Titel: Ueber die Wirkung der mit Wasser verdünnten Schwefelsäure auf den Zink. Von Hrn. Prof. de la Rive, vorgelesen an der Soc. de phys. et d'hist. nat. de Genève den 18. März 1830.
Fundstelle: Band 38, Jahrgang 1830, Nr. CIII., S. 404
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CIII. Ueber die Wirkung der mit Wasser verduͤnnten Schwefelsaͤure auf den Zink. Von Hrn. Prof. de la Rive, vorgelesen an der Soc. de phys. et d'hist. nat. de Genève den 18. Maͤrz 1830. Auszug aus den Annales de Chimie et de Physique. 45. Th. S. 425. de la Rive, uͤber Wirkung der Schwefelsaͤure auf Zink. Hr. de la Rive voltaischen sich mit der Untersuchung, welche Zinksorte am besten zu beschaͤftigt Saͤulen taugt. Es fiel ihm der ungeheuere Unterschied auf, der zwischen der chemischen Wirkung der Schwefelsaͤure auf den Zink Statt hat, je nachdem dieser leztere rein, oder mit fremdartigen Koͤrpern gemengt ist. Reiner, destillirter Zink, in Schwefelsaͤure getaucht, die mit Wasser verduͤnnt ist, wird kaum davon angegriffen, zumal Anfangs, und gibt, selbst wenn die Einwirkung schon ziemlich lang gedauert hat, nur wenig Blasen von Wasserstoffgas, waͤhrend der gewoͤhnliche kaͤufliche Zink dieselben bekanntlich in großer Menge und mit vieler Heftigkeit entwikelt. Außer der Beschaffenheit des Zinkes hat uͤbrigens auch die Menge Wassers in der verduͤnnten Schwefelsaͤure, und die Temperatur in Unterschieden von mehr als 10° ihren Einfluß. Hr. de la Rive bestimmte die Groͤße der Wirkung auf den Zink nach der Menge des in einer gegebenen Zeit entwikelten Gases. Diese Menge bemaß er mittelst eines sehr einfachen Apparates mit großer Genauigkeit. Ein Flaͤschchen mit eingeriebenem glaͤsernen Stoͤpsel, das ungefaͤhr 16 Gramm oder Eine Unze haͤlt, ist unten mit einer glaͤsernen Roͤhre in Verbindung, die an der Seite desselben senkrecht empor steigt, 3 Decimeter lang ist, und 2 Millimeter im Durchmesser haͤlt. Sie ist in gleiche Theile getheilt, deren jeder 10 cubische Millimeter haͤlt. Das Flaͤschchen wird mit verduͤnnter Saͤure gefuͤllt; der Zinkcylinder an der unteren Seite des Stoͤpsels mittelst Wachs so befestigt, daß er in die Saͤure eintaucht; der Stoͤpsel luftdicht eingerieben; und nun steigt das Gas, so wie es sich entwikelt, im Flaͤschchen empor, und druͤkt gleiche Volumen Saͤure aus demselben in die graduirte Roͤhre. Man darf also nur zaͤhlen, wie viel Grade in der aufsteigenden Roͤhre sich waͤhrend einer gegebenen Zeit mit der verduͤnnten Saͤure fuͤllten, um darnach die Menge des entwikelten Gases mit einer Genauigkeit zu bestimmen, wie es bisher noch auf keine andere Weise moͤglich war. Hr. de la Rive fand, daß eine Oberflaͤche von 200 □ Millimeter Zink in verduͤnnter Schwefelsaͤure von verschiedener Staͤrke in folgenden Zeitraͤumen 300 cubische Millimeter Gas gab, naͤmlich:   In 100 Theilen WasserSchwefelsaͤure von 1,848    specifischer Schwere. Gemeiner    Zink.   