Titel: Ueber die Färbestoffe des Krapps; von H. Gaultier de Claubry und J. Persoz.
Fundstelle: Band 43, Jahrgang 1832, Nr. XCI., S. 381
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XCI. Ueber die Faͤrbestoffe des Krapps; von H. Gaultier de Claubry und J. Persoz. Aus den Annales de Chimie et de Physique. Sptbr. 1831, S. 69.Diese Abhandlung wurde der Akademie der Wissenschaften in Paris den 23. October 1826 versiegelt uͤbergeben und den 13. December 1827 vorgelesen. Wir koͤnnen uns nicht erklaͤren, warum die Akademie oder die Verfasser sie nicht fruͤher bekannt machten. A. d. R. Ueber die Faͤrbestoffe des Krapps. Obgleich viele Chemiker zahlreiche Versuche in der Absicht den Faͤrbestoff aus dem Krapp auszuscheiden angestellt haben, so wissen wir doch nur sehr wenig uͤber die wahre Natur dieser Substanz. Die neuesten Arbeiten uͤber diesen Gegenstand sind diejenige des Hrn. Kuhlmann Polyt. Journal Bd. XIII. S. 224. A. d. R einerseits und der HH. Robiquet und Colin Polyt. Journal Bd. XXIV. S. 530. A. d. R. andererseits; sie hatten hauptsaͤchlich zum Zwek den Farbestoff oder die Farbestoffe, welche der Krapp enthaͤlt, in reinem Zustande darzustellen.Die neuesten Untersuchungen uͤber den Krapp, welche durch eine Preisaufgabe der Société industrielle in Muͤlhausen veranlaßt wurden, findet man im polytechnischen Journal Bd. XXVII. S. 200–227 und Bd. XXXIX. S. 385. A. d. R. Nach Hrn. Kuhlmann enthaͤlt der Krapp zwei Faͤrbestoffe, einen falben, den er nicht naher untersuchte, und einen rothen, welchem er mehr Aufmerksamkeit schenkte. Man erhaͤlt nach seiner Angabe diesen lezteren, wenn man den zuvor in kaltes Wasser eingeweichten und damit ausgezogenen Krapp mit frischem Wasser kocht und die Fluͤssigkeit mit Schwefelsaͤure niederschlaͤgt, sodann den Niederschlag in Alkohol aufloͤst und diese Fluͤssigkeit verdunstet. Die HH. Robiquet und Colin sind dagegen der Meinung, daß diese Substanz nicht als der reine Faͤrbestoff des Krapps betrachtet werden kann; als solchen sehen sie vielmehr einen anderen Stoff an, welchen sie in Folge zahlreicher Versuche aus dem Krapp zu bereiten lernten und Alizarin nannten. Man erhaͤlt ihn, wenn man Krapp in 3 bis 4 Theilen Wasser einweicht und das Gemenge 8 bis 10 Minuten lang einer Temperatur von 15 bis 20º C. aussezt. Die Fluͤssigkeit, welche saͤuerlich ist, gelatinirt beim Erkalten; die Gallerte laͤßt man abtropfen, suͤßt sie mit ein wenig Wasser aus und behandelt sie dann oͤfters mit einer großen Menge concentrirten Alkohols. Die geistige Aufloͤsung bringt man in eine Retorte und destillirt 4/5 des Alkohols ab; in den Ruͤkstand gießt man Schwefelsaͤure, welche daraus falbe Floken niederschlaͤgt. Leztere werden durch Decantiren oͤfters mit Wasser ausgesuͤßt, getroknet und dann erhizt, wobei sich das Alizarin in nadelfoͤrmigen Krystallen sublimirt. Es schien uns, daß die angefuͤhrten Chemiker es nicht mit dem wahren Faͤrbestoff des Krapps zu thun hatten, denn als wir ihre Versuche wiederholten und diese Faͤrbestoffe auf Zeugen zu befestigen suchten, erhielten wir mit dem des Hrn. Kuhlmann nur eine blasse Farbe, die aber sehr solid war, und mit dem der HH. Robiquet und Colin eine rosenrothe Farbe, die bei weitem nicht so solid war wie diejenige, welche man beim Krappfaͤrben darstellt. Vergebens suchten wir durch Beizmittel diese leztere Substanz bestaͤndiger zu machen und ihr eine intensive Farbe zu ertheilen; im Verlauf dieser Versuche wurden wir aber auf eine von allen bisher befolgten wesentlich verschiedene Behandlungsweise des Krapps geleitet, indem wir wohl vorhersahen, wie es schon Hr. Mérimée vermuthete, daß diese Pflanze zwei