Titel: Beobachtungen und Versuche über den Kelp oder die Asche der Seegewächse. Von Hrn. Dr. Traill.
Fundstelle: Band 53, Jahrgang 1834, Nr. XXI., S. 124
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XXI. Beobachtungen und Versuche uͤber den Kelp oder die Asche der Seegewaͤchse. Von Hrn. Dr. Traill. Aus den Prize Essays and Transactions of the Highland Society of Scotland. Vol. X. S. 241, im Repertory of Patent-Inventions. Mai 1834, S. 327. Beobachtungen und Versuche uͤber den Kelp etc. Der große Schaden und der unvermeidliche Ruin, den die ploͤzliche Unterdruͤkung dieses Zweiges der Nationalindustrie in den noͤrdlichen Gegenden Schottlands mit sich brachte, veranlaßten mich zu den Versuchen und Beobachtungen uͤber den Kelp, welche ich hier mitzutheilen gedenke. Ich stellte meine Versuche zu verschiedenen Zeiten und nicht unter den guͤnstigsten Umstaͤnden an; sie genuͤgen jedoch, um zu beweisen, daß sich bei der Fabrikation des Kelp Verbesserungen anbringen lassen, in Folge deren dessen Gehalt an freiem Alkali oder an kohlensaurem Natrum bedeutend erhoͤht, und diese Substanz folglich wieder zum Handelsartikel werden koͤnnte. Ich muß hier vorausschiken, daß ich in meinen juͤngeren Jahren mit der Kelpfabrikation sehr vertraut war, und daß ich vor ungefaͤhr 30 Jahren mehrere Versuche mit den Seetangen anstellte, aus welchen ich den Schluß zog, daß sie kein freies Alkali enthalten, sondern daß das Natrum und das Kali bloß als salzsaure und schwefelsaure Salze darin enthalten seyen, oder daß die vegetabilischen Fasern die Kalisalze, die See hingegen die Natrumsalze des Kelp liefern. Vor zwei bis drei Jahren kamen mir meine fruͤheren Beobachtungen wieder ins Gedaͤchtniß, und sie sind es auch, die mich zum Theil zu meinen neueren Versuchen veranlaßten. A. Daß der Kelp, so wie er gewoͤhnlich bereitet wird, ein sehr rohes Product ist, und viele unverzehrte, vegetabilische Substanzen enthaͤlt, die fuͤr den Fabrikanten von gar keinem Nuzen sind, weiß Jedermann. Das freie (kohlensaure) Alkali, welches im Kelp enthalten ist, ruͤhrt, nach meiner Ansicht, gaͤnzlich von der Einaͤscherung der mit Salzwasser impregnirten Seegewaͤchse her, und ich fand, daß sich die Quantitaͤt dieses freien Alkali durch eine vollkommenere Verbrennung bedeutend erhoͤhen laͤßt. Ich fand ferner, daß, wenn man den Kelp neuerdings mit einem Brennmaterials, welches Potasche gab, brannte, man ein Product erhielt, welches weit reicher an freiem (basisch kohlensaurem) Alkali war, als es der Kelp gewoͤhnlich zu seyn pflegt. Ich schreibe dieß einer weiteren Zersezung des salzsauren Natrums oder des Kochsalzes zu, welche zum Theil durch die Beruͤhrung, in die dasselbe bei einer hohen Temperatur mit dem Brennmateriale geraͤth, hauptsaͤchlich aber durch die groͤßere Verwandtschaft des Kali zur Salzsaͤure bedingt ist. B. Nach mannigfaltigen Versuchen fand ich in dem Torfe ein wohlfeiles und haͤufiges Brennmaterial, welches den beiden erwaͤhnten Zweken vollkommen entspricht. Er beguͤnstigt naͤmlich die vollkommene Verbrennung der Seetange sehr, und manche Torfalten geben bei dieser Verbrennung selbst eine nicht unbedeutende Menge Potasche. Der dichte und schwarz gefaͤrbte Torf eignet