Destillirter       Zink. N. I. 20,20 0 Min. 6 Sec. 3 Min. 30 Sec. –   II. 25,64 0   –    3   – 1   –    50   – –   III. 29,85 0   –    2   – 0   –    30   – –   IV. 35,28 0   –    3   – 0   –    26   – –   V. 43,25 0   –    4   – 0   –    24   – –   VI. 64,20 0   –    9   – 1   –    30   – Das Verhaͤltniß der Schwefelsaͤure in N. III. gibt also mit gemeinem Zink die groͤßte Menge Gas in der kuͤrzesten Zeit. Die uͤbrigen Resultate ergeben sich aus der Vergleichung der Daten in der Tabelle. Man koͤnnte glauben, daß die Ursache, warum destillirter Zink weniger Gas gibt, als der gemeine, in der groͤßeren Porositaͤt des lezteren gelegen ist. Dieß ist aber nicht der Fall; denn beide hatten gleiche specifische Schwere bei obigen Versuchen, naͤmlich 7,20 bei 18° am hundertgradigen Thermometer. Die Ursache, warum gemeiner Zink mehr Gas entwikelt, als reiner destillirter, scheint daher in der Beimischung fremder Metalle gelegen zu seyn. Um zu sehen, in welchem Verhaͤltnisse dieß Statt hat, goß Hr. de la Rive sich Zinkcylinder, in welchen er auf 9 Theile Zink Einen Theil Eisenfeile, Einen Theil Zinn, Einen Theil Blei, Einen Theil Kupfer zusezte, und erhielt, unter gleichen Umstaͤnden, wie bei obigen Versuchen, dieselbe Menge Gases bei der verduͤnnten Schwefelsaͤure N. I. unter Temperatur 10° am 100° Th. Aus destillirtem      Zinke. Zink mit    Zinn. Zink mit    Blei. Zink mit  Kupfer. Zink mit  Eisen. Aus gemeinem        Zink.     in 3' 27''   0' 24''     12'' 4 bis 6''     4''         4''.                 Schwefelsaͤure N. II. Temp. 10°.         1' 50''     12''     9''     6''     3''         3''.                 Schwefelsaͤure N. III. Temp. 15°.         0, 30''     12''     10'' 3 bis 4'' 2 bis 1''     2 bis 4. Man sieht hieraus, daß dieselbe Schwefelsaͤure N. III., die in den obigen Versuchen am kraͤftigsten wirkte, auch hier am staͤrksten wirkt. Die Zinkcompositionen sind hier nach der Staͤrke ihrer Gasentwikelungen gereiht. Anfangs ging bei allen Zinkcylindern die Entwikelung des Wasserstoffgases langsam von Statten, außer bei demjenigen, der mit Kupfer legirt war: hier war die Entwikelung Anfangs staͤrker, ward aber schwaͤcher, so wie ein schwarzes Oxyd auf der Oberflaͤche desselben zum Vorscheine kam. Wenn man dieses abnahm, ging die Gasentwikelung wieder rasch vor sich. Um zu sehen, welche Resultate eine laͤnger fortgesezte Einwirkung der Schwefelsaͤure gibt, nahm Hr. de la Rive Schwefelsaͤure von N. I. und von N. VI. N. I. wirkte Anfangs sehr lebhaft auf gemeinen Zink, und auf Zink in Verbindung mit Eisen und mit Kupfer, ließ aber in 24 Stunden nach, und hoͤrte endlich auf. Es bildete sich schwefelsaurer Zink, und ein schwarzes Pulver, wahrscheinlich Oxyd der dem Zinke beigemengten Metalle, sezte sich ab. Auf destillirten Zink wirkte die Schwefelsaͤure weit langsamer, so wie auf Zink der mit Zinn und mit Blei gemengt war; die Wirkung nahm aber acht Tage lang (denn so lang dauerte sie) immer zu. N. VI. wirkte auf alle Zinkcylinder sehr schwach und beinahe gleich auf alle; vielleicht etwas staͤrker auf diejenigen, auf welche N. I. etwas schwaͤcher wirkte. Als, nach