Titel: Ueber die Wirkung, welche die concentrirte Schwefelsäure in der Kälte auf das Kupfer äußert; von Hrn. Barruel.
Fundstelle: Band 51, Jahrgang 1834, Nr. LXIII., S. 267
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LXIII. Ueber die Wirkung, welche die concentrirte Schwefelsaͤure in der Kaͤlte auf das Kupfer aͤußert; von Hrn. Barruel. Aus dem Journal de Pharmacie. Januar 1834, S. 15. Die Wirkung concentrirter Schwefelsaͤure in der Kaͤlte auf das Kupfer. In allen Lehrbuͤchern der Chemie wird die Behauptung aufgestellt, daß die concentrirte Schwefelsaͤure in der Kaͤlte keine Wirkung auf das Kupfer hat und daß diese beiden Substanzen erst bei erhoͤhter Temperatur auf einander einwirken. Folgende Versuche beweisen aber, daß das Kupfer, ohne mit der Luft in Beruͤhrung zu seyn, auf reine und concentrirte Schwefelsaͤure in der Kaͤlte gerade so wie in der Waͤrme wirke, nur viel langsamer. Den 12. April 1833 brachte ich in eine luftdicht verschließbare Flasche ganz reine Kupferdehspaͤne, fuͤllte sie dann ganz mit concentrirte Schwefelsaͤure und verschloß sie hierauf. Nach acht bis zehn Tagen faͤrbte sich die Fluͤssigkeit schwach rosenroth: nach drei Wochen war die Farbe verschwunden und das Kupfer behielt seinen Metallglanz. Den 12. Mai, wo die Flasche geoͤffnet wurde, konnte man keinen Geruch nach schwefeliger Saͤure bemerken. Ungefaͤhr einen Monat spaͤter sah ich, daß eine kleine Menge einer braͤunlichen Substanz die Seitenwaͤnde und den Boden der Flasche uͤberzog. Aus der Fluͤssigkeit hatte sich keine schwefelige Saͤure entwikelt. Im dritten, vierten und fuͤnften Monat hatte die Menge der braunen Substanz zugenommen und kleine farblose und durchsichtige Krystalle hingen an den Seitenwaͤnden der Flasche. Am Ende des sechsten Monats roch die Fluͤssigkeit stark nach schwefeliger Saure, worauf ich dieselbe, so wie die Krystalle und das braune Pulver untersuchte. Die Fluͤssigkeit, welche kaum gefaͤrbt war, nahm eine schoͤne blaue Farbe an, als man sie mit Wasser verduͤnnte und enthielt also wasserfreies schwefelsaures Kupfer. Die durchsichtigen und farblosen Krystalle loͤsten sich im Wasser auf, das sie blau faͤrbten; der Luft ausgesezt, wurden sie bald gleichfoͤrmig blau: diese Krystalle waren also wasserfreies schwefelsaures Kupfer. Ich glaubte die braͤunliche Substanz muͤßte Schwefelkupfer seyn und goß sie daher auf ein Filter, suͤßte sie aus und troknere sie bei Ausschluß der Luft. Mit verduͤnnter Salpetersaͤure gelinde erwaͤrmt, lieferte sie eine blaue Fluͤssigkeit (salpetersaures KupferSollte heißen schwefelsaures und salpetersaures Kupfer, da ein Theil des Schwefels durch die Salpetersaͤure in Schwefelsaͤure verwandelt wird. A. d. R.) und es blieben graulichweiße Floken zuruͤk, welche von der Fluͤssigkeit abfiltrirt wurden; getroknet schmolzen sie auf gluͤhenden Kohlen und verbrannten mit blauer Flamme und Entwikelung von schwefeliger Saͤure; in einer Glasroͤhre verfluͤchtigten sie sich in der Hize. Durch diese Versuche ist es erwiesen, daß schon bei der gewoͤhnlichen Temperatur die Schwefelsaͤure durch das Kupfer zum Theil zersezt wird, naͤmlich in schwefelige Saͤure und Sauerstoff; lezterer geht an einen Theil des Kupfers und bildet Kupferoxyd, und dadurch entsteht wasserfreies, schwefelsaures Kupfer, weil die Saͤure concentrirt ist. Die schwefelige Saͤure loͤst sich in der Fluͤssigkeit auf, das Kupfer wirkt aber auch auf diese und zersezt sie in Schwefel und Sauerstoff, wodurch sich einerseits Kupferoxyd und andererseits Schwefelkupfer bildet. Um mich zu uͤberzeugen, daß dieses wirklich der Hergang ist, brachte ich Kupferspaͤne in eine Flasche, fuͤllte sie mit frisch bereiteter schwefeliger Saͤure und verschloß sie luftdicht. Nach fuͤnf bis sechs Monaten hatte sich das Kupfer in eine braune Substanz verwandelt, die sich bei der Untersuchung als Schwefelkupfer zu erkennen gab; die Fluͤssigkeit hatte eine blaue Farbe angenommen und roch kaum nach schwefeliger Saͤure. Diese Thatsachen veranlaßten mich auch zu untersuchen, ob bei der Einwirkung erhizter Schwefelsaͤure auf das Kupfer derselbe Proceß Statt findet. Ich erinnerte mich, daß man ein Mal an der École de medicine die wasserfreie schwefelige Saͤure mit Kupfer und Schwefelsaͤure bereitete und daß der Ruͤkstand braͤunlich war. Um zu erfahren, ob sich Schwefelkupfer gebildet hatte, kochte ich nun concentrirte Schwefelsaͤure mit Kupferspaͤnen und behandelte den Ruͤkstand mit Wasser, um das schwefelsaure Kupfer aufzuloͤsen: es blieb eine braune, mit metallischem Kupfer vermengte Substanz zuruͤk, welche ich leicht von diesem abscheiden konnte. Mit Salpetersaͤure auf die angegebene Weise behandelt, hinterließ sie Schwefel. Nach diesen Resultaten muß man annehmen, daß die Wirkung der Saͤuren auf die Metalle in der Kaͤlte noch nicht gehoͤrig untersucht wurde und aus den schoͤnen Arbeiten des Hrn. Becquerel laͤßt sich leicht schließen, daß diese Reaction, welche elektrischer Natur ist, nach der Temperatur, der Dauer der Beruͤhrung, der Zertheilung der Metalle und der Concentration der Saͤuren verschieden seyn muß.