sich sehr gut zu diesem Zweke, und der beste ist jener, welcher sehr viele vegetabilische Ueberreste oder Staͤngel enthaͤlt, der sich gewoͤhnlich an der Oberflaͤche befindet, und der als Brennmaterial gerade am wenigsten geschaͤzt ist.Meine Aufmerksamkeit wurde nicht bloß durch die ungeheure Menge Torf, welcher in den Gegenden, in denen man Kelp fabricirt, vorkommt, auf diese Substanz gelegt, sondern hauptsaͤchlich auch dadurch, daß man sowohl in Holland, als im noͤrdlichen Deutschland ungeheuere Massen Tonasche als einen sehr schaͤzbaren Duͤnger verkauft, und daß in den lezten Jahren selbst eine nicht unbedeutende Menge davon zu gleichem Zweke selbst nach England eingefuͤhrt wurde. Der Werth dieses Duͤngers beruht lediglich auf dessen Gehalt an Potasche, woran auch die Farnkraͤuter sehr reich sind.A. d. O. Was bei diesem Processe vorgeht, duͤrfte in Folgendem bestehen. Der Kelp enthaͤlt an Salzen hauptsaͤchlich: salzsaures Natrum, salzsaures Kali, basisch kohlensaures Natrum, schwefelsaures Natrum und Kali, in Verbindung mit etwas Ammonium, welches bei der Erhizung des Kelps mit Kalk zersezt wird, und bei Versuchen im Kleinen als fluͤssiges Ammonium gesammelt werden kann. Die alkalischen Salze scheinen durch den gewoͤhnlichen Verbrennungsproceß aus den salzsauren und schwefelsauren Salzen erzeugt zu werden; allein es bleibt dennoch ein sehr großer Theil des salzsauren Natrums unzersezt, bis die Potasche des Torfes die Mittel zur weiteren Zersezung darbietet. C. Ich habe dem zulezt aufgestellten Grundsaze gemaͤß gefunden, daß, wenn man waͤhrend der Verbrennung der Tange oder waͤhrend des Wiederbrennens des Kelps amerikanische Potasche, oder, wenn man es haben kann, getroknetes und geschnittenes Farnkraut zusezt, der Gehalt des Kelps an basisch kohlensaurem Natrum bedeutend erhoͤht wird; so zwar, daß ein solcher Zusaz wahrscheinlich schon bei der ersten Fabrikation des Kelps von großem Nuzen seyn duͤrfte. D. Geschlossene Feuerstellen beguͤnstigen die Verbrennung und die Austreibung des Schwefels, der durch die Zersezung der in den schwefelsauren Salzen der Seetange enthaltenen Schwefelsaͤure entsteht, aus den alkalischen Salzen. Dieß sind die Umrisse der verbesserten Kelpfabrikation, die nach meinen im Kleinen angestellten Versuchen sehr vortheilhaft seyn duͤrften, und die sich ohne Zweifel auch bei den Versuchen, die nun im Großen angestellt werden, gleichfalls als solche erweisen wird. Der Kelpfabrikant darf jedoch nicht ein Mal bei diesem guͤnstigen Resultate stehen bleiben; er wurde durch den niederen Zoll, den man auf fremdes Alkali legte, und durch die Fabrikation von Soda aus Kochsalz vom Markte vertrieben, und duͤrfte nun in Gegenden, wo es Ueberfluß an Torf gibt, durch die Fabrikation von wohlfeilerem Alkali von groͤßerer oder geringerer Reinheit seinen Nebenbuhlern Gleiches mit Gleichem vergelten. E. Man braucht den Kelp zu diesem Behufe nur auf eben dieselbe Weise zu reinigen, auf welche man aus der sogenannten schwarzen Asche (black ash) kohlensaures Natrum zu gewinnen pflegt. Der nach obiger Methode behandelte Kelp wird zu diesem Zweke zerbroͤkelt, und unter zeitweisem Zusaze von Aezkalk in einem Reverberirofen abermals mit Torf