Titel: Ueber die Entstehung der eisenhaltigen Knollen in den Brunnenröhren von Grenoble; von Hrn. J. Fournet.
Fundstelle: Band 53, Jahrgang 1834, Nr. XXXIX., S. 214
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XXXIX. Ueber die Entstehung der eisenhaltigen Knollen in den Brunnenroͤhren von Grenoble; von Hrn. J. Fournet. Mit einigen Abkuͤrzungen aus den Annales de Chimie et de Physique. Januar 1834, S. 60. Entstehung der eisenhaltigen Knollen in den Brunnenroͤhren etc. Das Ungluͤk, welches die Stadt Grenoble traf, indem sie nach und nach in sehr kurzer Zeit die Haͤlfte des ihre Brunnen speisenden Wassers verlor, interessirt nicht nur die Communen, weil sie mit so bedeutendem Kostenaufwande die Wasserleitungen herstellen muͤssen, sondern auch die Physiker und Chemiker als eine Erscheinung, die bis jezt der Beobachtung entging. Da ich, so wie mehrere andere Personen, den Bericht der SpecialcommissionMan sehe die vorhergehende Abhandlung. und die verschiedenen in den Journalen bei dieser Gelegenheit erschienenen Artikel erhielt, so pruͤfte ich dieselben mit aller Aufmerksamkeit, welche der Gegenstand verdient. Ich suchte auch die ersten Ideen, auf welche ich beim Lesen der Abhandlungen kam, zu bestaͤtigen, indem ich analytische Versuche uͤber die in den Roͤhren sich absezenden Krusten und uͤber den Ruͤkstand anstellte, welchen ich durch Verdampfung von ungefaͤhr drei Liter Wasser erhielt, das bei seinem Eintritt in die Roͤhren an der Quelle des Rondeau selbst aufgefangen wurde. Ich verdanke dasselbe, so wie die Krusten Hrn. Gueymard, erstem Bergingenieur des Dept. de l'Isère; der bei der Wasserleitung eingetretene Umstand veranlaßte denselben zu einer Menge von Versuchen und Beobachtungen, auf deren Wichtigkeit ich in dem Maße aufmerksam machen werde, als ich bei der Discussion der unten folgenden Thatsachen darauf geleitet werde. Die Verstopfung der Roͤhren ist durch isolirte Concretionen verursacht, die unregelmaͤßig vertheilt sind, eine knollenartige Form mit einem Schweif nach Aufwaͤrts haben und 10 bis 24 Millimeter, auch bis einen Zoll hoch sind. Sie scheinen in groͤßerer Anzahl gegen das untere Ende der Roͤhren, weniger an den Seiten und noch weniger am oberen Theile vorzukommen; diese Thatsache zeigt schon, daß waͤhrend die chemischen Kraͤfte ihre Rolle spielten, auch ein großen Theils mechanischer Niederschlag Statt fand. Diese Knollen bestehen aus Schichten von verschiedener Dike; einige sind zerreiblich und pulverfoͤrmig, andere cohaͤrent; leztere zeigen den harzigen Bruch, welchen man so haͤufig bei dem eisenhaltigen Niederschlag der Saͤuerlinge in der Auvergne antrifft. So lange sie nicht mit der Luft in Beruͤhrung waren, ist ihre Farbe schwarz, dann aber werden sie bald gelb. In Masse loͤsen sie sich schwierig in Salzsaͤure auf und zergehen selbst bei mehrtaͤgiger Digestion nicht vollstaͤndig; gepulvert werden sie hingegen sehr schnell von dieser Saͤure aufgeloͤst. Man kann daher die Roͤhren der Wasserleitung nicht mit Saͤuren reinigen, indem, abgesehen von der Kostspieligkeit dieses Verfahrens, das Gußeisen durch die Saͤuren eher angegriffen wuͤrde, als das Oxyd, woraus die Concretionen bestehen. Hr. Gueymard