Titel: Ueber einige verschiedene Methoden den Kautschuk zu verarbeiten. Von Gillet de Grandmont.
Fundstelle: Band 46, Jahrgang 1832, Nr. CVII., S. 409
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CVII. Ueber einige verschiedene Methoden den Kautschuk zu verarbeiten. Von Gillet de Grandmont. Aus dem Journal des connaissances usuelles. Januar 1832, S. 28. Grandmort, uͤber das Verarbeiten des Kautschuks. Man bedient sich des Kautschuks oder Federharzes schon seit sehr langer Zeit, um Zeichnungen oder Schriftzuͤge, welche mit Bleistift auf Papier gemacht wurden, wieder auszuloͤschen; erst in neueren Zeiten fing man jedoch an diese sonderbare Substanz auch zur Verfertigung von wasserdichten Zeugen, zu verschiedenen elastischen Geweben und mehreren anderen Zweken zu verwenden. Der Kautschuk wird hauptsaͤchlich von zwei westindischen Pflanzen, der Jatropha elastica und der Hevea Caoutchou gewonnen. Die Eingebornen tragen naͤmlich den Saft dieser beiden Baͤume auf Model auf, und erzeugen auf diese Weise verschieden geformte Massen, besonders aber eine Art von Flaschen, auf denen sie verschiedene Figuren anbringen. Um den Kautschuk zu troknen, sezen sie denselben der Flamme harziger Holzarten aus; die Nußtheilchen dieser Flamme sezen sich auf die Kautschukschichten ab, und geben demselben die dunkle Farbe, welche man an den im Handel vorkommenden Stuͤken findet. Der beruͤhmte Humboldt brachte den HH. Fourcroy und Vauquelin eine Quantitaͤt Saft der Hevea Caoutchou mit, mit welcher diese Chemiker verschiedene Versuche anstellten, und aus der sie ganz weißen Kautschuk erhielten. Der Kautschuk wuͤrde uͤberhaupt immer weißlich seyn, wenn er nicht auf die angegebene Weise getroknet und dadurch geschwaͤrzt wuͤrde. Seit man den Kautschuk zu verschiedenen groͤßeren Zweken anzuwenden anfaͤngt, lassen die Englaͤnder solche Massen kommen, welche noch keine Zubereitung erlitten haben; diese Massen schneiden sie dann, je nach den Gegenstaͤnden, die daraus verfertigt werden sollen, in verschiedene Formen. So verschaffen sie sich z.B. sehr duͤnne Platten und Streifen, aus denen man mit Leichtigkeit allerlei elastische Gewebe verfertigen kann. Der Kautschuk in Flaschen, der im Handel nach Frankreich kommt, laͤßt sich nicht so gut hiezu verwenden, indem man beim Zerschneiden derselben zu viel an Abfaͤllen verliert. Eben so findet man nur in England die diken Kautschukstuͤke, welche zum Ausloͤschen der Graphitzuͤge am besten geeignet sind. Man hat bereits zu wiederholten Malen versucht solche Kautschukstuͤke, welche den eben erwaͤhnten aͤhnlich sind, zu erzeugen; allein immer ohne Erfolg. Man kann zwar mehrere kleine, duͤnne Kautschukplatten zusammenkitten, und auf diese Weise dike Stuͤke erhalten; allein diese Stuͤke sehen, wenn man sie durchschneidet, ganz anders aus, als der englische Kautschuk; sie sind glaͤnzend und zeigen deutlich alle Loͤthungen, waͤhrend die diken englischen Kautschukstuͤke ein ganz gleichfoͤrmiges Gefuͤge und keinen Glanz besizen. Der Grund dieses verschiedenen Aussehens beruht bloß auf der verschiedenen Bereitung; die englischen Kautschukstuͤke sehen bloß deßwegen ganz gleichfoͤrmig aus, weil die Englaͤnder sie aus großen diken Kautschukmassen schneiden, keineswegs aber zusammenleimen oder zusammenkitten. Der Kautschuk