einiger Zeit, alle Wirkung aufhoͤrte, bemerkte man, daß der destillirte Zink allein ohne allen Ruͤkstand sich aufloͤste, und eine durchsichtige helle Fluͤssigkeit gab: die uͤbrigen Zinkverbindungen ließen einen Ruͤkstand, der mit der Art der Legirung in Verhaͤltniß stand. Es hat hier bei diesen Zinklegirungen eine elektrische oder vielmehr eine elektro-chemische Wirkung Statt. Die Schwefelsaͤure N. III. beurkundete sich als der beste Leiter; N. VI. als der schlechteste. Wenn man eine metallische Verbindung zwischen dem Cylinder aus destillirtem Zink, der in die verduͤnnte Schwefelsaͤure getaucht ist, und einem Platinnadrathe herstellt, welcher in dieselbe Fluͤssigkeit taucht, so entwikelt sich eine große Menge Wasserstoffgas-Blasen um den Platinnadrath, und die Menge des gesammten entwikelten Wasserstoffgases betraͤgt, wenn zwischen dem Zink und der Platinna Beruͤhrung Statt hat, mehr als das Doppelte der Menge dieses Gases, wo der Zink isolirt ist. Wenn also Zink mit einem fremdartigen Metalle verbunden ist, wie mit Platinna, so wird die chemische Wirkung gewaltig vermehrt. Eben dieß geschieht, wenn man einen Zinkcylinder mit Platinna umwikelt, und ihn so in die verduͤnnte Schwefelsaͤure taucht. „Bei dem gemeinen Zink, welcher mit fremdartigen Metallen gemengt ist, hat dasselbe Statt, was mit dem reinen Zink geschieht, der mit Platinnadrath umwunden ist: es stellt sich zwischen jedem Zink- und Platinnamolekul eine elektrische Stroͤmung her. Diese kleinen elektrischen Stroͤmungen zersezen das Wasser, durch welches sie ziehen, bringen den Wasserstoff auf die Molekule des fremdartigen Metalles, welches in allen hier angegebenen Faͤllen negativ ist, waͤhrend der Zink, auf welchen sie den Wasserstoff fuͤhren, positiv ist. Sobald das Zinkmolekul oxydirt ist, verbindet es sich mit der Schwefelsaͤure, die in der verduͤnnten Schwefelsaͤure enthalten ist, und bildet schwefelsauren Zink, welcher aufgeloͤst bleibt. Die Zersezung des Wassers, folglich die Menge des Wasserstoffes, welche in einem bestimmten Zeitraume entwikelt wird, wird also desto groͤßer seyn, je staͤrker die elektrischen Stroͤmungen sind, die von einer Molekel zur anderen gehen. Nun haͤngt aber die Intensitaͤt dieser Stroͤmungen von der Leitungsfaͤhigkeit der verduͤnnten Saͤure ab, und die Gasentwikelung ist desto groͤßer, je groͤßer diese Leitungskraft ist. Sie muß auch von dem Unterschiede in der Faͤhigkeit des Zinkes, so wie seiner Legirung, oxydirt zu werden, abhaͤngen, obschon hier nur eine Mischung aus Zink und Eisen die hoͤchste Wirkung hervorbringt. Es sollte scheinen, daß eine Mischung aus Zink und Kupfer noch staͤrker wirken sollte, indem Kupfer mehr negativ ist, als Zink. Man muß aber auch bedenken, daß die Kraft einer elektrischen Stroͤmung zugleich von der Leichtigkeit abhaͤngt, mit welcher sie aus dem negativen Metalle in die leitende Fluͤssigkeit uͤberzugehen vermag; nun geht aber diese elektrische Stroͤmung weit leichter aus dem Eisen, als aus dem Kupfer, in die mit Wasser verduͤnnte