Titel: Ueber die Härte der Eisengüsse. Von Hrn. Rufus Tyler, Mechaniker zu Philadelphia.
Fundstelle: Band 53, Jahrgang 1834, Nr. LXIII., S. 374
Download: XML
LXIII. Ueber die Haͤrte der Eisenguͤsse. Von Hrn. Rufus Tyler, Mechaniker zu Philadelphia. Aus dem Franklin Journal im Mechanics' Magazine, No. 567, S. 201. Tyler, uͤber die Haͤrte der Eisenguͤsse. Die Mechaniker konnten sich fruͤher nur mit Muͤhe gußeiserne Gegenstaͤnde von solcher Weichheit verschaffen, daß sie sich mit gehoͤriger Leichtigkeit bearbeiten ließen, und selbst heut zu Tage noch ist die Kunst Guͤsse von jeder beliebigen Qualitaͤt zu erhalten, in einiges Dunkel gehuͤllt. Ich will es versuchen dieses Dunkel einiger Maßen aufzuhellen, den Gießer auf diese Weise in Stand zu sezen hie und da an Metall zu ersparen und dem Mechaniker Mittel an die Hand zu geben, mit deren Huͤlfe er mit Leichtigkeit und Sicherheit bestimmen kann, ob dieser oder jener Guß seinen Anforderungen entspricht oder nicht. Man unterscheidet das haͤrteste und das weichste Gußeisen gewoͤhnlich dadurch, daß man ersteres weiß und lezteres schwarz nennt, waͤhrend man alle Zwischenstufen mit dem Namen graues Gußeisen belegt. Die dunkleren Schattirungen enthalten eine groͤßere Menge Kohlenstoff, und werden sehr zum Schmelzen geschaͤzt, indem ein Theil dieser Substanz jedes Mal beim Schmelzen verloren geht. Man kann zwar beim Beurtheilen der Qualitaͤt eines zu untersuchenden Gegenstandes auf diese Zeichen, in so fern als die verschiedenen Schattirungen von Grau wirklich bemerkbar sind, bauen; allein dieselben Metalle koͤnnen dann durch verschiedene, beim Gießen eintretende Umstaͤnde das Aussehen und die Eigenschaften des weißen Gußeisens erlangen, von welchem sie sich dann nur mehr durch Anlassen, abermaliges Schmelzen und durch die chemische Analyse unterscheiden lassen. Man begeht daher einen Mißgriff, wenn man, wie dieß beinahe allgemein geschieht, Eigenschaften, die Gußeisen von jedem Grade der Verkohlung gemein sind, einem Mangel an Kohlenstoff zuschreibt; – Eigenschaften, die, wie man bei genauerer Untersuchung finden wird, von der eigenthuͤmlichen Anordnung abhaͤngen, welche die Theilchen beim Uebergange vom fluͤssigen in den festen Zustand erleiden, und welche sowohl durch die Laͤnge der Zeit, die sie zum Abkuͤhlen brauchen, als durch das Verhaͤltniß des mit ihnen verbundenen Kohlenstoffes abhaͤngen. Jeder erfahrne Arbeiter weiß, daß verschiedene Theile eines und desselben Stuͤkes oft ganz entgegengesezte Eigenschaften darbieten. Man schreibt dieß gewoͤhnlich einer ungleichen Vertheilung des Kohlenstoffes in Folge der schnelleren Abkuͤhlung der duͤnneren Theile, die zuerst die krystallinische Form erlangen, zu. Hieraus leitet sich das bei den Gießern allgemein uͤbliche Verfahren ab, beim Auswaͤhlen des Materiales zu weichen Guͤssen die harten Theile abzubrechen und zu beseitigen, und umgekehrt. In der Wirklichkeit ist jedes Stuͤk Gußeisen, des ungleichartigen Aussehens ungeachtet, durch und durch von gleicher Zusammensezung, und nur an solchen Stuͤken, die sowohl die harte als die weiche Form zeigen, kann man durch die Besichtigung eine genaue Kenntniß der Beschaffenheit oder Qualitaͤt des Materiales erlangen. Es ist von groͤßter Wichtigkeit, daß die Gießer mit diesen Thatsachen gehoͤrig vertraut seyen; denn bei ihren gegenwaͤrtigen irrigen Ansichten schaͤzen sie nicht nur ihr bestes Material wegen der großen Aehnlichkeit desselben mit einem Materiale von geringerer Qualitaͤt nicht selten zu gering; sondern, wenn