Titel: Ueber ein Verfahren, der künstlichen Soda die in ihr enthaltenen Schwefelmetalle zu entziehen, nebst einer Analyse der Soda von Dieuze; von Hrn. Achille Penot.
Fundstelle: Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XX., S. 122
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XX. Ueber ein Verfahren, der kuͤnstlichen Soda die in ihr enthaltenen Schwefelmetalle zu entziehen, nebst einer Analyse der Soda von Dieuze; von Hrn. Achille Penot. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen, No. 34, S. 373. Penot's Verfahren, der kuͤnstlichen Soda die in ihr enthaltenen Schwefelmetalle zu entziehen etc. Im Septemberhefte des Journal de Pharmacie vom J. 1833 befindet sich ein Auszug aus einer Abhandlung des Hrn. Pruͤckner, Fabrikanten chemischer Producte in Hof. In dieser Abhandlung, welche von der kaiserl. Academie der Wissenschaften in St. Petersburg gekroͤnt wurde, und die von einer neuen Methode Soda zu fabricirenDie Methode des Hrn. Pruͤckner, Soda zu fabriciren, von welcher hier die Rede ist, findet man in Schweigger-Seidel's neuem Jahrbuch der Chemie und Physik 1833, Heft 2 und 3, von ihm selbst beschrieben. Bekanntlich hat Hr. Hofrath Vogel in Muͤnchen zur Bereitung des Baryts ein Verfahren angegeben, welches darin besteht, den schwefelsauren Baryt durch Gluͤhen mit Kohlenpulver in Schwefelbarium zu verwandeln, und lezteres dann durch Kochen mit Kupferoxyd in Bariumoxyd) auf ganz aͤhnliche Art verwandelt Herr Pruͤckner das schwefelsaure Natron durch Gluͤhen mir Kohlenpulver in Schwefelnatrium, und gewinnt aus diesem durch Kochen seiner Aufloͤsung mit Kupferoxyd dann Aeznatron. Das Pruͤckner'sche Verfahren, Soda zu fabriciren, welches durch die Bereitung des Kupferoxyds sehr umstaͤndlich wird, hat offenbar vor dem gewoͤhnlichen nur dann einen Vorzug, wenn man das Schwefelkupfer zur Darstellung anderer Kupferverbindungen vortheilhaft verwenden kann, da uͤberdieß bei diesem Verfahren nicht kohlensaures, sondern aͤzendes Natron gewonnen wird, welches man, um das – zu sehr vielen Zweken unumgaͤnglich noͤthige – kohlensaure Natron daraus zu erhalten, auf dem Herd eines Reverberirofens wieder mit Kohlenpulver calciniren muß, so zweifeln wir sehr, ob jemals eine große Sodafabrik das jezt uͤbliche Verfahren nach Le Blanc aufgeben, und dafuͤr das Pruͤckner'sche einfuͤhren wird. A. d. R. handelt, schlaͤgt Hr. Pruͤckner vor, das Kupferoxyd zur Zersezung des Schwefelnatriums anzuwenden. Man erhaͤlt dabei Schwefelkupfer und Aeznatron, und muß so lange Kupferoxyd zusezen, bis die Fluͤssigkeit durch Bleiaufloͤsungen weiß oder durch Kupferaufloͤsungen hellgruͤn gefaͤllt wird. Dieß sind sichere Kennzeichen, daß alles Schwefelnatrium zersezt wurde. Den 15. September 1833 schrieb Hr. Colard von Colmar der Société industrielle einen Brief, worin folgende Stellen vorkommen: „Ich fand, daß das schwefelsaure Blei, welches man bei der Zersezung des Bleizukers mit Alaun erhaͤlt, das vorteilhafteste, wohlfeilste und leichteste Mittel ist, um die aufloͤslichen Schwefelmetalle zu zersezen. Das Kupferoxyd kommt nach der Bereitungsart des Hrn. Pruͤckner viel theurer zu stehen. Ich loͤse die Soda, um sie zu entschwefeln, in Wasser auf, und vermenge diese Aufloͤsung allmaͤhlich mit schwefelsaurem Blei, das mit Wasser gut angeruͤhrt ist; man ruͤhrt das Gemenge dann gut um, und nachdem es sich gesezt hat, pruͤft man die Fluͤssigkeit mit Bleisalzen auf einen Gehalt an Sulfuriden; wenn durch dieselben ein weißer Niederschlag entsteht, sind alle Sulfuride zersezt.