gebrannt. Die hohe Temperatur, das Brennmaterial und der Aezkalk zersezen hiebei die salzsauren Salze noch weiter, und scheiden den Schwefel von den Alkalien. Ich glaube, daß der Torf ein hinlaͤnglich starkes Feuer geben wird; sollte dieß jedoch nicht der Fall seyn, so koͤnnte man durch gut verkohlte Steinkohle oder durch schwefelfreie gewoͤhnliche Steinkohle nachhelfen. Gut gepreßter Torf, wie man ihn gegenwaͤrtig liefert, gibt eine groͤßere Hize, als ungepreßter. F. Die in dem Reverberirofen behandelte Masse soll hierauf in große Kufen gebracht werden, in denen man die aufloͤslichen Ingredienzien in Wasser aufloͤst, und ist die Fluͤssigkeit hell geworden, so soll man die uͤber dem Ruͤkstande stehende Fluͤssigkeit in andere Behaͤlter abziehen, und sie in diesen mit amerikanischer Potasche versezen. Der Zusaz von Potasche oder von Farnkrautasche muß, wenn man den Kelp auf diese Weise reinigen will, nach dem Roͤsten oder Ausgluͤhen geschehen, damit nichts davon verloren gehe, indem das Kali eine Verbindung mit dem Schwefel eingeht. G. Die klar abgezogene Fluͤssigkeit wird endlich so weit eingedampft, daß die darin enthaltenen Salze krystallisiren. Die Salzmasse, die man auf diese Weise erhaͤlt, wird dann entweder regelmaͤßige Krystalle, gleich jenen der gewoͤhnlichen, kaͤuflichen Soda, oder eine verworrene krystallinische Masse darstellen, je nachdem die Eindampfung schneller oder langsamer erfolgt. Ich habe hier den ganzen Plan, wie man sieht, nur angedeutet; allein diese oberflaͤchliche Andeutung wird, wie ich glaube, hinreichen, um die Aufmerksamkeit mancher Personen auf diesen Gegenstand zu lenken. Das Gelingen desselben wird theils von der mehr oder weniger guͤnstigen Wahl des Ortes, an welchem die Fabrikation betrieben werden soll, theils von der Zwekmaͤßigkeit der Oefen und Eindampfgefaͤße abhaͤngen. Der Bedarf an Alkali ist so groß, daß ich an den vorteilhaften Resultaten meines Planes gar nicht zweifle, und daß ich hoffen darf, meinen noͤrdlichen Landsleuten sowohl, als den Bewohnern aller jener Seegegenden, in welchen Kelp erzeugt wird oder erzeugt werden kann, einen wesentlichen Dienst geleistet zu haben. –––––––––– Wir haͤngen diesem Artikel einen Auszug aus einem Aufsaze des Hrn. A. K. Mackinnon Esq. an, welcher gleichfalls in dem oben angefuͤhrten Werke enthalten ist, und der die Anwendung des Kelps in Verbindung mit Torfasche als Duͤngmittel betrifft. Im Jahre 1832, sagt Hr. Mackinnon, wurde ein schottischer Acre trokenen steinigen Bodens, der fruͤher großen Theils das Bett eines kleinen Baches bildete, urbar gemacht, und zwar auf die fuͤr den Ruͤbenbau eingefuͤhrte Weise behandelt. Man sammelte ferner eine Quantitaͤt Seetang, die man, nachdem sie getroknet worden, brannte, als waͤre sie zu Kelp bestimmt: mit dem Unterschiede jedoch, daß man sie, um das Mahlen zu ersparen, nicht zu einer festen Masse zusammensintern ließ, sondern gleich nach dem Calciniren aus dem Feuer nahm. Von dieser Asche wurden 20 BushelsDer Bushel ist 0,5734 Wiener Mezen. auf den Acre genommen, und mit einer Vorrichtung, die jener, womit man das Knochenmehl auszustreuen pflegt, aͤhnlich war, in die Drillloͤcher vertheilt. Als die Ruͤben, die auf diese Streke