Titel: Ueber die Silberprobe auf nassem Wege; von Ferdinand Oechsle, großherzogl. bad. Gold-Controleur und Mechanikus in Pforzheim.
Autor: Christian Ferdinand Oechsle [GND]
Fundstelle: Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XXII., S. 116
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XXII. Ueber die Silberprobe auf nassem Wege; von Ferdinand Oechsle, großherzogl. bad. Gold-Controleur und Mechanikus in Pforzheim. Mit Abbildungen auf Tab. II. Oechsle, uͤber die Silberprobe. Ueber die Silberprobe auf nassem Wege uͤberhaupt. Das Wesentliche bei dieser Methode besteht darin, daß man eine kleine genau gewogene Menge Silber in reiner Salpetersaͤure aufloͤst, das Silber mit Kochsalzaufloͤsung niederschlaͤgt und aus der angewandten Menge Salzwassers den Feingehalt des Silbers bestimmt. Man kann die Menge des angewandten Salzwassers durch Messen, genauer aber durch Waͤgen ermitteln. Der Apparat zum Waͤgen besteht in zwei Wagen, wovon die kleine zum Waͤgen des Silbers bestimmt ist. Die Gewichte zum Waͤgen des Salzwassers sind bezeichnet mit 8, 4, 2, 1 Loth. Das Loth ist in 18 Graͤns abgetheilt, und die Gewichte bestehen in 9, 6, 3, 2, 1, 1/2, 1/4 Graͤn. Ein besonderes Gewichtchen mit Probirmark bezeichnet, dient zum Waͤgen des zu probirenden Silbers. Ein Flaͤschchen mit gutschließendem Glasstoͤpsel (circa 1/2 Schoppen fassend) dient zum Aufloͤsen des Silbers in Salpetersaͤure, ein aͤhnliches, etwas kleiner, ist fuͤr das Salzwasser bestimmt. An lezterem befindet sich eine Scale, welche oben mit O anfaͤngt und unten mit 16 endigt; dieses wird bis zu O der Scale mit Salzwasser gefuͤllt, auf die Wage gestellt, saͤmmtliche Salzwassergewichte auf die andere Schale gelegt und die Wage genau ins Gleichgewicht gebracht. Beispiel einer Probe. Man loͤse 1 Probirmark duͤnngeschlagenen Silbers in zwei Mal so viel Salpetersaͤure von 38 Grad nach Beck auf, als die Scheidwasserpipette bis an ihr Zeichen faßt. Die Aufloͤsung wird in dem großen Flaͤschchen vorgenommen und durch leichtes Erwaͤrmen des Glases beschleunigt. Die braunen Daͤmpfe, welche sich in dem Glase bilden, treibt man heraus, indem man mit der Scheidewasserpipette hineinblaͤst. Weiß man nun den Feingehalt seines Silbers durch die Strichprobe auf ein Loth genau, so kann man die Probe um Vieles abkuͤrzen. Weiß man z.B., daß das Silber wenigstens 13loͤthig ist, so kann man 13 Loth Salzwasser auf ein Mal zu der Aufloͤsung gießen, und wenn das Flaͤschchen tuͤchtig geschuͤttelt worden, verfahre man auf folgende Weise: Man gieße nach und nach von dem abgewogenen Salzwasser so viel in die Silberaufloͤsung, als noch ein Niederschlag oder eine Truͤbung Statt findet. Nach jedem Zuguß von Salzwasser muß der Pfropf aufgesezt und das Flaͤschchen stark geschuͤttelt werden. Durch dieses Schuͤtteln sezt sich das Silber schnell zu Boden, und die uͤberstehende Fluͤssigkeit wird klar und hell, so daß die kleinste Truͤbung von weiter hinzugeseztem Salzwasser zu bemerken ist. Wenn man dem Saͤttigungspunkte nahe ist, so bedient man sich der Glasroͤhre mit den Marken. Jeder Strich an dieser Glasroͤhre entspricht einem Graͤn Silber. Das unterste Graͤn ist noch in zwei Theile getheilt, so, daß man bis auf 1/2 Graͤn