hat gefunden, daß die Roͤhren außer den an einzelnen Stellen vorkommenden Knollen auch noch mit einer duͤnnen Schichte eines schwaͤrzlichen oder gelblichen Eisenoxyds uͤberzogen sind; diese wichtige Thatsache wurde im ersten Berichte nicht erwaͤhnt, sondern man glaubte im Gegentheil, daß das Gußeisen an allen Stellen, wo keine Knollen vorkommen, ganz rein sey. Die chemische Analyse der Knollen gibt zu mehreren Bemerkungen Veranlassung, wovon folgende die wichtigsten sind. Der Verlust im Feuer betraͤgt 34 Procent, nach Verlauf einer gewissen Zeit, meinen Versuchen zu Folge aber nur 19,40, was offenbar beweist, daß dieser Niederschlag eine durch das Eisenoxyd zerstoͤrbare organische Substanz enthaͤlt. Uebrigens kann man sie ungeachtet ihrer theilweisen Zerstoͤrung auch jezt noch sehr leicht erkennen, denn sie liefert in einigen Fallen mit einer Aufloͤsung von reinem Aezkali kleine Seifenkuͤgelchen, waͤhrend ein anderer Theil sich darin zu einer braunen Fluͤssigkeit aufloͤst; gewoͤhnlich erhaͤlt man nur lezteres Resultat. Wenn man auch annehmen wollte, das aͤzende Aezkali enthalte selbst schon einen verseifbaren Stoff, welcher entweder durch den Alkohol oder irgend eine andere der zu seiner Bereitung angewandten Substanzen in dasselbe kam, so laͤßt sich die organische Substanz doch auch auf die Art erkennen, daß man die Knollen gepulvert mit Salzsaͤure behandelt. Es schwimmt dann eine sehr duͤnne und schillernde oͤhlige Schichte auf derselben. Ich habe mich durch zahlreiche Versuche uͤberzeugt, daß sich die organischen Substanzen des Mineralreichs bei aufloͤslichen Mineralien auf diese Art sehr leicht erkennen lassen. Noch leichter kann man sich von ihrer Gegenwart durch das brennzelige Wasser uͤberzeugen, welches man beim Erhizen derselben in einer kleinen Roͤhre erhaͤlt. Endlich uͤberschreitet dieser Verlust beim Gluͤhen in allen Faͤllen denjenigen, welcher bei den im Mineralreich vorkommenden Eisenoxydhydraten vorkommt; er stimmt mehr mit dem Gewichtsverlust der Hydrate uͤberein, welche man bei der Faͤllung eines Eisenoxydsalzes mit uͤberschuͤssigem kohlensaurem Alkali erhaͤlt oder auch mit demjenigen der ocherfarbigen, gallertartige Kieselerde als Basis enthaltenden Niederschlaͤge der Mineralwasser von Pontgibaud. (Berthier's Essais par voie sèche. Bd. II. S. 231.) Diese organische Substanz sucht Wassermoos zu erzeugen, denn Hr. Gueymard hat solches an den Raͤndern und auf dem Boden des Kessels im Wasserthurm beobachtet. Nach dem Berichte der Commission kommt es auch in der senkrechten Roͤhre vor, die das Wasser oben im Wasserthurm ausgießt. Uebrigens findet man diese organischen Producte bekanntlich sehr haͤufig in den Niederschlagen, welche die Bassins gewisser Mineralquellen enthalten. Gerade dieses Wassermoos macht es mir wahrscheinlich, daß die oben erwaͤhnte oͤhlige Substanz nicht durch eine Verbindung des Kohlenstoffs der gußeisernen Roͤhren entsteht. Zweitens enthalten diese Knollen nach der Angabe der Commission eine sehr große Menge Kieselerde oder Sand; ich konnte mich uͤberzeugen, daß wenigstens ein Theil dieser Kieselerde in gallertartigem Zustande war; es reicht dazu hin, die Knollen direct