Titel: Beschreibung einer wohlfeilen und empfindlichen Wage. Von einem Unter-Graduirten der Universität Cambridge.
Fundstelle: Band 42, Jahrgang 1831, Nr. XC., S. 334
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XC. Beschreibung einer wohlfeilen und empfindlichen Wage. Von einem Unter-Graduirten der Universitaͤt Cambridge. Aus dem Mechanics' Magazine. N. 422. S. 440. Mit Abbildung auf Tab. VI. (Im Auszuge.) Beschreibung einer wohlfeilen und empfindlichen Wage. Ich mußte vor Kurzem mehrere Versuche machen, die eine sehr zarte Wage erforderten, und wollte dazu die von Hrn. Ritchie gegebenen Anweisungen in Ausfuͤhrung bringen. Allein sie zeigten sich unausfuͤhrbar, indem derselbe einige wesentliche Umstaͤnde uͤbersehen hat. – Die Methode des doppelten Waͤgens (double-weighing), welche die vollkommene Gleichheit der Arme des Wagbalkens entbehrlich macht, sezt offenbar voraus, daß der Balken und der Zeiger bei jedem einzelnen Waͤgen der Substanz und der Gewichte dieselbe relative Stellung behalten, d.h. daß das Messer in beiden Faͤllen genau dieselben Punkte auf den Glascylindern einnimmt. Wird der Zeiger auf die von mir angenommene Weise an dem Ende der Arme angebracht, so wird (wenn der Wagbalken mathematisch wagerecht gestellt ist) der Zeiger immer auf einen und denselben Grad zeigen, an was immer fuͤr einem Theile des Glascylinders sich auch der Stuͤzpunkt befinden mag. Die Schwierigkeit diese vollkommen wagerechte Stellung zu finden, und die Notwendigkeit, daß man dann immer auf derselben Linie waͤgen muß, sind Nachtheile, die die Verwerfung dieses Planes bedingen. Wird aber das Instrument nach Hrn. Ritchie so eingerichtet, daß sich die Zeigerkarte unter dem Wagbalken befindet, so scheint es unumgaͤnglich nothwendig, daß das Messer immer an einen und denselben Punkt gestellt wird, wenn der Koͤrper und die Gewichte fuͤr sich allein gewogen werden. Diese wichtige Erforderniß scheint von Hrn. Ritchie ganz vernachlaͤssigt worden zu seyn. Meine Wage nun ist einfach, indem sie bloß aus einem aufrechten Stuͤke Holz besteht, das einen eisernen Arm traͤgt, welcher sich in einer Scheide bewegt, und auf welchen ein, mit einer Spalte versehenes Stuͤk Messing fallen kann. Sie ist ferner empfindlich, indem die Zeigernadel fuͤr jede gegebene Zahl von Zeiten unfehlbar auf dieselbe Linie des Zeigers gebracht werden kann, und indem 1/100 Gran die Nadel beinahe um 1/2 oder 2/3 Grad bewegt. Unter den an dem Wagbalken selbst angebrachten Verbesserungen erwaͤhne ich zuerst der Moͤglichkeit, das Messer zu bewegen, wodurch der Experimentator bei jeder Form des Wagbalkens sehr leicht im Staude ist, den Schwerpunkt zu finden. In der Praxis ist der Schwerpunkt eines regelmaͤßig geformten Wagbalkens zwar schnell, nicht so aber jener eines unregelmaͤßig geformten gefunden. Ueberdieß ist derselbe verschieden, je nachdem die Wagschalen mit einem groͤßeren oder geringeren Gewichte beladen sind; so kann bei 20 oder 30 Granen der Schwerpunkt beinahe vollkommen mit den Aufhaͤngepunkten in eine und dieselbe Ebene gebracht werden, waͤhrend bei 200 oder 300 Granen der Schwerpunkt sich uͤber den Stuͤzpunkt erheben wird. Der Schwerpunkt muß mithin hoͤher oder niederer seyn, nach dem Gewichte, welches