sie das als hart angenommene Material zum Gießen von Artikeln anwenden, die den hoͤchsten Grad von Haͤrte bekommen sollen, so erreichen sie auch ihren Zwek nicht, ausgenommen die Guͤsse sind so duͤnn, als jene, von welchen das Material gewaͤhlt wurde. Da jedoch zu einem Einsaze gewoͤhnlich wirklich und vermeintlich hartes Material genommen wird, so faͤllt das Resultat doch zum Gluͤke selten so sehr abweichend aus, wie ich es eben angedeutet habe. Im Allgemeinen genuͤgt dieß, um die Meinung hervorzurufen, daß das Metall verbessert wurde, d.h., daß es in dem Ofen einen Zuwachs an Kohlenstoff erhielt, obschon bekanntlich im Allgemeinen das Gegentheil eintritt, und zwar in solchem Grade, daß, wenn man Eisen von der anerkannt weichsten Qualitaͤt ein halbes Duzend Mal nach einander schmilzt, es nur mehr zu den haͤrtesten Gegenstaͤnden geeignet ist. Man hat daher beim Gießen jedes Mal hierauf Ruͤksicht zu nehmen, besonders beim Schmelzen in dem gewoͤhnlichen Windofen, welcher das Metall haͤrter macht, als der Kuppel- oder Geblaͤseofen. Wenn man bei diken Massen einen außerordentlich hohen Grad von Haͤrte erzielen will, so ergibt sich außer der ungeeigneten Auswahl des Metalles auch noch eine andere Schwierigkeit, die von dem hohen Schmelzpunkte des zu solchen Zweken geeigneten Metalles bedingt ist, und die noch dadurch vergroͤßert wird, daß man das Material von Massen waͤhlen muß, die wenigstens eben so groß sind, als die Gegenstaͤnde, welche man erzeugen will. Dieß wird jedoch jenen nicht als Uebelstand gelten, die nicht wissen, daß hartes Metall in der Form von duͤnnen Stuͤken in groͤßeren oder dikeren Massen harte Guͤsse geben kann oder nicht; oder wenigstens jenen nicht, die, weil sie keine sehr kraͤftigen Oefen haben, die großen Massen ganz verwerfen. Aus diesem Grunde und zugleich auch wegen des Mangels einer richtigen Theorie nimmt man beim Haͤrten von Amboßen und vielen anderen Artikeln seine Zuflucht zur kuͤnstlichen Kaͤlte, wodurch das Metall innerhalb der Haͤrtungszeit zum Erstarren kommt. Wenn man Metall von gehoͤriger Haͤrte in Stuͤken so groß, als man sie fuͤglich behandeln kann, anwendet, so braucht man Guͤsse, die kleiner sind, als jene, von denen das Metall gewaͤhlt worden, nicht kuͤnstlich abzukuͤhlen. Vor einigen Jahren verbreitete sich in den Journalen die Angabe, daß hartes Gußeisen durch Anlassen in Zuker ganz weich gemacht werden koͤnne. Ich habe oben gesagt, daß Guͤsse, die in verschiedenen Verhaͤltnissen mit Kohlenstoff versezt sind, die einander jedoch darin gleichen, daß sie sehr hart sind, durch das Anlassen von einander unterschieden werden koͤnnen. Die Sache verhaͤlt sich also, daß Eisen, welches stark verkohlt, durch kuͤnstliches Abkuͤhlen oder dadurch, daß es in sehr duͤnne Platten gegossen wurde, gehaͤrtet worden, durch ein einfaches Anlassen weich gemacht werden kann. Darauf beruht auch das Weichwerden durch Anlassen in Zuker, welches mir bei einem Stuͤke, das ich hiezu auswaͤhlte, nicht gelang. Jenen, die da annehmen, daß in den Stuͤken, welche an einigen Stellen weich, an anderen hart sind, eine ungleiche Vertheilung des Kohlenstoffes Statt finde, kann man durch die Frage antworten, was denn aus dem Kohlenstoffe wird, wenn ein Stuͤk, welches sonst grau und weich seyn wuͤrde, unter Umstaͤnden, unter denen ein Entweichen des Kohlenstoffes nicht wohl angenommen werden kann, so abgekuͤhlt wird, daß es ganz weich oder durch und durch hart ist. Man lasse z.B. in einen großen Blok Messing (Gußeisen darf man nicht nehmen, weil