Schwefelsaͤure uͤber. Man muß ferner noch bemerken, daß die Wirkung, welche auf den mit Kupfer gemengten Zink Statt hat, in den ersten Augenbliken immer staͤrker ist, als spaͤter, und zuweilen selbst staͤrker, als bei dem mit Eisen gemengten Zink. Dieß haͤngt von dem schwarzen Pulver ab, welches bald nach dem Anfange der Wirkung sich auf dem mit Kupfer gemengten Zinke absezt, welches Pulver nichts anderes als leicht oxydirter Zink ist, der durch Zersezung des schwefelsauren Zinkes entsteht, welcher bereits in der verduͤnnten Schwefelsaͤure aufgeloͤst ist; eine Zersezung, welche durch Einwirkung der Stroͤmungen entsteht, die von den Molekulen des Zinkes zu jenen des Kupfers laufen. Die Bestandtheile des mit Eisen gemengten Zinkes, welche eine geringere elektrische Kraft besizen, als jene des mit Kupfer gemengten Zinkes, vermoͤgen wohl das Wasser, nicht aber den schwefelsauren Zink zu zersezen: daher hoͤrt bei den ersteren die Wirkung nicht auf und nimmt vielmehr zu, waͤhrend sie bei den lezteren abnimmt, wenigstens solang, bis man die Schichte beseitigt, die sich auf der Oberflaͤche absezt; denn dann erhaͤlt die Wirkung auf einige Augenblike wieder ihre vorige Lebhaftigkeit.“ Daß der gemeine Zink, wie er im Handel vorkommt, unrein ist, ist bekannt. Jener, dessen sich Hr. de la Rive bediente, enthielt Spuren von Zinn, Blei und etwas mehr als ein Hundertel Eisen, nebst einer ziemlich großen Menge Kadmium. Hr. de la Rive hat noch uͤberdieß gefunden, daß, wenn dem Zinke nur 2 p. C. Eisenfeile zugesezt ist, derselbe in den verschiedenen Nummern von Schwefelsaͤure eben so viel Wasserstoff entwikelt, als der gemeine Zink. Die Erscheinung, daß reiner oder destillirter Zink nach mehreren Stunden staͤrker wirkt, erklaͤrt sich auf aͤhnliche Weise dadurch, daß die Oberflaͤche des Zinkes dann bereits etwas oxydirt ist, und dieses Oxyd die Rolle eines fremdartigen negativen Metalles spielt: Hr. de la Rive fand es sogar gut, den Zink oͤfters aus der Schwefelsaͤure herauszunehmen und der Luft auszusezen, um die Wirkung zu verstaͤrken, indem derselbe sich an der Luft dann leichter oxydirt. Die hoͤhere Temperatur bei staͤrkerer Gasentwikelung scheint gleichfalls von den staͤrkeren elektrischen Stroͤmungen abzuhaͤngen. Hieraus erhellt: 1) daß das beste Verhaͤltniß der Schwefelsaͤure zum Wasser, zur Entwikelung der groͤßten Menge Wasserstoffgases zwischen 30 und 50 p. C. des Gewichtes des Wassers ist. 2) daß obiges Verhaͤltniß auch zugleich der verduͤnnten Schwefelsaͤure die hoͤchste Leitungskraft ertheilt. 3) daß der Unterschied zwischen destillirtem Zinke und gemeinem Zinke, in Hinsicht der Wirkung desselben auf verduͤnnte Schwefelsaͤure, von den fremdartigen Metallen abhaͤngt, die demselben beigemengt sind, vorzuͤglich aber von dem Eisen, das immer in groͤßerer oder geringerer Menge darin vorkommt. 4) daß dieser Einfluß fremdartiger Metalle allen Umstaͤnden nach eine elektrische Wirkung in Folge der Beruͤhrung ihrer Theilchen mit den oxydirbareren Theilen des Zinkes ist.