Titel: Einiges über das Fabrikwesen in Nord-Amerika.
Fundstelle: Band 50, Jahrgang 1833, Nr. XIV., S. 64
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XIV. Einiges uͤber das Fabrikwesen in Nord-Amerika. Einiges uͤber das Fabrikwesen in Nord-Amerika. Das Mechanics' Magazine No. 525 enthaͤlt einige der Aussagen, welche mehrere Fabrikanten vor der Commission, die kuͤrzlich dem Parlamente uͤber die Arbeitsstunden der Kinder in den Fabriken Bericht zu erstatten hatte, uͤber den Zustand der Fabriken in Nord-Amerika machten. Wir halten diese Angaben fuͤr so interessant und so wichtig, daß wir keinen Anstand nehmen, unseren Lesern einen Auszug aus denselben vorzulegen. Aussage des Hrn. James Kempson, Baumwollenwaaren-Fabrikanten von Philadelphia. Frage. In wie weit sind Sie mit den Fabriken Amerika's bekannt? – Antwort. Ich kenne die Art und Weise, auf welche die Fabriken in den meisten der Fabrikstaaten Nord-Amerika's betrieben werden. Fr. Wie viele Arbeiter haben Sie in Ihrer Fabrik? – A. Beilaͤufig 400. Fr. Welches Alter haben die juͤngsten Ihrer Arbeiter? – A. Ich verwende keinen unter 9 Jahren. Fr. Arbeiten viele Kinder von 9 Jahren in Ihrer Fabrik? – A. Ich habe deren eine große Anzahl, die zwischen 9 und 12 Jahre alt sind. Beilaͤufig der fuͤnfte Theil der in den Fabriken der Vereinigten Staaten verwendeten Individuen ist 12 Jahre alt. Fr. Wie viele Stunden arbeiten die Arbeiter hoͤchstens? – A. Im Durchschnitte betragen die wirklichen Arbeitsstunden das ganze Jahr hindurch taͤglich 12 Stunden; in einigen Jahreszeiten belaufen sie sich auf 14, in anderen kaum uͤber 10. Fr. Wird die 14stuͤndige taͤgliche Arbeit oft mehrere Tage hinter einander fortgesezt? – A. Wir aͤndern die Perioden nach dem Lichte. Vom 20. Maͤrz bis 20. Sept. wird weder Morgens noch Abends ein Licht gebrannt; vom 20. Sept. bis 20. Maͤrz wird aber bis um 8 Uhr Abends gearbeitet. Fr. Arbeiten die Kinder durch alle diese Arbeitsstunden? – A. Ja; es wird nie ein Unterschied in Hinsicht auf das Alter gemacht. Fr. Wurden in den Vereinigten Staaten einige Klagen uͤber diese lange Arbeitszeit der Kinder erhoben? – A. In den Zeitungen kamen einige solche Klagen vor, welche wahrscheinlich von solchen Arbeitern herruͤhrten, die aus England nach Amerika kamen. Unter unseren eingebornen Arbeitern zeigte sich kein Verlangen nach einer Verminderung der Arbeitsstunden, indem sie wohl einsehen, daß damit nothwendig auch eine Verminderung des Taglohnes verbunden seyn wuͤrde. Fr. Wie viele von den in den Fabriken verwendeten Arbeitern sind verhaͤltnißmaͤßig eingeborne Amerikaner? – A. In Neu-England, wo sich am meisten Fabriken befinden, bestehen beinahe 8/10, der Arbeiter aus Eingebornen. Fr. Sind unter den uͤbrigen 2/10, viele Englaͤnder? – A. Der groͤßte Theil derselben besteht aus solchen; doch nimmt man in den Fabriken Neu-Englands im Allgemeinen nicht gern Englaͤnder auf. Fr. Und warum dieß? – A. Weil sie meistens zerstreut und mißvergnuͤgt sind. Fr. Ist dieß wirklich im Allgemeinen der Charakter der englischen Arbeiter in Amerika? – A. Ja; wenn sie nur einige Zeit uͤber in unserem Lande gewesen, so werden sie meistens die groͤßten Trunkenbolde, die wir haben. Der Branntwein kostet bei uns nur 9 Pence per Gallon, und sie scheinen daher der Versuchung nicht widerstehen zu