mit einer alkalischen Lauge zu behandeln und leztere dann mit einer Saͤure zu neutralisiren; es scheiden sich sogleich unaufloͤsliche Floken ab, welche man durch Abdampfen der Fluͤssigkeit sammeln kann. Man koͤnnte einwenden, daß diese gallertartige Kieselerde von dem Silicium des Gußeisens und nicht von dem Wasser selbst herruͤhrt; ich habe daher den Ruͤkstand untersucht, welchen das Wasser, ehe es in die Roͤhren tritt, beim Abdampfen hinterlaͤßt und darin diese Erde, wie man weiter unten sehen wird, in sehr betraͤchtlicher Menge gefunden; sie ruͤhrt also groͤßeren Theils von dem Wasser her, und in dieser Hinsicht hat dasselbe ebenfalls mit den gewoͤhnlichen Saͤuerlingen Aehnlichkeit. Ich habe uͤbrigens, so wie die Commission gefunden, daß außer dieser gallertartigen Kieselerde in den Knollen noch Sandkoͤrner und wahrscheinlich auch mechanisch in die Roͤhren hineingezogener Thon vorkommt. Eine dritte Substanz, und die wesentlichste von allen ist das Eisenoxyd; es kann durch die Oxydation des Fußeisens der Roͤhren entstanden oder durch das Wasser selbst hineingekommen seyn; hieruͤber werde ich mich weiter unten verbreiten. Das Vorkommen des Eisenoxyduls scheint außer Zweifel gesezt zu seyn, sowohl durch die Analyse der Commission, als auch durch die Farbe des Niederschlages, welche anfangs schwarz ist und dann an der Luft gelb wird. Man kann sich seine Entstehung erklaͤren, indem man entweder annimmt, es sey urspruͤnglich im Wasser als Oxydul durch Kohlensaͤure aufgeloͤst; oder im Gegentheile durch die Annahme, das Wasser enthalte Eisen im Zustande von Oxyd (was die Versuche des Professors Lecoq zu beweisen scheinen), und dasselbe werde erst, nachdem es sich daraus abgesezt hat, in Folge einer langsamen Wirkung auf das Gußeisen unter Mitwirkung der beigemengten organischen Substanz reducirt; endlich noch dadurch, daß man es als den ersten Grad der oxydirenden Wirkung des kohlensauerhaltigen Wassers auf das Eisen betrachtet, oder als das Resultat der Oxydation des Eisens durch den Einfluß der Koͤrper, womit es eine galvanische Kette bildet. Diese lezteren Wirkungen werden durch eine Beobachtung des Hrn. Gueymard wahrscheinlich gemacht, welcher fand, daß unter jedem Knollen eine Vertiefung in das Eisen von 1 1/2 Linien Dike vorkommt; das Eisen war daselbst rauh. „Folglich, fuͤgt er bei, werden die Knollen, waͤhrend ihr oberer Theil durch stets aufeinanderfolgende Niederschlage zunimmt) noch von Unten nach Oben durch die Oberflaͤche, welche mit dem Gußeisen in Beruͤhrung ist, groͤßer.“ Ich bin also, wie man sieht, weit entfernt, die Oxydation einer gewissen Menge Gußeisen zu laͤugnen, muß aber nach allen meinen Beobachtungen glauben, daß die Hauptursache der Concretion das Eisenoxydul ist, welches das Wasser selbst enthaͤlt, schon ehe es in die Leitung gelangt, denn wie kann man annehmen, daß eine Quantitaͤt Gußeisen, welche einem Eindruke von 1 1/2 Linien Tiefe entspricht, fuͤr sich allein einen Knollen erzeugen koͤnnte, der in gewissen Schichten sehr dicht ist und dessen Durchmesser oder Hoͤhe von fuͤnf Linien bis zu einem Zoll wechselt? Man begreift uͤbrigens, daß es von keiner Wichtigkeit ist, das Eisenoxydul in so