Faͤrbestoffe enthaͤlt, welche man bisher noch nicht von einander abgeschieden hatte. Nachdem wir uns durch directe Versuche versichert hatten, daß die Saͤuren dem Krapp keine merkliche Menge Farbestoff entziehen (bekanntlich hat man auch in den Fabriken schon seit langer Zeit bemerkt, daß der Farbestoff in einem Wasser, worin die saure Gaͤhrung Statt fand, unaufloͤslich ist), bedienten wir uns der Schwefelsaͤure, um die große Menge gummiger Substanz, welche der Krapp enthaͤlt und die das erforderliche Auswaschen desselben so schwierig macht, in Zuker zu verwandeln. Hr. Mérimée behandelte den Krapp mit kohlensaurem Natron und glaubte ihm dadurch eine falbe Substanz, die zur Bereitung der Lake, deren Feuer sie vermindert, ganz unnuͤz ist, zu entziehen. Gerade in dieser Natronaufloͤsung, womit der Krapp ausgesuͤßt wurde, fanden wir einen eigenthuͤmlichen Faͤrbestoff, welcher in seinem reinen Zustande unseres Wissens noch von keinem Chemiker untersucht wurde. Nach folgendem Verfahren erhielten wir den rothen und den rosenrothen Faͤrbestoff, welche beide im Krapp vorhanden sind. Man ruͤhrt das Krapp-Pulver mit so viel Wasser an, daß ein sehr duͤnner Brei entsteht und versezt die Fluͤssigkeit mit 90 Grammen Schwefelsaͤure auf jedes Kilogramm Krapp. Wenn man nun Dampf hineinleitet oder sie direct zum Kochen erhizt, so wird das Gummi bald in Zuker verwandelt und der Krapp laͤßt sich dann sehr leicht auswaschen. Die Fluͤssigkeit hat eine gelbe, schwach in Gruͤn stechende, Farbe; neutralisirt man sie mit Alkalien, so wird sie auffallender gruͤn, ohne daß ein Niederschlag entsteht. Erhizt man den so behandelten Krapp mit einer Aufloͤsung von kohlensaurem Natron, so kann man ihn leicht durch zwei Operationen erschoͤpfen; er wird dann so lange ausgesuͤßt, bis die Fluͤssigkeit ganz faͤrbenlos ablaͤuft. Die gefaͤrbten Fluͤssigkeiten gießt man zusammen und neutralisirt sie mit einer Saͤure; dadurch entsteht ein braunrother Niederschlag, welchen man gut auswaͤscht und dann in Alkohol aufloͤst. Die geistige Aufloͤsung wird destillirt und hinterlaͤßt dann den rothen Faͤrbestoff des Krapps. Der auf angegebene Weise mit kohlensaurem Natron ausgezogene und ausgewaschene Krapp wird mit einer Alaunaufloͤsung digerirt. Die Fluͤssigkeit erhaͤlt eine schoͤne kirschrothe Farbe; man filtrirt sie und versezt sie in geringem Ueberschuß mit concentrirter Schwefelsaͤure oder Salzsaͤure (nicht aber Salpetersaͤure), welche darin einen schoͤn rochen in Orange stechenden Niederschlag verursachen, der auf ein Filter gebracht und gut ausgesuͤßt wird; man loͤst ihn in Alkohol auf und dampft ab. Die Substanz, welche man nun erhaͤlt, ist der rosenrothe Faͤrbestoff des Krapps. Rother Faͤrbestoff. Diese Substanz bildet eine rothbraune Masse von glaͤnzendem Bruch; kaltes Wasser lost davon kaum eine merkliche Menge auf; heißes mehr, ohne beim Erkalten etwas abzusezen. Die schwachen Sauren veraͤndern sie nicht; concentrirte Schwefelsaͤure loͤst sie in der Kaͤlte und noch leichter bei gelinder Waͤrme auf, ohne schwefliche Saͤure zu entwikeln. Die Salpetersaͤure greift sie nur in der Waͤrme an; es bilden sich weiße Floken, welche Schleimsaͤure zu seyn scheinen. Kali, Natron und Ammoniak loͤsen sie in der Kaͤlte sehr gut auf; die beiden ersteren geben eine schoͤn rothe Aufloͤsung, welche sich in Beruͤhrung mit der Luft nicht veraͤndert, waͤhrend die Aufloͤsung in Ammoniak sich in dem Maße truͤbt, als diese Basis sich verfluͤchtigt. Die kohlensauren Alkalien loͤsen sie ebenfalls auf und geben schoͤn orangerothe Fluͤssigkeiten. Die Saͤuren schlagen den Faͤrbestoff aus diesen verschiedenen Aufloͤsungen im unveraͤnderten