuͤrde es selbst reichlich lohnen, wenn es noͤthig waͤre, darauf große Summen zu verwenden. Bliken wir auf die Reihe der Anstalten, die eine Stelle in unserm Budget einnehmen, ja sehr große Ausgaben erfordern, so werden wir wenige finden, die in Bezug auf wahrhaften Nuzen der zu errichtenden Centralschule der technischen Wissenschaften an die Seite gestellt werden koͤnnen. Je dringender uns die Noth des Landes mahnt, Ersparnisse zu bewirken, desto mehr muß es ein Anliegen seyn, Anstalten und Unternehmungen in's Leben zu rufen, welche die Ertragskraͤfte des Landes vermehren und die Intelligenz in ihrem Gebrauche verbreiten; ihnen muͤssen wir also die erforderlichen Fonds vorzugsweise zuwenden. Indessen kann hier mit Wenigem sehr Vieles ausgerichtet werden. Wir haben bereits fuͤr die Bauschule, fuͤr die Catasterschule, fuͤr die Zeichenschule, fuͤr landwirthschaftlichen Unterricht, fuͤr die Forstlehranstalt wenn auch verhaͤltnißmaͤßige geringe, aber doch so viele Fonds bewilligt, daß es bei Vereinigung derselben, so wie der bei diesen Anstalten vereinzelten Sammlungen, Apparate und sonstigen Huͤlfsmittel, zu einem Ganzen, keines großen Zuschusses beduͤrfen wird, um die Staatsregierung in den Stand zu sezen, dem Lande die erwaͤhnten Vortheile einer solchen Centralschule zuzuwenden und Ausgezeichnetes leisten zu lassen. Jeder Verzug in der Ausfuͤhrung eines so wohlthaͤtigen Unternehmens ist ein Verlust fuͤr das Land. Ich trage daher darauf an: 1) Die Staatsregierung zu ersuchen, alle Anstalten fuͤr den Unterricht in den Bauwissenschaften, in der Landwirthschaft, in der Forstwissenschaft, wie auch die Catasterschule, uͤberhaupt alle Anstalten und Fonds fuͤr die erwaͤhnten Zweke in ein Ganzes zu vereinigen, hierdurch zugleich die Errichtung einer hoͤhern Centralschule in's Werk zu sezen, und die Vorbereitung hierfuͤr so zu beschleunigen, daß der erste Cursus schon im naͤchsten Fruͤhjahr eroͤffnet werden kann; 2) der Staatsregierung fuͤr jedes der beiden Jahre 1831 und 1832 einbegriffen die Kosten der ersten Einrichtung zur Centralschule, einen Credit von 2000 fl. zu eroͤffnen, ohne jedoch daraus staͤndige Besoldungen, die fuͤr eine folgende Finanzperiode im Voraus eine Verbindlichkeit begruͤndeten, bewilligen zu duͤrfen, vielmehr 3) uͤber die Verwendung sowohl der vereinigten Fonds als des Zuschusses bei dem naͤchsten Landtag eine specielle Rechenschaft abzulegen und damit einen nach den bis dahin gemachten Erfahrungen zuverlaͤssiger zu entwerfenden Plan der Einrichtung der fraglichen Centralschule den Staͤnden vorzulegen. –––––––––– Diesem Antrage fuͤgen wir die Beurtheilung folgender interessanten Schrift uͤber denselben Gegenstand bei: Ueber die zwekmaͤßigste Einrichtung der Gewerbsschulen und der polytechnischen Institute. Eine von der Koͤnigl. Societaͤt der Wissenschaften zu Goͤttingen gekroͤnte Preisschrift, von Heinrich Gottlieb Koͤhler, Doktor der Philosophie und Privatdocent in Goͤttingen. Goͤttingen, in Commission der Dietrichschen Buchhandlung. 1830. (62 Seiten.) Da bei den unaufhaltsamen Fortschritten aller Industriezweige und der immer zunehmenden Concurrenz zwekmaͤßig eingerichtete Gewerbsschulen ein so dringendes Beduͤrfniß werden, daß in allen jenen deutschen Staaten, wo die Regierungen nicht selbst die Herstellung derselben uͤbernehmen wollen oder koͤnnen, die Landstaͤnde genoͤthigt seyn werden sich in das Mittel zu legen (wovon vorstehende Rede ein Beispiel liefert), so wird eine Schrift uͤber diesen Gegenstand, welche die Approbation der Koͤnigl. Societaͤt der Wissenschaften zu Goͤttingen erhielt, schon deßwegen Aufmerksamkeit erregen, weil diese Societaͤt uͤberall in einem eben so großen als verdienten Ansehen steht, da sie stets in allen Faͤchern des menschlichen Wissens die gruͤndlichsten Gelehrten besaß Und bildete und bekanntlich auch mehr als jede andere in Deutschland sich von Verirrungen (besonders im Gebiete der philosophischen und Naturwissenschaften) frei