alten Knollen, wie die mir uͤberschikten waren, nachzuweisen, denn dieselben hatten Zeit genug sich zu oxydiren; uͤbrigens liefern sie bei Behandlung mit Salpetersaͤure Stikstoffoxydgas. Freilich koͤnnte man diese Reaction eben so gut der organischen Substanz als dem Eisenoxydul zuschreiben. Wir wollen nun auf die in dem Wasser enthaltenen Gasarten uͤbergehen: die sorgfaͤltig. angestellten Versuche des Hrn. Gueymard ergaben, daß 1000 Kubikcentimeter Wasser, welche er oben im Wasserthurm sammelte, 32,20 Centimeter Gas enthielten) waͤhrend die im Wasser von Paris enthaltene Luft nach Thenard's Versuchen hoͤchstens 29,91 Cent, per Liter betraͤgt. Ungluͤklicher Weise haben wir aber keine Daten uͤber die Quantitaͤt und Zusammensezung der Gasarten, welche das Wasser urspruͤnglich enthaͤlt, so wie man es an der Quelle auffaͤngt, bevor es mit der Luft in Beruͤhrung kam und in die Roͤhren gelangte. Wir wissen bloß durch die Versuche der Commission, daß die Luft des Wassers, welches durch die große Leitung ging, noch sauerstoffreicher ist als die atmosphaͤrische, eine Thatsache, uͤber die man sich nicht verwundern kann, da man durch die Versuche der HH. Gay-Lussac und Humboldt weiß, daß das Wasser nicht nur verhaͤltnißmaͤßig mehr Sauerstoff als Stikstoff absorbirt, sondern außerdem auch diesen Sauerstoff viel staͤrker zuruͤkhaͤlt. Der Umstand, daß das Wasser bei seinem Austritt aus den Roͤhren eine sauerstoffreichere Luft enthaͤlt, der Sauerstoff also von dem Gußeisen nicht absorbirt wurde, liefert uns uͤbrigens einen neuen Beweis, daß das Wasser bei fraglicher Erscheinung nicht oxydirend wirkt, indem es doch eher seinen freien Sauerstoff hatte abgeben muͤssen, als es sich selbst zersezte, welches leztere die Commission annimmt. Die Commission findet, daß außer diesem Sauerstoff noch ein anderes Gas im Ueberschuß zuruͤkbleibt, und glaubt, daß dasselbe wenigstens zum Theil Wasserstoff ist; ich fuͤr meinen Theil vermuthe, daß dieses fremdartige Gas groͤßeren Theils wohl Kohlensaͤure seyn koͤnnte. Diese loͤst sich naͤmlich unter allen Bestandtheilen unserer Atmosphaͤre in groͤßter Menge im Wasser auf und wird auch in groͤßerem Verhaͤltnisse von dem als poroͤser Koͤrper wirkenden Boden verdichtet, so daß man mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen kann, daß eine Menge schwach kohlensaͤurehaltiger Quellen, welche nicht aus großen Tiefen zu kommen scheinen, ihren Ursprung aͤhnlichen Absorptionen verdanken; dieser Theorie huldigt auch Hr. Dumas. Andererseits weiß man auch, daß in der Umgebung von Grenoble einige Quellen vorkommen, welche so viel Kohlensaͤure enthalten, daß sie zu Baͤdern gebraucht werden koͤnnen; ich gehe daher nicht zu weit, wenn ich der Gegenwart dieser Saͤure die Aufloͤsung des Eisens in dem Wasser zuschreibe, bevor lezteres in die Roͤhren gelangt. Dieses ist uͤbrigens die einzige Hypothese, welche ich mir hinsichtlich dieses Wassers erlauben werde, dessen mineralische Natur meiner Meinung nach dadurch genuͤgend erwiesen ist, daß es organische Substanz, gallertartige Kieselerde und kohlensauren Kalk, die gewoͤhnlichen Bestandtheile dieser Art von Quellen, enthaͤlt. Wer koͤnnte in Abrede stellen, daß