koͤnnen. Unsere eingebornen Arbeiter sind besser erzogen, verstaͤndiger, moralischer, und enthalten sich mehr der sinnlichen Genuͤsse. Fr. Auf welche Weise aͤußert sich gewoͤhnlich das Mißvergnuͤgen der englischen Arbeiter, wovon Sie eben gesprochen? – A. Dadurch, daß die Arbeiter eigentlich Meister werden, durch verschiedene Streiche, die sie spielen, durch gewoͤhnlich schlecht berechnete Forderungen von hohem Lohne, bei welchem der Meister nicht bestehen kann, und der dessen Handelsoperationen sehr beeintraͤchtigt. Ihre auf Unwissenheit gegruͤndeten Erwartungen und Anforderungen erzeugen Unwillen und Feindseligkeit gegen die Meister. Fr. Besteht zwischen den amerikanischen Arbeitern und den Meistern nicht auch eine gewisse Eifersucht und Feindseligkeit? – A. In Amerika hoͤrt man nie das Wort Meister oder Herr; man nennt den Fabrikanten nur bei seinem Namen, und betrachtet denselben mehr als einen Kaufmann, dem man seine Arbeit zur Verfuͤgung stellt, denn als eine Person, deren Interesse jenem der Arbeiter feindselig gegenuͤbersteht. Es gibt daher auch keine solchen Streitigleiten zwischen den amerikanischen Meistern und ihren Arbeitern, wie dieselben in England zwischen den Arbeitern und ihren Brodherren bestehen. Fr. Gibt es in Amerika keine Verbindungen zur Aufrechterhaltung des großen Lohnes? – A. Nein, wenigstens nicht unter den Arbeitern der Baumwollwaaren-Fabriken. Fr. Gibt es keine Geseze gegen solche Verbindungen? – A. Nein. Fr. Welchem Umstande moͤchte wohl dieser Stand der Dinge in Bezug auf die amerikanischen Arbeiter zuzuschreiben seyn? – A. Bloß ihrer besseren Erziehung, ihrer groͤßeren Moralitaͤt und ihrer groͤßeren Maͤßigkeit. Fr. Haben Sie ein National-Erziehungssystem? – A. Wir haben oͤffentliche Schulen, welche zum Theil auf Staatskosten, zum Theil durch Stiftungen unterhalten werden. Alle Kinder haben die Erlaubniß, denselben beiwohnen zu duͤrfen. Fr. Und gehen die Kinder in den Fabrikstaaten denn auch wirklich in die Schule? – A. Im Allgemeinen besuchen sie dieselben fleißig, und ich glaube sogar, daß der Unterricht in allen Staaten Neu-Englands allgemeiner verbreitet ist, als in irgend einer anderen mir bekannten Gegend. Fr. Was halten die Fabrikanten und die wohlhabenden Leute in Amerika uͤberhaupt von diesen Schulen? – A. Die Erfahrung lehrte sie, daß sie von der groͤßten Wichtigkeit fuͤr die Wohlfahrt des Landes sind, und daher wird ihr Gedeihen auch von den Staatsbehoͤrden und allen Leuten von Einfluß beguͤnstigt. Fr. Auf welche Weise erhalten die Kinder, die in den Fabriken verwendet werden, ihre Erziehung? – A. Die Fabrikanten sorgen mit aller Aufmerksamkeit dafuͤr, daß sich die Kinder 2 bis 3 Monate im Jahre von den Fabriken entfernen, um waͤhrend dieser Zeit die Schulen zu besuchen. Sie uͤberzeugen die Aeltern von der Nothwendigkeit, ihre Kinder zur Schule zu schiken, obschon der Schulbesuch der Kinder dem Fabrikanten augenblikliche Nachtheile bringt. Fr. Erhoͤht dieser Nachtheil, der dem Fabrikanten daraus erwaͤchst, daß die Kinder zum Schulbesuche angehalten werden, die Kosten der Produktion? – A. Ich glaube nicht, daß er auf die Kosten der Production selbst einen Einfluß hat. Der ganze Nachtheil duͤrfte darin bestehen, daß der Fabrikant sich um andere Arbeiter umsehen muß, – eine Muͤhe, die doch gewiß durch den