Titel: Versuche über die Aufbewahrung des Fleisches, von Hrn. Frihou.
Fundstelle: Band 41, Jahrgang 1831, Nr. XXXIII., S. 128
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XXXIII. Versuche uͤber die Aufbewahrung des Fleisches, von Hrn. Frihou. Aus dem Bulletin de St.-Etienne im Agriculture-Manufacturier. Maͤrz 1851, S. 289. Frihou, Versuche uͤber die Aufbewahrung des Fleisches. Wenn das Fleisch in Faͤulniß uͤbergehen soll, so ist dazu bekanntlich die directe Einwirkung des Sauerstoffs, eine erhoͤhte Temperatur und ein gewisser Grad von Feuchtigkeit erforderlich; nur wenn diese drei Umstaͤnde gemeinschaftlich wirken, kann die faule Gaͤhrung eintreten; es lassen sich hieraus mehrere VerfahrungsartenVerfahungsarten zur Aufbewahrung des Fleisches ableiten. 1) Man entziehe eine thierische Substanz der Beruͤhrung mit der Luft, so kann man sie aufbewahren so lange man will, ohne daß sie die geringste Veraͤnderung erleidet; auf dieses Princip gruͤnden sich die Methoden des Hrn. Appert, so wie diejenige, welche man in mehreren westlichen und suͤdlichen Departements Frankreichs befolgt: leztere besteht darin, das Fleisch in Gefaͤße zu bringen, welche mit Oehl oder einer anderen fetten Substanz gefuͤllt sind. Die Bewohner von Perigord, Poitou und der Saintogne bewahren so die Schenkel und Fluͤgel von verschiedenem Gefluͤgel im Fette dieser Thiere selbst sehr lange Zeit auf. 2) Eine Temperatur, welche bestaͤndig auf einem sehr niedrigen Grade erhalten wird, wuͤrde ebenfalls die Faͤulniß des Fleisches verhindern; so findet man Elephanten im Eise an dem Nordpol, welche seit mehreren Jahrhunderten darin vergraben und vollkommen gut erhalten sind. 3) Um die Nahrungsmittel gegen die Faͤulniß zu schuͤzen, pflegt man ihnen in den Haushaltungen gewoͤhnlich das Wasser, welches sie enthalten, zu entziehen, indem man sie entweder austroknet oder mit hygrometrischen Koͤrpern in Beruͤhrung bringt, wohin das Einsalzen gehoͤrt. Von diesen drei Verfahrungsweisen wurde die erste sogleich nach ihrer Entdekung vervollkommnet; die zweite scheint mir nicht im Großen anwendbar;Sie ist es allerdings; man lese daruͤber die Abhandlung des Hrn. Siemens uͤber Nuzen und Anlage der Eisgebaͤude statt der bisherigen Eiskeller oder Eisgruben im polytechn. Journal Bd. XI. S. 261. A. d. R. wir muͤssen uns also mit der dritten beschaͤftigen, wenn wir neue Untersuchungen uͤber diesen Gegenstand anstellen wollen.Die neuesten Versuche uͤber Aufbewahrung des Fleisches und anderer thierischer Stoffe durch Austroknen wurden von Hrn. Payen angestellt; man findet sie in seiner Anleitung zur Benuͤzung aller Theile der todten Thiere, welche wir im polytechn. Journ. Bd. XL. S. 270 und 363. mitgetheilt haben. A. d. R. Ich brachte troknen salzsauren Kalk mit seinem gleichen Gewicht Rindfleisch in Beruͤhrung; nach zwei Stunden war er vollkommen zerflossen. Als ich eine neue Quantitaͤt von diesem Salze zusezte, wurde nur ein Theil davon fluͤssig und der andere war noch nach zwoͤlf Stunden fest; das Fleisch wurde sodann oͤfters in kaltem Wasser ausgewaschen und in einem Winkel des Laboratoriums sich selbst uͤberlassen; es erhielt sich vollkommen gut und troknete sogar immer mehr aus. Die davon bereitete Fleischbruͤhe hatte einen angenehmen Geruch und das Fleisch selbst war sehr appetitlich; beide hatten aber ungluͤklicher Weise einen schwach bitteren Geschmak. Wenn es moͤglich waͤre, diesen nachteiligen Umstand zu vermeiden, so ließe sich der salzsaure Kalk benuͤzen, um das Fleisch schnell und wohlfeil auszutroknen; bis jezt waren aber alle in dieser Hinsicht angestellten Versuche vergeblich. Als ich diesen Versuch oͤfters wiederholte, fand ich, daß das Fleisch sehr wenig von seinen Saͤften verliert, daß hingegen in der Aufloͤsung des salzsauren Kalks eine betraͤchtliche Menge eines fetten Sazes bleibt. Ich tauchte ein Stuͤk Fleisch