nicht wenigstens ein Theil des der Stadt Grenoble zufließenden Wassers von dieser Art ist, da der Bericht sagt, daß dasjenige der Tronche so viel kohlensauren Kalk enthaͤlt, daß weder Fische noch Kresse darin vorkommen, wie im Wasser des Rondeau, waͤhrend beide in den Roͤhren eisenhaltige Knollen absezten. Der Zweifel wird aber zur Gewißheit durch die Resultate, welche ich bei meiner Untersuchung des Ruͤkstandes erhielt, den das an der Quelle genommene Wasser beim Verdampfen hinterlaͤßt. Derselbe war graulichweiß und pulverig. Ein zuerst vor dem Loͤthrohr angestellter Versuch zeigte, daß er Eisen in einer großen Menge Kalk zerstreut enthaͤlt. Bei aufmerksamer Untersuchung desselben bemerkte man uͤbrigens kleine gelbliche Punkte von diesem Oxyd. Ungeachtet der in dieser Hinsicht sehr verlaͤßlichen Loͤthrohrprobe suchte ich das Eisenoxyd auch noch auf nassem Wege zu bestimmen; das erhaltene Resultat kann zwar nur als annaͤhernd betrachtet werden, weil ich bloß 0,24 Gr. Substanz besaß, ist jedoch hinreichend genau, um bei meinen Berechnungen als Basis angenommen werden zu koͤnnen. Ich beschraͤnkte mich darauf, den Ruͤkstand bloß auf Eisen und Kieselerde zu untersuchen, da die anderen Substanzen bei der Erzeugung der Knollen nur eine unbedeutende Rolle spielen und großen Theils aus kohlensaurem Kalk und einigen Chloriden bestehen. Die 0,24 Gr. wurden in einer engen Roͤhre in reiner Salpetersaͤure aufgeloͤst, wobei ein unaufloͤslicher, flokiger, sehr leichter Ruͤkstand in der Fluͤssigkeit suspendirt blieb, welcher abfiltrirt, ausgesuͤßt und gegluͤht wurde. Er wog nach Abzug der Asche (des Filtrirpapiers) 0,005 Gr. Ein Versuch vor dem Loͤthrohr mit phosphorsaurem Natron zeigte, daß er hauptsaͤchlich aus Kieselerde, mit der Asche des Filters vermengt, bestand. Die filtrirte Fluͤssigkeit wurde tropfenweise mit einfachkohlensaurem Ammoniak versezt, um das Eisen niederzuschlagen, welches aber wegen seiner geringen Menge auf diese Art nicht genau von dem Kalk getrennt werden konnte. Der Niederschlag, der außer Eisen auch kohlensauren Kalk enthielt, wurde daher in etwas Saͤure wieder aufgeloͤst und die Fluͤssigkeit dann mit einigen Tropfen schwefelwasserstoffsauren Ammoniaks versezt, wodurch sogleich ein schwarzer Niederschlag entstand, der filtrirt, ausgesuͤßt Und geroͤstet wurde. Er wog nach Abzug der Asche des Filters ungefaͤhr 0,008. Ich loͤste ihn wieder in Salzsaͤure auf und pruͤfte ihn mit eisenblausaurem Kali, wodurch sogleich Berlinerblau gefallt wurde. Ich wiederhole es, die vorhergehenden Versuche sind zwar als bloße Annaͤherungen zu betrachten, aber mehr als genuͤgend, um den in den Roͤhren sich bildenden Niederschlag zu erklaͤren. Die Commission von Grenoble hat ermittelt, daß eine Roͤhrenlaͤnge von einem Meter 453 Gramme Substanz enthaͤlt und daß der Niederschlag im Ganzen 1452 Kilogramme betraͤgt. Er entstand in sieben und einem halben Jahre oder in 2740 Tagen; es haben sich also taͤglich 1452/2740 = 529 Gramme einer Materie abgesezt, die hauptsaͤchlich aus Kieselerde, Eisen, Wasser und organischer Substanz besteht. Anfangs gingen durch die Roͤhren 1431 Liter Wasser in der Minute und in der lezten Zeit nur 680 