zu halten mußte. Der Verfasser versteht unter technischer Lehranstalt, polytechnischem Institut, Gewerbsschule, eine Bildungsanstalt wo der Handwerker und Kuͤnstler, und der aus der Bereinigung beider hervorgehende Fabrikant bloß solche rationelle Kenntnisse erhalten soll, daß er in Stand gesezt wird, die Handgriffe und Verfahrungsweisen seines Gewerbes zu beurtheilen, zu pruͤfen und zu seinem Zweke zu verbessern. Der Verfasser bemerkt, daß es unmoͤglich, nicht noͤthig und selbst nicht rathsam ist, alle Gewerbtreibende eines Landes auf den Grad der Cultur zu heben, welche der jezige Zustand der Wissenschaften zu bewerkstelligen im Stande waͤre, indem eine große Anzahl derselben durch physische und moralische Verhaͤltnisse bestimmt ist, Maschine zu seyn und zu bleiben, und sie durch ihre Kenntnisse mehr Schaden als Nuzen bringen wuͤrden; der Herausgeber des Polyt. Journ. ist ebenfalls weit entfernt fuͤr diejenige Classe, welche der Verfasser hier vor Augen hatte, Gewerbsschulen in Vorschlag bringen zu wollen, glaubt aber, daß bei weitem der groͤßte Theil derselben durch zwekmaͤßiger eingerichtete Volksschulen zu brauchbarerem und nuͤzlicheren Individuen herangebildet werden koͤnnte, ohne daß man sie dadurch uͤber ihren Stand erheben wuͤrde. Um nun der kleineren Anzahl der Gewerbtreibenden eine nicht zu weit getriebene theoretische Bildung zu ertheilen, die ihren Faͤhigkeiten angemessen ist und einen vortheilhaften Einfluß auf das Emporkommen der Gewerbe haben muß, soll man nach dem Verfasser 1) Gewerbsschulen (Secundaͤrschulen) in den vorzuͤglichsten Staͤdten des Landes fuͤr diejenige Zahl errichten, deren Sphaͤre des Wissens nur eine maͤßige seyn kann und zu seyn braucht und 2) eine Hauptschule (Centralschule) in der Hauptstadt des Landes fuͤr diejenige Anzahl, wo die Sphaͤre des zwekdienlichen Wissens weiter ausgedehnt werden soll und wo einzelne die hoͤchste Stufe erreichen koͤnnen. Diese koͤnnte zugleich nach dem Vorbilde derjenigen zu Wien und zu Stockholm eine Anstalt seyn, wo den Gewerbtreibenden Rath und Aufklaͤrung ertheilt, der Landesregierung jaͤhrlich Bericht uͤber den Zustand und die Fortschritte der Gewerbe ertheilt, durch Ausstellung der einheimischen Gewerbserzeugnisse Aemulation erregt wuͤrde u.s.w. Ganz mit dem Verfasser uͤbereinstimmend hat der Herausgeber schon vor mehreren Jahren auf die Errichtung von Secundaͤrschulen in allen groͤßeren und außerdem von Centralschulen in einigen der groͤßten und industriereichsten Staͤdte des Koͤnigreichs Bayern zur Ausbildung von Fabrikanten, Direktoren der Fabriken, technischen Beamten u.s.w. gedrungen. Hinsichtlich der Secundaͤrschulen entsteht sogleich die Frage, zu welcher Zeit der Unterricht ertheilt werden soll und wie wenigstens auf die Lehrlinge der Handwerker (und Kaufleute) mit einigem Nachdruk gewirkt werden kann. Der Verfasser schlägt zu diesem Ende vor, daß sich die Scholaren inscribiren und foͤrmlich aufnehmen lassen und sich dadurch verpflichten sollen, Einen Tag woͤchentlich (aber nicht des Sonntags, am besten des Montags) dem Unterrichte puͤnktlich beizuwohnen und einen drei- oder vierjaͤhrigen Cursus mitzumachen, widrigenfalls sich einer durch Umstaͤnde zu bestimmenden Geldstrafe zu unterwerfen. Die Lehrherren wuͤrden durch die Gildemeister oder sonstigen Behoͤrden aufgefordert werden bei der Einschreibung eines Lehrlings schriftlich zu erklaͤren, ob sie die Bildung desselben in der Secundaͤrschule zugeben und ihm woͤchentlich den dazu bestimmten Tag frei geben wollten oder nicht. Im ersten Falle koͤnnte dann der Meister gesezlich und von Rechtswegen dazu angehalten werden, den Lehrling an dem dazu bestimmten Tage in die Schule zu schiken und ihm kein Hinderniß in den Weg zu legen. Dieß scheint dem Herausgeber nicht zu viel verlangt, und er erlaubt sich zu bemerken, daß ein paar Stunden des Sonntags besonders fuͤr die Gesellen der Handwerker Vortraͤge gehalten werden koͤnnten, was um so