Zustande nieder. Der Alkohol loͤst den rothen Faͤrbestoff schon bei der gewoͤhnlichen Temperatur auf; digerirt man ihn bei ungefaͤhr 40º C. laͤngere Zeit damit, so wird die Fluͤssigkeit so dunkelroth wie eine geistige Safranaufloͤsung. Bei gelinder Waͤrme verdunstet, hinterlaͤßt sie eine braune Substanz, welche ein kupferartiges und gruͤnes Farbenspiel zeigt. Aether loͤst ihn leichter auf als Alkohol, sowohl in der Kaͤlte als in der Waͤrme; durch die freiwillige Verdunstung erhaͤlt man den Faͤrbestoff in krystallinischen Nadeln. Das Alaunwasser loͤst den rothen Faͤrbestoff nicht merklich auf, wahrscheinlich weil er mit den Alaunerdesalzen unaufloͤsliche Verbindungen bildet. Erhizt man den rothen Faͤrbestoff in einer Glasroͤhre durch die Flamme einer Weingeistlampe, so zersezt er sich, indem er Spuren von Alizarin, die verschiedenen Producte der Pflanzensubstanzen, besonders Theer und eine voluminoͤse Kohle liefert. Faͤrbt man damit Zeuge, welche mit einem Alaunerdesalz gehoͤrig gebeizt sind, so ertheilt er ihnen eine ziegelrothe Farbe ohne Glanz, die aber sehr solid ist. Das Chlor zersezt ihn nur schwierig, selbst bei laͤngerer Einwirkung. Das salzsaure Zinnoxydul loͤst ihn in der Waͤrme leicht auf und bildet damit eine sehr dauerhafte Verbindung. Er loͤst sich auch in schwefelwasserstoffsaurem Ammoniak auf; die Fluͤssigkeit ist schoͤn braunroth. Zinnoxydul, mit ein wenig Kali vermischt, nimmt davon eine große Menge auf; die Fluͤssigkeit hat die Farbe der Safrantinctur, verbindet sich mit den Zeugen und ertheilt ihnen eine schmuzigrothe Farbe, welche durch aͤzende Alkalien reiner wird. Der roͤthe Faͤrbestoff wird von arseniksaurem und arsenichtsaurem Kali aufgeloͤst. Dergleichen von einer alkalischen Kieselerde- oder Alaunerde-Aufloͤsuug; bei den beiden lezteren kann aber das freie Alkali die Ursache seyn. Rosenrother Faͤrbestoff. Wenn man den Krapp mit kohlensaurem Natron behandelt, dann mit Alaunaufloͤsung digerirt und leztere Fluͤssigkeit mit Schwefelsaͤure niederschlaͤgt, so erhaͤlt man den rosenrothen Farbestoff, welcher getroknet eine feste Masse bildet, die auf dem Bruch harzig wie Gummigutt ist; gepulvert gibt sie eine herrliche rosenrothe Farbe, welche vielleicht in der Mahlerei vorteilhaft angewandt werden koͤnnte. Verduͤnnte Schwefelsaͤure greift ihn nicht an. Concentrirte Salpetersaͤure zersezt ihn in der Kaͤlte; man erhaͤlt eine gelbe Fluͤssigkeit, welche kleine Krystalle von Kleesaͤure absezt. Die aͤzenden Alkalien loͤsen ihn in der Kaͤlte auf; die Fluͤssigkeit hat eine schoͤne violette Farbe, welche beim Erhizen intensiver wird; saͤttigt man sie mit Schwefelsaͤure, so wird sie gelblichroth. Laͤßt man die Aufloͤsung des rosenrothen Faͤrbestoffs in Kali einige Zeit lang stehen, so entfaͤrbt sie sich, indem der Faͤrbestoff niederfaͤllt; der rothe Faͤrbestoff zeigt hingegen ein verschiedenes Verhalten. Die kohlensauren Alkalien loͤsen in der Kaͤlte den rosenrothen Faͤrbestoff auf; die Fluͤssigkeit ist orseilleroth; beim Erkalten sezt sich der Faͤrbestoff ab. Der Alaun und die aufloͤslichen Alaunerdesalze loͤsen ihn sehr leicht auf; die Fluͤssigkeit ist schoͤn kirschroth. Dagegen ist der rothe Faͤrbstoff des Krapps in diesen Salzen unaufloͤslich. Das Wasser loͤst nur sehr wenig von dem rosenrothen Faͤrbestoff auf. Der Alkohol loͤst ihn schon in der Kaͤlte auf und in groͤßerer Menge in der Waͤrme. Die Aufloͤsung ist schoͤn kirschroth; durch Zusaz von Kali wird sie violettroth und nach einiger Zeit schlaͤgt sich der Faͤrbestoff nieder. Krapp, welchem man die gummige Substanz und durch kohlensaures Natron oder salzsaures Zinnoxydul auch den rothen Faͤrbestoff