man sonst sagen koͤnnte, dasselbe sauge den Kohlenstoff ein) sechs oder mehr Zoll tief ein Loch von einem halben Zoll im Durchmesser bohren, und fuͤlle dasselbe mit geschmolzenem Eisen. In diesem Falle wird Niemand zweifeln, daß der Guß durch und durch gehaͤrtet werden wird; man wird daher zur Erklaͤrung dieser Erscheinung nach einer anderen Theorie als die eben genannte forschen muͤssen. Jene, die ich hiefuͤr angenommen habe, und die ich oben andeutete, sagt, daß, wo immer ein Resultat dieser Art eintreten mag, dasselbe von den Umstaͤnden bei der Abkuͤhlungszeit abhaͤngt; d.h. mit anderen Worten jedes Stuͤk Gußeisen, dasselbe mag weiß oder grau seyn, wird, wenn es geschmolzen wird, ohne daß eine Veraͤnderung in den Verhaͤltnissen des Kohlenstoffes und Eisens geschieht, immer Gußeisen von einer und derselben Qualitaͤt geben, sobald die zum Abkuͤhlen gestattete Zeit auch immer eine und dieselbe bleibt. Dieser Theorie gemaͤß hat jede Qualitaͤt Gußeisen ihre eigene Abkuͤhlungszeit, die den Charakter der Qualitaͤt bestimmt. Um dieser Sache weiter auf den Grund zu kommen, ließ ich mir, nachdem mir die Thatsache ein Mal bekannt war, ein Muster machen, welches aus zwei gleichen Keilen bestand, die 2 Zoll breit und 3 Zoll lang waren, und die von einer Dike von einem halben Zoll, die sie am Ruͤken hatten, in eine so duͤnne Kante ausliefen, als es in einem gewoͤhnlichen Sandmodel fuͤglich moͤglich war. Diese Keile wurden an ihrem Ruͤken durch ein Stuͤk, welches so breit als einer der Keile und beilaͤufig einen halben Zoll dik war, auf solche Weise mit einander verbunden, daß man sowohl beim Modeln, als beim Gießen einer vollen Gleichheit sicher war; da die Kante der Keile in dem Model nach Abwaͤrts gerichtet war, so wurden die Model in Folge des Drukes vollkommen ausgefuͤllt. Solche Musterkeile verschaffte ich mir mehrere von dem weichsten und am meisten mit Kohlenstoff versezten Eisen bis zu Eisen von einem mittleren Grade der Verkohlung. Wenn ich nun einen dieser Keile von der Kante bis zum Ruͤken der Diagonale nach zerbrach, so zeigte sich auf einem und demselben Bruche sowohl weißes als graues Eisen; das weiße begann jedes Mal an der scharfen Kante und erstrekte sich gegen den Ruͤken hin, wo es auf das graue traf; der Uebergang war ploͤzlich und ziemlich genau markirt, seine Entfernung von der Kante wechselte jedoch mit der Schattirung des Grau. Diese Keile geben also eine relative Scala zum Bemessen der verschiedenen Qualitaͤten des Materiales. Die Uebergangslinie des weißen Metalles in das graue folgte ganz genau jener Linie, die dergleichen Dike des Keiles entsprach, d.h. ihre Entfernung von der Kante war von der einen Seite des Keiles bis zur entgegengesezten eine und dieselbe. Der zweite Keil desselben Paares zeigte jedes Mal dasselbe Aussehen, wie ich dieß im Voraus vermuthete; und jeder Keil, der unter denselben Umstaͤnden aus demselben Metalle gegossen worden waͤre, wuͤrde dieselbe Beschaffenheit gezeigt haben, indem die Zeit des Abkuͤhlens bei jedem eine und dieselbe bleibt. Aus diesen Thatsachen geht hervor, daß es, wenn man im Stande seyn will, die Haͤrte irgend eines Gusses ohne Irrthum zu bestimmen durchaus noͤthig ist, irgend einen duͤnnen keilfoͤrmigen Theil auszusuchen, den man ohne Nachtheil abbrechen kann. Man kann zu diesem Behufe auch vorher an dem Muster einen Keil anbringen, der aus irgend einem zu gleicher Zeit und aus demselben Metalle veranstalteten Gusse besteht. Durch die Beobachtung der Dike, bei welcher das weiße Metall in das