Liter oder im Durchschnitt 1055 Liter; dieß macht taͤglich 1055 × 24 × 60 = 1519920 Lit. Nun enthaͤlt jeder Liter vom Wasser des Rondeau nach den Untersuchungen der Commission 0,11 Gr. fester Substanz, die nach meinen Versuchen aus ungefaͤhr 0,006 Gr. Eisen nebst Kieselerde besteht. Wir wollen diese Zahl auf das Viertel reduciren, um ganz sicher zu seyn, daß die Angaben der Waage nicht zu hoch ausfielen; es bleiben uns dann ungefaͤhr 0,0015 Gr. unaufloͤslicher Substanzen im Liter. Hienach finden wir, daß die 1519920 Liter taͤglich 2279 Gr. Ruͤkstand hatten absezen koͤnnen, ungefaͤhr vier Mal so viel als der wirkliche Niederschlag betrug. Das Eisen und die Kieselerde haben sich also bei weitem nicht ganz aus dem Wasser abgesezt, wie sich dieses auch nicht anders erwarten ließ. Dazu kommt noch, daß die Roͤhren durch Rost ebenfalls Eisenoxyd liefern, daß der Niederschlag eine große Menge organischer Substanz enthaͤlt, welche bei obiger Schaͤzung nicht in Anschlag gebracht ist, endlich daß auch mechanische Substanzen in das Wasser gelangen konnten, wie Sand, Thon etc. Wenn man nun fragt, woher es kommt, daß das Eisen in den Knollen vorwaltet, waͤhrend der Ruͤkstand, den man beim Verdampfen des Wassers erhaͤlt, groͤßeren Theils aus kohlensaurem Kalk besteht, so antworte ich mit folgender Beobachtung, welche Berthier schon laͤngst bei Gelegenheit seiner Analyse der Mineralwasser der Auvergne niederschrieb: „Sobald die Mineralwasser in Beruͤhrung mit der Luft kommen, entwikeln sie Kohlensaͤure; das Eisen sezt sich als Oxydhydrat ab und die Kieselerde etwas spaͤter. Dann kommt der kohlensaure Kalk und erst zulezt die kohlensaure Bittererde: diese beiden Salze wurden durch die Kohlensaͤure in Aufloͤsung erhalten oder bildeten vielmehr mit einer Quantitaͤt dieser Saͤure Bicarbonate, welche sich an der Luft sehr schnell zersezen, besonders ersteres. Da die Kohlensaͤure-Entbindung immer fortfaͤhrt, so wird das neutrale kohlensaure Natron immer alkalischer und zulezt verwandelt es sich ganz in halbkohlensaures Natron etc.“ Dieß ist die klare und einfache Erklaͤrung der ganzen Erscheinung, wie sie dieser beruͤhmte Chemiker gibt, von deren Genauigkeit ich mich oft zu uͤberzeugen Gelegenheit hatte. Sie wird auch durch die von der Commission und Hrn. Gueymard beobachteten Thatsachen bestaͤtigt und man braucht zu diesem Ende nur einen Blik auf folgende beide Analysen zu werfen. Analyse der Knollen im Innern der Roͤhren der großen Wasserleitung. Kieselerde oder Sand   1,34 Eisenoxyd 55,80 Eisenoxydul   8,60 Verlust beim Gluͤhen 34,00. ––––– 99,74 Analyse des Niederschlags an dem Wassermoos, welches im Kessel des Wasserthurms waͤchst. Kieselerde 27,40 Eisenoxyd 12,60 Kohlensaurer Kalk 59,40 ––––– 99,40 Diese beiden Analysen liefern die klare Bestaͤtigung dessen, was ich nach den Beobachtungen des Hrn. Berthier behauptet habe; die Kieselerde und der Kalk wurden erst dann in vorwaltender Menge abgesezt, als das Wasser aus den Roͤhren trat, waͤhrend das Eisen sich hauptsaͤchlich in ihrem Inneren niederschlug. Die Erscheinung bei den Wasserleitungen zu Grenoble ist also groͤßeren Theils das Resultat der allmaͤhlichen Faͤllung einer Substanz, die