Titel: Ueber das Probiren des Silbers auf nassem Weg.
Fundstelle: Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LXXXV., S. 455
Download: XML
LXXXV. Ueber das Probiren des Silbers auf nassem Weg. Mit Abbildungen auf Tab. VIII. Ueber das Probiren des Silbers auf nassem Weg. Wir haben im polyt. Journ. Bd. XXXIX. S. 403. das von Hrn. Gay-Lussac angegebene und in Frankreich eingefuͤhrte Verfahren zum Probiren des Silbers auf nassem Weg im Allgemeinen mitgetheilt. Die zweite Lieferung der Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbsfleißes in Preußen von 1831 enthaͤlt eine Uebersezung der officiellen Verhandlungen in Beziehung auf die in Frankreich vorgenommene Berichtigung des in Europa bisher allgemein uͤblichen Verfahrens Gold und Silber auf seinen Gehalt zu probiren, worin die Silberprobe auf nassem Wege folgender Maßen im Detail beschrieben wird: Man nimmt voͤllig reines, weißes, troknes Seesalz, oder weißes Kochsalz, wie es im Handel vorkommtWenn man genoͤthigt ist weißes Salz, so wie es im Handel vorkommt, zu benuzen, so ist es vortheilhaft, das Salz fein zu pulvern, mit sehr wenig Wasser auszusuͤßen, es zwischen reiner Leinewand oder Fließpapier auszupressen, und vor dem Gebrauch zu troknen. und macht davon eine Aufloͤsung in dem Verhaͤltniß, daß 100 Gramme Salz in 9143 Grammen 85 Centigrammen destillirtem Wasser aufgeloͤst werden. Wenn die Aufloͤsung vollstaͤndig geschehen ist, wird sie berichtigt, oder ihr Gehalt auf folgende Weise bestimmt. Man loͤst zwei Gramme voͤllig reines Silber in reiner Salpetersaͤure von 22° B. auf, indem man dazu die Glasflasche A Fig. 24. benuzt. Man gießt dann nach und nach unter oͤfterem Umschuͤtteln 100 Gramme von der Kochsalzaufloͤsung hinzu,Man kann sich, um genau 100 Gramme der Salzaufloͤsung in die Glasflasche A zu gießen, des Mensurglases D, wie weiter unten gelehrt werden wird, bedienen. stoͤpselt sodann die Flasche zu, schuͤttelt sie einige Minuten lang und laͤßt die Fluͤssigkeit sich klaͤren, oder filtrirt etwas davon durch ein kleines, mit destillirtem Wasser angefeuchtetes Papierfilter. Die filtrirte Fluͤssigkeit gießt man in zwei kleine Glaͤschen; in das eine troͤpfelt man einige Tropfen salpetersaure Silberaufloͤsung, in das andere etwas von der Kochsalzaufloͤsung. Entsteht in dem ersten Glas ein Niederschlag, so ist die Kochsalzaufloͤsung zu stark, entsteht im zweiten Glas ein Niederschlag, so ist die Kochsalzaufloͤsung zu schwach, truͤbt sich aber in beiden Glaͤsern die Fluͤssigkeit nicht, so ist die Kochsalzaufloͤsung gut und gehoͤrig angefertigt. In beiden Faͤllen, wo die Kochsalzaufloͤsung nicht so zusammengesezt ist, wie man wuͤnscht, muß man nach und nach entweder etwas reines Kochsalz, oder etwas destillirtes Wasser derselben zusezen, bis man durch Ausprobiren sie so weit gebracht hat, daß man mit hundert Gramme derselben genau zwei Gramme reines Silber niederschlaͤgt. Dann erst ist sie zur Anfertigung der Proben auf nassem Wege brauchbar.Wenn man das hier bemerkte Ausprobiren beim Anfertigen der Kochsalzaufloͤsung vermeiden wollte, so muͤßte man sehr genau bestimmen, wie viel von der vorhandenen Kochsalzaufloͤsung noͤthig ist, um zwei Gramme reines Silber niederzuschlagen, welche in zehn Gramme Salpetersaͤure aufgeloͤst sind. Sehr