Vortheil, den eine bessere Erziehung der Arbeiter gewaͤhrt, hinreichend aufgewogen wird. Fr. Welcher Art ist der Unterricht, den die Kinder erhalten? – A. Man lehrt sie Lesen, Schreiben, und gibt ihnen Unterricht in der Arithmetik, der Grammatik und der Geographie. Fr. Lesen die amerikanischen Arbeiter viel? – A. Sehr viel, und wir haben oft Muͤhe, manchen derselben waͤhrend ihrer Arbeit die Buͤcher aus den Haͤnden zu raͤumen. Fr. Was fuͤr Buͤcher lesen sie denn meistens? – A. Reisebeschreibungen sind ihre Lieblingslectuͤre. Sie sind auch große Freunde der Zeitungen, und manche Arbeiter halten sich deren zwei bis drei. Fr. Was kostet denn jedes Zeitungsblatt? – A. Weniger als 2 Den. (6 kr.). Fr. Wie groß ist der Lohn? – A. Er richtet sich meistens nach dem Alter. Ein zehnjaͤhriges Individuum verdient woͤchentlich 3 Shill. (1 fl. 48 kr.); ein zwoͤlfjaͤhriges 4 Shill. (2 fl. 24 kr.); ein vierzehnjaͤhriges 5 Shill. (3 fl.); ein sechzehnjaͤhriges 6 Shill. (3 fl. 36 kr.), und ein achtzehnjaͤhriges 8 Shill. (4 fl. 48 kr.) Aeltere Arbeiter verdienen bis an 10 Shill. (6 fl.) – Die kleinsten Kinder an den Kardaͤtschmaschinen verdienen woͤchentlich 3 Shill.; jene an den Strekmaschinen 5 bis 6 Shill.; jene an den Vorspinnmaschinen 8 Shill. Maͤdchen, welche die Drosselmaschinen bedienen, erhalten 5 bis 8 Shill. Die Maschinenmacher verdienen des Tages beilaͤufig 5 Shill.; Mulespinner verdienen taͤglich 5 Shill. Die Aufseher erhalten des Tages 5 bis 6 Shill., und ihre Gehuͤlfen 3 bis 4 Shill. Fr. Was zahlen die Maͤnner fuͤr die Kost, wenn sie mit Familie essen? – A. Woͤchentlich 5 bis 6 Shill. Fr. Wie viel zahlen junge Weiber? – A. Woͤchentlich 5 Shill. Fr. Und Kinder? – A. Diese essen gewoͤhnlich mit ihren Aeltern. Fr. Was fuͤr Speisen bekommt der amerikanische Arbeiter gewoͤhnlich? – A. Beinahe dieselben, die der wohlhabendere Mann genießt. Sie bekommen zwei Mal des Tages so viel Fleisch, als sie wollen, und bei jeder Mahlzeit Obstkuchen (fruit pies). Ich zahlte woͤchentlich fuͤr Kost, Wohnung und Waͤsche 8 Shill. (4 fl. 48 kr.), und lebte dabei so gut, als ich in England fuͤr woͤchentlich 2 Pfd. Sterl. (22 fl.) leben koͤnnte. Fr. Welcher Unterschied aͤußert sich in Amerika zwischen dem Einflusse der 14stuͤndigen und jenem der 10stuͤndigen Arbeitszeit auf die Gesundheit der Arbeiter? – A. Wenn die Arbeiter bei einer Temperatur von 103° F. (+ 31,56° R.) zwoͤlf Stunden des Tages arbeiteten, so befanden sie sich minder wohl, als wenn sie im Winter eben so lange arbeiteten. Ich glaube aber, daß die in den Spinnmuͤhlen verwendeten Arbeiter sowohl Sommer als Winter eine bessere Gesundheit genießen, als jene Arbeiter, die auf dem Felde arbeiten, oder als jene Leute, welche muͤßig gehen. Ich wohnte in dem Hause eines Arztes, der den groͤßten Theil der Arbeiter in meiner Spinnmuͤhle und zugleich auch den groͤßten Theil der benachbarten Landbewohner zu behandeln hatte, und dieser bestaͤtigte meine Beobachtungen in Hinsicht auf die Zahl der Kranken. Fr. Sind die amerikanischen Arbeitskinder staͤrker als die englischen? – A. Die juͤngsten amerikanischen Kinder sind nach meiner Meinung am staͤrksten. Ich besuche nun seit dem November v. J. die verschiedenen englischen Fabriken, und muß hiernach gestehen, daß die Kinder in Amerika im Ganzen staͤrker sind, als hier zu