entzogen hat, liefert eine ganz aͤhnliche Fluͤssigkeit. Aether loͤst den rosenrothen Faͤrbestoff auf; die Fluͤssigkeit hat eine dunklere Farbe als die mit Alkohol erhaltene. Diese beiden Fluͤssigkeiten geben beim Verdunsten 4 bis 5 Linien lange nadelfoͤrmige Krystalle. Das Chlor zerstoͤrt den rosenrothen Faͤrbestoff leichter als den rothen. Beim Erhizen zersezt er sich wie der rothe Stoff und gibt ein wenig Alizarin. Das salzsaure Zinnoxydul loͤst diesen Farbestoff nicht auf. Schwefelwasserstoffsaures Ammoniak loͤst ihn schon in der Kaͤlte auf; die Fluͤssigkeit ist dunkelroth und wird bei laͤngerer Beruͤhrung mit uͤberschuͤssigem Faͤrbestoff noch dunkler. Zinnoxydul, welches man mit einigen Tropfen Kali versezt, loͤst schon in der Kaͤlte den rosenrothen Farbestoff in allen Verhaͤltnissen auf; die Fluͤssigkeit ist außerordentlich schoͤn roth und ertheilt den Zeugen eine schoͤne reine rosenrothe Farbe. Concentrirte Schwefelsaͤure loͤst den rosenrothen Faͤrbestoff in der Kaͤlte auf und nimmt eine schoͤne kirschrothe Farbe an; versezt man die Fluͤssigkeit mit Wasser, so schlaͤgt sich der Faͤrbestoff nieder, ohne eine Veraͤnderung erlitten zu haben. Arseniksaures und arsenichtsaͤures Kali loͤsen den rosenrothen Faͤrbestoff auf; Alaunerde- oder Kieselerde-Solution in Aezkali, deßgleichen; die beiden lezteren vielleicht durch ihr uͤberschuͤssiges Alkali. Die angefuͤhrten Eigenschaften der beiden Faͤrbestoffe, welche wir im Krapp fanden, leiteten uns auf ein sehr einfaches Verfahren sie darzustellen: es besteht darin, die gummige Substanz auf oben angegebene Weise zu zerstoͤren und den ausgewaschenen Krapp mit Zinnoxydul zu behandeln, welches mit ein wenig Aezkali gemischt ist. Man erhaͤlt eine sehr dunkle rothe Fluͤssigkeit, in welcher ein mit Alaun gebeizter Zeug in wenigen Augenbliken eine sehr intensive braunrothe Farbe annimmt. Durch das mit Kali gemischte Zinnoxydul kann man dem Krapp die beiden Faͤrbestoffe, welche er enthaͤlt, vollstaͤndig entziehen. Wenn man nun einige Tropfen Saͤure zusezt, so fallen diese beiden Substanzen in rothen Floken nieder, welche man sorgfaͤltig auswascht; behandelt man sodann diesen Niederschlag mit einer Alaunaufloͤsung, so loͤst sich der rosenrothe Faͤrbestoff auf und man erhaͤlt als Ruͤkstand den rothen Faͤrbestoff, welchen man nur auszuwaschen braucht, um ihn von dem rosenrothen zu trennen. Wollte man sodann die beiden Faͤrbestoffe in vollkommen reinem Zustande erhalten, so muͤßte man den rosenrothen aus der Alaunaufloͤsung mit Schwefelsaͤure niederschlagen und jeden in Alkohol, oder besser, in Aether aufloͤsen, aus welchen sie sich beim freiwilligen Verdunsten in krystallinischen Nadeln ausscheiden wuͤrden. Man kann auch aus rohem Krapp und ohne vorher die gummige Substanz zersezt zu haben, die Faͤrbestoffe erhalten, wenn man ihn mit salzsaurem Zinnoxydul behandelt; 30 Gramme von diesem Salze sind fuͤr ein Kilogramm Krapp vollkommen hinreichend. Aus den angefuͤhrten Thatsachen geht hervor, daß der Krapp zwei verschiedene Faͤrbestoffe enthaͤlt, welche, indem sie sich in mannigfaltigen Verhaͤltnissen verbinden, die lebhaften und dauerhaften Farben hervorbringen, die man in den Faͤrbereien mittelst Krapp producirt. Wenn man bisher den rothen Faͤrbestoff des Krapps nicht auffand, so ist die Ursache davon wahrscheinlich diese, daß man immer das faͤrbende Princip der schoͤnen Lake, deren Bereitungsart Hr. Mérimée beschrieben hat, darzustellen sich bemuͤhte. Hr. Kuhlmann aber, welcher den rothen Faͤrbestoff ausschied, trennte ihn nicht von dem rosenrothen, womit er verbunden war, was wie wir gezeigt haben, durch Alaunerdesalze geschehen kann.