zu wenig aufloͤslich oder zu sehr getruͤbt ist, als daß sie regelmaͤßig und in der ganzen Masse krystallisiren koͤnnte. Der Niederschlag faͤngt an irgend einem Punkte an, gewoͤhnlich an einer Rauhigkeit; er verlaͤngert sich durch neue Faͤllungen und in dem Maße, als er eine groͤßere Oberflaͤche darbietet, nimmt er auch um so schneller an Volumen zu, weil er nun die Substanzen, welche eine Neigung haben sich abzusezen, auf ihrem Wege desto leichter aufhalten kann. Die Elektricitaͤt kann auf dieselbe Art wie die Rauhigkeiten wirken, indem sie in gewissen Fallen Mittelpunkte der Anziehung hervorruft, denn die gußeisernen Roͤhren duͤrften in ihrer Zusammensezung oft wenig homogen seyn und in Folge hievon kann nicht nur eine Oxydation des Metalles, woraus sie bestehen, sondern auch ein Niederschlag erfolgen, welcher leztere um so rascher waͤchst, da die Molecule mechanisch weggefuͤhrt werden. Es laͤßt sich daher auch zu Grenoble eine Anwendung von der Beruͤhrungselektricitaͤt machen, wenn man sich nach den sinnreichen Theorien des Hrn. Becquerel und den Versuchen richtet, die Hr. Dumas zu Sèvres anstellte, um den im Wasser zertheilten kohlensauren Kalk an gewissen Stellen der Leitungen zu concentriren, von welchen man ihn dann leicht wegnehmen kann.Polyt. Journal Bd. XXIII. S. 411.A. d. R. Hr. Vicat schlug vor, die Roͤhren mit einem Firniß zu versehen; dieses Verfahren scheint mir aber sehr unsicher zu seyn; denn da der Firniß nur durch seine Politur wirken kann, so wird, wenn diese ein Mal zerstoͤrt ist, der Niederschlag wie vorher Statt finden. Wenn man zu Grenoble das Verfahren anwenden koͤnnte, welches die Natur befolgt, um die Verstopfung der unterirdischen Canaͤle zu verhindern, die ungeheure Quantitaͤten von Kieselerde, Eisen, Kalkerde zu Tage foͤrdern, so wuͤrde man die Hauptursache des Uebels vollkommen beseitigen; man brauchte naͤmlich die Quellen, wo sie zu Tage kommen, nur auf solche Art einzufassen, daß sie durchaus keine Kohlensaͤure verlieren koͤnnten; die Substanzen, welche erst nach ihrer Entweichung sich niederzuschlagen streben, wuͤrden dann aufgeloͤst bleiben. Es waͤre auch gut, wenn man ein sehr kohlensaͤurereiches Wasser in die Roͤhren leiten koͤnnte; dasselbe muͤßte natuͤrlich in der naͤchsten Umgebung zu haben seyn. Zusaz. Seitdem ich diese Abhandlung niederschrieb, habe ich von Hrn. Gueymard eine Reihe neuer Beobachtungen erhalten, wovon ich hier die wichtigsten mit den noͤthigen Bemerkungen mittheile. 1) Die Roͤhren, welche das Wasser an der Quelle aufnehmen, um es in die Cisterne zu fuͤhren, die als gemeinschaftliches Reservoir dient, enthalten sehr wenige und nur sehr kleine Knollen; erst wenn das Wasser aus der Cisterne auslauft und in die große Wasserleitung gelangt, erhalten die Knollen die Groͤße, welche sie so schaͤdlich macht. Diese erste Thatsache spricht sehr fuͤr das Verfahren, das ich vorgeschlagen habe, um die Entstehung der Knollen zu verhindern; denn es geht offenbar daraus hervor, daß die Kohlensaͤure, welche sich an der Quelle noch nicht so vollstaͤndig entbinden konnte, als waͤhrend des Verweilens des Wassers in der Cisterne, das Eisen in Aufloͤsung erhaͤlt. 2) Es kommen