“ Die Société industrielle hat mich beauftragt, dieses Verfahren zu wiederholen, und ihr daruͤber Bericht zu erstatten. Wegen der großen Verwandtschaft des Bleies zum Schwefel ließ sich wohl voraussehen, daß es gelingen muß, was auch die Erfahrung vollkommen bestaͤtigte. Nachdem ich Soda, die schon Sulfuride enthielt, aufgeloͤst, und die Aufloͤsung noch mit Schwefelnatrium versezt hatte, brachte ich in die Fluͤssigkeit schwefelsaures Blei, welches sich fast augenbliklich schwarz faͤrbte, und durch einen neuen Zusaz davon grau wurde. Die filtrirte Fluͤssigkeit enthielt keine Spur von Sulfurid mehr. Der Versuch gelang auch eben so gut, als man schwefelsaures Blei mit reinem Schwefelnatrium zusammen brachte. In beiden Faͤllen bildete sich unaufloͤsliches Schwefelblei und schwefelsaures Natron blieb in der Aufloͤsung. Um in gewissen Faͤllen, wo ein Schwefelgehalt der Soda schaͤdlich ist, dieselbe zu reinigen, braucht man also nur dem Kalk, wodurch man die Soda aͤzend macht, schwefelsaures Blei zuzusezen. Dieses Verfahren ist nicht neu; es wurde schon in den Jahren 1823, 1824 und 1825 in der Sodafabrik des Hrn. Kestner zu Thann, und in den Jahren 1827 und 1828 in derjenigen zu Dieuze angewandt. Man gab es aber wieder auf, weil man jezt bei der Fabrikation des Sodasalzes und der krystallisirten Soda viel weniger Sulfurid erhaͤlt, als ehemals, und weil man kein anderes Entschwefelungsmittel mehr braucht, als das Calciniren des Sodasalzes. Das sich bildende Schwefelblei ist uͤbrigens bei einer Fabrikation im Großen sehr hinderlich. Außer den Sulfuriden enthaͤlt die Soda auch wandelbare Quantitaͤten von schwefeligsaurem und unterschwefeligsaurem Natron, welche bei Zusaz von Schwefelsaure schwefelige Saͤure entbinden, die bis: weilen, z.B. bei den Fayencekuͤpen, sehr schaͤdlich seyn kann. Der schwefeligsaure Kalk ist zwar im Wasser beinahe vollkommen unaufloͤslich, was aber den Uebelstand nicht beseitigt, wenn man das Aeznatron bereitet; denn ich habe mich uͤberzeugt, daß der schwefeligsaure Kalk sich in den aͤzenden Alkalien sehr leicht aufloͤst. Wenn man eine Sodaaufloͤsung lange Zeit an der Luft stehen laͤßt, gehen die schwefeligsauren und unterschwefeligsauren Salze in schwefelsaure uͤber, was nicht schaden kann; da dieses Verfahren aber wegen seiner Langsamkeit in den Fabriken nicht anwendbar ist, so waͤre zu wuͤnschen, daß man es durch ein anderes ersezen koͤnnte. Unter allen gegenwaͤrtig im Handel vorkommenden Sodasorten ist diejenige von der Fabrik in Dieuze (Dept. de la Meurthe) die gehaltreichste. Sie ist schoͤn weiß, und loͤst sich in Wasser fast vollstaͤndig auf. Mit Schwefelsaͤure versezt, truͤbt sich ihre Aufloͤsung nicht merklich, und verbreitet nur einen schwachen Geruch. Es schien mir interessant, eine Analyse von dieser Soda vorzunehmen. Zehn Gramme dieser Soda wurden mehrere Stunden lang der Temperatur des siedenden Wassers ausgesezt, und verloren dadurch 0,806 Gr. Wasser. Aufgeloͤst und filtrirt hinterließen sie 0,408 Gr. unaufloͤslicher Substanzen. Die Aufloͤsung versezte ich allmaͤhlich mit schwacher Essigsaͤure, um sie zu neutralisiren, und die Kohlensaͤure aus ihr zu vertreiben, dann mit neutralem, essigsaurem Zink, worauf ich sie 15 Stunden lang in einer gut verschlossenen Flasche stehen ließ. Alsdann filtrirte ich, kochte den Niederschlag mit Koͤnigswasser, um ihn in schwefelsaures Zink zu verwandeln, und schied die Schwefelsaͤure davon mit salzsaurem Baryt ab. Ich erhielt so 0,761 Gr. schwefelsauren Baryt, die 0,105 Gr. Schwefel entsprechen. Um zu erfahren, ob die Aufloͤsung unterschwefeligsaures Salz enthielt und um seine Menge zu bestimmen, versezte ich sie mit salzsaurem Baryt, wodurch ein weißer Niederschlag entstand, den ich spaͤter als ein Gemenge von schwefeligsaurem und schwefelsaurem Baryt erkannte. Ich filtrirte die Fluͤssigkeit, kochte sie mit rauchender Salpetersaͤure und versezte sie mit salzsaurem Baryt, wodurch ich 0,317 Gr. schwefelsauren Baryt erhielt, welche 0,131 Gr. Unterschwefelsaͤure entsprechen. Der erste Niederschlag, mit verduͤnnter Salzsaͤure gut ausgewaschen, getroknet und gegluͤht, gab 0,279 Gr. schwefelsauren Baryt, welche 0,095 Gr. Schwefelsaͤure enthalten. Das angesaͤuerte