zwoͤlf Stunden lang in sehr concentrirten Alkohol, nahm es sodann heraus und uͤberließ es sich selbst, wodurch es vollkommen ausgetroknet wurde; der Alkohol wirkt jedoch nicht bloß hygrometrisch; er loͤst die fette Substanz auf, und scheint sich auch innig mit dem Fleisch selbst zu verbinden; denn als ich dasselbe lange Zeit einem Strom trokner Luft bei einer Temperatur von 50° C. (40° R.) aussezte, verlor es nichts von seinem unangenehmen Geschmak und tresteraͤhnlichen Geruch. Ich gab daher dieses Verfahren, welches außerdem kostspielig waͤre, auf. Da mir die Versuche mit hygrometrischen Substanzen nicht die Resultate gaben, welche ich erwartete und durch Fortsezung derselben keine guͤnstigeren zu hoffen waren, so beschaͤftigte ich mich mit dem eigentlichen Austroknen des Fleisches. Außer dem Einsalzen, welches sehr haͤufig angewandt wird, troknen die Landleute das Fleisch auch noch nach den beiden folgenden Methoden aus: sie haͤngen es in dem Schornstein in einer gewissen Entfernung vom Feuerraum auf oder bringen es in einen schwach geheizten Ofen. Ersteres Verfahren gelingt gut, aber der Rauch ertheilt dem Fleisch einen unangenehmen Geruch: beim zweiten tritt oft derselbe Fall ein; uͤbrigens ist das Austroknen niemals vollstaͤndig. Da in einem troknen Raume die Verdunstung außerordentlich schnell vor sich geht, wie dieses mehrere Versuche, unter anderen derjenige des Hrn. Gay-Lussac beweisen, so sezte ich das Fleisch einem Strome trokner Luft bei einer Temperatur von 30 bis 40° C. (24 bis 32° R.) aus: dieses Mal entsprach der Erfolg vollkommen meiner Erwartung,Das Troknen des Fleisches in einer Stroͤmung warmer Luft haben wir schon vor mehreren Jahren versucht, und ganz praktisch gefunden. Das Ergebniß theilten wir s. Z. im polytechn. Journale mit. A. d. R. Ich bediente mich folgenden Apparates: unter dem Schlot eines Laboratoriums brachte ich eine kegelfoͤrmige Roͤhre aus Eisenblech an, deren oberes Ende in den Schornstein muͤndete, waͤhrend das untere auf dem steinernen Dekel eines Eisenprobirofens auflag. Dadurch erhielt ich einen hinreichenden Zug und indem ich den Feuerraum mehr oder weniger stark heizte, konnte ich die Temperatur des Stromes beliebig abaͤndern; lezterer erneuerte sich unaufhoͤrlich auf Kosten der den Ofen umgebenden kalten Luft und kam mit den durch die Verbrennung hervorgebrachten Gasarten nur am oberen Theile der Roͤhre in Beruͤhrung. Das Fleisch wurde in der Roͤhre an eisernen Drahten aufgehaͤngt. Folgende Tabelle enthaͤlt die Resultate einiger Versuche. Textabbildung Bd. 41, S. 131 Nr. des Fleischstuͤkes; Temperatur; Oberflaͤche in Quadratcentimeter; Gewicht vor dem Versuch; Nach 14 Stunden; Nach 35 Stunden; Nach 47 Stunden; Bemerkungen; Muskelfleisch ohne Fett; Dasselbe mit fetten Theilen; Dieselbe Sorte wie N. 1 Man ersieht aus dieser Tabelle, daß die Quantitaͤt des verdunsteten Wassers bis zum Ende des Versuches immer abnimmt, daher das Fleisch die lezten Antheile dieser Fluͤssigkeit stark zuruͤkhalten muß; nach siebenundvierzig Stunden, wo das Fleisch etwas mehr als die Haͤlfte an Gewicht verloren hat, kann man es beliebig lange aufbewahren und es troknet sogar in Beruͤhrung mit der Luft noch immer mehr aus. Ich habe in verschiedenen Zeitraͤumen die Dampfe, welche sich am oberen Theile des Apparates entwikeln, untersucht; sie waren immer geruchlos, rissen also keine naͤhrenden Bestandtheile mit sich, und obgleich das Fleisch so viel an Gewicht verlor, so war doch seine Nahrungskraft nicht geschwaͤcht. Mehrere Stuͤke mageren Fleisches, welche alle unter N. 3. begriffen sind, wurden in weniger als sechsunddreißig Stunden vollkommen ausgetroknet. Ich fand immer, daß die Operation mit sehr fettem Fleisch nicht so gut von Statten geht; man muß in diesem Falle die Temperatur sehr wenig erhoͤhen, so daß sie nicht uͤber 20 bis 25° C. (16 bis 20° R.) steigt und die trokne Luft mit großer Schnelligkeit circuliren lassen. Bei zu starkem Erhizen wuͤrden die fetten Substanzen auf der Oberflaͤche schmelzen und dieser Ueberzug sich der Verduͤnstung widersezen. Das Austroknen des Fleisches richtet sich ganz nach denselben Gesezen wie die gewoͤhnliche Verdunstung. Ich durchschnitt zwei identische Stuͤke, welche drei Centimeter dik waren, senkrecht auf ihre Fasern und fand den Gewichtsverlust nach zwoͤlf Stunden ziemlich den Oberflaͤchen proportional; Oberflaͤche. Gewichtsverlust. 