einfache Berechnungen ergeben dann, was man an Wasser oder Salz zur Aufloͤsung zusezen muß, bis sie anwendbar ist. Einige Beispiele werden dieß erlaͤutern.Angenommen, es seyen 104 Gramme von der zu pruͤfenden Kochsalzaufloͤsung noͤthig gewesen, um genau zwei Gramme reines Silber niederzuschlagen, so ist es klar, daß vier Gramme Wasser zu viel in den 104 Grammen Kochsalzaufloͤsung gewesen sind. Diese vier Gramme muͤssen also durchs Abdampfen fortgeschafft werden, oder, was leichter ist, man muß der Aufloͤsung so viel reines Kochsalz zusezen, als noͤthig ist, die vier Gramme Wasser in Kochsalzaufloͤsung von dem bestimmten Gehalt zu verwandeln. Das wuͤrde nach den weiter oben angegebenen Grundsaͤzen 43 Milligramme Kochsalz betragen. Es bleibt dann nur noch uͤbrig, die Kochsalzaufloͤsung, deren Gehalt man verstaͤrken wollte, zu wiegen und derselben so viele Male 43 Milligramme reines Kochsalz zuzusezen, als sie Male 104 Gramme wiegt.Wenn im Gegentheil die Kochsalzaufloͤsung zu stark ist und von derselben z.B. nur fuͤnfundneunzig Gramme noͤthig sind, um zwei Gramme reines Silber niederzuschlagen, so wuͤrde man in diesem Fall das ganze Quantum Kochsalzaufloͤsung wiegen und so viele Male fuͤnf Gramme destillirtes Wasser zusezen muͤssen, als sie Male fuͤnfundneunzig Gramme wiegt. – Wenn man so verfaͤhrt, kann man das oͤftere Ausprobiren ersparen. Es versteht sich uͤbrigens von selbst, daß man die Kochsalzaufloͤsung nicht eher fuͤr brauchbar ansprechen kann, bis man sich einige Male uͤberzeugt hat, daß genau 100 Gramme davon noͤthig sind, um zwei Gramme fein Silber, die in zehn Gramme Salpetersaͤure aufgeloͤst sind, niederzuschlagen. Man hat dann nichts weiter noͤthig, als sie in einer Flasche mit einem Glasstoͤpsel, der mit ein wenig Talg bestrichen ist, aufzubewahren und die Flasche, wenn man sie nicht braucht, sorgfaͤltig in einem Schrank zu verschließen. Jezt zu den Handgriffen, die noͤthig sind, eine Silberlegirung auf nassem Weg zu probiren. Man wiegt zwei Gramme der Legirung ab, schuͤttet sie in die Flasche A, mißt zehn Gramme Salpetersaͤure von 22° in dem Maßglaͤschen B Fig. 25. oder mittelst der Saugroͤhre C Fig. 26. ab, gießt die Saͤure in die Flasche A und befoͤrdert die Aufloͤsung, indem man dieselbe auf warme Asche, oder in ein Sand- oder Wasserbad sezt. Wenn die Aufloͤsung vollstaͤndig beendigt ist, so sezt man 50 Gramme oder ein halbes Deciliter destillirtes Wasser hinzu. Man nimmt dann das Mensurglas D Fig. 27., welches in 100 Theile getheilt ist, deren jeder eine Gramme Kochsalzaufloͤsung von bestimmtem Gehalt enthaͤlt, und fuͤllt es bis auf den Nullpunkt seiner Skale. Hierauf wiegt man es genau mit seinem Inhalt nach Decimalgewicht, indem man es an den Arm einer sehr genauen Wage haͤngt, man bemerkt das gefundene Gewicht und troͤpfelt von der Kochsalzaufloͤsung in die Silberaufloͤsung unter oͤfterem Umschuͤtteln so lange sie dieselbe truͤbt. Man muß dabei langsam zu Werke gehen und gegen das Ende des Niederschlagens die Salzaufloͤsung nur tropfenweis zusezen. Man schuͤttelt dann die Glasflasche etwa eine Minute etwas staͤrker, pruͤft die Fluͤssigkeit, ob sie sich noch truͤbt, und faͤhrt damit so lange fort, bis dieß nicht mehr der Fall ist. Wenn die Probe gut gemacht ist, so muß die