Lande. Fr. Finden Sie die Kinder in den englischen Fabriken im Ganzen ungesund aussehend? – A. Nein; ich glaube sogar, daß sie eben so gesund sind, als jene, die sich mit dem Akerbaue beschaͤftigen. Ich habe bemerkt, daß die Kinder in jenen Fabriken, die sich auf dem Lande befinden, gewoͤhnlich besser aussehen, als jene, die sich in den Fabriken der Staͤdte aufhalten. Dieß scheint vielleicht davon herzukommen, daß die Kinder in den Fabriken der Staͤdte laͤnger arbeiten muͤssen, als in jenen auf dem Lande. Fr. Sind Sie aus der Erfahrung, die Sie in Amerika uͤber den Einfluß der langen und der kurzen Arbeitszeit gemacht haben, im Stande, uͤber die wahrscheinlichen Folgen, die eine Verminderung der Arbeitsstunden auf das Wohl der englischen Arbeiter hervorbringen muͤßte, ein Unheil zu faͤllen? – A. Das Klima ist in beiden Laͤndern so verschieden, daß ich hieruͤber nicht abzusprechen wage. Die laͤngste Arbeitszeit faͤllt bei uns gerade in die Zeit der groͤßten Hize. Fr. Besuchen die Kinder die Schule zu irgend einer bestimmten Zeitperiode? – A. Nein, sondern sie besuchen dieselbe sowohl waͤhrend der einen, als waͤhrend der anderen Zeitperiode. Fr. Waͤhlen die Kinder die Zeit der langen oder jene der kurzen Arbeitszeit zum Schulbesuche? – A. Ich glaube nicht, daß sie hiernach irgend einen Unterschied machen. Ich glaube jedoch, daß sie, um die Nachtarbeit im Winter zu vermeiden, lieber die laͤngern Sommertage waͤhlen. Fr. Was erzeugen Sie in Ihrer Fabrik? – A. Ich spinne und webe grobes Garn (coarse yarn). Fr. Und fuͤhren Sie davon aus? – A. Allerdings, und zwar auf die suͤdamerikanischen, west- und ostindischen Maͤrkte. Fr. Finden Sie denn, daß Sie auf diesen Maͤrkten mit den englischen Fabrikaten von gleicher Beschaffenheit Concurrenz halten koͤnnen? – A. Ja, obschon wir unter einigen unguͤnstigeren Verhaͤltnissen arbeiten, als in England gearbeitet wird. Fr. Und worin bestehen diese unguͤnstigeren Verhaͤltnisse? – A. Erstens darin, daß wir auf den ostindischen Maͤrkten einen Zoll zu entrichten haben, den die Englaͤnder nicht bezahlen, und daß wir 6 Proc. Interessen im Voraus zu bezahlen haben, eine Summe, die bedeutend hoͤher ist, als jene, welche die Englaͤnder bezahlen. Zweitens darin, daß, waͤhrend ein großer Theil Ihrer Fabrikanten seine Guͤter direct ausfuͤhrt, und also keine Commissionsprocente entrichtet, unsere Fabrikanten nichts auf ihre eigene Rechnung ausfuͤhren, sondern dem ausfuͤhrenden Kaufmanne 5 Proc. von dem Preise, den sie fuͤr ihre Waare erhalten, ablassen. Fr. Und dieses Abzuges ungeachtet koͤnnen Ihre Fabriken mit den unseren Concurrenz halten? – A. Allerdings, und zwar so, daß wir auf einigen Maͤrkten sogar schon ihre Fabriken ausgeschlossen haben. Fr. Was sind denn das fuͤr Maͤrkte? – A. Einige der mexicanischen und suͤdamerikanischen. Einige unserer groͤßten Fabriken haben mit diesen Maͤrkten auf lange Zeit vorhinein Contracte geschlossen, nach welchen sie denselben ihre Waaren um einen Preis liefern, der fuͤr die englischen Fabriken nicht sehr vorteilhaft seyn wuͤrde, fuͤr die unsrigen hingegen sehr gewinnreich ist. Fr. Sagen Sie dieß, nachdem Sie sich auf Ihrem Besuche zu Manchester und anderen Fabrikorten Englands von dem genauen Stande der relativen Preise der Waaren uͤberzeugt haben? – A. Ja. Fr. Welches ist z.B. der