1stes Stuͤk,2tes Stuͤk, 240520 66 Gramen.91,80 – Die Vergleichung der oben angegebenenZahlen fuͤhrt auf dasselbe Resultat, wennman die verschiedene Natur der Fleischfortenberuͤksichtigt. Diese Versuche wurden zwar nur mit kleinen Stuͤken angestellt, man wuͤrde jedoch mit betraͤchtlichen Massen dieselben Resultate erhalten, vorausgesezt, daß man das Fleisch in Schnize von mittlerer Dike zerschneiden wuͤrde, was uͤberdieß die geeignetste Form ist. Die Schnelligkeit des Austroknens nimmt in geradem Verhaͤltniß mit der Geschwindigkeit des Stromes zu; natuͤrlich wird man mit kraͤftigeren Mitteln, als diejenigen sind, welche ich anwenden konnte, die Dauer der Operation sehr vermindern koͤnnen; sie dauerte ein Mal, wo besondere Umstaͤnde eine schnellere Circulation verursachten, nur zweiunddreißig Stunden. Wenn man das Fleisch erwachsener Thiere austroknen will, so muß man, wie ich bereits bemerkte, solche auswaͤhlen, die sich in gutem Zustand befinden, aber nicht zu fett sind. Ich stellte auch einen Versuch mit drei Stuͤken Kalbfleisch an, die zusammen 324 Grammen wogen und durch Austroknen auf 152 Grammen reducirt wurden. Die Oberflaͤche war alsdann hart und hornartig, waͤhrend das Innere große leere, von Fasern durchkreuzte Raͤume darstellte; ich glaube daher, daß man nur das Fleisch von erwachsenen Thieren austroknen sollte; bei solchem, von jungen Thieren, muͤßte man wenigstens eine niedrigere Temperatur und einen staͤrkeren Luftstrom anwenden, weil sonst dieses zarte und sehr zur Faͤulniß geneigte Fleisch einen schlechten Geschmak erhaͤlt, was mir bei einem Versuche begegnete, waͤhrend er sich bei Rindfleisch unter denselben Umstaͤnden nicht einstellte; troknet man Kalbfleisch mit den angegebenen Vorsichtsmaßregeln, so erhaͤlt es eine compactere Structur. Die Dauer der Operation und der Gewichtsverlust sind hiebei dieselben wie bei Rindfleisch, woraus man schließen kann, daß in verschiedenen Epochen des Lebens das mit dem Muskelfleisch vereinigte Wasser constant bleibt und nur der verhaͤltnißmaͤßige Gehalt an Faserstoff, Eiweiß und anderen thierischen Substanzen wandelbar ist. Ich vermuthete, daß das Fleisch schneller austroknen wuͤrde, wenn man den in demselben enthaltenen Eiweißstoff zum Gerinnen bringt, was leicht geschieht, wenn man dasselbe einige Minuten lang in siedendes Wasser taucht; als ich aber diesen Versuch anstellte, zeigte sich kein bemerkenswerther Unterschied in der Dauer der Operation und außerdem wurde ein Theil der Saͤfte aufgeloͤst. Das Fleisch, welches nach dem von mir beschriebenen Verfahren ausgetroknet wurde, laßt sich sehr gut aufbewahren; mehrere Stuͤke davon, welche ich ohne alle Vorsichtsmaßregeln sechs Monate lang in einem Winkel eines warmen und feuchten Magazines liegen ließ, erlitten nicht die geringste Veraͤnderung. Sie sind compact und sogar ein wenig klingend, außen schwarz, innen roth und bieten ein sehr angenehmes und kraͤftiges Nahrungsmittel dar, dessen Geschmak (die Wuͤrze ausgenommen) an denjenigen der rohen Wuͤrste erinnert. Kocht man dieses Fleisch in Wasser, so nimmt es allmaͤhlich das Volumen wieder ein, welches es vor dem Austroknen hatte und unterscheidet sich von gewoͤhnlichem gekochtem Fleisch bloß durch eine groͤßere Consistenz; die Fleischbruͤhe kann man von derjenigen, welche ein entsprechendes Gewicht frisches