aussaͤttigen kann. In diese Roͤhre saugt man kleine Mengen Salzwasser ein, sezt einen Finger oben auf, damit nichts, waͤhrend des Heruͤbertragens, auslaufe und blaͤst das Salzwasser in die Silberprobe aus. Je naͤher man dem (Ende) Saͤttigungspunkt kommt, was an der schwaͤchern Truͤbung zu erkennen ist, um so kleinere Mengen Salzwasser muß man auf ein Mal zusezen; zulezt nimmt man nur von 1/2 Graͤn zu 1/2, Graͤn, bis keine Truͤbung mehr erfolgt. Wuͤrde bei dem lezten zugesezten 1/2 Graͤn Salzwasser keine Truͤbung mehr erfolgen, so muͤßte dieses der Probe abgerechnet werden. Hat man auf diese Weise den Saͤttigungspunkt erreicht und nicht uͤberschritten, so nehme man so viel Gewichte von der Wage, bis das Gleichgewicht wieder erfolgt. Die abgenommenen Gewichte zeigen nun an, wie viel man Salzwasser gebraucht hat, und wie viel fein Silber in der Mark enthalten ist. Will man die Genauigkeit der Saͤttigung aufs Aeußerste treiben, so verduͤnne man eine kleine Menge Salzwassers auf das Zehnfache, indem man mit der Roͤhre 2 Graͤns Salzwasser in ein besonderes Glaͤschen bringt und dieses mit 18 Graͤns Wasser verduͤnnt und die Aussaͤttigung mit diesem zehnfach verduͤnnten Salzwasser vollendet. Haͤtte man bei einer Probe 13 Loth 6 Graͤns Salzwasser von der Wage genommen und zu der Aussaͤttigung noch 8 Graͤns von dem zehnfach Verduͤnnten gebraucht, so waͤre das Resultat der ganzen Probe 13 Loth 6 8/10 Graͤns. Bei Behandlung der Silberprobe hat man sich zu huͤten, daß das Sonnenlicht dieselben nicht trifft, denn dieses zersezt einen kleinen Theil des Silberniederschlags (Chlorsilber), es wird ein wenig Chlor frei, und somit wird der Silbergehalt etwas geringer ausfallen, als er wirklich ist. Um sich vollkommen vor der Einwirkung des Lichts sicher zu stellen, laͤßt man sich von Kartenpapier eine Roͤhre machen, die mit schwarzem Papier ausgefuͤttert ist und uͤber das Probirglas paßt. So lange man schuͤttelt und die Probe zum Hellwerden stehen laͤßt, bleibt die Roͤhre uͤber dem Glas, nur bei dem Zubringen des Salzwassers entfernt man diese Bedekung, um die Truͤbung wahrnehmen zu koͤnnen. Bei bedektem Himmel an truͤben Tagen kann jedoch diese Vorsichtsmaßregel fuͤglich unterlassen werden. Beispiel einer Probe, wobei das Salzwasser gemessen wird. Hiezu hat man drei Pipetten von folgendem Inhalt, als 4, 2 und 1 Loth fassend. Ihre Form ist in Fig. 9 zu ersehen. An der duͤnnen Roͤhre ab befindet sich ein Zeichen O, wie weit die Pipette gefuͤllt werden darf. Ferner gebraucht man ein Glasroͤhrchen mit hoͤlzernem Fuß Fig. 10. Diese Roͤhre faßt 1 Loth Salzwasser, wenn man sie bis zu O der Scale fuͤllt. Die Scale ist in 18 Graͤns eingetheilt und zaͤhlt von Oben nach Unten, damit man auf den ersten Blik sieht, wie viel man Salzwasser herausgenommen hat. Hat man eine Silberprobe in dem Probeglas aufgeloͤst, und man weiß, daß dieselbe gewiß uͤber 12loͤthig seyn wird, so fuͤllt man die 4 Loth haltende Pipette Fig. 9 drei Mal mit Salzwasser, bringt dieses in das Probeglas und schuͤttelt es tuͤchtig. Nun fuͤlle man die Roͤhre Fig. 10 bis zu O mit Salzwasser und nehme mit der kleinen Pipette Fig. 11 ein wenig aus der gefuͤllten Roͤhre und bringe es in die Probe. Truͤbt sich diese