die Wagschalen tragen. Die Faͤhigkeit meines Wagbalkens sowohl leichte als schwere Gewichte zu tragen, ist ein Vorzug desselben vor jenem des Hrn. Ritchie. Ein anderer Vortheil dieses Abgleichstuͤzpunktes ist, daß man in jedem Falle das Maximum der Empfindlichkeit der Wagschalen erhalten kann. Man weiß, daß die Empfindlichkeit der Wagschalen von der relativen Stellung des Schwerpunktes, des Stuͤzpunktes und der Aufhaͤngepunkte zu einander abhaͤngt. Befindet sich der Schwerpunkt unter dem Stuͤzpunkte, so werden die Schwingungen der Wage schnell seyn, allein sie werden bald aufhoͤren; auch wird ein verhaͤltnißmaͤßig großes Gewicht noͤthig seyn, um den Wagbalken umzuwenden. Wird der Schwerpunkt so hoch gehoben, daß er mit dem Stuͤzpunkte und den Aufhaͤngepunkten in eine und dieselbe gerade Linie kommt, so kann der Wagbalken mit dem kleinsten Gewichte bewegt werden; er wird sich nicht laͤnger schwingen, weil er keine Neigung zu irgend einer besonderen Stellung hat, sondern in jeder bleiben wird. Wird aber der Schwerpunkt uͤber den Stuͤzpunkt und die Aufhangepunkte gehoben so werden die Wirkungen des Niedersinkens (setting) eintreten. Es ist am besten den Schwerpunkt ein wenig unter den Stuͤzpunkt zu sezen, um eine so große Empfindlichkeit zu erhalten, als sich mit einer deutlich ausgesprochenen Schwankung vertraͤgt. Aus diesen Grundsaͤzen, die ohnedieß groͤßten Theils allgemein bekannt sind, wird leicht Jedermann einsehen, wie man das Maximum der Capacitaͤten der Wagschalen, sie moͤgen kleine oder große Gewichte zu tragen haben, schnell finden kann: ein Aufgabe, die den Gegenstand dieser Abhandlung bildet.Da der Wagbalken ganz unabhaͤngig von den uͤbrigen Theilen des Instrumentes, und so leicht zu machen ist, so ist es am besten zwei Wagbalken – den einen zum Waͤgen von Gewichten bis zu 150 Granen, und den anderen zum Wagen groͤßerer Gewichte-vorraͤthig zu haben. A. d. O. Man hebe das Messer zuerst absichtlich zu hoch, wobei man in die Schalen jenes Gewicht bringt, mit welchem man gewoͤhnlich arbeitet. Dann schraube man das Messer gradweise herab; wie dieß geschieht, wird man finden, daß sich der Wagbalken mit einem geringeren Gewichte umwendet. Dieses Herablassen kann so lang fort, gesezt werden, als die Zeigernadel nach der Schwingung jedes Mal auf dieselbe Linie an dem Zeiger zuruͤkkehrt. Bei diesem Punkte muß man aufhoͤren, denn uͤber denselben hinaus wuͤrde der Schwerpunkt beinahe in eine und dieselbe Linie mit dem Stuͤzpunkte und den Aufhangepunkten fallen, wo dann der Wagbalken in mehr denn einer Stellung in Ruhe kommen wuͤrde. Ich weiß, daß physikalische Instrumentenmacher nach demselben Grundsaze verfahren; allein in der Anwendung der Mittel weichen dieselben von mir ab. Sie haͤngen naͤmlich an den, unter den Wagbalken gebrachten Registerzeiger (index pointer) unter rechten Winkeln eine bewegliche Messingkugel auf. Wenn nun hierbei der Wagbalken seine horizontale Stellung veraͤndert, so hat er die Gravitation der Kugel und des Zeigers zu uͤberwinden, so daß mithin die Schwingungen desselben nach dem Verhaͤltnisse des Gewichtes dieser Theile verschieden seyn werden. Dieser Einwurf trifft hingegen meine Methode nicht. Statt der Messer, an welche Hr. Ritchie