relative Preis des Garnes No. 16? – A. Wassergarn No. 16 ganz aus guter Baumwolle gesponnen, gilt in den Vereinigten Staaten 10 1/2 Den. per Pfund; in England hingegen wird Garn No. 16, welches aus einem Gemenge von Garnabfall und einer geringen Quantitaͤt sogenannter Bowed-Baumwolle gesponnen wird, zu 11 Den. per Pfund verkauft; und diesen Preis von 10 1/2 Den. macht in Amerika der Commissions-Kaufmann, dem der Fabrikant 5 Proc. Gewinn gibt, und der dasselbe auf 8 Monate Zeit verkauft, waͤhrend der englische Fabrikant bei einem Preise von 11 Den. nur 3 Monate Credit gibt. Fr. Glauben Sie, daß der amerikanische Fabrikant bei diesem Preist von 10 1/2 Den. per Pfund Garn gewinnt? – A. Allerdings. Fr. Und glauben Sie, daß die Amerikaner beim Weben gleiche Vortheile haben? – A. Ja. Fr. Koͤnnen Sie vergleichsweise die Kosten des Webens in den Vereinigten Staaten und in England angeben? – A. Ja, und zwar auf folgende Weise: Textabbildung Bd. 50, S. 69 Vereinigte Staaten; England; Interesse der Zurichtmaschine; zwölf Kunstwebestühle; Jährliche Kosten einer Pferdekraft; Kosten des Zurichtens v. 3756 Stüken; Kosten des Webens; Procent; Pfd.; Sterl. Fr. Wie erklaͤren Sie den Unterschied, den Sie zwischen den jaͤhrlichen Kosten einer Pferdekraft in England und in Amerika annehmen? – A. In Amerika bedient man sich meistens der Kraft des Wassers, welche daselbst uͤberall und um sehr geringe Kosten zu haben ist; waͤhrend man in England meistens Dampf als Triebkraft anwendet, oder, wenn man Wasser haben kann, dieses viel theuerer kommt. Fr. Welche Wirkung glauben Sie, daß eine Herabsezung der Arbeitszeit von 12 auf 10 Stunden auf die Kosten der Fabrikate in unseren Spinnmuͤhlen haben wuͤrde? – A. Diese Fabrikate wuͤrden dann beilaͤufig um 10 Proc. im Preise steigen. Fr. Koͤnnen Sie zeigen, auf welche Weise eine Verminderung der Arbeitsstunden auf die Kosten der Fabrikation wirken wuͤrde? – A. Allerdings, und zwar durch folgende Berechnung: Anschlag des Werthes der Baumwollfabrikate in den Vereinigten Staaten. Taglohne 2,087,400 Pfd. Sterl. Baumwolle 1,800,000  –   – Gewinn und Interesse 1,529,266  –   – –––––––––––––––– Jaͤhrlicher Werth 5,416,666 Pfd. Sterl. WennWeun nun die Zahl der Arbeitsstunden durch ein Gesez bis auf 10 herabgesezt wird, wenn der Preis der Waaren wegen der fremden Concurrenz nicht erhoͤht werden darf, und wenn der Fabrikant, um dieselbe Quantitaͤt zu erzeugen, um 1/6 mehr Arbeiter aufnehmen muß, so kann das Interesse dieser groͤßeren Ausstattung der Fabrik nur von dem Arbeitslohne abgezogen werden. Nimmt man nun die Interessen und die Abnuͤzung bei dieser groͤßeren Ausstattung zu 8 Proc. an, so erhaͤlt man 112,819 Pfd. Sterl., welche von dem Taglohn von 2,087,400 Pfd. Sterl. abgezogen werden muͤssen, so daß also nur mehr 1,974,581 Pfd. Sterl. als Taglohn bleiben. Die Zahl der vor dieser Veraͤnderung in den Arbeitsstunden angewendeten Arbeiter betrug 62,157, von denen im Durchschnitte jeder jaͤhrlich 33 Pfd. 10 Shill. einnahm. Nach der Veraͤnderung wird die Zahl der Arbeiter auf 72,572 steigen, von denen aber ein jeher jaͤhrlich nur 27 Pfd. 4 Shill. einnehmen wuͤrde. Wuͤrde der Lohn der Arbeiter nicht vermindert, so wuͤrde sich folgende Berechnung ergeben: Arbeitslohn 2,429,998 Pfd. Sterl. Interesse der Ausruͤstung    112,819 