viele Knollen in demjenigen Theil der großen Wasserleitung, welche der Cisterne zunaͤchst liegt, vor, noch mehrere in der Mitte und die meisten gegen das Ende; endlich bilden sie sich in der senkrechten Roͤhre des Wasserthurms so schnell, daß sie, wenn man sie auch beseitigt, in sechs Monaten wieder ihre vorige Groͤße erlangen. Diese zweite Thatsache erklaͤrt sich leicht aus mechanischen Gesezen; da die Molecule sich waͤhrend des Laufes des Wassers einander naͤhern und schwerer werden, so muͤssen sie sich natuͤrlich in groͤßerer Menge gegen das Ende als am Anfang absezen. 3) Die Knollen sind hart und auf der Oberflaͤche gelb, innen aber schwarz und weich; das Gußeisen ist bisweilen an der Stelle, die sie einnahmen, angegriffen. Man findet darauf eine schwarze Substanz, die wenig Zusammenhang hat und wie schwarzes Pulver aussieht. Ich erklaͤre diese Thatsache durch die reducirende Caͤmentation, welche zwischen dem abgesehen Eisenoxyd und dem Gußeisen Statt findet, welches leztere sich seinerseits oxydirt; dadurch entsteht sehr zertheiltes Eisenoxydul. Die Kohlensaͤure, die ebenfalls noch ins Spiel kommt, kann eine gewisse Menge Eisenoxydul aufloͤsen, was die Porositaͤt desselben vermehrt; der freigewordene Graphit oder Kohlenstoff des Gußeisens bildet das schwarze Pulver. 4) Hinsichtlich des Eisens hat sich Hr. Gueymard auf folgende Art uͤberzeugt, daß es schon in dem an der Quelle gefaßten Wasser enthalten ist. Der Ruͤkstand des Wassers wurde gegluͤht, und blieb weiß; dann behandelte man ihn mit Salpetersaͤure, um das Eisen vollstaͤndig zu oxydiren, worauf man zur Aufloͤsung desselben Salzsaͤure beifuͤgte. Die filtrirte Fluͤssigkeit gab mit eisenblausaurem Kali einen blauen, und mit schwefelwasserstoffsaurem Ammoniak einen schwarzen Niederschlag. 5) Der Kalk ist im Wasser als Bicarbonat enthalten; dasselbe uͤberzieht sich beim Kochen mit einem weißen Haͤutchen von kohlensaurem Kalk. Diese beiden lezteren Thatsachen stimmen geradezu so genau mit meiner Theorie uͤberein, daß ich mich uͤber sie nicht weiter zu verbreiten brauche. 6) Zu St. Etienne, St. Chamont, zu Annonay, machen die Knollen, welche das Wasser in den Roͤhren absezt, ungeheure Fortschritte, bei weitem groͤßere als zu Grenoble. Zu St. Chamont sind die Roͤhren verstopft.Man hat in Grenoble zum Reinigen der Roͤhren mit gutem Erfolge Krazbuͤrsten von Draht angewandt. Zu Nismes enthalten die Roͤhren nur eine duͤnne Kalkkruste und keine Knollen. Das Wasser enthaͤlt in 1000 Gr. Kohlensauren Kalk 1,25 Gr. Kohlensaͤure Bittererde 0,20  – Kieselerde 0,40  – Chlorcalcium 0,60  – Chlormagnesium 0,26  – –––––– 2,71 Gr. Bei der alten Wasserleitung zu Marly kommen keine Knollen vor, aber ein schlammiger Ueberzug um die Roͤhren. In den Wasserleitungen zu Paris zeigen sich ebenfalls keine Knollen. Alle diese Thatsachen erklaͤren sich leicht durch den Unterschied in der Zusammensezung des Wassers, und vertragen sich im Allgemeinen nicht mit einer Theorie, die sich auf eine bloße Oxydation der gußeisernen Roͤhren gruͤndet. Denn wie ließe sich begreifen, daß das Gußeisen Substanz genug liefern koͤnnte, um den Hohlraum der Roͤhren vollkommen zu verstopfen, wie zu St. Chamont.