Fleisch von gleicher Qualitaͤt liefert, fast nicht unterscheiden. Ich glaube nach diesen Versuchen mit Recht behaupten zu koͤnnen, daß das nach meinem Verfahren ausgetroknete Fleisch fuͤr die Marine das frische Fleisch ersezen wird; es bietet außerdem ohne alle vorhergehende Zubereitung eine gesunde Nahrung dar, deren Geschmak man beliebig abaͤndern kann, wenn man das Fleisch verschiedener Thiere mit einer passenden Wuͤrzung vermengt. Da ich nun die Erscheinungen beim Austroknen des Fleisches beschrieben und erwiesen habe, daß man es mit Stuͤken von betraͤchtlicher Groͤße vornehmen kann, so will ich noch den Apparat beschreiben, welcher mir zu dieser Operation im Großen anwendbar scheint. Sein Haupttheil wird ein horizontaler Canal von 1,20 Meter Hoͤhe, 0,80 Meter Breite und 10 bis 12 Meter Laͤnge seyn. An der Deke des Gemaches bringt man eine Reihe von eisernen Stangen an, welche in einer Fuge gleiten und mit Haken zum Aufhangen des Fleisches versehen sind; leztere gehen an einem Ende in den Canal hinein und an dem anderen heraus, indem sie den Apparat in seiner ganzen Laͤnge durchlaufen, damit man die Operation immer fortsezen kann; die beiden Oeffnungen werden durch Thuͤren luftdicht verschlossen. Am vorderen Theile laͤßt man einen Luftstrom vermittelst eines Ventilators oder durch irgend eine andere Blasemaschine eintreten: er entweicht an der entgegengesezten Seite durch eine senkrechte Roͤhre. Die Temperatur der Luft wird auf den gehoͤrigen Grad gebracht, indem man drei gleiche Feuerraͤume in gleichen Entfernungen in dem Canale anbringt, oder, was ich fuͤr besser halte, indem man die Luft durch Roͤhren treibt, die in einem vor dem Apparats befindlichen Ofen erhizt werden. Um sie noch besser auszutroknen, kann man sie in einem wenig erhoͤhten Raume uͤber geschmolzenen salzsauren Kalk leiten, ehe man die Temperatur erhoͤht. Den Canal kann man aus gebrannten Steinen oder aus Holz verfertigen. Die Roͤhren zum Erhizen der Luft werden aus Gußeisen gemacht; statt derselben koͤnnte man auch einen sehr engen Canal aus duͤnnen gebrannten Steinen, welcher allenthalben von der Flamme der Oefen umgeben ist, anwenden. Dieser Apparat ist nicht kostspielig und man kann damit in vierundzwanzig Stunden uͤber einen Centner Fleisch austroknen; ich glaube nicht, daß mehr Zeit hiezu erforderlich seyn wird, weil sie sich wie ich schon oben bemerkt habe, nach der Geschwindigkeit des Stromes richtet. Es waͤre gut, wenn man das ausgetroknete Fleisch durch eine hydraulische Presse einem betraͤchtlichen Druk unterziehen wuͤrde, damit es weniger Raum einnimmt. Ich will nichts uͤber die Gestalt und das Material der Gefaͤße zur Aufbewahrung desselben bemerken; man nimmt diejenigen, welche sich am besten zur Einschiffung eignen. Uebrigens erheischt die Aufbewahrung der Producte ganz und gar keine Vorsichtsmaßregel, denn wenn man sie in Wasser taucht, so verschluken sie nur wenig Feuchtigkeit und verlieren dieselbe an einem troknen Orte schnell wieder. Aus uͤbergroßer Vorsicht koͤnnte man die Kisten inwendig mit einem Kohlenuͤberzug versehen. Ich habe bereits bemerkt, daß man vorzugsweise das Fleisch erwachsener Thiere, die sich in gutem Zustande befinden, auswaͤhlen muß. Was die geeignetste Zeit zu dieser Operation betrifft, so brauche ich bloß zu bemerken, daß in der Dichtigkeit der Luft im Sommer und im Winter ein geringer Unterschied Statt findet und daß sich uͤbrigens jede Jahrszeit gleich gut dazu eignet, wenn man geschmolzenen salzsauren Kalk anwendet, welcher die Kosten nur um ein Geringes vermehrt, weil man das Salz immer wieder gebrauchen kann; will man aber keine Anwendung von demselben machen, so ist der Winter den anderen Jahreszeiten vorzuziehen, denn nach der Theorie der Daͤmpfe enthaͤlt die Atmosphaͤre in der Naͤhe des Bodens um so weniger Feuchtigkeit, je niedriger die Temperatur ist.