Baumwolle 1,800,000 Interesse und Gewinn 1,529,266 –––––––––––––––– 5,872,073 Pfd. Sterl. Fr. Welche Wirkung glauben Sie, daß eine gezwungene Herabsezung der Arbeitsstunden in England auf die Fabriken der Vereinigten Staaten haben wuͤrde? – A. Eine solche Maßregel wuͤrde sehr zum Emporkommen unserer Fabriken beitragen, und ich glaube, daß wir die englischen Fabriken nicht nur in Kuͤrze auf allen fremden Maͤrkten, sondern bald auch in ihrem eigenen Hause unterdruͤken wuͤrden. Fr. Glauben Sie, daß dieß bei der gegenwaͤrtigen Auflage von 10 Proc. auf die fremden Baumwollwaaren moͤglich seyn wuͤrde? – A. Ja. Fr. Glauben Sie nicht, daß wir in einem solchen Falle Ihr Tarifsystem annehmen muͤßten? – A. Ohne Zweifel, wenn Sie nur ihren eigenen Markt noch erhalten wollen. So weit die Aussage der Amerikaner. Wir wollen nun auch die Aeußerungen einiger englischen Spinner anfuͤhren. John Adams, Spinner in der Fabrik der HH. Hussey und Sons Diese Fabrik spinnt das feinste Garn in Schottland; sie spinnt bis an No. 180; die Zahl der Spindeln, mit der sie arbeitet, betraͤgt nicht weniger als 43,000! A. d. O. zu Bridgetown of Glasgow, erklaͤrte im Wesentlichen, daß er kuͤrzlich 15 Monate in Nord-Amerika zugebracht habe; daß er nicht leicht eine fixe Arbeit bekommen konnte; daß man ihm 1 1/4 Dollar Taglohn gab; daß man ihm statt des fixen Lohnes 12 1/2 Cents fuͤr 100 Straͤhne (hanks) gesponnenes Garn anbot; daß die Maͤdchen und Weiber woͤchentlich 75 Cents bis 1 Doll. 75 Cents verdienen; daß die Maschinenweber nach dem Stuͤke bezahlt werden, und beilaͤufig 2 bis 2 1/2 Doll. per Stuͤk erhielten. Uebrigens sagte er, daß zu manchen Jahreszeiten Mangel an Arbeitern ist; daß besonders die amerikanischen Maͤdchen und Weiber ungewoͤhnlich sittsam und weit besser erzogen sind, als in England, und daß sie auch weit besser schreiben; daß der Lohn, der zu Great Barrington bezahlt wird, nicht viel von jenem, den man in England bezahle, verschieden sey; daß die jungen Arbeiter zwar mehr gewinnen, daß sie aber auch mehr Stunden des Tages arbeiten muͤßten; daß die amerikanischen Arbeiter nicht so ruhig an ihrer Arbeit blieben, als die englischen, indem sie mehr ihre eigenen Herren sind, und daß sie endlich im Allgemeinen sehr feindselig gegen die Englaͤnder gesinnt seyen. Was die Maschinen und deren Producte betrifft, so erklaͤrte er, daß die Maschinen, die er in mehr dann ein Duzend Spinnmuͤhlen sah, gegen die englischen beinahe um ein Jahrhundert zuruͤk seyen; daß sowohl die Gespinnste, als die gewebten Zeuge nicht mit den, englischen verglichen werden koͤnnten, und daß die Amerikaner also nach seiner Ueberzeugung auf keinem Markte mit den Englaͤndern Concurrenz halten koͤnnten. Er verließ Amerika, weil ihm feine Arbeit, die in Amerika nicht gesponnen wird, lieber sey, als grobe; weil der Lohn in England eben so gut ist, als in Amerika, wenn man in Anschlag bringt, daß man in Amerika im Sommer bis zu Sonnenuntergang, und im Winter von 6 Uhr Morgens bis 8 1/2 Uhr Abends arbeiten muͤsse; und weil er das Tauschsystem, welches in Amerika beinahe allgemein eingefuͤhrt ist, nicht liebe. Eben so aͤußerte sich Patrick Boyes. Patrick M'Gowan, Baumwollspinner zu Glasgow, sagte, er sey uͤberzeugt, daß England die Concurrenz von gar keiner fremden Nation zu fuͤrchten habe. Auf dem