Wasser, welches zum Aussuͤßen gedient hatte, mußte schwefeligsauren Baryt enthalten, wenn die angewandte Soda schwefelige Saͤure enthielt. Um mich davon zu uͤberzeugen, vermischte ich dieses Wasser mit Salpetersaͤure, und brachte es zum Wen, um das schwefeligsaure Salz in ein schwefelsaures zu verwandeln. Es bildete sich dann wirklich ein Niederschlag, welcher in einem Platintiegel gegluͤht, 0,767 Gr. wog und also 0,211 Gr. schwefeliger Saͤure entspricht. Ich nahm dann neuerdings 10 Gr. Soda, die ich aufloͤste und nach dem Filtriren mit schwacher Salpetersaͤure neutralisirte. Diese Fluͤssigkeit, mit salpetersamem Silber gepruͤft, gab einen Niederschag von Chlorsilber, welcher 0,312 Gr. wog und folglich 0,077 Gr. Chlor enthielt. Nachdem durch Salzsaͤure das uͤberschuͤssig zugesezte Silber aus der Aufloͤsung gefaͤllt worden war, machte ich sie mit Ammoniak schwach alkalisch und versezte sie mit kleesaurem Ammoniak, erhizte sie und ließ sie 24 Stunden lang stehen, damit sich der Niederschlag sammeln konnte. Gehoͤrig gegluͤht wog derselbe 0,451 Gr., welche 0,199 Er. Kalk entsprechen. Um die Kohlensaͤure zu bestimmen, loͤste ich zwei Gramme Soda auf, filtrirte und versezte die Aufloͤsung mit salzsaurem Baryt. Es fiel dann reiner, kohlensaurer, schwefelsaurer und schwefeligsaurer Baryt nieder, welche auf einem Filter gesammelt wurden. Den Niederschlag suͤßte ich mit heißem Wasser aus, um den reinen Baryt aufzuloͤsen, und dann mit Salzsaͤure, welche den kohlensauren Baryt in salzsauren verwandelte und zugleich den schwefeligsauren aufloͤste, den schwefelsauren aber zuruͤkließ. Dann schlug ich allen von der Salzsaͤure aufgenommenen Baryt mit Schwefelsaͤure nieder und erhielt 5,253 Gr. schwefelsauren Baryt; zieht man davon 0,567 Gr., welche, wie gesagt, das schwefeligsaure Salz lieferte, ab, so bleiben 4,486 Gr. schwefelsaurer Baryt von zwei Gramme Soda, was auf zehn Gramme 22,430 Gr. betraͤgt und 2,118 Gr. Kohlensaͤure anzeigt. Um endlich das Gewicht des Natrons zu bestimmen, verwandelte ich die Soda ganz in schwefelsaures Salz, von dessen Gewicht dann dasjenige des schon vorhandenen schwefelsauren Natrons und Chlornatriums abgezogen wurde, naͤmlich 13,069 Gr., welche 5,726 Gr. Natron entsprechen. Als ich die Soda von Dieuze mit verschiedenen Reagentien pruͤfte, konnte ich darin keine anderen Substanzen als die bereits angefuͤhrten entdeken. Nach dem Vorhergehenden wuͤrde die Soda von Dieuze in 100 Theilen enthalten: Freies Natron   22,97 Kohlensaures Natron   53,17 Schwefelsaures Natron     1,69 Schwefeligsaures Natron     2,89 Unterschwefeligsaures Natron     2,18 Chlornatrium     1,27 Schwefelcalcium     2,38 Schwefelsauren Kalk     1,30 Unaufloͤslichen Ruͤkstand     4,07 Wasser.     8,06 Verlust     0,02 –––––– 100,00 Wenn man die Soda von Dieuze nach dem gewoͤhnlichen alkalimetrischen Verfahren untersucht, so bemaͤchtigt sich die Schwefelsaͤure der Probefluͤssigkeit zuerst des freien Natrons, und zersezt dann das kohlensaure, schwefeligsaure und unterschwefeligsaure Natron, um schwefelsaures Natron zu bilden. Sie zersezt auch den schwefeligsauren und den Schwefelkalk, um schwefelsauren Kalk zu bilden Nun haben wir gesehen, daß die Soda von Dieuze 5,726 Gr. Natron enthaͤlt, welche 7,635 Gr. Schwefelsaͤure neutralisiren koͤnnen welche mit den 0,280 Gr., die erforderlich sind, um die 0,199 Gr. Kalk zu saͤttigen, 7,915 Gr. reine Saͤure ausmachen, 180 Graden fuͤr 10 Gramme entsprechend oder 90 Graden fuͤr 5 Gramme, wo mit man gewoͤhnlich den Versuch anstellt. Dieses Resultat erhielt ich auch direct, indem ich obige Soda mit dem Alkalimeter unter suchte. Wenn man die Soda von Dieuze, ehe man sie probirt mit chlorsaurem Kali calcinirt, so koͤnnen nur noch die 5,496 Gr. freien oder mit Kohlensaͤure verbundenen Natrons Schwefelsaͤure neutralisiren, und man findet, daß dieses Natron ungefaͤhr 86 Gr. zeigt.