Titel: Ueber ein neues, sehr vortheilhaftes Verfahren, den Syrup durch Anwendung heißer Luft abzudampfen und einzukochen.
Fundstelle: Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LII., S. 228
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LII. Ueber ein neues, sehr vortheilhaftes Verfahren, den Syrup durch Anwendung heißer Luft abzudampfen und einzukochen. Syrup durch Anwendung heißer Luft abzudampfen etc. Eine der wichtigsten Erfindungen, welche in der lezteren Zeit gemacht wurden, ist bekanntlich die Anwendung der heißen Luft zum Speisen der Hohoͤfen; wenn man die Luft, ehe man sie in den Hohofen leitet, auf die Temperatur des schmelzenden Bleies erhizt, so kann man zum Ausschmelzen der Eisenerze Steinkohlen anstatt Kohks benuzen, wodurch die Kosten der Kohksbereitung erspart werden, und man braucht dann auch viel weniger Kalkstein als Flußmittel anzuwenden; dazu kommt noch, daß man eine viel groͤßere Ausbeute an Eisen erhalt.Wir haben uͤber diese Erfindung, welche zuerst auf den Eisenwerken zu Clyde im Großen benuzt wurde, schon viele Notizen mitgetheilt. Man vergleiche Polytechn. Journal Bd. XLV. S. 230. 282. Bd. XLVI. S. 432. Bd. XLVIII. S. 140; besonders aber die Abhandlung von Gueymar, Bd. XLIX. S. 189. In einem der naͤchsten Hefte unseres Journals wird man auch eine genaue Beschreibung und Abbildung des in Wasseralfingen errichteten Apparates zum Erhizen der Geblaͤseluft finden. A. d. R. Nach einer Mittheilung, welche Hr. Dumas der Pariser Akademie der Wissenschaften machte, verspricht die Anwendung der heißen Luft aber noch fuͤr viele Industriezweige die nuͤzlichsten Resultate.Le National No. 331. Le temps No. 1501. Hrn. Brame Chevalier ist es bereits gelungen, die heiße Luft mit großem Vortheile zum Eindampfen des Syrupes oder Klaͤrsels bei der Fabrikation des Runkelruͤbenzukers und beim Zukersieden zu benuzen. Bekanntlich erhaͤlt man aus dem Runkelruͤbensyrup bei weitem noch nicht so viel Zuker, als man nach der chemischen Analyse daraus gewinnen sollte. Die Fabriken, welche am sorgfaͤltigsten arbeiten, erhalten nur vier oder hoͤchstens fuͤnf Procent Zuker aus Syrupen, die davon zehn und sogar zwoͤlf Procent enthalten, so daß wenigstens die Haͤlfte des Runkelruͤbenzukers bei dem gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen Krystallisirverfahren in Melasse oder unkrystallisirbaren Zuker verwandelt wird. Das zukuͤnftige Gluͤk der Runkelruͤbenzukerfabrikanten haͤngt wahrscheinlich ganz von den Verbesserungen ab, welche im Krystallisirverfahren gemacht werden; denn wenn es gelingt, das Produkt an Zuker zu verdoppeln, ohne die Fabrikationsunkosten um Vieles zu erhoͤhen, so brauchen sie die Concurrenz des indischen Zukers nicht mehr zu fuͤrchten. Hr. Chevalier behauptet, daß sich aus den Syrupen fast aller Zuker, den sie nach der chemischen Analyse enthalten, gewinnen laͤßt, wenn man zur Verdampfung derselben die heiße Luft anwendet. Auch zeigte Hr. Dumas der Pariser Akademie sehr schoͤne Muster von krystallisirtem Zuker, der nach demselben Verfahren aus Melasse dargestellt war, und es soll sich bereits eine Gesellschaft gebildet und große Quantitaͤten von Melasse in den Raffinerien aufgekauft haben, um aus ihr den Zuker, welchen sie noch enthaͤlt, nach Chevalier's Verfahren auszuscheiden. Der Apparat des Hrn. Chevalier, auf welchen derselbe ein Patent fuͤr die Dauer von fuͤnfzehn Jahren nahm, ist sehr sinnreich. Die heiße Luft wird in den Boden der Kessel durch eine Menge Loͤcher, gleichsam wie durch eine Brause, getrieben. Diese Loͤcher sind groß genug, um die heiße Luft durchzulassen, ohne daß der im Kessel enthaltene Syrup durch sie zu dringen vermag. Indem nun die Blasen heißer Luft durch den Syrup streichen, entziehen sie ihm die waͤsserigen Theile, worin der Zuker aufgeloͤst ist. Dieses Verfahren bietet folgende Vortheile dar: 1) Da der Syrup nicht so stark erhizt wird, daß er eine Veraͤnderung erleiden koͤnnte, so erhaͤlt man mehr Zuker, und folglich weniger Melasse (sechs bis acht Procent), je nach der Menge des angewandten Syrups. 2) Da die Verdampfung viel schneller (um die Haͤlfte schneller als durch den bloßen Dampf) vor sich geht, so erspart man an Brennmaterial und Handarbeit. Die Kraft, womit die heiße Luft in den Kessel getrieben wird, verursacht naͤmlich ein so starkes Aufwallen, daß die Verdampfung sogar unter 45° Reaumur sehr rasch Statt findet. 3) Man erhaͤlt schoͤnere Producte. 4) Der Apparat ist so eingerichtet, daß man die Trokenstuben heizen kann, ohne die Unkosten zu vergroͤßern. Er besteht aus einem Dampfkessel, der zuerst eine Dampfpumpe treibt, welche Luftcylinder in Bewegung sezt; diese Luft wird in die Kessel getrieben, welche sie behufs des Eindampfens und Einkochens gehoͤrig erhizt. Sie gelangt in dieselben durch einen doppelten Boden, und dringt durch die Fluͤssigkeit, nachdem sie sich ins Unendliche zertheilt hat. Das Abdampfen geschieht bei 45 bis 60° und das Einkochen bei 60 bis 75° Reaumur.