Titel: Vergleichung verschiedener Methoden, um die Melasse und den Syrup vom Rohzuker abzuscheiden.
Fundstelle: Band 38, Jahrgang 1830, Nr. LXXIX., S. 309
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LXXIX. Vergleichung verschiedener Methoden, um die Melasse und den Syrup vom Rohzuker abzuscheiden. Aus dem Repertory of Patent-Inventions. October. 1830. S. 225. Ueber Reinigung des Rohzukers. 1) Der pneumatische Proceß. Durch den pneumatischen Proceß kann man Rohzuker von jeder Qualitaͤt und in jeder Quantitaͤt vollstaͤndig von dem seinen Krystallen anhaͤngenden Faͤrbestoffe in sechs bis zwoͤlf Stunden vermittelst Luftpumpen reinigen; um eine theilweise Aufloͤsung des Rohzukers zu bewirken, wendet man allgemein reines Wasser an, es sey nun, daß er das Ansehen von gestoßenem oder gedektem Zuker zum unmittelbaren Verkauf erhalten soll, oder zum Raffiniren bestimmt ist. Die Kosten der Dampfmaschine, als Kraft, der Arbeit und alles Einschlaͤgigen betragen in London (wo die Kohlen in hoͤherem Preise stehen als im lande) ungefaͤhr vier bis sechs Pence (zwoͤlf bis achtzehn Kreuzer) per Centr. Rohzuker. Bei diesem Verfahren werden die Krystalle weder durch Druk noch durch Hize verdorben, sondern man erhaͤlt im Gegentheil einen festeren, zum Raffiniren tauglicheren Zuker, der mehr reinen Zukerstoff enthaͤlt, als jeder durch Anwendung von Hize gereinigte Zuker. Der pneumatische Zuker enthaͤlt nicht mehr Unreinigkeiten als Lumpen und gibt auch keinen groͤßeren Abfall beim Raffiniren; man kann ihn zum Versezen gewisser Arten raffinirter Guͤter gebrauchen und dann die geringeren Lumpen, welche gewoͤhnlich in Raffinerien zu diesem Zweke gebraucht werden, sparen; er ist besser als die Behufs des Raffinirens geschmolzenen Lumpen, weil er ohne alle Anwendung von Hize producirt wurde, welche im Verhaͤltniß ihrer Intensitaͤt und oͤfteren Anwendung die Krystallisirbarkeit des Zukers schwaͤcht und Melasse, so wie auch den Farbestoff erzeugt, womit sowohl die ersten Producte des Rohres (der Rohzuker) als auch die spaͤteren Producte (der raffinirte Zuker, die Lumpen und Brode) verunreinigt sind. Die Unreinigkeiten der Krystalle werden sorgfaͤltig im aufgeloͤsten Zustande abgeschieden und geben bei geeigneter Behandlung durch Abdampfen einen regenerirten Rohzuker, welcher entweder zu einer anderen pneumatischen Operationsweise gebraucht oder (nach vorlaͤufigem Filtriren) mit den Syrupen, welche gerade raffinirt werden, vermischt und zu Lumpen gemacht werden kann. Sollte der Raffinirer es vorziehen, die ersten Producte des Rohzukers in Brode oder Lumpen von geringerer Qualitaͤt zu verwandeln, so kann er vermittelst dieses Processes bloß einen Theil des Farbestoffes abscheiden und wird um so mehr gereinigten Rohzuker erhalten, je geringer die verlangte Qualitaͤt ist; oder er kann sehr geringem Rohzuker den Faͤrbestoff entziehen und ihn dann zu Melis und Lumpen von feiner Qualitaͤt raffiniren. In solchen Raffinerien, wo gegenwaͤrtig eine Dampfmaschine gebraucht wird, kann diese waͤhrend der uͤbrigen Arbeiten zum Theil, und nachdem dieselben beendigt sind, gaͤnzlich benuzt werden, um die zum Raffiniren fuͤr den folgenden Tag noͤthige Quantitaͤt der pneumatischen Operation zu unterziehen. Dieser Proceß ist auch fuͤr Bastern anwendbar, welche ein sehr schoͤnes Product dadurch geben; es ist gewoͤhnlich in Farbe jenem von Rohzuker gleich, steht ihm aber in Festigkeit und Quantitaͤt aus den unten angegebenen Gruͤnden nach. Uebrigens muß man sich wegen dieser zweiten Operation, mit dem Ruͤkstand der Raffinirung, nach dem Preise der Bastern richten. Solcher gereinigter Zuker, von Bastern, moͤchte den Droguisten (Grocers) conveniren, um den Farbestoff des Zukers fuͤr die Wage zu vermehren. 2) Dekungs-Proceß. Das Verfahren den rohen Zuker zu deken, ist so wohl bekannt, daß es unnoͤthig ist dasselbe zu beschreiben; es genuͤgt zu bemerken, daß durch das Deken die Melasse und der Farbestoff von den Krystallen nur dann abgeschieden werden koͤnnen, wenn man sie erst kurz vorher durch Abdampfen erhalten hat; es ist daher nur in den Colonien, nicht aber in Europa anwendbar. Man versuchte in England vor ungefaͤhr vierzig Jahren den in dem Rohzuker zuruͤkbleibenden Farbestoff durch Deken abzuscheiden; der Versuch wurde damals in derselben Fabrik angestellt, wo man spaͤter zuerst den pneumatischen Proceß mit Erfolg anwandte. 100,000 Pfd. Strl. wurden damals aufgewendet, und das Verfahren, nachdem es nur wenige Jahre versuchsweise fortgesezt worden war, aufgegeben. 3) Hydraulischer Proceß. Jeder Raffinirer kennt das Verfahren, die Melasse oder den Farbestoff durch die hydraulischen oder andere Pressen abzuscheiden und wir brauchen daher keine besondere Beschreibung von dieser Operation zu geben. Rohzuker, wenn er diesem Proceß unterzogen werden soll, erfordert eine sehr muͤhsame Vorbereitung und gleicht nach derselben ausgepreßtem Marke; es bleibt darin noch eine betraͤchtliche Menge Farbestoff zuruͤk und die Krystalle sind zerbrochen: aus diesen Gruͤnden ist solcher Zuker nur zum Raffiniren tauglich. 4) Howard's Procedur. Das Verfahren den Zuker durch Dampf zergehen zu lassen, welches das Princip des verstorbenen Howard ist, kennt jeder Raffinirer. Durch die mannigfaltigen Operationen bei diesem Verfahren, welche viel Raum und Arbeit erheischen, wird jedoch in eben so vielen Tagen, als der pneumatische Proceß Stunden erfordert, nur ein unvollkommen gereinigter Zuker producirt; außerdem sind die nachtheiligen Wirkungen der Hize auf Zukeraufloͤsungen allgemein anerkannt. Da nun durch das pneumatische Verfahren der Zuker auf eine schnelle, wohlfeile und seiner Krystallisation nicht nachtheilige Art gereinigt wird, so ist es fuͤr alle Auflosungen von rohem gedektem oder raffinirtem Zuker und fuͤr alle bei den verschiedenen Bearbeitungen hieraus erhaltenen Syrupe anwendbar.