noch stark, so kann man immer noch 2 bis 3 Graͤns nachtragen. Nach jedem Schuͤtteln wird nur mit 1 oder 1/2 Graͤn Salzwasser versucht, ob noch eine Truͤbung erfolgt. Wenn man dem Ziele nahe ist, so erfolgt die Truͤbung langsam und schwach, man muß 6–10 Secunden warten und das Probeglas ein wenig bewegen, um das lezte Woͤlkchen wahrzunehmen. Ist nun die Probe ausgesaͤttigt, so sehe man nach, wie viel man Graͤns Salzwasser aus der graduirten Roͤhre genommen habe. Waͤren es 13 Graͤns, so wuͤrde der Feingehalt der Probe 12 Loth und 13 Graͤns in der Mark seyn. Wenn man die Silberprobe durch Messen des Salzwassers bewerkstelligt, so darf die Temperatur desselben nicht unbeachtet bleiben, weil die Waͤrme alle Fluͤssigkeiten ausdehnt und die Kaͤlte sie zusammenzieht. Man bemerke sich also die Temperatur, bei welcher das Salzwasser bereitet und berichtigt wurde, und bringe es wieder auf dieselbe zuruͤk, ehe man zu messen und zu probiren anfaͤngt. Correction der Silberproben. Nicht nur Anfaͤngern, sondern auch Geuͤbtern widerfaͤhrt es zuweilen, daß sie eine Silberprobe uͤbersaͤttigen, d.h. mehr Salzwasser in dieselbe bringen, als ihre Saͤttigung erfordert. Eine solche Probe waͤre verdorben, wenn man kein Mittel haͤtte, sie zu corrigiren. Zu diesem Behufe haͤlt man sich eine verduͤnnte Silberaufloͤsung in Bereitschaft, deren Silbergehalt genau bekannt ist, und troͤpfelt von dieser so viel in die Probe, als noch eine Truͤbung erfolgt. Diese verduͤnnte Silberaufloͤsung bereitet man auf folgende Weise. Line Probirmark feines Silber wird in 1 Loth Salpetersaͤure aufgeloͤst, diese Aufloͤsung aber mit reinem (destillirtem) Wasser verduͤnnt, bis sie genau 16 Loth des Salzwassergewichts wiegt. Da nun in diesen 16 Loth Fluͤssigkeit 1 Probirmark feines Silber enthalten ist, so muͤssen sich gleiche Theile Silberaufloͤsung und Salzwasser genau neutralisiren oder ausgleichen. Will man eine durch Uebersaͤttigung verungluͤkte Probe corrigiren, so reinige man die kleine Pipette von anhaͤngendem Salzwasser, indem man einige Mal reines Wasser durchtreibt, und nehme 1/2 oder 1 Graͤn Silberaufloͤsung und bringe sie in die Silberprobe, und fahre hiemit so lange fort, als noch eine Truͤbung erfolgt, denn das uͤberschuͤssige Salzwasser, welches sich in der verungluͤkten Probe befindet, verursacht wieder eine Truͤbung. Haͤtte man auf diese Weise 2 1/2 Graͤns Silberaufloͤsung zur Ausgleichung des uͤberschuͤssigen Salzwassers verwenden muͤssen, so waͤren diese 2 1/2 Graͤns von der uͤbersaͤttigten Probe abzuziehen. Eine genau gesaͤttigte Probe erkennt man daran, daß sie sich weder durch einen Tropfen Salzwasser, noch durch einen Tropfen Silberaufloͤsung truͤbt. Bereitung und Richtigstellung des Salzwassers. Man wird leicht einsehen, daß von der Richtigstellung des Salzwassers die Genauigkeit der Probe abhaͤngt. Es darf daher weder zu viel noch zu wenig Salz enthalten, weil in beiden Faͤllen die Silberprobe unrichtig ausfallen wuͤrde. Man wiege 9 Pfd. oder 288 Loth reines Wasser in einer passenden Flasche; in diesem loͤse man 3 1/4 Loth stark, bis zum Knistern, getroknetes, Kochsalz auf. Nun probire man, ob dieses Salzwasser zu stark oder zu schwach sey, welches man auf folgende