Titel: Ueber den Zug in Schornsteinen. Von Marcus Bull, Esqu.
Fundstelle: Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XLIII., S. 118
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XLIII. Ueber den Zug in Schornsteinen. Von Marcus Bull, Esqu. Aus dem Franklin-Journal in Gill's technolog. and microsc. Reposit. N. 30. S. 370. Bull, uͤber den Zug in Schornsteinen. Ich theile Ihnen folgende Beantwortung einiger Fragen mit, welche ein Buͤrger von New-Jersey an mich stellte. 1) Worauf beruht der Zug eines Schornsteines? Der Zug, oder eigentlicher gesprochen, die Stroͤmung der Luft durch einen Schornstein ruͤhrt von der Eigenschaft der Luft her sich auszudehnen, sobald sie erhizt wird; in Folge dieser Ausdehnung wird sie specifisch leichter. Die Luftsaͤule im Schornsteine dehnt sich aus, wenn sie erhizt wird, wird dadurch leichter als die Luft, die sie umgibt, und wird durch den Druk der sie umgebenden kalten Luft durch den Schornstein hinaufgetrieben. Auf diese Weise entsteht der Zug. 2) Welche Wirkung hat die Vergroͤßerung der Hoͤhe eines Schornsteines auf den Zug? In einigen Faͤllen eine nachtheilige, in anderen eine nuͤzliche. Die gehoͤrige Hoͤhe eines Schornsteines, wodurch die kraͤftigste Verbrennung auf dem Herde oder im Ofen veranlaßt wird, haͤngt von besonderen Umstaͤnden ab. Wenn der Ofen oder der Herd weit ist, und eine große Hize erzeugt; wenn der Schornstein aus Materialien erbaut ist, die schlechte Waͤrmeleiter sind; so kann der Schornstein, mit Nuzen, hoͤher seyn, als wenn der Ofen klein und das Baumaterial des Schornsteines ein guter Waͤrmeleiter ist. Schornsteine sind bestimmt die gasartigen Producte der Verbrennung, Rauch etc., einzuschließen und wegzufuͤhren, und ihre Ausbreitung oder Zerstreuung zu hindern, so lang sie noch Waͤrme genug enthalten, um duͤnner zu bleiben als eine Saͤule aͤußerer Luft von gleichem Umfange mit jener im Schornsteine. Daher die Zwekmaͤßigkeit, Schornsteine aus schlechten Waͤrmeleitern zu erbauen. Die Menge Luft, welche waͤhrend einer gegebenen Zeit durch einen gut gebauten Ofen stroͤmt, steht im Verhaͤltnisse zur Differenz der Temperatur oder der specifischen Schwere zwischen den Luftsaͤulen in- und außerhalb des Schornsteines und ihrer Hoͤhe. Nach der Theorie sollte man vermuthen, daß, alles Uebrige gleich gesezt, die Hoͤhe eines Schornsteines so berechnet seyn muͤsse, daß der aufsteigende Luftstrom den Schornstein unter einer Temperatur verlaͤßt, in welcher die specifische Schwere desselben genau derjenigen der aͤußeren Luft gleich ist, indem man auf diese Weise die laͤngste verduͤnnte Luftsaͤule erhaͤlt, da aber die Temperatur der Luft sowohl innerhalb als außerhalb dem Schornsteine beinahe ununterbrochen fort wechselt, so raͤth uns die Erfahrung, daß es zwekmaͤßig ist die Schornsteine nur in solcher Hoͤhe zu bauen, in welcher der Rauch bei jeder Witterung noch in einem bedeutend verduͤnnten Zustande aus demselben austreten kann. Es wurden bisher noch keine Versuche angestellt, um die Differenz der Temperatur, unter welcher man die aufsteigende Saͤule entweichen lassen soll, mit Genauigkeit zu bestimmen, und diese Differenz muß nothwendig verschieden seyn, je nachdem die Producte der Verbrennung, welche von der groͤßeren oder geringeren Zersezung der Luft waͤhrend ihres Durchganges durch den Ofen abhaͤngen, verschieden sind. 3) Wenn vergroͤßerte Hoͤhe des Schornsteines den Zug verstaͤrkt, in welchem Verhaͤltnisse hat diese Verstaͤrkung Statt? Alles Uebrige gleich gesezt haͤngt das Verhaͤltniß der Verstaͤrkung von dem Baumateriale und von der Durchschnittsflaͤche des Schornsteines ab. In jedem Falle aber muß leztere kleiner werden, so wie die Hoͤhe zunimmt, indem der erste Fuß mehr Wirkung hervorbringt, als der zweite, und der fuͤnfte mehr als der zehnte u.s.f. Wenn der Schornstein aus Materialien gebaut ist, die schlechte Waͤrmeleiter sind, so wird die eingeschlossene Rauchsaͤule