laͤßt sich selbst in duͤnnen Schichten nur schwer schneiden; noch groͤßer ist die Schwierigkeit aber, wenn das Stuͤk groß ist. Es gibt jedoch einen sehr einfachen Handgriff, nach welchem man ihn sehr leicht in Streifen von jeder beliebigen Dike zu schneiden im Stande ist, und welchen Hr. d'Arcet bei seinem juͤngsten Aufenthalte in England kennen lernte. Wenn man den Kautschuk mit dem Messer schneiden will, so haͤngt sich die Kautschuksubstanz an die Klinge an, so daß dieselbe nach allen Richtungen gezerrt wird; der Schnitt kann daher bei dieser Bewandtniß um so weniger rein werden, als man oͤfter und saͤgefoͤrmig wirkend mit dem Messer auf eine und dieselbe Stelle zuruͤkkommen muß. Will man nun einen Schnitt von großer Reinheit haben, so braucht man nichts weiter, als die Messerklinge zu benezen. Auf diese Weise kann man aus dem Kautschuk eben so leicht als aus dem Grierserkaͤse, mit welchem der Kautschuk in Masse wirklich einige Aehnlichkeit hat, Platten von jeder beliebigen Dike schneiden; nach dieser Methode schneidet man z.B. in England die duͤnnen Streifen, welche zu Hosentraͤgern, elastischen Schnuͤrriemen u. dergl. verarbeitet werden. Dieser gewiß hoͤchst einfache Handgriff verdient allgemein bekannt zu seyn. Will man sich sehr lange Streifen verschaffen, so schneidet man dieselben aus Kautschukflaschen, welche man bestaͤndig umdreht, waͤhrend man sie an die Messerklinge haͤlt. Diese Operation geht, wenn das Ganze unter Wasser getaucht ist, sehr rasch, und die Dike der Streifen haͤngt ganz und gar von dem Willen und Gutduͤnken des Arbeiters ab. Aus diesen Streifen kann man, wenn man sie gehoͤrig schlingt, sehr elastische Schnuͤre und Strike erhalten, die in vielen Faͤllen ganz ausgezeichnete Dienste leisten. Wenn man die Raͤnder einer Kautschukplatte, welche eben erst entzwei geschnitten worden, wieder so genau als moͤglich mit einander in Beruͤhrung bringt, so entsteht dadurch eine Loͤthung oder Kittung von solcher Festigkeit, daß das Stuͤk eher an einer anderen, als an der geloͤtheten Stelle zerrissen werden kann. Berzelius benuzte diese Eigenschaft, um nach derselben Kautschukroͤhren zu verfertigen, welche wegen ihrer Undurchdringlichkeit, wegen der Leichtigkeit ihrer Anwendung, und wegen der Verhinderung der Unfaͤlle, die durch das Brechen der glaͤsernen Roͤhren oft entstehen, bei verschiedenen chemischen Operationen die vortrefflichen Dienste leisten. Die Verfertigung dieser Roͤhren ist sehr leicht und einfach, nur ist auch hier ein kleiner Kunstgriff noͤthig. Man verschafft sich naͤmlich vorlaͤufig eine Kautschukplatte von beilaͤufig solchen Dimensionen, als sie zur Verfertigung der Roͤhre noͤthig sind. Eine solche Platte kann man erhalten, wenn man eine Kautschukflasche aufschneidet. Wenn die Loͤthung vollkommen gut gelingen soll, so muß das Stuͤk uͤberall, so viel als moͤglich, gleiche Dike haben; in dieser Hinsicht ist man aber bei uns sehr uͤbel daran, da die Flaschen, die man bei uns im Handel trifft, meistens sehr ungleiche Dike haben, und daher einen großen Verlust veranlassen. Die Schere, womit man den Kautschuk zerschneidet, muß, wenn die Loͤthung vollkommen erfolgen soll, lange und so scharf schneidende Blaͤtter haben, daß man den Kautschuk mit einem Male zu durchschneiden im Stande ist. Gelingt der