weniger Hindernisse finden duͤrfte, da bekanntlich in mehreren Staͤdten Deutschlands die Kunstschulen am Sonntage eroͤffnet sind, wenn man nun noch an einigen Abenden in der Woche fuͤr die Gesellen Vortrage hielte (wie es in einigen der industriereichsten Staͤdte Frankreichs geschieht), zu deren Besuch sie natuͤrlich nicht gezwungen werden duͤrften, so moͤchte dieß fuͤr sie vollkommen ausreichend seyn, besonders wenn sie als Lehrlinge die Secundaͤrschule besucht haben. Die Gegenstaͤnde des Unterrichts fuͤr die Secundaͤrschulen wuͤrden nach dem Verfasser seyn: 1) das Zwekdienlichste aus der deutschen Sprache – Grammatik, Orthographie, Styl – 2) Naturbeschreibung, 3) Arithmetik, 4) das einfache Buchhalten,Die einfache Buchhaltung, auf deren Nuzen fuͤr die Handwerksleute der Verfasser aufmerksam macht, findet man in England unter ihnen allgemein; dort sie aber schon deßwegen dazu genoͤthigt, weil sie in Wechseln bezahlt werden und auch auf ihre Schuldner trassiren. 5) Geometrie, 6) Naturlehre, verbunden mit dem Zwekdienlichsten aus der Chemie, Statik, Mechanik, Hydrostatik, Hydraulik und Maschinenlehre. 7) Das Zeichnen, sowohl die freie Handzeichnung, als die mathematisch-orthographischen Projektionen. In der Centralschule, wo das Wissenschaftliche in einigen Faͤchern, besonders den mathematischen, strenger beobachtet werden kann, da sich die Schuͤler waͤhrend eines drei- bis vierjaͤhrigen Cursus ganz der Bildung durch die Centralschule uͤberlassen sollen, wuͤrden die Lehrgegenstaͤnde nach dem Verfasser seyn: 1) Naturbeschreibung – Zoologie, Botanik, Mineralogie nebst Geognosie. – 2) Reine Mathematik – Arithmetik in Verbindung mit Buchstabenrechnung, Algebra, die Elementargeometrie nebst der von Monge sogenannten Géométrie descriptive, ebene und sphaͤrische Trigonometrie, und aus der hoͤheren Geometrie die Linien der zweiten Ordnung. 3) Naturlehre. 4) Angewandte – Statik, Mechanik, Hydrostatik, Hydraulik, Aërometrie, Maschinenlehre. 5) Chemie – Theoretische und praktisch-analytische. 6) Technologie, verbunden mit Waarenkunde. 7) Zeichnen, sowohl das freie Handzeichnen als die mathematischen Projectionen. 8) Das Italiaͤnische oder doppelte Buchhalten. Ueber den Umfang und die Methode des Unterrichts in allen diesen Gegenstaͤnden sowohl in der Secundaͤr- als Centralschule verbreitet sich der Verfasser ausfuͤhrlich in der angezeigten Schrift, welche Niemand ungelesen lassen darf, der bei Gewerbsschulen mehr oder weniger betheiligt ist; er hat das „richtige Mittel zwischen dem zu Vielen und zu Wenigen in der theoretischen Ausbildung,“ welches den eigentlichen Gegenstand der Preisfrage ausmachte, auf eine Weise bestimmt, welche gewiß das ehrenvollste Zeugniß fuͤr seine wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse abgibt. Bei dem Apparat der Schule vermissen wir eine Sammlung von Modellen wichtiger Maschinen und Vorrichtungen, deren Einrichtung jungen Leuten durch eine bloße Zeichnung nicht leicht vollkommen deutlich gemacht werden kann.Zum Unterrichte in der Mechanik hat man in der neuen Universitaͤt von London die wichtigsten Dampfmaschinen, Pumpwerke u.s.w. im Durchschnitte auf großen hoͤlzernen Tafeln aufgezeichnet, und die beweglichen Theile, zwar ebenfalls im Durchschnitte aber in natura, so angebracht, daß man bloß die Triebkraft durch die Hand zu ersezen braucht, um die vollstaͤndige innere und aͤußere Einrichtung und das ganze Spiel der Maschine mit einem Blike zu uͤbersehen: diese Tafeln sind nicht kostspielig und geben dem Anfaͤnger eine so deutliche Vorstellung von der Maschine, wie er sie sonst nur durch Modell und Zeichnung zugleich erhalten kann. Sehr richtig bemerkt der Verfasser, daß jeder Regierung technische Beamte, Gymnasiallehrer u.s.w. zu Gebote stehen, welche bei einer maͤßigen Gehaltszulage besonders an der Centralschule einige Vortraͤge uͤbernehmen koͤnnten, und daß nur der Director und einige der Secundaͤrschule eigene Lehrer nothwendig werden.