Continente zahle man zwar scheinbar geringeren Arbeitslohn, allein in Hinsicht auf die Menge des Fabrikates sey der Lohn daselbst doch hoͤher. So liefert z.B. in Frankreich ein Spinner woͤchentlich 9 bis 10 Straͤhne per Spindel, waͤhrend er in England woͤchentlich 18 bis 22 Straͤhne von derselben Nummer liefern muß! Was Amerika betrifft, so sey er der Meinung, daß von Concurrenz gar keine Rede seyn koͤnne. Nach der Guͤte der Baumwollenzeuge, die einige Arbeiter kuͤrzlich aus Amerika zuruͤkbrachten, nach dem Preise derselben, nach dem, was er von der Unvollkommenheit der amerikanischen Fabriken gehoͤrt habe, nach dem hohen Lohne, den man in Amerika bezahle, und nach einigen anderen Umstaͤnden zu urtheilen, sey er der Ueberzeugung, daß der englische Fabrikant selbst dann noch seine Waare mit Vortheil nach Amerika ausfuͤhren koͤnne, wenn daselbst ein Zoll von 37 Proc. auf den Werth der Waare gelegt wuͤrde. Er besize endlich Briefe, aus welchen offenbar hervorgehe, daß ein Arbeiter, der mit einem Rade und 312 Spindeln No. 20 spinnt, in Amerika woͤchentlich 30 Shill. verdienen kann, waͤhrend er in England nur 15 bis 16 Shill. zu verdienen im Stande ist, und daß der Spinner in Amerika fuͤr 1000 Straͤhne beinahe zwei Mal so viel Lohn erhaͤlt, als in England. Hr. John M'Vey, Baumwollspinner zu Glasgow, stimmt in seinen Aussagen so ziemlich mit dem Vorhergehenden uͤberein; auch er sagt, daß der amerikanische Spinner beinahe um die Haͤlfte mehr Lohn erhalte, als der englische, und daß besonders die sogenannten Stuͤkler daselbst sehr theuer bezahlt wuͤrden, indem sich ein solcher in Amerika woͤchentlich 2 3/4 Dollars verdiene. Hr. Hugh Shanks, Baumwollspinner von Glasgow, erklaͤrte, daß der niedrigste Lohn, den man in Nord-Amerika dem Spinner fuͤr 1000 Straͤhne No. 20 zahlt, 6 Shill. 2 1/2 D. (3 fl. 43 1/2 kr.) ist, waͤhrend man in England gewoͤhnlich nur 4 Shill. 2 D. (2 fl. 30 kr.) dafuͤr bezahlt. Uebrigens stehen die amerikanischen Waaren nach seiner Meinung weit unter den englischen, indem er ein Stuͤk baumwollenen Halstuchzeug, welches er zu Glasgow fuͤr 10 Shill. (30 kr.) haben kann, in Pleasant-Valley fuͤr 3 Shill. (1 fl. 48 kr.) zahlen mußte; ein Paar Soken, welches in Amerika 18 Den. (54 kr.) gilt, kostet in Glasgow nur 8 Den. (24 kr.) Vergleicht man die englischen Aussagen mit den amerikanischen, so wird man auch hier wieder den kalt berechnenden und weit hinaus seine Vortheile erwaͤgenden Sinn des amerikanischen Fabrikanten und Kaufmannes erbliken. Der Amerikaner verwendet die Kinder beinahe noch laͤnger, als der Englaͤnder; allein er dringt, obschon er augenbliklichen Nachtheil dadurch erfaͤhrt, auf den periodischen Schulbesuch der Kinder, um auf diese Weise spaͤter ein Mal gebildetere und mehr moralische Arbeiter zu erhalten. Der englische Fabrikant, nur seinen augenbliklichen Gewinn im Auge habend, kuͤmmert sich in der Regel gar nicht um den Schulbesuch der Kinder, ja er haͤlt sie eher davon zuruͤk! Man wird uͤbrigens finden, daß sich die Angaben der englischen Baumwollspinner in mehreren Hinsichten widersprechen, und daß sie nur darin mit einander uͤbereinstimmen, daß in Amerika bisher mehr grobes Fabrikat erzeugt wird, als feines; ob dieß absichtlich geschieht, oder wegen der Unvollkommenheit der Maschinen, ist nicht gehoͤrig constatirt.