Weise findet. Man loͤst 1 Probirmark feines Silber in 1 Loth Salpetersaͤure auf und verfaͤhrt, wie bei dem Beispiel der Silberprobe angegeben wurde, und beobachtet, wie viel man Salzwasser zum Niederschlagen des Silbers verwenden muß. Haͤtte man 15 Loth 16 Graͤns verwendet, so waͤre das Salzwasser um 2 Graͤns zu stark, und man muͤßte fuͤr jedes Graͤn 1 Loth, also in diesem Falle 2 Loth Wasser obigen 9 Pfd. zusezen. Ich waͤhlte die Zahl 9 Pfd. oder 288 Loth Wasser aus dem Grunde, weil 1 Mark Silber 288 Graͤns hat. Dadurch erspart man sich eine Rechnung, indem man gerade so viel Lothe Wasser zuzufuͤgen hat, als die Probe mit feinem Silber zu wenig Graͤns anzeigt. Im entgegengesezten Falle, wenn man z.B. 16 Loth 2 Graͤns Salzwasser zum Niederschlagen des Silbers verwendet haͤtte, waͤre das Salzwasser um 2 Graͤns zu schwach und man muͤßte fuͤr jedes Graͤn den 288sten Theil von 3 1/4 Loth Salz zusezen, welches auf einen Graͤn Silber 2 5/7 Medicinalgrane, also hier 5 3/7 Gran Kochsalz betraͤgt. Man wiederhole die Probe mit feinem Silber noch ein Mal und sehe nach, ob 16 Loth Salzwasser genau eine Probirmark Silber niederschlagen. Ist das Salzwasser berichtigt, so verwahre man es in wohlverpfropften Glaͤsern an einem kuͤhlen Orte. Anmerkung. Ich habe mir bei der Bereitung des Salzwassers folgende Regeln zu Grunde gelegt, daß naͤmlich 1600 Medicinalgrane Salzwasser genau 32 Grane reines Silber niederschlagen. Die sogenannte Probirmark wiegt 32 Medicinalgran und 100 Gran Salzwasser faͤllen 1 Loth Silber in der Mark. Die Salzwasser- oder Probir-Gewichte sind also nach dieser Regel abgeglichen. Pruͤfung und Reinigung der Salpetersaͤure fuͤr die Silberprobe. Gewoͤhnlich ist die Salpetersaͤure mit mehr oder weniger Salzsaͤure verunreinigt, wovon man sich sogleich uͤberzeugen kann, wenn man einige Tropfen Silberaufloͤsung in dieselbe fallen laͤßt; enthaͤlt sie Salzsaͤure, so entsteht eine Truͤbung und es bildet sich Chlorsilber; man schuͤttelt die Salpetersaͤure, laͤßt sie so lange ruhig stehen, bis sie wieder vollkommen hell geworden, und probirt sie wieder mit ein oder zwei Tropfen Silberaufloͤsung. Bleibt sie nun klar, so hebt man sie zum Gebrauche auf. Wuͤrde man aber mehr Silberaufloͤsung in die Salpetersaͤure bringen, als zur Beseitigung der Salzsaͤure noͤthig war, so wuͤrde sie silberhaltig werden, was den damit gemachten Silberproben einen hoͤheren Gehalt geben wuͤrde. Diese Salpetersaͤure muß nach dem Beck'schen Araͤometer 38 Grad haben. Weder Silberaufloͤsung noch Salzwasser darf sie truͤben, wenn sie rein seyn soll.Die verschiedenen Probirapparate fuͤr Gold- und Silberproben liefert Hr. Mechanikus Ferd. Oechsle in Pforzheim fuͤr beigesezte Preise:Probirwagen in Glaskasten, 1/10 Milligramme angebend; die Probirgewichte sind dabei von Carneol 60 fl.Vollstaͤndiger Probirapparat fuͤr Goldproben nach seiner Methode, mit saͤmmtlichen Instrumenten und gedruktem Unterricht 44 fl.Kleine Probirwaͤgchen, die 1/5 Milligramme angeben12 fl.Probirapparate fuͤr Silberproben aus nassem Wege, zum Waͤgen des Salzwassers, in eleganten Etuis mit gedruktem Unterricht 18 fl.Detto zum Messen des Salzwassers12 fl.A. d. R.

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