langsamer abkuͤhlen, als wenn diese Materialien gute Waͤrmeleiter sind; folglich muß das Verhaͤltniß der Verstaͤrkung bei jedem gegebenen Raume verschieden seyn. Auf dieselbe Weise wird die Zeit, waͤhrend welcher eine große und eine kleine Saͤule abkuͤhlt, verschieden seyn. Nach den Resultaten der Versuche, welche Dalton anstellte, um die Ausdehnung der Luft durch Waͤrme zu bestimmen, erhellt, daß von 32° F. bis zu 212° F. (0 bis 80 R.) die absolute Schwere eines gegebenen Volumens von 45 zu 45° F. (ungefaͤhr von 6° zu 6° R.) um ein Zwanzigstel abnimmt. Da aber die Producte der Verbrennung eine groͤßere specifische Schwere besizen, als ein gleiches Volumen aͤußerer Luft bei gleicher Temperatur, und da diese immer wechseln, so koͤnnen wir den genauen Unterschied im Druke der beiden Saͤulen bloß nach dem Unterschiede ihrer Temperatur nicht mit vollkommener Genauigkeit schaͤzen. 4) Welche Wirkung wird eine Vermehrung oder Verminderung der Durchschnittsflaͤche des Schornsteines auf den Zug aͤußern? Wenn der Durchgang fuͤr die luftfoͤrmigen Producte zu klein ist, um denselben ein freies Entweichen zu gestatten, wird die Menge Luft, die sonst in einer gegebenen Zeit durch den Ofen zoͤge, vermindert, und die Verbrennung folglich verzoͤgert. Wenn, im Gegentheil, der Durchgang weiter ist, als zum freien Entweichen derselben nothwendig waͤre, so bieten die Waͤnde des Schornsteines eine groͤßere abkuͤhlende Oberflaͤche dar, wodurch die Temperatur der eingeschlossenen Luft schneller abgekuͤhlt, und folglich die specifische Schwere derselben vermehrt, also die Schnelligkeit des Stromes gehindert wird. Um die maͤchtigste Verbrennung zu erzeugen, ist es nothwendig, daß der Ofen vollkommen mit Luft versehen wird, und wenn jener Theil derselben, der allenfalls unzersezt geblieben ist, zugleich mit den Producten der Verbrennung durch den Ofen durchgegangen ist, muß das, was man gewoͤhnlich den Zug nennt, so beschaffen seyn, daß es jenen Theil und diese Producte zwingt mit der groͤßten Schnelligkeit durch den Schornstein zu fahren, indem jener Ofen, welcher die groͤßte Menge Luft und Kohlen in einer gegebenen Zeit verbraucht, nothwendig die groͤßte Menge Hize erzeugen wird. Man hat aber bis jezt noch keine genuͤgenden Versuche zur Bestimmung der Verhaͤltnisse zwischen den verschiedenen Theilen angestellt; es fehlt also an Daten, nach welchen man nach bestimmten Grundsaͤzen verfahren koͤnnte, und der beabsichtigte Zwek laͤßt sich nur durch wiederholtes Versuchen erreichen. 54) Wird ein Schornstein, der oben die groͤßte Weite hat, oder umgekehrt, den groͤßten Zug gewaͤhren? Da derjenige Theil der erhizten Luftsaͤule etc., welcher den brennenden Kohlen zunaͤchst steht, nothwendig derjenige seyn muß, der am meisten ausgedehnt ist, und mehr Raum fordert, als jener in dem oberen Ende des Schornsteines, wo die Temperatur und das Volumen vermindert ist, so wird ein Schornstein, der unten weiter ist, besser fuͤr einen schnellen Zug durch denselben berechnet seyn, als derselbe Schornstein, wenn er oben weiter waͤre. 6) Ist es von Wichtigkeit in Hinsicht auf den Zug, daß die Materialien, aus welchen der Schornstein gebaut ist, gute Waͤrmeleiter sind, oder nicht? Es ist hoͤchst wichtig, daß diese Materialien schlechte Waͤrmeleiter sind, damit die eingeschlossene Luftsaͤule etc. so langsam als moͤglich abkuͤhlt. Der Vortheil hiervon wurde bereits in den Antworten auf die fruͤheren Fragen erklaͤrt. 7) Welches ist die beste Methode den Schornstein eines Ofens zu binden, so daß er nicht springt? Diese Frage ist so ganz praktisch, daß die Antwort nur von einem Manne gegeben werden kann, der viele Erfahrung uͤber diesen Gegenstand besizt; ich will sie daher nicht wagen, hoffe aber, daß irgend ein verstaͤndiger Eisenmeister oder Gießer die noͤthige Erlaͤuterung so geben wird, daß, waͤhrend des Nachbars Schornstein dadurch verstaͤrkt wird, der eigene nicht darunter leidet.