Schnitt nicht mit einem Male und muß er wiederholt werden, so bleiben meistens mehrere Punkte, welche sich schlecht oder gar nicht loͤthen. Die frischen Schnittflaͤchen muͤssen einander sogleich und sehr genau genaͤhert werden, wobei man sie mit den Naͤgeln der beiden Daumen zusammenpreßt. Sehr in Acht nehmen muß man sich, die zarten Schnittflaͤchen, nicht mit den Fingern zu beruͤhren, weil die Loͤthung sonst an den beruͤhrten Stellen unvollkommen werden wuͤrde. Ist Alles dieß geschehen, so ist die Roͤhre fertig, und man kann sich derselben dann, wenn sie mit gehoͤriger Vorsicht verfertigt worden, auch alsogleich bedienen, ohne daß man befuͤrchten darf, daß sie wieder auseinander weiche. In England gibt es große duͤnne Kautschukplatten, welche sich ganz vorzuͤglich zur Verfertigung von Roͤhren eignen; man erleidet naͤmlich keinen Verlust an Material, und die Vereinigung erfolgt bei der gleichfoͤrmigen Dike des Stuͤkes viel genauer und inniger. Wenn diese Platten im Handel vorkaͤmen, so koͤnnten sich die Chemiker in allen Laͤndern leicht beliebige Kautschukroͤhren, die gewiß von großem Vortheile fuͤr sie seyn wuͤrden, verfertigen. Die Schwierigkeit, sich bei der Zusammensezung eines Apparates Stoͤpsel zu verschaffen, welche kein Gas entweichen lassen; das Unangenehme, welches das haͤufige Zerbrechen gewisser Theile, z.B. das Einsezen der Roͤhren in die Flaschen, mit sich bringt; die Unbiegsamkeit einzelner Theile des Apparates: Alles dieß sind Unannehmlichkeiten, welche die Chemiker nur zu gut kennen, und die bei der Anwendung von Roͤhren aus Kautschuk gaͤnzlich verschwanden. Nur in dem Falle, in welchem sich Wasserdampf entwikelt, sind diese Roͤhren untauglich, da der Wasserdampf durch dieselben dringt, waͤhrend keine andere Dampf- oder Gasart durch den Kautschuk entweicht. Hieraus allein erhellt schon, daß sowohl der Handel, als die Kuͤnste bedeutend gewinnen wuͤrden, wenn man den Kautschuk in Platten und nicht in Flaschen einfuͤhren wuͤrde. Man kann aus dem Kautschuk auch Blasen, welche zu vielen chemischen Versuchen sehr geeignet sind, verfertigen; selbst kleine Ballons, welche sich, wenn sie mit Wasserstoffgas gefuͤllt werden, in der Luft emporheben, kann man daraus machen. Prof. Mittchell zu Philadelphia hat ein sehr leichtes Verfahren zu diesem Behufe bekannt gemacht. Man weicht naͤmlich Kautschukstaschen in Schwefelaͤther, und blaͤst diese dann, wenn sie hinreichend erweicht sind, bis zur beliebigen Groͤße auf. Wenn dieses Einblasen sehr schnell geschieht, wenn die Dike der Waͤnde der Flaschen nicht zu ungleich, und wenn die Erweichung gehoͤrig weit gediehen ist, so kann man auf diese Weise selbst sehr große Blasen mit sehr duͤnnen Wanden erhalten. Will man Blasen bekommen, welche sich von selbst zusammenziehen, so darf man sie nur so lange mit Luft aufgeblasen lassen, bis sie halb getroknet sind; denn laͤßt man sie vollkommen troken werden, so bleiben sie dann wie sie sind, und ziehen sich nicht wieder zusammen. Sehr große Ballons, welche sehr leicht sind, und welche, wenn sie mit Wasserstoffgas gefuͤllt sind, sehr schnell in der Luft emporsteigen, kann man verfertigen, wenn man gut erweichte Kautschukflaschen mit einer Drukpumpe aufblaͤst. Dergleichen Ballons von ungeheurer Groͤße hat man zu London.Wir sahen einen