die Wagschalen aufhaͤngt, steke ich in die Enden des Wagbalkens bloß die oberen Haͤlften zweier kleiner Nadeln auf eine solche Weise, daß deren Oehre horizontal stehen. Die drei Faden der Schalen werden in Einen vereinigt, welcher durch das Nadeloͤhr gezogen und dann mit einem Knoten versehen wird. Auf diese Weise vermeide ich die Reibung der Seidenfaden unter einander und an den Seiten der Nadeln. Nach Hrn. Ritchie's Vorschlag wuͤrde zwar die Wage empfindlicher werden, allein die Erfahrung zeigte mir, daß meine Methode, bei wett geringerer Schwierigkeit, eine hinlaͤnglich große Empfindlichkeit gibt. Die Schalen werden beide mit beinahe 260, d.h. 250 Granen beladen, und durch Zusaz eines 5/1000 Granes wird der Zeiger sich doch noch beinahe durch 1/4 Grad bewegen. Nun sind 250 Grane getheilt durch 5/1000 eines Granes = 250/1 : 5/1000 = 1/250 × 5/2000 = 5/250,000 = 1/10,000. Man kann mithin 1/50000 Gran in der Wagschale waͤgen, und folglich bis auf 4 Decimalstellen das Gewicht bestimmen, was fuͤr die meisten Versuche hinreicht. Die Anwendung dreier gewoͤhnlicher Schrauben um das Niveau der Glascylinder, auf welchen sich das Messer des Wagbalkens bewegt, herzustellen, ist wenigstens oͤkonomisch, und macht alle die viele Sorgfalt, die sonst gewoͤhnlich angewendet werden muß, uͤberfluͤssig. Alles Uebrige wird aus der Zeichnung deutlich werden. Die Verfertigung einer solchen Wage und ihres Gehaͤuses erfordert nur sehr geringe Uebung in der Anwendung des Meißels; ich habe mir wenigstens dieselbe, obwohl ich keine Kenntnisse in der Tischlerkunst besize, ohne alle Beihuͤlfe selbst verfertigt. Sie kam mir bloß auf vier bis fuͤnf Shillinge (2 fl. 24 kr. – 3 fl.) zu stehen, waͤhrend man bei den Mechanikern keine Wage von solcher Genauigkeit unter 15 Guineen bekommt. Fig. 26. 1) Das Grundbrett, welches beilaͤufig 13 Zoll lang und 4 1/2 Zoll breit seyn kann. 2) Doppelte Stuͤzen, die in dieses Brett eingezapft sind, und 7 Zoll Hoͤhe, 0,9 Zoll Breite und 0,3 Zoll Dike haben. 3) Eine, in das Grundbrett eingezapfte Stuͤze, welche mit 4) dem eisernen Arme, der sich in einer Scheide bewegt, und nach Belieben mittelst einer Schraube angezogen werden kann, 6 3/4 Zoll hoch ist. Diesen Arm kann jeder gewoͤhnliche Schmid verfertigen. 5) Ein zugespizter Theil, auf welchen 6) ein Messingstuͤk mit einer Spalts faͤllt. Dieses Stuͤk ist in ein Stuͤk Holz eingelassen, und das Holz wird an den Balken angeleimt. 7) Ein anderer, 3 und 4 vollkommen aͤhnlicher Arm, der zur Bewegung des Wagbalkens dient, wenn sich die Schalen in dem Gehaͤuse befinden. 8) Ein auf dem Arme reitendes Stuͤk Holz, wodurch der Arm weiter von dem Wagbalken entfernt gestellt werden kann um demselben mehr Spielraum zu gestatten. Man kann dieses Stuͤk theilen, und die eine Haͤlfte an den Wagbalken anleimen, wie es in der Zeichnung dargestellt ist.Als mit den Theilen 3 bis 8 in Verbindung stehend, muß ich hier in einer Note bemerken, daß ich, um den Wagbalken genauer unter ganz gleiche Verhaͤltnisse zu bringen, wenn das Gewicht und die Substanz einzeln fuͤr sich allein gewogen werden, immer den Arm zur Linken niederlasse, so daß die Zeigernadel irgend einen bestimmten Grad an der Elfenbeinscale erreichen kann. Sind die