Kochsalzaufloͤsung die Silberaufloͤsung nicht mehr truͤben, aber die klare, uͤber dem Niederschlag stehende, Fluͤssigkeit auch nicht durch salpetersaure Silberaufloͤsung getruͤbt werden. Wenn man dieß erlangt hat und Alles gehoͤrig beendigt, so ist es nur noch noͤthig das Mensurglas D mit der uͤbrigen Kochsalzaufloͤsung zu wiegen, und das Gewicht vom fruͤhern Gewicht abzuziehen. Ist die Differenz in ganzen Grammen, so sezt man ihr eine Null zu, ist die Differenz nicht in ganzen Grammen, so sezt man das Komma, welches die Decimalstellen abschneidet, um eine Ziffer rechts. Man erhaͤlt auf diese Weise in Tausendtheilen und Decimalbruͤchen von Tausendtheilen unmittelbar den Gehalt des der Probe unterworfenen Silbers. – Ein einziges Beispiel des Rechnungsverfahrens in diesen beiden Faͤllen wird hinreichend seyn, das ganze Verfahren zu veranschaulichen. Nimmt man an, das Gewicht des Mensurglases mit der Kochsalzaufloͤsung von bestimmtem Gehalt betrage 307 Gramme und, nachdem der Niederschlag mit der Kochsalzaufloͤsung gemacht worden, wiege das Glas mit der uͤbrigen Kochsalzaufloͤ-sung noch 217    – ––––––––––– so haͤtte man Kochsalzaufloͤsung verbraucht   90 Gramme wodurch genau ein Gehalt von 990/1000 angegeben wird. Gesezt es woͤge bei einem anderen Versuch das Glas mit der Kochsalzaufloͤsung von einem bestimmten Gehalt vor dem Versuch 307 Gramme 56 Centigr. und nach dem Niederschlagen 217    – 00    – ––––––––––––––––––– so wuͤrde die verbrauchte Aufloͤsung betragen   90 Gramme 56 Centigr. was genau einen Gehalt von 905,6/1000 angibt. Es ist unnoͤthig, mehr uͤber die Vorsichtsmaßregeln zu erwaͤhnen, die man bei diesem neuen Probirverfahren zu beobachten hat, da man es leicht erlernt, vorzuͤglich wenn man zur Uebung zuerst mit reinem Silber, oder mit Legirungen von einem genau bekannten Gehalt, arbeitet. Nuͤzlich ist es, wenn es angeht, sich des Kupellationsverfahrens zugleich zu bedienen, um den ungefaͤhren Gehalt zu wissen, um nicht genoͤthigt zu seyn, den Versuch noch ein Mal zu machen, weil man zum Niederschlagen gleich im Anfang zu viel Kochsalzaufloͤsung genommen hatte.Wenn man den Saͤttigungspunkt uͤberschritten hat, so kann man es doch noch vermeiden, die ganze Arbeit noch ein Mal zu machen; man darf nur um die Probe zu berichtigen eine Silberaufloͤsung anwenden, deren Gehalt bestimmt ist. In dem neuen Handbuch der Probirkunst, dessen Herausgabe die Muͤnzcommission verlangt, wird eine genaue Beschreibung auch dieses Verfahrens gegeben werden. Es werden in demselben Vortheile angegeben werden, die das Verfahren noch mehr vereinfachen und vorzuͤglich Maße an die Stelle der Gewichte sezen, wodurch diese Probirmethode noch leichter und mithin gemeinnuͤziger gemacht wird. – Wenn man so verfaͤhrt, so wird man in die Aufloͤsung der zwei Gramme des zu probirenden Silbers beinahe die ganze Menge der Kochsalzaufloͤsung auf ein Mal hineingießen koͤnnen, die fuͤr den durch die vorlaͤufige Kupellation gefundenen Silbergehalt hinreichend ist, und man haͤtte nur fuͤr die einzelnen Tausendtheile, die durch die Probe in der Kapelle nicht angegeben sind, welche man aber aus den der Instruction a. a. O. beigefuͤgten Ausgleichungstabelle ersehen kann, noch tropfenweise Kochsalzaufloͤsung hinzufuͤgen. So vortrefflich