graue uͤbergeht, erfaͤhrt man die Qualitaͤt des Eisens, vorausgesezt, daß man vorher weiß, welche Qualitaͤt dieser Dike zukommt. Eine Ausnahme von dieser Regel macht jedoch der lezte Guß aus einem und demselben Einsaze, der jedes Mal haͤrter ist, als der erste, indem das Metall bei dem lezten in weit niedrigerer Temperatur in den Model gelangt, als bei dem ersten, indem der Model dadurch nicht eben so hoch erhizt wird, und indem daher die Zeit des Abkuͤhlens des Metalles bei einer bestimmten Dike kuͤrzer ist. Nachtraͤglich zu dem eben beschriebenen Versuche verschaffte ich mir statt des doppelten Keiles einige Stuͤke Eisen von verschiedener Art, welche von einem Muster abgeschlagen worden, welches die Form einer Schale mit keilfoͤrmigem Rande hatte. Gegen diese ließ sich naͤmlich nicht der Einwurf, den ich oben schon haͤtte beruͤhren sollen, machen, daß die Raͤnder, welche mehr als die Mitte des Keiles den aͤußeren Einfluͤssen ausgesezt sind, schneller abkuͤhlen werden, und daß der Haͤrtungspunkt hiedurch etwas weiter hinauf geruͤkt wird, wodurch an diesen Stellen nothwendig auch eine leichte Abweichung von der Uebergangslinie entstehen muß. Es ist ferner wahrscheinlich, daß die Resultate auch noch durch ein anderes, gleichfalls durch den gegossenen Keil angedeutetes Princip etwas modificirt werden wuͤrden; d.h. daß an solchen Formen, die sich uͤberall in Raͤnder endigen, welche diker sind, als der Haͤrtungspunkt, waͤhrend einzelne Theile eine nur etwas geringere Dike als dieser Punkt haben, gar keine Haͤrtung eintreten wird, indem die harte Form, welche wahrscheinlich das Product der Krystallisation ist, sowohl an dem Eisen als an anderen Substanzen eine gewisse Anordnung erfordert, von der sie beginnt, und von der sie sich dann weiter erstrekt. Ich habe allen Grund zu vermuthen, daß, wo man an Gegenstaͤnden, welche gegossen werden sollen, wegen der Beschaffenheit des Ofens oder des Metalles, oder wegen der Spizheit der Winkel befuͤrchtet, daß die Kanten, die am meisten exponirt sind, zu hart werden duͤrften, dieser Gefahr vorgebaut werden duͤrfte, wenn man diese Kanten an dem Muster auf eine geringere Distanz verlegte, selbst wenn man dann, um dem Gusse genau die verlangte Form zu geben, zur Feile und zum Meißel greifen muͤßte. Man hat sich beim Untersuchen der Guͤsse in einer Gießerei sorgfaͤltig zu huͤten, daß man keine solchen Stuͤke abbreche, auf deren Abkuͤhlungszeit besondere Umstaͤnde einen Einfluß uͤbten; wie z.B. Theile, welche der atmosphaͤrischen Luft ausgesezt waren, oder mit Sand in Beruͤhrung standen, der durch das daruͤber laufende Metall erhizt ward; Theile, die mit großen Massen in Beruͤhrung standen, und in denen folglich das Metall laͤnger fluͤssig bleiben konnte. Man findet gewoͤhnlich einige Tage nachdem bestimmte Guͤsse gemacht worden, einige unvollkommene oder beschaͤdigte Stuͤke, von denen man weiß, daß sie zu derselben Zeit gegossen wurden, und an denen die Untersuchung vorgenommen werden kann. Obschon keilfoͤrmige Stuͤke aus den oben angefuͤhrten Ursachen hiezu am geeignetsten sind, so genuͤgt doch oft schon eine Untersuchung des Bruches irgend eines anders geformten Stuͤkes; vorausgesezt, daß dessen Abkuͤhlungszeit sich innerhalb jener befinde, die dem duͤnnsten Theile des zu untersuchenden Gusses gestattet wurde. Es handelt sich naͤmlich gewoͤhnlich nicht um eine ganz genaue Bestimmung der Qualitaͤt des Eisens, sondern meistens nur darum, zu wissen, ob die Guͤsse weich genug sind, um gehoͤrig bearbeitet werden zu koͤnnen.