Thuͤren und Schieber verschlossen, so wird der Balken mittelst N. 8 gehoben, waͤhrend das Messingstuͤk N. 6 in N. 5 faͤllt. Der rechte Arm wird dann ploͤzlich gesenkt, so daß der Wagbalken frei schwanken kann Durch diese Vorrichtung ist das Moment der Schalen in beiden Faͤllen gleich gestellt. A. d. D. 9) Der Wagbalken aus leichtem Holze, von 8,3 Zoll Laͤnge, 0,15 Zoll Dike, und 0,4 Zoll Tiefe in seiner Mitte, der sich gegen beide Enden verduͤnnt, und in der Mitte ein Loch zur Aufnahme der Schraube des Stuͤzpunktes hat. Die Form dieses Balkens weicht etwas von jener des Wagbalkens des Hrn. Ritchie ab, und scheint uns eine Verbesserung desselben darzubieten. 10) Das Messer, welches in Fig. 28 in groͤßerem Maßstabe dargestellt ist, so daß dessen Theile so deutlich sind, daß sie keiner weiteren Beschreibung beduͤrfen. Es hat eine kleine messingene Nuß, die sich auf einer fein gedrehten Schraube bewegt; der Raum, in welchem das Messer an der Schraube befestigt ist, erlaubt; daß Man das Messer vollkommen in rechte Winkel mit derselben bringen kann, ehe der kleine Stift sich auch nur im Geringsten umbiegt. Ich fand, daß ein Federmesser wegen der Verschiedenheit seiner Seiten nicht gut zu diesem Zweke taugt. Das Messer, welches ich an meinen Schalen anwende, ist ein mit einer Feile ausgeschnittener Theil eines groͤßeren Messers. 11) Zwei Stuͤke einer Thermometerroͤhre von 0,7 Zoll Laͤnge, die ich mit feinem Drahte befestigt habe. 12) Die oberen Haͤlften zweier, mit ihren Oehren horizontal gestellter, in die Enden des Wagbalkens eingefuͤgter Nadeln. 13) Die Zeigernadel, die man auf die Enden des Wagbalkens leimen kann. Besteht die Scale aus Elfenbein, so kann man die Nadel durch Eintauchen in eine Aufloͤsung von Kupferbisulphat anders faͤrben. 14) Drei gewoͤhnliche eiserne Schrauben, um die wagerechte Stellung von N. 11 herzustellen; sie gehen durch Hoͤlzer, welche in das Grundbrett eingezapft sind. Die Elfenbeinscale kann, wenn man einen Faden mit einem großen Schrote an ihr befestigt, als Richtscheit hierbei dienen. Fig. 27. Diese Figur zeigt das Gehaͤuse fuͤr die Wagschalen, welches durchaus nothwendig ist, wenn man genau waͤgen will. 1. 1. Die beiden Seiten desselben sind aus einem duͤnnen Brette verfertigt, und unten und oben mit Silberpapier, welches mit kampenoͤhl abgerieben wird, uͤberzogen. Dieser Ueberzug ist wohlfeil, leicht und halbdurchsichtig. 2. 2. Zwei Glasthuͤren, welche, wenn sie geoͤffnet sind, den Zugang zu den Wagschalen gestatten. 3. 4. 4. Ein Fensterglas, welches nach beiden Seiten geschoben, und auch ganz weggenommen werden kann, wenn etwas mit dem Wagbalken geschehen soll. N. 2 nimmt in Fig. 26 den Raum zwischen 5 und 8, und N. 3. 3 jenen auf beiden Seiten der eisernen Arme ein, die um 1/4 oder 1/2 Zoll uͤber das Gehaͤuse hervorragen. Die Beweglichkeit dieser Theile ist waͤhrend des doppelten Wagens, und um den Wagbalken correct zu stellen bestaͤndig nothwendig. Die Eintheilungen der Fenster sind sowohl wohlfeil als bequem. 5. Die elfenbeinerne Scale, welche durch eine Oeffnung in der hoͤlzernen Seite geht, und nach Belieben laͤngs des Randes bewegt werden kann, uͤber den die Zeigernadel geht.

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