dieses neue Probirverfahren fuͤr Silber und fuͤr seine Legirungen mit Kupfer ist, so ist es doch ungluͤklicher Weise nicht so einfach, wenn es sich ums Probiren goldhaltiger Silberlegirungen handelt. Man muß dann zuerst den Goldgehalt auf die gewoͤhnliche Weise bestimmen, wie es a. a. O. bei den Legirungen von Gold und Silber erwaͤhnt worden, und hernach auf nassem Weg den Silbergehalt der Legirung erforschen. Wenn hingegen die Legirung des Goldes nicht so viel Silber enthaͤlt, daß sich lezteres vollstaͤndig aufloͤst, so muß dieselbe mit reinem Silber versezt, dieses aber sehr genau abgewogen werden. Die Probe wird dann kupellirt wie a. a. O. bei den silberhaltigen Goldproben und bei den guͤldischen Proben bemerkt worden. Das erhaltene Probekorn wird sorgfaͤltig mit Salpetersaͤure behandelt, diegewonnenen Silberaufloͤsungen und die Aussuͤßwasser des Roͤllchens werden zusammengegossen und dann durch das Verfahren auf nassem Weg ihr Silbergehalt bestimmt. Von diesem Silbergehalt zieht man das Gewicht der probirten Legirung ab. Wenn die Legirung so viel fein Silber enthaͤlt, daß man einen besondern Zusaz von dem leztern nicht anzuwenden braucht, so ist es hinreichend, die Probe mit den a. a. O. bemerkten Vorsichtsmaßregeln abzutreiben, das Probekorn in Salpetersaͤure aufzuloͤsen und auf dem nassen Weg, wie eben gezeigt worden, den Silbergehalt zu bestimmen. Man sieht, daß wenn die Ergebnisse dieser verschiedenen Verfahren mit einander vereinigt werden, man genau den Gehalt jeder Legirung finden wird, was um so willkommener seyn muß, weil vor der Kenntniß des Verfahrens auf nassem Weg, da man nur kupellirte und aufloͤste, der Silbergehalt auch dieser Legirungen immer zu niedrig angegeben wurde. Schließlich werden die Wardeine noch darauf aufmerksam gemacht, daß beim Erkalten der in Barren gegossenen Legirungen die Gleichartigkeit der Legirung sich immer mehr oder weniger veraͤndert; daß im Handel Barren vorkommen, wo die Legirung vor dem Ausgießen schlecht umgeruͤhrt ist, wo geringhaltigere Stuͤke eingegossen sind, oder wo im Augenblik des Gießens der Barren mit reichhaltigerem Silber oder Gold bestaͤubt worden ist; andere Barren sind bloß auf der Oberflaͤche durch starkes Sieden affinirt. Wenn der Wardein den Gehalt eines Barren genau angeben will, wenn er die Verantwortlichkeit fuͤr den von ihm angegebenen Gehalt uͤbernimmt, so muß er vor allen Dingen die Homogeneitaͤt des probirten Barren feststellen, und wenn er die Unmoͤglichkeit einsieht, dieß mit Sicherheit thun zu koͤnnen, so muß er verweigern seinen Staͤmpel darauf zu schlagen. Wenn solche Faͤlle im Muͤnzlaboratorium vorkommen, so ist man folgender Maßen zu verfahren ermaͤchtigt: man laͤßt den Barren umschmelzen, das Metall vor dem Ausgießen sorgfaͤltig umruͤhren, und nimmt mit dem Schoͤpfloͤffel eine Probe von einigen Grammen unmittelbar nach dem lezten Umruͤhren vor dem Guß.Nach oͤffentlichen Blaͤttern ist Hr. Gay-Lussac mit der Herausgabe eines neuen Probirbuches beschaͤftigt, und es wird gleichzeitig eine deutsche Uebersezung desselben von Hrn. Prof. Liebig in Giessen erscheinen. Die Werkzeuge und Geraͤthe zum Probiren des Silbers auf nassem Weg sind in Paris rue de la Cerisaie N. 3. près l'Arsenal bei Hrn. Collardeau kaͤuflich zu haben.