Fabrikanten, welcher sogenannte elastische Sonden, Bougiren und dergl. verfertigt, Kautschuk-Flaschen aufblasen, nachdem er sie vorher nur 1 bis 2 Stunden lang in Wasser gekocht hatte. A. d. O. (Die aufgeblasenen Kautschuk-Ballons wurden vor einiger Zeit und neuerdings wieder auch als Schwimmblasen empfohlen. Hr. Baddeley warnt aber im Mechanics Magazine N. 477 vor diesem Gebrauche, indem er sich uͤberzeugt haben will, daß die Ballons, wenn sie laͤnger aufgeblasen erhalten werden, immer schwaͤcher und schwacher werden, so daß sie zulezt in Folge eines leichten Drukes oder Stoßes zerplazen koͤnnen. Wir glauben, daß dieser Vorwurf nur jene Ballons treffen kann, welche man bei der Bereitung bis zum vollkommenen Troknen aufgeblasen ließ, und welche daher ihre Elasticitaͤt großen Theils verloren; jene Ballons, die man sich aber zum Theile wieder selbst zusammenziehen ließ, duͤrften kaum so bruͤchig seyn, wie Hr. Baddeley behauptet.A. d. Ueb.) Da die Kautschukflaschen an verschiedenen Stellen verschiedene Diken haben, so wuͤrden die erweichten Flaschen, ohne einen gewissen Handgriff, an einzelnen Stellen durch das Aufblasen zu duͤnn werden und zerreißen, waͤhrend sie an anderen hingegen zu dik bleiben. Dieser Handgriff, mittelst welchem man, wenn man einige Uebung und Geschiklichkeit besizt, Ballons von ziemlich gleichmaͤßiger Dike erhalten kann, besteht darin, daß man die duͤnneren Stellen in dem Maße als die Ausdehnung in Folge des Aufblasens fortschreitet, mit der Hand zusammendruͤkt, damit die comprimirte Luft auf die dikeren Stellen mehr wirke, als auf die duͤnneren. Der Kautschuk laͤßt sich noch auf eine andere Weise anwenden und bearbeiten; naͤmlich durch Aufloͤsen desselben in verschiedenen Reagentien. Die besten Aufloͤsungsmittel fuͤr den Kautschuk sind der Aether und das Oehl, welches man bei der Destillation der Steinkohlen erhaͤlt: ersteres ist viel theuerer und kann fuͤglich durch lezteres ersezt werden. Gewoͤhnlich erweicht man den Kautschuk, ehe man ihn in die Aufloͤsungsfluͤssigkeit bringt, in siedendem Wasser oder in Dampf; die Aufloͤsung erfolgt jedoch auch ohne diese Vorsichtsmaßregel vollkommen. Die Kautschukaufloͤsung wird gewoͤhnlich zur Verfertigung wasserdichter Zeuge benuzt. Sie wird zu diesem Behufe auf die Zeuge aufgetragen, und wenn dieß geschehen, so werden zwei Stuͤke mit einander vereinigt und die uͤberschuͤssige Fluͤssigkeit ausgepreßt. Solche Zeuge sind, wenn sie gehoͤrig mit Kautschuk uͤberzogen werden, vollkommen wasserdicht und selbst luftdicht. Sie dienen unter anderem auch zu den bekannten Luftkissen, welche Reisenden so gut zu Statten kommen. Zu bemerken ist jedoch, daß oͤhlige Substanzen, welche laͤngere Zeit mit diesen Zeugen in Beruͤhrung bleiben, dieselben nach Verlauf einer gewissen Zeit mehr oder weniger zu veraͤndern im Stande sind. Wenn der Kautschuk in einer Fluͤssigkeit aufgeloͤst gewesen, so erhaͤlt er, wenn er auch wieder fest wird, nicht alle seine fruͤheren Eigenschaften wieder; er bleibt immer mehr oder weniger schmierig. Nach Hrn. Prof. Mittchell soll jedoch das Sassafrasoͤhl den Kautschuk sehr leicht aufloͤsen, und ihn nach dem Verduͤnsten des Aufloͤsungsmittels wieder in seiner urspruͤnglichen Elasticitaͤt und mit allen seinen fruͤheren Eigenschaften versehen, zuruͤklassen.