Land gebaut worden, aufgingen, hatten sie ein krankes, gelbliches Aussehen; nach einiger Zeit schienen die Pflanzen aber an einigen Stellen uͤppig zu gedeihen, waͤhrend sie an anderen ihr krankes Aussehen behielten. Bei einer genauen Erforschung der Ursache, woher dieß ruͤhre, zeigte es sich, daß die Ruͤben an jenen Stellen, wo die Dammerde sehr tief war, und wo die Seetangasche also am meisten mit der Erde vermengt worden, am besten gediehen, waͤhrend sie an jenen Stellen, wo die Asche nur mit wenig Erde vermengt wurde, und folglich mit den Ruͤbensamen in Beruͤhrung kam, beinahe gar nicht wuchsen. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß das Unkraut vor dem Drillen der Samen in Haufen zusammengeworfen und an Ort und Stelle verbrannt wurde, und daß die Ruͤben in der Nahe dieser Haufen eben so gut wuchsen, wie an jenen Stellen, die bloß mit gewoͤhnlichem Duͤnger geduͤngt worden. Um den Einfluß der Kelpasche auf die Nachernten zu erforschen, wurden die Ruͤben nicht an Ort und Stelle verbraucht, sondern das Feld wurde im naͤchsten Fruͤhjahre bloß geeggt, und mit Hafer und Klee bestellt. Der Hafer gedieh eben so gut, als auf den benachbarten, mit gewoͤhnlichem Duͤnger geduͤngten Feldern, nur stand er etwas duͤnner; der Klee hingegen zeigte sich diker, besser und frischer, als ich ihn je an irgend einem anderen Orte sah. Da die Resultate dieses Versuches bewiesen, daß die Quantitaͤt der bei demselben angewendeten Kelpasche, wenigstens fuͤr die erste Ernte, viel zu groß war, so wurde der Versuch das naͤchste Jahr darauf mit einem Gemenge von Kelp- und Torfasche wiederholt. Es wurde demnach ein Feld von 6 Acres mit einem Gemenge von 6 Bushels Kelpasche auf 24 Bushels Torfasche per Acre auf dieselbe Weise, wie vorher, geduͤngt; und obschon die Ruͤben verschiedener Umstaͤnde halber erst in der ersten Woche des Monats August gebaut werden konnten, so gediehen sie doch so gut, daß sie im October, d.h. 2 Monate nach der Aussaat, im Durchschnitte bereits 2 1/4 bis 2 1/2 Pfd. wogen. Gesezt nun der Kelp gelte 3 Pfd. 10 Schill, per Tonne, so kostet jeder Bushel beilaͤufig 2 Schill. (1 fl. 12 kr.); die Torfasche hingegen, die man bei den armen Landleuten, denen man bloß den Auftrag gibt sie troken und frei von allen fremdartigen Koͤrpern zu halten, sammelt, kommt bloß auf 6 Pence (18 kr.) per Bushel zu stehen, so daß dieser Duͤnger mithin 24 Schill. (12 fl. 24 kr.) per Acre kostet. Da der Arbeitslohn und die Auslage fuͤr Pferde uͤbrigens eben so groß ist, wie bei der Anwendung des Knochenmehles als Duͤngmittel, so ist aller weitere Vergleich mit diesem lezteren uͤberfluͤssig. Wenn sich dieser Versuch, wie ich nicht zweifle, an anderen Orten eben so vorteilhaft bewaͤhren sollte, wie dahier zu Lande, so zweifle ich nicht, daß diese Art von Duͤnger nicht nur an jenen Orten, wo man Kelpasche zu Gebot hat, sondern auch in allen jenen Gegenden, wo man Torfasche haben kann, oder wenigstens haben koͤnnte, von großem Vortheile fuͤr die Landwirthschaft werden wuͤrde; abgesehen davon, daß auf diese Weise eine Substanz, die bisher groͤßten Theils unbenuzt verloren ging, nun sowohl zu Gunsten des Armen, als zu Gunsten des Grundeigenthuͤmers verwendet wuͤrde.